16.52

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! (Präsi­dent Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Unser Gewaltschutzpaket ist das Ergebnis der Taskforce Strafrecht unter der Leitung von Ex‑Staatssekretärin Karoline Edtstadler. Über ein Jahr lang haben mehr als hundert Experten und Organisationen gemeinsam an Maßnahmen gearbeitet, die als Entwurf vorgelegen sind. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Ich bin da bei Frau Kollegin Heinisch-Hosek, dass das Thema Gewalt, Gewalt an Frauen insgesamt ein sehr ernstes Thema ist, über das man tatsächlich befinden muss, für das man aber irgendwann einmal auch Lösungen auf den Tisch le­gen muss. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber reden mit uns sollte man auch!)

Ich bedanke mich bei den Experten dieser Organisationen, bei Ihnen, die Sie heute hier auch auf der Galerie anwesend sind. Ihre Beiträge waren uns sehr wichtig. (Abg. Lindner: Ihr habt sie ja nicht einmal ansatzweise berücksichtigt!) Ihre Beiträge haben zum Teil Eingang in den Initiativantrag gefunden, zum Teil aber nicht. Es bleibt uns am Ende in der Bewertung und in der politischen Festlegung oftmals die Notwendigkeit, aber auch die Möglichkeit, einen Mittelweg zu gehen.

Wir verabschieden heute ein Bündel an Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt, aber auch zur Arbeit mit Tätern und mit Menschen, bei denen wir verhindern wollen, dass sie solche Taten begehen, denn es muss klar sein: Wenn es zu Gewalttaten kommt, dann wollen wir sofort und umgehend Schutz für die Betroffenen. (Abg. Heinisch-Ho­sek: Es soll gar nicht so weit kommen!)

Unser Ziel ist es, Menschen vor Gewalt zu schützen. Vor allem Frauen und Kinder sol­len in Österreich keine Angst haben müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

In Fortführung des Strafrechtsänderungsgesetzes 2015, im Zuge dessen wir begonnen haben, Delikte gegen Leib und Leben schärfer und härter zu bestrafen und die Strafen bei reinen Vermögensdelikten etwas zu reduzieren, das also wieder in eine Balance zu bringen, haben wir uns zum Ziel genommen – auch aus präventiven Gründen –, zu­künftig Gewalt- und Sexualstraftäter härter zu bestrafen. Die Erhöhung der Strafrah­men und die Anhebung der Mindeststrafen wurden im Rahmen der Begutachtung zum Teil heftig kritisiert, weil dies – Kollegin Griss hat ja mit mir darüber auch trefflich disku­tiert –, so das Argument, keine präventive Wirkung werde erzeugen können. – Ich den­ke schon.

Wir treffen eine politische Entscheidung. Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen: Tatbe­stand der Vergewaltigung. Wir erhöhen die Mindeststrafe. Wir wollen, dass harte Stra­fen hart bleiben. (Abg. Heinisch-Hosek: Frauen werden nicht mehr anzeigen!) Es kann nicht sein, dass ein verurteilter Vergewaltiger nicht einen einzigen Tag im Ge­fängnis verbringen muss! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. Bra­voruf bei der FPÖ.)

Intensiv beraten und letztendlich festgelegt wurde die Ausdehnung der Erschwerungs­gründe auf mehrere Tatbestände. Die Ausnützung einer Autoritätsstellung, das Verge­hen an unmündigen Opfern und besonders brutale Gewalt und Drohung sollen künftig schärfer bestraft werden, ebenso Rückfalltäter. Wir schaffen aber gleichzeitig mit der Einrichtung der Gewaltpräventionszentren auch die Möglichkeit, mit den Tätern zu ar­beiten, damit sie eben nicht wieder rückfällig werden und diese Gewalttaten an den Menschen, an den Opfern gar nicht erst begangen werden.

Die Gewaltbereitschaft insgesamt ist leider in der letzten Zeit größer geworden, auch gegenüber helfenden Personen wie Ärzten, Rettungssanitätern, Feuerwehrleuten; tra­gische Beispiele im Sommer haben uns das gezeigt. Wir schützen daher zukünftig un­sere Ärzte, Rettungssanitäter, Feuerwehrleute und das Verwaltungspersonal in den Krankenhäusern und Ordinationen besser, wenn sie in Ausübung ihrer – oft ehrenamt­lichen – Tätigkeiten angegriffen oder verletzt werden.

Frau Heinisch-Hosek, ich schätze Sie und ich weiß, Sie lesen diese Gesetze auch ge­nau. Es gibt ein Bündel an neuen Regelungen, die den Opfern helfen sollen. Für min­derjährige Opfer wird die Frist zur Beantragung der Entschädigung nach dem Verbre­chensopfergesetz auf drei Jahre verlängert. Die dreißigjährige Verjährungsfrist für die Schadenersatzklagen gegenüber dem Täter beginnt nicht schon mit Tatbegehung, sondern erst, wenn das 18. Lebensjahr des Opfers erreicht ist. Wichtig ist, dass die Gewaltopfer – und das erachte ich als ganz wesentlich – zukünftig die Möglichkeit ha­ben, zu ihrem Schutz den Namen und auch die Sozialversicherungsnummer zu än­dern. Opfer von Wohnungseinbrüchen können zukünftig Krisenintervention und Psy­chotherapie beantragen.

Am Ende meiner Rede werde ich einen Abänderungsantrag zum besseren Schutz des Hausrechts einbringen, durch den Wohn- und Betriebstätten besser geschützt werden sollen und auch das ungerechtfertigte und unberechtigte Abbilden von Personen, wenn jemand wo eingedrungen ist, verhindert werden soll – eine Frau, die schläft, als Bei­spiel.

Das Betretungsverbot, das Gewalttäter zum Beispiel aus der gemeinsamen Wohnung verbannt, wird nunmehr zu einem Annäherungsverbot. Das heißt, gefährdete Personen sind in einem Umkreis von 100 Metern, egal wo sie sich aufhalten, geschützt. (Abg. Heinisch-Hosek: Und wer soll das kontrollieren?) Das werden wir zusammenbrin­gen! Das bedarf nur eines Erlasses des Ministeriums, um das entsprechend zu mel­den. (Abg. Heinisch-Hosek: Aha, und dann stehen die Polizisten rundherum, 100 Me­ter, oder was?) Niemand soll in Österreich Angst haben, wenn er zum Beispiel auf dem Schulweg oder in einem Einkaufszentrum ist. Nicht nur in der Schule, auch am Weg dorthin muss dieser Schutz greifen, und das ist die Neuerung, an die wir glauben. (Abg. Heinisch-Hosek: Das kann niemand exekutieren!)

Mit dem Abänderungsantrag regeln wir auch einen wesentlichen Punkt neu – einen Kri­tikpunkt der Berufsgruppe der Psychotherapeuten –: Wir harmonisieren die Anzeige­pflichten nunmehr für alle Gesundheitsberufsgruppen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit begründeten Verdacht auf Vergewaltigung, Misshandlung, Quälen oder sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen haben. Wir haben uns aber im Gegensatz zum Initiativantrag, den wir eingebracht haben, in diesem Punkt aufgrund der vielen Diskussionen, die wir geführt haben, gemeinsam mit der Gesundheitsministerin eine Neuregelung einfallen lassen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war vorher besser! Glauben Sie, dass eine geprügelte Frau widersprechen kann?! Unfassbar!)

