11.28

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Das ist ein einigermaßen skurriles Schauspiel, das wir hier erleben müssen. Es stellen sich der ehemalige Innenminister dieser Republik und der Europasprecher sei­nes ehemaligen Koalitionspartners hierher und versuchen sich darin zu überbieten, wer mehr gefordert hat. Ich sage Ihnen etwas: Wenn Sie einmal in der Regierung waren – und das waren Sie ja bis vor Kurzem –, ist es vollkommen irrelevant, was Sie gefordert haben. Es geht darum, was Sie getan haben, und das ist das große Problem, dass nichts weitergegangen ist. (Beifall bei den NEOS. Abg. Kickl: Das war genug, es ist genug passiert, was Sie aufgeregt hat, oder?)

Herr Klubobmann Kickl, ich glaube ja, dass wir beim Außengrenzschutz keine Mei­nungsverschiedenheiten haben, denn es ist klar, wenn ich die europäische Außen­grenze nicht schütze, dann werde ich das nicht hinkriegen. (Abg. Kickl: Aber was heißt schützen?) Und es ist auch klar, Herr Klubobmann Kickl, dass das die ultimative Sache ist, die eben nicht nationalstaatlich funktionieren kann, denn wenn wir gemeinsam wol­len, dass die Außengrenze geschützt wird, dann werden wir das auch gemeinsam ma­chen müssen. (Beifall bei den NEOS. Abg. Kickl: Aber was heißt schützen?)

Was man aber ein bissel erkennt an dem, was Sie heute gesagt haben, ist das Phä­nomen: Da gehen Regierungsmitglieder hin, fordern sehr viel und sind dann offensicht­lich entweder nicht fähig, sich auf europäischer Ebene durchzusetzen, oder sie schaf­fen es ganz einfach nicht.

Sie haben eine sehr interessante Sache gesagt. Da sind wir teilweise unterschiedlicher Meinung, das australische Modell, das Sie propagieren, ist nicht meines, aber Sie ha­ben einen ganz essenziellen Satz gesagt. Sie haben gesagt, es ist ja eigentlich nicht so wichtig, wie viele Leute da an einer Außengrenze sind. Na bitte, was denn sonst?! Wer soll denn die Außengrenzen schützen außer Grenzbeamte? Wie stellen Sie sich das sonst vor?

Die relevante Frage ist: Wie viele Grenzbeamtinnen und Grenzbeamte kriegen wir an die Außengrenze und wie können die dort die Grenzen schützen? (Beifall bei den NEOS. Abg. Kickl: Die relevante Frage ist, was sie tun dürfen! Da liegt das Pro­blem!) Es ist auch eine relevante Frage, was sie tun dürfen, aber wir müssen doch zuerst einmal Menschen hinbringen.

So, und da komme ich zu Ihrer Regierungsbeteiligung und zu dem, was Sie als Innen­minister geschafft haben, wir haben es schon gehört: Sie haben ursprünglich – ich glaube, Sebastian Kurz war es – 10 000 Grenzbeamte, 10 000 Grenzschützer bis 2020 an den EU-Außengrenzen gefordert. Frau Kollegin Steger hat uns gerade erklärt – das haben Sie, glaube ich, auch einmal gesagt –: Beamte gibt es ja nicht im Supermarkt. Der Außengrenzschutz war Ihr wesentliches Thema über die gesamte Ratspräsident­schaft. Sie haben ursprünglich 10 000 Grenzbeamte bis 2020 gefordert, dann am Ende haben Sie gesagt: Ui, 10 000 Grenzbeamte, das sprengt die Grenze des Machbaren!, und dann haben Sie gesagt: Ja, vielleicht schaffen wir 5 000 bis 2025!

Herr Klubobmann Kickl, wir leben auf einem Kontinent, auf dem 512 Millionen Men­schen leben. Wenn Sie nicht fähig sind, 10 000 Leute innerhalb eines Jahres auszubil­den und dort an die Grenze zu bringen, dann überlegen Sie sich vielleicht wirklich ernsthaft noch einmal, ob das, was Sie in der Regierung gesagt haben, sinnvoll war oder ob Sie nicht besser etwas Sinnvolles getan hätten. (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenruf der Abg. Steger.)

