12.50

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Zunächst möchte ich mich einmal in Richtung der ÖVP, der Österreichischen Volkspartei wenden, weil sie sich ja heute selber dafür be­klatscht, dass sie so sorgsam und umsichtig mit dem Haushalt, mit dem Budget um­geht:

Mit den gleichen Händen, mit denen Sie sich heute im Zusammenhang mit dem Rech­nungsabschluss und der Schuldenbremse selber beklatschen, haben Sie letzte Woche Beschlüsse beklatscht – Sie haben diese leider auch mitgetragen –, die nachweislich unseren Haushalt massiv belasten werden, die ein Schlag ins Gesicht der Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler, ein Schlag ins Gesicht der jungen Menschen, ein Schlag ins Gesicht der Beitragszahler sind. (Beifall bei den NEOS.)

Um Ihnen das zu verdeutlichen, haben wir uns das angeschaut – ich weiß, dass auch der Herr Finanzminister mittlerweile Berechnungen dazu angestellt hat –, nämlich die Kosten der Wahlkampfzuckerl, die letzten Donnerstag beschlossen wurden, kumuliert über die nächsten Jahre. Hier sehen Sie (eine Grafik unter dem Titel „Kosten der Wahl­kampfzuckerl in Mio Euro“, die in Form eines Säulendiagramms deren Höhe für die Jahre 2020 bis 2040 darstellt, in die Höhe haltend), dass wir Maßnahmen beschlossen haben, die vor allem auch in die Zukunft hinein wirken und eine Dynamik erzeugen werden, sodass wir in zehn Jahren bereits bei kumulierten Mehrkosten von 40 Milliar­den Euro sind.

Also, sehr geehrte Volkspartei, wie Sie sich heute für eine ordentliche Haushaltspolitik beklatschen können, aber bei diesen Wahlzuckerln mitmachen, die sogar den Sozial­demokraten in Schweden zu links gewesen wären, das müssen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern erst einmal erklären! (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal klar sagen, dass wir NEOS selbstverständlich dafür eintreten, dass sich unsere Pensionistinnen und Pensionisten darauf verlassen können, dass der Kaufkraftverlust, der durch die Inflation entsteht, ordentlich abgegol­ten wird. Ich glaube, das ist eine Frage nicht nur der Fairness und der Gerechtigkeit, sondern auch des Anstands. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Aber wofür wir auch kämpfen, ist, dass nicht weiter Alt gegen Jung ausgespielt wird, wie Sie das letzten Donnerstag gemacht haben, indem Sie den Generationenvertrag, der Österreich stark gemacht hat, nicht nur biegen und dehnen, dass er kaum mehr tragfähig ist, sondern in Wahrheit aufgekündigt haben.

Angesichts dessen wende ich mich heute an die Beitragszahlerinnen und Beitrags­zahler und muss sagen: Schade, Sie werden diese Beschlüsse zu zahlen haben! Ich wende mich heute an die jungen Menschen und muss ihnen sagen: Ihr könnt euch nicht darauf verlassen, dass eure Pensionen gesichert sind! Ich wende mich heute an Forscherinnen und Forscher und sage: Schade, der Spielraum für eure gesicherten Forschungsbedingungen ist auch ein Stück weit dadurch schmäler geworden, dass letzte Woche wieder einmal diese Wahlzuckerl verteilt wurden! Und Ihnen (in Richtung ÖVP), die Sie hier immer ganz eindringlich vor einer linken Mehrheit warnen, muss man wirklich sagen: Sie sind in bester, in einhelliger Gemeinsamkeit mit der Sozialde­mokratie, wenn es darum geht, Geld zu verteilen! (Beifall bei den NEOS.)

Umso froher bin ich über diese Schuldenbremse. Die Sozialdemokratie sollte sich in ihrer diesbezüglichen Argumentation ein bisschen einig werden, denn auf der einen Seite zu sagen, das wäre ein Gag und eh nicht notwendig, weil man ohnedies bereits eine einfachgesetzliche Regelung hätte und es ja auch der Stabilitätspakt so vorsehen würde, auf der anderen Seite aber zu sagen, dies sei das Schlimmste, das überhaupt passiere, weil dann keine Investitionen mehr möglich seien, das ist nicht ganz konsis­tent. Also entweder gilt das eine, dann ist es nur noch – und das ist wichtig und rich­tig – eine Verankerung jetzt auch in der Verfassung, die dann auch für Länder und Ge­meinden gilt – und das wollen wir –, oder es ist Teufelszeug – was Sie ja heute auch nicht wirklich argumentieren konnten, weil Investitionen selbstverständlich weiterhin möglich sein werden.