Wir unterscheiden: Volljährige Personen sollen ganz bewusst die Möglichkeit haben, die Unterlassung einer Anzeige zu verlangen. Für Kinder und Jugendliche schützen wir diese Anzeigepflicht aber weiterhin, vor allem auch deswegen, weil wir gegebenenfalls die so wichtigen forensischen Beweise sichern wollen. Es geht hier um Kinder- und Ju­gendfürsorge.

Ich darf nunmehr zwei Abänderungsanträge und einen Entschließungsantrag einbrin­gen.

Der erste Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Ha­rald Stefan, Kolleginnen und Kollegen zum Gewaltschutzgesetz 2019 liegt ja bereits schriftlich vor. Da geht es im Wesentlichen um die von mir soeben kurz erläuterten technischen Änderungen, Klarstellungen, die Strafverschärfungen bei Angriffen auf das Gesundheitspersonal und ebenso um die erwähnten Änderungen bezüglich Anzeige­pflicht und Vergrößerung der Bannmeile von 50 auf 100 Meter.

*****

Der zweite Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Kolle­ginnen und Kollegen zum Gewaltschutzgesetz 2019 betreffend eine Änderung des § 109 StGB, des sogenannten Hausfriedensbruchs, liegt ebenfalls schriftlich vor; auch diesen darf ich in den Kernpunkten erläutern.

Es geht grundsätzlich darum, dass die Neuregelung des Hausfriedensbruchs aus dem Jahr 1974 stammt und das Hausrecht einfach ungenügend geschützt ist.

Wir schlagen daher vor, den Schutz des Hausrechts auf die Begehungsform des Dieb­stahls auszudehnen, zum Beispiel beim Einsteigen in ein offenes Fenster oder beim Eindringen mit einem nachgemachten Schlüssel, und es geht auch um eine Erweite­rung: nicht nur ins Haus, sondern auch in die Betriebstätten – das sind Geschäftsräu­me, das können Kanzleien, das können Ställe sein. Der Schutz soll unabhängig davon eintreten, ob sich jemand in der Wohnung oder Betriebstätte aufhält; und auch das Nichtverlassen der Wohnung, der Betriebstätte nach einer Aufforderung soll strafbar sein.

Wir wollen ein weiteres Manko des österreichischen Strafgesetzes bereinigen. Es gibt im österreichischen Strafgesetz umfassende Regelungen zur Verletzung von Persön­lichkeitsrechten durch unbefugtes Abhören und unbefugte Tonaufnahmen, aber es gibt keinen ausreichenden Schutz gegen unbefugte Bildaufnahmen. Deshalb schlagen wir auch vor, das Eindringen und die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen zu bestra­fen. Wir haben den Antrag mit ausgewiesenen Experten und mit Bedacht formuliert, und ich würde mich sehr freuen, wenn er heute Ihre Zustimmung erhält.

*****

Des Weiteren darf ich einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Gewährleistung einer funktionierenden und leistungsfähigen Justiz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich dafür einzusetzen bzw. sicherzustellen, dass die österreichische Justiz über die zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben notwen­digen budgetären Mittel verfügt. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die Gewähr­leistung des Zugangs zum Recht – in diesem Zusammenhang auch die Überprüfung der Senkung der Gerichtsgebühren –, die Beschleunigung von Verfahren sowie das Vorantreiben der Digitalisierung in allen Bereichen bei gleichzeitiger Optimierung von Arbeitsabläufen und Nutzung von Synergieeffekten. Weiters soll die Justizwache ent­sprechend personell ausgestattet und zur Entlastung im System die ‚Haft in der Hei­mat‘ forciert werden.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme zu: All die Themen, die wir heute diskutieren oder die wir heute auch beschließen, bedürfen immer wieder eines Dialogs, eines Zuhörens, eines Auf-die-Waage-Stellens, ob denn alles passt, was wir gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Noll.)

Ich denke, wir haben mit einem großen Bündel an Neuerungen auch für die Opfer, wie ich soeben gesagt habe, ein gutes Maßnahmenpaket geschaffen, und ich freue mich, dass wir heute jedenfalls in diesem Bereich so wirksame Maßnahmen gegen die Ge­walt zum Schutz der Menschen in Österreich beschließen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.02

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Harald Stefan, Karl Mahrer, B.A., Hans-Jörg Jenewein, MBA

und Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Harald Stefan, Karl Mahrer, B.A., Hans-Jörg Jenewein, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Namensänderungsgesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsge­setz 1988, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungs­gesetz 1972, die Exekutionsordnung, das Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspoli­zeigesetz geändert wird und Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungs­übertretungen erklärt werden, das Ärztegesetz 1998, das Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das MTD-Gesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmas­seurgesetz, das Sanitätergesetz, das Zahnärztegesetz, das Musiktherapiegesetz, das Psychologengesetz 2013, das Psychotherapiegesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Bundesgesetz mit dem das Bun­desgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche geändert werden (Gewaltschutzgesetz 2019) (970/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag (970/A) wird wie folgt geändert:

Artikel 1

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

1. In der Z 5 (§ 38a Abs. 1) wird das Wort „fünfzig“ jeweils durch das Wort „hundert“ er­setzt.

2. Die Z 16 lautet:

16. Dem § 94 wird folgender Abs. 47 angefügt:

„(47) Die §§ 22 Abs. 2, 35 Abs. 1 Z 8, 38a Abs. 1 bis 7 sowie Abs. 9 bis 12 samt Überschrift, 56 Abs. 1 Z 3 hinsichtlich der Interventionsstellen (§ 25 Abs. 3), Z 8 und 9, 58c Abs. 3, 84 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 1b Z 1 und 2 sowie Abs. 2 und 98 Abs. 2 sowie das Inhaltsverzeichnis in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Die §§ 25 Abs. 4, 38a Abs 8, 56 Abs. 1 Z 3 hinsichtlich der Gewaltpräventionszentren (§ 25 Abs. 4) und 84 Abs. 1b Z 3 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft. § 97 Abs. 4 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches

1. Die bisherige Z 2 entfällt und die neue Z 2 lautet:

„2. Dem § 1494 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Unabhängig davon beginnt die Frist nach § 1489 Satz 2 zweiter Fall vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres des Geschädigten nicht zu laufen.““

2. In der Z 3 wird in § 1503 Abs. 13 das Zitat „§ 1489“ durch „§ 1494 Abs. 2“ ersetzt.

Artikel 4

Änderung des Strafgesetzbuches

1. Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 39 Abs. 1 StGB wird im ersten Satz das Wort „kann“ durch die Wendung „erhöht sich“ ersetzt und entfällt die Wendung „überschritten werden“.“

2. Nach der Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:

„4a. In § 39 Abs. 2 wird im zweiten Satz nach dem Wort „Strafe“ die Wendung „bedingt nachgesehen oder“ eingefügt.“

3. In der Z 5 lauten § 39a und seine Überschrift:

„Änderung der Strafdrohung bei bestimmten Gewalttaten

§ 39a. (1) Hat ein Täter eine vorsätzliche strafbare Handlung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung

1.         als volljährige gegen eine unmündige Person,

2.         gegen eine aufgrund besonderer Umstände schutzbedürftige Person unter Aus­nützung deren besonderer Schutzbedürftigkeit,

3.         unter Einsatz eines außergewöhnlich hohen Ausmaßes an Gewalt oder nach­dem der Tat eine solche Gewaltanwendung vorausgegangen ist oder

4.         unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe oder

5.         mit mindestens einer weiteren Person in verabredeter Verbindung begangen,

so treten die in Abs. 2 genannten Änderungen der Strafdrohung ein, wenn der jeweilige Umstand nicht schon die Strafdrohung bestimmt.

