14.17

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist natürlich vollkommen unmöglich, jetzt in 5 oder 6 Minuten wirklich darzustellen, was wir alles in diesem Untersuchungsaus­schuss herausarbeiten konnten. Ich lege jedem unseren Bericht (ein Schriftstück mit dem Titel „Die Affäre BVT“ in die Höhe haltend) ans Herz, der auf der Parlaments­homepage abrufbar ist. Er ist übrigens der einzige Bericht, der nicht von irgendjeman­dem beeinsprucht wurde, da wir hier absolut sauber gearbeitet haben und auch alle Zitate gehalten haben. Das ist der einzige Bericht, auf den dieses Qualitätsmerkmal zu­trifft.

Die drei wesentlichen Erkenntnisse: Erstens, Drahtzieher der Hausdurchsuchung wa­ren Minister Kickl und seine Mitarbeiter. Zweitens, das Motiv war das Liederbuch. Die FPÖ war davon überzeugt, dass das Liederbuch vom BVT recherchiert und über die schwarzen Netzwerke an die Medien weitergespielt wurde. Das hat sich als falsch herausgestellt, aber die FPÖ hat geglaubt, das ist so, und ist deswegen dort einmar­schiert.

Es ist ein Schaden entstanden, ein immenser Schaden. Das BVT ist in weiten Berei­chen gar nicht mehr handlungsfähig, Österreich ist massiv isoliert von den Partner­diensten und von den Informationen der Partnerdienste. Das ist wie ein Herz-Kreislauf-System ohne Blut. Das funktioniert nicht, ein Geheimdienst funktioniert nicht ohne In­formationen. Verantwortlich dafür ist der ehemalige Innenminister Kickl.

Zweitens: Dieser Schaden war bereits nach wenigen Wochen und Monaten absehbar. Der ehemalige Bundeskanzler Kurz hatte ein Auskunftsrecht. Er hätte jederzeit bei Di­rektor Gridling anrufen können und fragen, wie das mit der internationalen Zusammen­arbeit ist, ob es stimmt, was in den Zeitungen steht, dass wir isoliert sind, dass das nicht mehr funktioniert. Seit Dezember 2017 gibt es dieses Recht für den Bundes­kanzler. Er hat einmal davon Gebrauch gemacht, indem er zwei Wochen vor der Haus­durchsuchung den Direktor des BVT zu einem Gespräch über das Auskunftsrecht eingeladen hat, bei dem er wissen wollte, wie es aussieht. Dieser Termin hätte Mitte März stattfinden sollen. Er hat aber nicht stattgefunden, da Direktor Gridling zu diesem Zeitpunkt suspendiert war.

Wie oft hat Sebastian Kurz, der ehemalige Bundeskanzler Kurz, noch bei Direktor Grid­ling angerufen, als jeder in Österreich wusste, dass wir ein Problem mit dem BVT ha­ben? – Kein einziges Mal! Der Bundeskanzler hat weggesehen, obwohl er wissen musste, dass es einen Schaden gibt. Er wollte es nur ja nicht offiziell wissen. Stattdes­sen ist er immer zu Herrn Kickl gegangen und hat gesagt: Ich lese in der Zeitung, so­lange Sie Innenminister sind, gibt es ein Problem in der internationalen Zusammen­arbeit! Stimmt das? – Herr Kickl hätte ihm geantwortet: Nein, ich bin kein Problem! – Herr Kurz hätte dann gesagt: Dann ist eh alles in Ordnung!