1 Prozent des Haushalts ist der Beitrag der Nettoinvestitionen, und es ist kein Ge­heimnis, dass wir NEOS uns wünschen, dass dieser Prozentsatz höher ist, wenn es um Forschung geht, wenn es um Bildung geht, wenn es um Innovation geht und auch wenn es um Infrastrukturmaßnahmen wie zum Beispiel Breitbandausbau geht. Das sind nämlich die Maßnahmen, die wir setzen müssen, um in der Zukunft erfolgreich zu sein – aber nicht weitere Schulden machen zulasten der Steuerzahlerinnen und Steu­erzahler. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte aber jetzt noch ganz kurz auf etwas anderes zu sprechen kommen, weil ja der Wahlkampf immer die Zeit der Beschwörungen ist, was man nicht alles wollte und schon auf den Weg gebracht hätte und auch wirklich machen wollte. Letzten Sonntag hatten wir Elefantenrunde im Privatfernsehen, und da wurde auch die Frage nach der Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes gestellt, der Abschaffung des Amtsge­heimnisses und der Schaffung eines umfangreichen Informationsfreiheitsgesetzes, das es endlich den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, wenn Sie so wollen, auch die Mächtigen zu kontrollieren, der Politik auf die Finger zu schauen. Nicht einmal das Par­lament kann einen Bericht über Ihr Familienfest bekommen – ich will, dass jede Bür­gerin und jeder Bürger im Ministerium einen Bericht über Ihr Familienfest bekommen kann! (Beifall bei den NEOS.)

Und weil da alle so hübsch das Taferl mit der Antwort „Ja“ in die Höhe gehalten haben, nehme ich Sie jetzt beim Wort und bringe heute – technisch ist es nicht anders mög­lich – einen Entschließungsantrag ein, kündige aber jetzt schon an, dass – wir sind mit dem Forum Informationsfreiheit bereits im Austausch – der erste Antrag, der von uns in der allerersten Sitzung der neuen Legislaturperiode eingebracht werden wird, ein Ge­setzesantrag zu einem Informationsfreiheitsgesetz sein wird.

Der heutige Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Tatsächliche Erarbeitung eines Bundesgesetzes über die Informationsfreiheit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, welcher die Amtsverschwiegenheit abschafft und eine Verfassungsbestim­mung zu einer umfassenden Informationsfreiheit erlässt.“

*****

Wir NEOS wollen den gläsernen Staat, übrigens auch die gläsernen Parteien, und nicht den gläsernen Bürger! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger‚ MES, Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolle­ginnen und Kollegen

betreffend Tatsächliche Erarbeitung eines Bundesgesetzes über die Informationsfrei­heit

eingebracht im Zuge der Debatte in der 89. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 928/A der Abgeordneten August Wöginger, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Ge­meindebundes und des Österreichischen Städtebundes geändert werden (685 d.B.) – TOP 2

In kaum einem Bereich ist die Republik dermaßen rückständig, wie im Umgang der staatlichen Stellen mit Informationen. Das aus der Monarchie stammende Amtsge­heimnis ist in keiner Weise mehr zeitgemäß. Was nicht ausdrücklich veröffentlicht wer­den muss, ist in Österreich grundsätzlich geheim. Österreich liegt daher im "Global Right to Information Ranking" auf Platz 122 von insgesamt 123 überprüften Staaten.

Dabei ist Transparenz und freier Zugang zu allen Informationen staatlicher Stellen das beste Mittel gegen Korruption und Steuergeldverschwendung. Aus diesem Grund be­nötigt es eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse und ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu diesen Informationen. Dadurch wird auch eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Gebarung der Gebietskörperschaften erwirkt.

In Schweden wurde ein solches Prinzip der Informationsfreiheit bereits 1766 in der Ver­fassung festgeschrieben und zahlreiche andere europäische Staaten sind diesem Bei­spiel gefolgt. Mittlerweile besteht auch ein Konsens aller Parteien, dass das Amtsge­heimnis abzuschaffen und durch umfassende Informationsfreiheit zu ersetzen ist. Trotzdem konnte bisher keine parlamentarische Mehrheit für einen bestimmen Entwurf gefunden werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, welcher die Amtsverschwiegenheit abschafft und eine Verfassungsbestim­mung zu einer umfassenden Informationsfreiheit erlässt."

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Peter Pilz. – Bitte.