(2) Demnach tritt an die Stelle der Androhung

1.         einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder der Androhung einer solchen Frei­heitsstrafe oder einer Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen die Androhung einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bis zu einem Jahr,

2.         einer Freiheitsstrafe, die kein Mindestmaß vorsieht und deren Höchstmaß ein Jahr übersteigt, die Androhung eines Mindestmaßes von drei Monaten Frei­heitsstrafe,

3.         einer Freiheitsstrafe, deren Mindestmaß sechs Monate beträgt, die Androhung eines Mindestmaßes von einem Jahr Freiheitsstrafe,

4.         einer Freiheitsstrafe, deren Mindestmaß ein Jahr beträgt, die Androhung eines Mindestmaßes von zwei Jahren Freiheitsstrafe.

(3) Die Anwendung des § 39 bleibt hievon unberührt. Bei der Anwendung des § 41 ist von den nach Abs. 2 geänderten Strafdrohungen auszugehen.“

4. Nach der Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

„6a. In § 43a Abs. 1 bis 4 wird das Zitat „§ 43“ jeweils durch das Zitat „§ 43 Abs. 1“ ersetzt.“

5. Nach der Z 7 wird folgende Z 7a eingefügt:

„7a. § 83 Abs. 3 lautet:

„(3) Wer eine Körperverletzung nach Abs. 1 oder 2 an einer Person, die

1.         mit der Kontrolle der Einhaltung der Beförderungsbedingungen oder der Len­kung eines Beförderungsmittels einer dem öffentlichen Verkehr dienenden An­stalt betraut ist,

2.         in einem gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf, in einer anerkannten Ret­tungsorganisation oder in der Verwaltung im Bereich eines solchen Berufes, insbesondere einer Krankenanstalt, oder als Organ der Feuerwehr tätig ist,

während oder wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.““

6. Die Z 9 lautet:

„In § 87 wird nach dem Abs. 1 nachfolgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Wer die Tat an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht, ist mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zehn Jahren zu bestrafen.““

7. Die Z 10 lautet:

„10. Im § 87 Abs. 2 werden nach der Wendung „Zieht die Tat“ die Wendung „nach Abs. 1“ und nach der Wendung „einem bis zu fünfzehn Jahren,“ die Wendung „im Falle des Abs. 1a mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu fünfzehn Jahren,“ eingefügt.“

8. Nach der Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

„11a. § 91a und seine Überschrift lauten:

„Tätlicher Angriff auf mit bestimmten Aufgaben betraute Bedienstete einer dem öffent­lichen Verkehr dienenden Anstalt oder Angehörige des Gesundheits- oder Rettungswe­sens oder Organe der Feuerwehr

§ 91a. Wer eine Person,

1.         die mit der Kontrolle der Einhaltung der Beförderungsbedingungen oder der Lenkung eines Beförderungsmittels einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt betraut ist,

2.         in einem gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf, für eine anerkannte Ret­tungsorganisation oder in der Verwaltung im Bereich eines solchen Berufs, ins­besondere einer Krankenanstalt, oder als Organ der Feuerwehr tätig ist,

während der Ausübung ihrer Tätigkeit tätlich angreift, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.““

9. In der Z 13 wird in § 107a Abs. 3 nach der Wortfolge „verfolgten Person“ das Wort „zu“ durch das Wort „zur“ ersetzt.

10. In der Z 16 wird in § 220b Abs. 2 das Wort „bloße“ durch das Wort „bloß“ ersetzt.

Artikel 6

Änderung der Strafprozeßordnung 1975

1. Z 1 lautet:

„1. In § 52 Abs. 2 wird der Punkt am Ende der Z 3 durch einen Beistrich ersetzt und nach Z 3 folgende Z 4 angefügt:

„4.        für die Herstellung einer Abschrift oder Kopie des Protokolls seiner Verneh­mung (§ 96 Abs. 5).““

2. Vor der bisherigen Z 2 wird folgende neue Z 2 eingefügt:

„2. In § 53 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Es ist unzulässig, dem Beschuldigten oder seinem Vertreter Akten oder Teile davon zur Herstellung von Kopien [außerhalb des Amtsgebäudes] mitzugeben.““

3. Die bisherigen Z 2 und 3 erhalten die neue Nummerierung 3 und 4.

4. Vor der bisherigen Z 4 wird folgende neue Z 5 eingefügt:

„5. In § 68 Abs. 1 wird die Zitierung „§§ 51, 52 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 3 sowie 53“ durch die Zitierung „§§ 51, 52 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 3 und 4 sowie 53“ ersetzt.“

5. Die bisherigen Z 4 und 5 erhalten die neue Nummerierung 6 und 7.

6. Die bisherige Z 6 erhält die neue Nummerierung 8, dort wird in § 76 Abs. 4 vor der Wendung „auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung“ die Wendung „an Behörden und Gerichte“ eingefügt.

7. Die bisherige Z 7 erhält die neue Nummerierung 9

8. Die bisherige Z 8 erhält die neue Nummerierung 10 und lautet:

„10. § 80 Abs. 1 zweiter Satz lautet:

„Einem Opfer (§ 65 Z 1), das Anzeige erstattet hat, ist eine schriftliche Bestätigung der Anzeige gebührenfrei auszufolgen.““

9. Die bisherige Z 9 erhält die neue Nummerierung 11.

10. Die bisherige Z 10 erhält die neue Nummerierung 12 und lautet:

„12. In § 165 Abs. 4 wird die Wendung „und die in § 156 Abs. 1 Z 1 und 2 erwähnten Zeugen“ durch die Wendung „, die in § 156 Abs. 1 Z 1 erwähnten Zeugen sowie Zeu­gen, auf die die in § 66a Abs. 1 erwähnten Kriterien zutreffen,“ ersetzt.“

11. Die bisherige Z 11 erhält die neue Nummerierung 13, dort wird in § 173 Abs. 5 Z 3 vor dem Wort „Örtlichkeiten“ das Wort „sonstige“ eingefügt.