Frau Kollegin Steger, natürlich gibt es keine Beamten im Supermarkt, und natürlich muss man die ausbilden, aber: Wie lange wollen Sie einen Beamten ausbilden? Sechs Jahre? Sechs Jahre Ausbildung für einen Außengrenzschutz? (Zwischenruf der Abg. Steger.) Das ist einigermaßen skurril.

Wir sind draufgekommen, dass es eine wesentliche Problematik dabei gibt: Sie haben eine Regierung gehabt – zu nennen ist da insbesondere der Herr Innenminister –, die zuerst einmal Probleme adressiert hat. Das ist ja etwas, was Ihnen unbenommen ist. Die Frage ist, wie man mit den Problemen umgeht; ob man die Probleme lösen will oder ob man es wie Sie macht: sie bewusst aufrechtzuerhalten, weil Sie mit diesen Problemen Politik machen. Sie waren nicht einmal fähig, sich auf europäischer Ebene durchzusetzen, dass wir 10 000 Grenzbeamtinnen und Grenzbeamte an die europäi­schen Außengrenzen bringen (Abg. Kickl: Aber Sie waren keine besondere Unterstüt­zung, Herr Scherak!), und wenn Sie das nicht schaffen, dann werden Sie es offensicht­lich nicht zustande bringen. (Beifall bei den NEOS. Abg. Steger: ... Ratspräsident­schaft ...!)

Dann stellt sich noch die Frage, Herr Klubobmann Kickl, was man auf österreichischer Ebene machen kann. Jetzt kann man sagen, Sie haben sich auf europäischer Ebene nicht durchsetzen können, aber zumindest den österreichischen Beitrag könnte man ja leisten. Wir haben Sie gefragt, was Sie denn da vorhaben, um in Österreich Leute zu rekrutieren, auszubilden; Österreich muss bis 2027 ja 200 zusätzliche Leute beisteu­ern. Wir haben gefragt: Was macht Österreich jetzt? – Sie haben uns 2019 geantwor­tet: Wir haben eigentlich keine Änderungen vorgesehen, wir sind eigentlich nicht bereit, Leute zu rekrutieren, auszubilden, um die Außengrenze zu schützen. (Abg. Kickl: Ha­ben Sie übersehen, dass das die größte Rekrutierungsinitiative war? Sie sind nicht ganz auf dem Laufenden! Das ist unglaublich!) Ja, wenn Sie es als Innenminister noch nicht einmal in Österreich selbst schaffen, die Leute zu rekrutieren, wenn Sie nicht ein­mal das zustande bringen, dann sind Sie grundsätzlich nicht geeignet für Ihr Amt. (Bei­fall bei den NEOS.)

Die große Frage ist, wen Sie dann am Schluss damit überzeugen wollten. Wollten Sie sich selbst davon überzeugen, dass wir beim Außengrenzschutz etwas machen müs­sen? Sie haben es offensichtlich nicht geschafft. Das ist ja wohl der wesentliche Punkt, an dem man merkt, dass Sie in der Regierung offensichtlich das, was Sie einfordern, selbst nicht zustande gebracht haben.

Herr Klubobmann Kickl, die wesentlichen Fragen muss man auf europäischer Ebene lösen. Das Problem des Außengrenzschutzes müssen wir auf europäischer Ebene lö­sen, da sind wir uns einig. Wenn Sie es aber nicht schaffen, 200 Menschen in Öster­reich zu finden, die sich dazu bereit erklären, diese Ausbildung durchzumachen und den Außengrenzschutz gemeinsam mit den europäischen Partnern zu gewährleisten, dann zeigt das nur, wie schlecht die letzte Regierung war, dass Sie da nichts weiterge­bracht haben, dann zeigt das, dass Sie Probleme nur aufrechterhalten wollen.

Ich sage Ihnen: Ich würde diese Probleme gerne lösen, und um diese Probleme, diese Herausforderungen zu lösen, braucht es ein gemeinsames, starkes und handlungsfä­higes Europa und nicht Ihre nationalstaatliche Schrebergartenmentalität, die Sie an den Tag legen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Scherak –: Vielleicht kauft uns der Haselsteiner 200 Beam­te! – Abg. Scherak: Ja, sagen Sie ihm das! – Abg. Meinl-Reisinger – in Richtung Abg. Kickl –: Immer, wenn er nicht weiterweiß, kommt er mit dem Haselsteiner!)

11.33

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag.a Karoline Edt­stadler. – Bitte.