Gar nichts war in Ordnung! In der Zwischenzeit gibt das auch die ÖVP zu. Seit Ibiza gibt die ÖVP zu, dass wir dieses Problem hatten, dass dieser Schaden eingetreten ist. Die Verantwortung für das Eintreten des Schadens trägt Kickl. Dass er nicht behoben wurde, dass es nicht besser wurde, dafür trägt Bundeskanzler Kurz die Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Dritte ist die Rolle des jetzigen Parlamentspräsidenten Sobotka, der ja davor In­nenminister war. Er hat vor Beginn des Untersuchungsausschusses richtigerweise ge­sagt: Bitte, Frau Präsidentin Bures, können Sie übernehmen? Ich bin befangen! – Er hat sich aber nur da für befangen erklärt. Als es darum gegangen ist, welche Akten geliefert werden, mit welcher Geheimhaltungsstufe sie versehen werden, war er plötz­lich nicht mehr befangen. Da war er wieder der Anwalt der ÖVP und der FPÖ. Er selbst hat Akten, die er in seinem persönlichen Aktenbestand hat, nicht herausgerückt. Bis zum Schluss des Untersuchungsausschusses ist er draufgesessen und hat damit in Wahrheit den Untersuchungsausschuss sabotiert. Das ist einmalig in der Geschichte der Zweiten Republik, dass ein Parlamentspräsident die Arbeit eines Untersuchungs­ausschusses sabotiert. – Herr Präsident, das war nicht präsidentiell, das war letztklas­sig, was Sie da gemacht haben!

Der vierte Punkt ist die blaue Stasi. Ich bin froh, dass die ÖVP das am Schluss, nach Ibiza, auch so sieht. Wir haben das schon lange so gesehen und schon lange gesagt, dass sich der damalige Innenminister Kickl einen blauen Geheimdienst im Geheim­dienst aufgebaut hat. Es hat sich gezeigt, dass wir recht hatten. Auch die ÖVP sieht in der Zwischenzeit ein, was für eine gefährliche Entwicklung das war, dass der blaue Geheimdienst mit 1. Juli operativ tätig geworden wäre und so geheim war, dass nicht einmal der Direktor des BVT genau wusste, wer das ist, wo die sind und was die ma­chen. Staatspolitisch drohte wirklich äußerste Gefahr. Darum sind wir alle froh, dass wir diesen Untersuchungsausschuss hatten. So viel aufgeklärt wie in diesem ist selten zuvor aufgeklärt worden.

Zum Abschluss möchte ich mich bei Frau Präsidentin Bures für die Vorsitzführung, für die – ich bin auch öfter zurechtgewiesen worden, aber das gehört in einem Untersu­chungsausschuss eben dazu – zu allen Zeiten objektive Sitzungsführung bedanken. Bedanken möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen und auch bei den Be­diensteten des Hauses. Ein Untersuchungsausschuss ist sehr anstrengend für alle. Er belastet nicht nur die Abgeordneten und deren Mitarbeiter, sondern alle Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion. Herzlichen Dank für diese Arbeit!

Ziehen wir die richtigen Schlüsse! Die richtigen Schlüsse sind: erstens, eine bessere parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste; diese sind heute nicht ausreichend kontrolliert.

Das Zweite ist ein besserer Rechtsschutz. Die Rechtsschutzbeauftragten werden der­zeit von der Regierung bestellt, um die Regierung zu kontrollieren. Die Regierung ent­scheidet, wie viel Geld sie bekommen und welche Ressourcen sie haben, und rechen­schaftspflichtig sind sie dem Parlament auch nicht so, wie sie das sein sollten. In Zu­kunft sollten die Rechtsschutzbeauftragten vom Parlament bestellt werden, vom Parla­ment finanziert werden und sie müssen auch dem Parlament rechenschaftspflichtig sein.

Das Dritte ist, dass wir endlich die politischen Weisungen aus den Ermittlungen he­rausbekommen müssen. Wir brauchen einen Generalbundesanwalt, einen unabhängi­gen, vom Parlament gewählten Generalbundesanwalt, der als Einziger den Ermitt­lungsbehörden Weisungen geben darf, wo zu ermitteln ist und wo nicht, damit es die politischen Interventionen, die wir auch in diesem Kontext wieder gesehen haben, nicht mehr gibt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Jene­wein. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.