12. Die bisherigen Z 12 bis 14 erhalten die neue Nummerierung 14 bis 16.

13. Z 15 erhält die neue Nummerierung 17 und lautet:

„In § 514 wird nach dem Abs. 40 folgender Abs. 41 angefügt:

„(41) § 52 Abs. 2 Z 4, § 53 Abs. 2, § 66a Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 Z 1a, § 68 Abs. 1, § 70, § 76 Abs. 4 und 6, § 80 Abs. 1, § 96 Abs. 5, § 165 Abs. 4, § 173 Abs. 5 Z 3, § 206 Abs. 1, § 250 Abs. 3 und § 410 Abs. 1 in der Fassung des Gewaltschutzge­setzes 2019, BGBl. I Nr. xx/2019, treten mit 01.01.2020 in Kraft.“

Artikel 7

Änderung des Strafregistergesetzes 1968

1. Z 12 lautet:

„12. In § 14 wird nach dem Abs. 14 folgender Abs. 15 eingefügt:

„(15) § 4 Abs. 5, § 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4, die Überschrift zu § 9a, § 9a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, § 10b Abs. 2 erster und dritter Satz und § 12 Abs. 1 zweiter Satz in der Fas­sung des Dritten Gewaltschutzgesetzes, BGBl. I Nr. xx/2019, treten mit 1. Jänner 2020, § 10 Abs. 1c und Abs. 1d und § 11 Abs. 4a treten mit 1. Juli 2020 in Kraft.““

Artikel 8

Änderung des Tilgungsgesetzes 1972

1. Z 3 lautet:

„3. In § 9 wird nach dem Abs. 1j folgender Abs. 1k eingefügt:

„(1k) § 6 Abs. 1 Z 8 und Z 9 in der Fassung des Gewaltschutzgesetz 2019, BGBl. I. Nr. xx/2019, tritt mit 01.01.2020 in Kraft.““

Artikel 9

Änderung der Exekutionsordnung

1. In der Z 1 wird in § 382b Abs. 2 die Wendung „aber auch“ durch das Wort „zusätz­lich“ ersetzt.

2. Nach der Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. In § 382c Abs. 1 wird die Wendung „Betretungsverbot gestellt (§ 38a Abs. 7 SPG)“ durch die Wendung „Betretungs- und Annäherungsverbot gestellt (§ 38a Abs. 10 SPG)“ ersetzt."

3. Nach der Z 3 wird folgende Z 3a eingefügt:

„3a. In § 382c Abs. 4 wird die Wendung „aus Anlaß einer Wegweisung nach § 38a Abs. 3 SPG“ durch die Wendung „nach § 38a Abs. 2 Z 5 SPG aus Anlass der Anord­nung eines Betretungs- und Annäherungsverbots“ ersetzt.“

4. In der Z 6 wird in § 382d Abs. 5 nach dem Wort „abgenommener“ die Wendung „oder nach § 38a SPG bei Gericht erlegter“ eingefügt.

5. In der Z 7 lautet § 382e Abs. 1 Z 3:

„3.        zu verbieten, sich dem Antragsteller oder bestimmt zu bezeichnenden Orten in einem bestimmten Umkreis anzunähern,“.

6. In der Z 8 werden in § 382e Abs. 2 erster Satz der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: „§ 382b Abs. 2 zweiter Satz ist anzuwenden.“.

7. Z 10 lautet § 382g Abs. 1 Z 8:

„8.        Verbot, sich der gefährdeten Partei oder bestimmt zu bezeichnenden Orten in einem bestimmten Umkreis anzunähern.“

8. In Artikel 9 Z 11 werden in § 382g Abs. 2 erster Satz der Punkt durch einen Strich­punkt ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: „§ 382b Abs. 2 zweiter Satz ist anzu­wenden.“.

9. In Artikel 9 Z 14 lautet § 395 Abs. 3 wie folgt:

„(3) Das Gericht, bei dem der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b oder 382e eingebracht wurde, hat die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde von der Einbringung des Antrags und dessen Umfang sowie von einer allfälligen Zu­rückziehung unverzüglich in Kenntnis zu setzen.“

10. In Artikel 9 Z 15 wird in § 399 Abs. 1 nach der Wendung „Das Gericht kann“ die Wortfolge „auf Antrag“ eingefügt.

11. In Artikel 9 Z 17 wird in § 450 das Zitat „§ 382c Abs. 3“ durch das Zitat „§ 382c Abs. 1, 3 und 4“ ersetzt.

Artikel 11

Änderung des Ärztegesetzes 1998

1. In Z 2 lautet § 54 Abs. 5:

„(5) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 4 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen der volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patientin/des volljährigen handlungs- oder entscheidungs­fähigen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese/diesen oder eine andere Person besteht und die klinisch-forensischen Spuren ärztlich gesichert sind, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         die Ärztin/der Arzt, die ihre/der seine berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausübt, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 12

Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes

1. In Z 3 lautet § 7 Abs. 2:

„(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patienten, Klienten oder pflegebedürftigen Menschen wider­sprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der Berufsangehörige, der seine berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausübt, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 13

Änderung des Hebammengesetzes

1. In Z 3 lautet § 6a Abs. 3:

„(3) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen der volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Schwangeren, Gebärenden oder Wöchnerin widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person be­steht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         die Hebamme, die ihre berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausübt, eine ent­sprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 14

Änderung des Kardiotechnikergesetzes

1. In Z 2 lautet § 7a Abs. 2:

„(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der Berufsangehörige eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber er­stattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 15

Änderung des MTD-Gesetzes

1. In Z 3 lautet § 11e Abs. 2:

„(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des (der) volljährigen handlungs- oder entscheidungsfähigen Patienten (Patientin) widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der (die) Berufsangehörige, der (die) seine (ihre) berufliche Tätigkeit im Dienst­verhältnis ausübt, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsan­waltschaft erfolgt ist.“

Artikel 16

Änderung des Medizinische Assistenzberufe-Gesetzes

1. Die Novellierungsanordnung 3 erhält die Bezeichnung „2.“ und lautet in dieser § 13 Abs. 8:

„(8) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 7 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des/der volljährigen handlungs- oder entscheidungsfähigen Patienten/-in widersprechen würde, sofern keine unmit­telbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der/die Berufsangehörige eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber er­stattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 17

Änderung des Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetzes

1. In Z 3 lautet § 3a Abs. 2:

„(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der Berufsangehörige, der seine berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausübt, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 18

Änderung des Sanitätergesetzes

1. Die Novellierungsanordnung 3 erhält die Bezeichnung „2.“ und lautet in dieser § 5a Abs. 2:

„(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der Sanitäter eine entsprechende Meldung an die Einrichtung gemäß § 23, in der er tätig ist, erstattet hat und durch diese eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

2. Der letzten Novellierungsanordnung wird die Bezeichnung „3.“ vorangestellt.

Artikel 19

Änderung des Zahnärztegesetzes

1. Z 3 lautet:

„3. Nach § 21 wird folgender § 21 a samt Überschrift eingefügt:

„Anzeigepflicht

§ 21a. (1) Angehörige des zahnärztlichen Berufs sind zur Anzeige an die Kriminal­polizei oder die Staatsanwaltschaft verpflichtet, wenn sich in Ausübung der beruflichen Tätigkeit der begründete Verdacht ergibt, dass durch eine gerichtlich strafbare Hand­lung

1.         der Tod, eine schwere Körperverletzung oder eine Vergewaltigung herbeige­führt wurde oder

2.         Kinder oder Jugendliche misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht werden oder worden sind oder

3.         nicht handlungs- oder entscheidungsfähige oder wegen Gebrechlichkeit, Krank­heit oder einer geistigen Behinderung wehrlose Volljährige misshandelt, ge­quält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht werden oder worden sind.

„(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des/der volljährigen handlungs- oder entscheidungsfähigen Patienten/Patientin widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der/die Berufsangehörige, der/die seine/ihre berufliche Tätigkeit im Dienstver­hältnis ausübt, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwalt­schaft erfolgt ist.

(3) Weiters kann in Fällen des Abs. 1 Z 2 die Anzeige unterbleiben, wenn sich der Ver­dacht gegen einen/eine Angehörigen/Angehörige (§ 72 Strafgesetzbuch – StGB, BGBl. Nr. 60/1974) richtet, sofern dies das Wohl des Kindes oder Jugendlichen erfordert und eine Mitteilung an die Kinder- und Jugendhilfeträger und gegebenenfalls eine Einbezie­hung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt erfolgt.““

2. In Z 5 lautet § 75 Abs. 4:

„(4) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 3 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen des/der volljährigen handlungs- oder entscheidungsfähigen Patienten/Patientin widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         der/die Berufsangehörige eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet hat und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 20

Änderung des Musiktherapiegesetzes

1. In Z 2 lautet § 32 Abs. 5:

„(5) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 4 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen der volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patientin/des volljährigen handlungs- oder entscheidungsfä­higen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für die­se/diesen oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         Musiktherapeuten (Musiktherapeutinnen), die ihre berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausüben, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber er­stattet haben und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 21

Änderung des Psychologengesetzes 2013

1. § 37 Abs. 5 lautet:

„(5) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 4 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen der volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patientin/des volljährigen handlungs- oder entscheidungsfä­higen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für die­se/diesen oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         Berufsangehörige, die ihre berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausüben, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber erstattet haben und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Artikel 22

Änderung des Psychotherapiegesetzes

1. § 15 Abs. 5 lautet:

„(5) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 4 besteht nicht, wenn

1.         die Anzeige dem ausdrücklichen Willen der volljährigen handlungs- oder ent­scheidungsfähigen Patientin/des volljährigen handlungs- oder entscheidungsfä­higen Patienten widersprechen würde, sofern keine unmittelbare Gefahr für die­se/diesen oder eine andere Person besteht, oder

2.         die Anzeige im konkreten Fall die berufliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, sofern nicht eine unmittelbare Gefahr für diese oder eine andere Person besteht, oder

3.         Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten, die ihre berufliche Tätigkeit im Dienstverhältnis ausüben, eine entsprechende Meldung an den Dienstgeber er­stattet haben und durch diesen eine Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.“

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes)

Zu Z 1 (§ 38a Abs. 1 SPG):

Aufgrund des Wegfalls der bisherigen Regelung, wonach Schulen und Kinderbetreu­ungseinrichtungen explizit genannt waren, ist eine Ausweitung des Radius der Bann­meile von fünfzig auf hundert Meter angebracht.

Zu Artikel 3 (Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches)

Zu Z 1 (§ 1494 Abs. 2 ABGB)

Der Initiativantrag sah im Bereich der Verjährung von Schadenersatzansprüchen zwei Änderungen vor: einerseits sollte in einem dritten Satz zu § 1489 ABGB klargestellt werden, dass die 30-jährige Frist bei Vorsatztaten, die mit mehr als einjähriger Frei­heitsstrafe bedroht sind, nicht vor dem Eintritt der Strafbarkeitsverjährung enden soll. Mit einem vierten Satz sollte darüber hinaus die Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern von Sexualdelikten erst mit dem 18. Lebensjahr beginnen. Gegen beide Vor­schläge wurden Vorbehalte vorgebracht: der dritte Satz könne so interpretiert, dass erstmals unverjährbare Schadenersatzansprüche geschaffen werden (wenn man der Ansicht ist, dass die „Verjährung der Strafbarkeit“ nicht mit dem Tod des Täters eintritt), weshalb Vorkehrungen getroffen werden sollten, um die Rechtssphäre von an der Straftat unbeteiligten Personen – also der Erben des Täters – nicht über Gebühr zu be­lasten (siehe Stellungnahme 6/SN-158/ME, S 7).Zum vierten Satz wurde aufgezeigt, dass ein sachlicher Grund für die besondere Anführung von Sexualdelikten nicht er­sichtlich sei. Denn auch bei Delikten gegen Leib und Leben könne es vorkommen, dass der Minderjährige in einem Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnis steht oder wegen einer mit der Tathandlung einhergehenden Traumatisierung, die nicht den von § 1494 ABGB geforderten Grad erreicht, von der Geltendmachung von Schadener­satzansprüchen abgehalten wird (siehe Stellungnahme 40/SN-158/ME, S 2).

Beiden Kritikpunkten soll dadurch Rechnung getragen werden, dass nicht länger auf die Verjährung der Strafbarkeit abgestellt werden soll, sondern die Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern solcher Vorsatzdelikte ganz generell erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres beginnen soll. Damit endet die Verjährungsfrist für solche Taten in der Regel nicht vor dem 48. Lebensjahr des Opfers; das ist im Ergebnis derselbe Ef­fekt, wie wenn an die Strafbarkeitsverjährung angeknüpft würde (dort beginnt die Ver­jährungsfrist nach § 58 Abs. 3 Z 3 StGB zwar erst mit 28. Jahren, dauert aber in der Regel nach § 57 Abs. 3 StGB nicht länger als 20 Jahre). Es wird vorgeschlagen, diese neue Anordnung dem § 1494 Abs. 2 ABGB anzufügen. Nach dieser Bestimmung beginnt gegen eine minderjährige Person die Verjährungszeit nicht zu laufen, solange sie über keine ausreichende Vertretung verfügt. Damit ist klargestellt, dass der Beginn der Verjährungsfrist bei minderjährigen Opfern solcher schweren Straftaten ungeachtet ihrer Vertretung erst mit ihrer Volljährigkeit zu laufen beginnt.

Zu Artikel 4 (Änderung des Strafgesetzbuches):

Zu Z 1 (§ 39 Abs. 1 StGB):

Der ursprünglich unverändert gelassene Abs. 1 sowie der neu vorgeschlagene Abs. 1a sollen zur Vermeidung von Anwendungsproblemen dahingehend harmonisiert werden, dass für beide Fälle dieselbe Formulierung mit der Konsequenz derselben Herange­hensweise bei der Strafzumessung gelten soll.

Nach nunmehr stRsp und hL ist § 39 Abs. 1 StGB (nicht nur Strafbemessungsvor­schrift, sondern auch) Strafrahmenvorschrift (13 Os 44/09h, SSt 2009/52; RIS-Justiz RS0125294 und RS0125295; Bruckmüller SbgK § 39 Rz 27; Fabrizy, StGB13 § 39 Rz 3; Flora in WK2 § 39 Rz 1; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 668/2). Ausgehend von der Entscheidung eines verstärkten Senats des OGH aus dem Jahr 1975 (SSt 46/40) ist es insoweit (mit Blick auf die Formulierung des § 39 Abs. 1 StGB) aus materiell-rechtlicher Sicht geboten, in einem ersten Schritt nach Maßgabe des nicht erweiterten Straf­rahmens zu prüfen, ob dieser für die konkrete Sanktionsfindung genügt, um erst bei erfolgter Verneinung dieser Frage das Ausmaß des Überschreitens dieses Rahmens im Verhältnis zum durch § 39 Abs. 1 StGB erweiterten Strafrahmen zu bestimmen (Ratz, WKStPO § 281 Rz 668/1). Die dargestellte Systematik führt schon jetzt häufig zu Anwendungsproblemen in der Praxis. Diese Probleme könnten durch die Schaffung zweier unterschiedlicher Strafrahmenvorschriften innerhalb der Bestimmungen über die Strafschärfung bei Rückfall verstärkt werden.

Es wird daher vorgeschlagen, die für § 39 Abs. 1a StGB vorgesehene Formulierung (… worden, so „erhöht sich“, wenn …) auch in § 39 Abs. 1 StGB aufzunehmen. Damit wäre einerseits die durch die Rechtsentwicklung nach der Entscheidung SSt 46/40 ent­standene Anwendungsproblematik mittels einer klaren gesetzlichen Regelung beseitigt und andererseits der Intention des Entwurfs Rechnung getragen, bei qualifiziertem Rückfall einen stets anzuwendenden erweiterten Strafrahmen zu normieren.

Sofern der Täter sowohl die Voraussetzungen des Abs. 1 als auch jene des Abs. 1a erfüllt, darf die Überschreitung des Strafrahmens gemäß § 30 StGB nur einmal erfol­gen (Flora in WK2 StGB § 39 Rz 30; Ratz in WK2 StGB § 30).

Zu Z 2 (§ 39 Abs. 2 StGB):

Im Hinblick darauf, dass der vorgeschlagene neue Abs. 1a im Gegensatz zum Abs. 1 nicht einmal eine zumindest teilweise Verbüßung der Vorstrafen zur Voraussetzung ha­ben soll, bedarf es einer Ergänzung des letzten Satzes des Abs. 2, um auch dieser neuen denkbaren Fallkonstellation (gänzlich bedingt nachgesehene Vorstrafen) Rech­nung tragen zu können.

Zu Z 3 (§ 39a StGB):

Aus Gründen der Übersichtlichkeit sowie der allgemeinen Systematik des StGB sollen in Abs. 1 zunächst die straferhöhenden Umstände und danach in Abs. 2 die erhöhten Strafrahmen angeführt werden. Darüber hinaus sollen sämtliche Umstände des Abs. 1 - und nicht nur die im bisherigen Abs. 2 Z 5 angeführte Begehung der Tat mit mindes­tens einer weiteren Person in verabredeter Verbindung - nur dann eine Änderung der Strafdrohung bewirken, wenn durch diese Umstände nicht schon die Strafdrohung be­stimmt wird.

Zu Z 4 (§ 43a StGB):

Anregungen im Begutachtungsverfahren folgend soll klargestellt werden, dass nach § 43 Abs. 3 StGB nur die gänzlich bedingte Strafnachsicht ausgeschlossen werden soll, eine teilbedingte Strafnachsicht unter den Voraussetzungen des § 43a StGB je­doch weiter möglich sein soll.

Zu Z 5 (§ 83 Abs. 3 StGB):

In der Vergangenheit sind vermehrt tätliche Übergriffe auf Ärzte, Pflegekräfte und Mit­arbeiter in Spitälern und Ordinationen festzustellen. Auch die Feuerwehr ist mit zunehmender Gewalt konfrontiert. Es wird daher vorgeschlagen, den mit der Strafge­setznovelle 2017, BGBl I Nr. 117/2017, in Bezug auf mit bestimmten Aufgaben be­traute Bedienstete einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt geschaffenen § 83 Abs. 3 StGB durch eine neue Qualifikation für Körperverletzungen an Personen, die in einem gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf, für eine anerkannte Rettungsor­ganisation oder in der Verwaltung im Bereich eines solchen Berufes, insbesondere ei­ner Krankenanstalt, oder einer solchen Organisation tätig, beziehungsweise Organe der Feuerwehr sind, zu ergänzen. Damit sind auch Zivildiener mitumfasst.

Zum geschützten Personenkreis ist Folgendes auszuführen:

Vorauszuschicken ist, dass von § 83 Abs. 3 StGB nur jene Personen erfasst sind, die nicht ohnehin als Beamte iSd § 74 Abs. 1 Z 4 StGB unter die Qualifikation des § 84 Abs. 2 StGB fallen. In diesem Sinn werden etwa Amtsärzte und Anstaltsärzte, aber auch Spitalsärzte, soweit sie im Bereich der öffentlichen Krankenanstaltspflege (vgl. etwa § 30 des Wiener Krankenanstaltengesetzes) tätig sind, bereits von § 84 Abs. 2 StGB erfasst sein (zumal diese Bestimmung anders als die §§ 269 und 270 StGB nicht darauf abstellt, dass der Beamte/die Beamtin hoheitlich tätig [gewesen] ist, sondern auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung tätige Beamte – einschließlich im funktionalen Sinn – erfasst). Im Bereich der Rettungsorganisationen wird der Bereich, der etwa in Tirol mit „öffentlichem Rettungsdienst“ umschrieben ist und Aufgaben der Notfallrettung auf der einen und Leistungen des qualifizierten Krankentransportes auf der anderen Seite umfasst (vgl. § 3 des Tiroler Rettungsdienstgesetz 2009; nach dem Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz wird dieser Bereich schlicht durch die Begriffe „Rettungsdienst“ und „Krankentransportdienst“ abgedeckt und meint dort der Begriff „öffentlicher Rettungsdienst“ – mag er auch u.U. zur Erfüllung von Aufgaben des Krankentransportdienstes herangezogen werden können [vgl. § 5 Abs. 2 WRKG] eher den von der Stadt Wien selbst betriebenen Rettungsdienst [vgl. § 5 Abs. 1 WRKG] im Gegensatz zu privaten Rettungsdiensten). Soweit eine Person in einem die­ser Bereichen tätig ist (und während oder wegen dieser Tätigkeit verletzt wird), kommt es nicht darauf an, ob der Träger öffentlich- oder privatrechtlich organisiert ist (in Wien sind demnach gegebenenfalls nicht nur die Angehörigen der Berufsrettung, sondern auch die für bewilligte private Rettungs- und/oder Krankentransportdienste tätigen Per­sonen bereits vom Schutz des § 84 Abs. 2 StGB umfasst) bzw. ob es sich um ein öf­fentlich- oder ein privatrechtliches Anstellungsverhältnis (oder auch etwa ein Tätigwer­den auf Werkvertragsbasis) handelt. Diese Abgrenzung entspricht auch jener bei den Bediensteten einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt, die soweit sie im Kon­text einer Amtshandlung als Eisenbahnaufsichtsorgan im Sinne des § 30 Eisenbahn­gesetz 1957 verletzt werden, dem Schutz des § 84 Abs. 2, im Übrigen aber des § 83 Abs. 3 StGB unterliegen (vgl. für den Bereich des tätlichen Angriffs Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 91a Rz 39). Jedenfalls vom neuen Tatbestand umfasst wer­den niedergelassene Ärzte und Angehörige von (anerkannten) Rettungs- und Kranken­transportdiensten sein, soweit sie in concreto jenseits des öffentlichen Bereichs tätig werden (also etwa bei einem medizinisch nicht indizierten, sondern lediglich auf Wunsch des Patienten durchgeführten und daher insofern privatem Krankentransport).

Der Begriff „gesetzlich geregelter Gesundheitsberuf“ ist wie in den §§ 88 Abs. 2 Z 3, 121 Abs. und 212 Abs. 2 Z 1 StGB zu verstehen.

Was die „anerkannten Rettungsorganisationen“ anlangt, sind Bezeichnung und Form der Organisationen als solcher (Organisation, Einrichtung, Unternehmen [vgl. § 2 Abs. 2 Tiroler Rettungsdienstgesetz 2009], Dienst [WRKG]) ebenso irrelevant wie Be­zeichnung und Form der Anerkennung (vgl. etwa Salzburg, wo in § 3 des Salzburger Rettungsgesetzes explizit von der – auch so bezeichneten – Anerkennung als Ret­tungsorganisation die Rede ist; Wien, wo nach den §§ 6 und 8 WRKG der Betrieb ei­nes Rettungs- oder Krankentransportdienstes einer „Bewilligung“ bedarf; oder Tirol, wo die Anerkennung implizit durch einen entsprechenden Vertragsabschluss nach § 3 Abs. 3 und § 4 des Tiroler Rettungsdienstgesetzes erfolgt).

Zu Z 6 und 7 (§ 87 Abs. 1a und 2 StGB):

Einerseits sollen die Novellierungsanordnungen den Legistischen Richtlinien 1990 ent­sprechend angepasst werden. Andererseits soll durch die Ergänzung des Abs. 2 ein gesonderter Strafsatz von zwei bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe für Taten gegen Beamte, Zeugen oder Sachverständige bei Zufügung einer schweren Dauerfolge vor­gesehen werden, da andernfalls die Zufügung einer schweren Dauerfolge an sich zwar eine höhere Strafobergrenze, aber eine niedrigere Strafuntergrenze hätte als die Zufü­gung einer absichtlich schweren Körperverletzung gegenüber einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen im Sinne des neuen Abs. 1a.

Zu Z 8 (§ 91a StGB):

Wie mit der Strafgesetznovelle 2017 für die mit bestimmten Aufgaben betrauten Be­diensteten von dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalten soll auch für Personen, die in einem gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf, für eine anerkannte Rettungsor­ganisation oder in der Verwaltung im Bereich eines solchen Berufs, insbesondere einer Krankenanstalt, oder als Organ der Feuerwehr, nicht nur eine qualifizierte Strafdrohung im Falle einer Körperverletzung, sondern auch ein eigener Tatbestand zum Schutz vor tätlichen Angriffen geschaffen werden.

Zu Definition und Abgrenzung des umfassten Personenkreises darf grundsätzlich auf die Ausführungen zu § 83 Abs. 3 StGB verweisen werden, allerdings mit der Maßgabe, dass sich die Abgrenzung zwischen § 91a und § 270 StGB insofern anders gestaltet als zwischen § 83 Abs. 3 und § 84 Abs. 2 StGB, als auch jene Personen, als nur ho­heitlich tätige Beamte vom Schutz des § 270 StGB umfasst sind, während alle anderen im umschriebenen Gesundheits- und Rettungsbereich tätigen Personen (einschließlich jener, die als – wenn auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung tätige – Beamte im strafrechtlichen Sinn einzustufen wären) von § 91a StGB umfasst sind.

Die nunmehrige Änderung soll auch zum Anlass genommen werden, den weithin als überflüssig bewerteten Straflosigkeitsgrund des § 91a Abs. 2 StGB zu streichen (vgl. Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 91a Rz 30). Der wesentliche Grund, nämlich, dass diese, den §§ 269 Abs. 4 und 270 Abs. 2 StGB nachgebildete Bestim­mung deswegen nicht gerechtfertigt erscheint, weil die von § 91a StGB geschützten Personen keine hoheitliche Befehls- und Zwangsgewalt ausüben, sodass eine beson­dere Einschränkung des Notwehrrechts iS einer Pflicht zur Duldung auch rechts­widriger Akte hier nicht indiziert ist, auch für den nunmehr erweiterten Personenkreis zutrifft.

Zu Z 9 und 10 ((§ 107a Abs. 3, § 220b Abs. 2 StGB):

Es handelt sich hierbei jeweils um Redaktionsversehen, die zu korrigieren sind.

Zu Artikel 6 (Änderung der Strafprozeßordnung 1975):

Zu Z 1, 2 und 4 (§§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2, 68 Abs. 1 StPO):

Da Opfern – unabhängig von ihrer Stellung als Privatbeteiligte – das Recht auf Akten­einsicht zusteht (§ 66 Abs. 1 Z 2, § 68 Abs. 2 StPO), ist ihnen auf ihr Verlangen im Ge­folge ihrer Vernehmung sogleich eine Abschrift oder Kopie des Protokolls dieser aus­zufolgen, sofern schutzwürdige Interessen des Verfahrens oder Dritter nicht entgegen­stehen (§ 96 Abs. 5 StPO). Gemäß Anm. 3 lit. e zu TP 15 GGG sowie § 4 der Verord­nung der Bundesministerin für Justiz über die Höhe der Gebühren für die Herstellung von Kopien durch die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei im Rahmen der Akteneinsicht, BGBl. II Nr. 390/2007) hat die Ausfolgung von zwei Kopien des Proto­kolls gebühren- und kostenfrei zu erfolgen.

Aufgrund dahingehend aufgetretener Probleme in der Praxis wurde im Ministerialent­wurf zum Dritten Gewaltschutzgesetz – 3. GeSchG (158/ME) im Sinne der Ergebnisse der Task Force Strafrecht in § 66 Abs. 1 Z 1a StPO die ausdrückliche Klarstellung vor­geschlagen, dass Opfer ein Recht auf gebührenfreien Erhalt der Anzeigebestätigung und auf Verlangen des Vernehmungsprotokolls haben, wodurch künftig Vollzugsproble­me vermieden werden sollten.

Im Begutachtungsverfahren wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass laut § 4 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Höhe der Gebühren für die Her­stellung von Kopien durch die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei im Rahmen der Akteneinsicht, BGBl. II Nr. 390/2007 die Herstellung von zwei Kopien eines Pro­tokolls für die vernommene und zur Akteneinsicht berechtigte Person gebühren- und kostenfrei ist, ferner sind laut Anm. 3 lit. e zu TP 15 GGG (der auf Grund von § 29a GGG auch in Strafverfahren zur Anwendung kommt) ebenfalls bis zu zwei Ausfertigun­gen gebührenfrei auszufolgen. Es wurde angeregt, das Verhältnis dieser Regelungen zueinander klarzustellen.

Diese Klarstellung erfolgt nunmehr durch die gesetzliche Festlegung der Gebühren­freiheit nur einer Kopie bzw. Abschrift des Protokolls. Hintergrund ist, dass in der Pra­xis – soweit bekannt - ohnedies nur eine Kopie- bzw. Abschrift des Protokolls verlangt und ausgefolgt wird. Die Änderung steht auch mit den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit im Einklang, ein Rechtsschutzdefizit für den Ak­teneinsicht Nehmenden liegt nicht vor.

Mit der Vollimplementierung der elektronischen Aktenführung im Rahmen des Projekts Justiz 3.0 wird diese Thematik ohnedies hinfällig werden.

Ungeachtet der durch die zeitliche Komponente bedingten Derogation der Bestimmung der Anm. 3 lit. e zu TP 15 GGG ist in Aussicht genommen, diese Regelung aus Anlass einer geplanten Novelle des GGG entweder zu streichen (und alle Gebührenbefrei­ungen nur noch in der StPO abschließend zu regeln) oder alternativ auf eine Kopie bzw. Abschrift des Protokolls einzuschränken.

Auch ist die Aufhebung der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Höhe der Gebühren für die Herstellung von Kopien durch die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei im Rahmen der Akteneinsicht in Aussicht genommen. Der die Unzuläs­sigkeit der Aktenmitnahme zu Kopienzwecken regelnde § 3 wird in der neuen Be­stimmung des § 53 Abs. 2 letzter Satz StPO abgebildet. Zwar besteht in § 170 Abs. 2 dritter Satz Geo. eine Gerichte und aufgrund des Verweises in § 2 DV-StAG auch Staatsanwaltschaften bindende entsprechende Bestimmung, diese bezieht sich jedoch nicht auf die Kriminalpolizei, weshalb eine Integration in die StPO zweckmäßig scheint. Dem aufzuhebenden Regelungsinhalt des § 4 der Verordnung, der gleichermaßen auf Beschuldigte und Opfer wirkt, wird durch die neue Bestimmung des § 52 Abs. 2 Z 4 StPO entsprochen, der – vergleichbar der nur auf Opfer abstellenden Ergänzung des § 66 Abs. 1 Z 1a StPO im ME – auch für Beschuldigte nunmehr ausdrücklich das Recht auf gebührenfreien Erhalt einer Kopie bzw. Abschrift des Vernehmungsproto­kolls regelt. Mit der entsprechenden Ergänzung der verwiesenen Bestimmungen in § 68 Abs. 1 StPO um diese neue Bestimmung wird die im ME vorgeschlagene Ände­rung des § 66 Abs. 1 Z 1a StPO obsolet; durch § 68 Abs. 2 iVm Abs. 1 StPO gilt die Ausnahme von der Gebührenpflicht ohnedies auch für (nicht privatbeteiligte) Opfer (Korn/Zöchbauer in Fuchs/Ratz, WK StPO § 68 Rz 3). Die bereits im ME vorgesehen Änderung des § 96 Abs. 5 StPO bildet diese Änderung ab.

Zu Z 3, 5, 8 und 11:

Diese Ziffern dienen nur der Neunummerierung der Novellierungsanordnungen.

Zu Z 6 (§ 76 Abs. 4 StPO):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung soll im Einklang mit der schon bisher geltenden Rechtslage klargestellt werden, dass die Übermittlung nach der StPO ermittelter perso­nenbezogener Daten an Private nicht in Betracht kommt.

Zu Z 8 (§ 80 Abs. 1 StPO):

Zur Vermeidung von Unklarheiten soll die Einfügung des Wortes „gebührenfrei“ vor dem Wort „auszufolgen“ erfolgen.

Zu Z 10 (§ 165 Abs. 4 StPO):

Der Verweis auf „Zeugen, auf die die in § 66a StPO erwähnten Kriterien zutreffen“ soll präzisiert werden, weil nur dessen Abs. 1 Kriterien zur Festlegung eines Personenkrei­ses enthält.

Zu Z 11 (§ 173 Abs. 5 Z 3 StPO):

Da es sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch bei einer Wohnung um eine Örtlichkeit handelt, soll zur Präzisierung vor dem Wort „Örtlichkeiten“ das Wort „sons­tige“ eingefügt werden.

Zu Z 13 (§ 514 Abs. 41 StPO):

Die Regelung zum Inkrafttreten soll an die in Aussicht genommenen Änderungen im Sinne dieses Abänderungsantrags angepasst werden.

Zu Artikel 7 (Änderung des Strafregistergesetzes 1968)

Zu Z 12 (§ 14 Abs. 15 Strafregistergesetz 1968)

Um die technische Umsetzung der vorgeschlagenen Änderungen sicherzustellen, sol­len die Änderungen des Strafregistergesetzes mit 1. Juli 2020 in Kraft treten.

Zu Artikel 9 (Änderung der Exekutionsordnung)

Zu Z 1 (§ 382b Abs. 2 EO):

Durch die Änderung soll deutlicher als im Initiativantrag zum Ausdruck gebracht wer­den, dass zusätzlich neben der nach § 382b Abs. 2 erster Satz angeordneten Dauer der einstweiligen Verfügung von höchstens sechs Monaten das Gericht die Dauer mit dem rechtskräftigen Abschluss eines (einzuleitenden) Verfahrens in der Hauptsache festsetzen kann. Diese Bestimmung ist nach allgemeinen Regeln auch bei der Verlän­gerung einer einstweiligen Verfügung anzuwenden, sodass auch in diesem Fall auf ein (einzuleitendes) Verfahren in der Hauptsache abgestellt werden kann.

Zu Z 2 und Z 3 (§ 382c Abs. 1 und 4 EO):

Die Änderungen berücksichtigen jeweils die vorgeschlagene neue Fassung des § 38a SPG. Inhaltlich sind damit keine Änderungen verbunden.

Zu Z 4 (§ 382d Abs. 5 EO):

Den Ergebnissen des Begutachtungsverfahrens folgend sollen von der Regelung auch Schlüssel erfasst sein, die nach dem vorgeschlagenen § 38a Abs. 11 SPG von den Si­cherheitsbehörden bei Gericht erlegt werden.

Zu Z 5 und Z 6 (§ 382e Abs. 1 Z 3 und § 382g Abs. 1 Z 8 EO):

Die Änderung ist jeweils nur sprachlich bedingt und soll einen Gleichklang mit der Ter­minologie des vorgeschlagenen § 38a SPG herstellen. Ein völlig zufälliges Zusammen­treffen im geschützten Umkreis wird regelmäßig noch keinen Verstoß gegen ein Annä­herungsverbot bedeuten; vielmehr bedarf es für ein Annähern seitens der gefährden­den Partei einer bewussten bzw. für möglich gehaltenen Herstellung des Kontakts.

Zu Z 7 und 8 (§ 382e Abs. 2 erster Satz; § 382g Abs. 2 erster Satz EO):

Wie bei einer einstweiligen Verfügung nach § 382b soll jeweils auch die Dauer mit dem rechtskräftigen Abschluss eines (einzuleitenden) Verfahrens in der Hauptsache ange­ordnet werden können.

Zu Z 9 (§ 395 Abs. 3 EO):

Es soll ausdrücklich klargestellt werden, dass die Verständigung von der Einbringung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b und § 382e von jenem Gericht vorgenommen werden soll, bei dem der Antrag eingebracht wurde. Es hat daher auch ein unzuständiges Gericht die Sicherheitsbehörde zu verständigen. Da­mit soll erreicht werden, dass ein von den Sicherheitsbehörden angeordnetes Betre­tungs- und Annäherungsverbot nach dem vorgeschlagenen § 38a Abs. 10 SPG um 14 Tage verlängert wird.

Die Verständigung der Sicherheitsbehörden von einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382g soll – anders als im Initiativantrag noch vorgese­hen – unterbleiben, weil die vorgeschlagene Fassung des § 38a SPG nicht regelt, dass auch ein solcher Antrag zu einer Verlängerung des Betretungs- und Annäherungsver­bots führt.

Zu Z 10 (§ 399 Abs. 1 EO):

Die Änderung stellt klar, dass in § 399 nur die Aufhebung auf Antrag geregelt wird. Die Aufhebung von Amts wegen (vgl. § 378a oder § 391 Abs. 2) bleibt davon unberührt.

Zu Z 11 (§ 450 EO):

Die Anpassung des § 382c Abs. 1 und 4 ist bei der Inkrafttretensbestimmung zu be­rücksichtigen.

Zu Artikel 11 bis 22:

Zur Stärkung des Opferschutzes erfolgt eine Anpassung der Anzeigepflicht. Die Be­rufsangehörige/Der Berufsangehörige hat eine Anzeige so lange zu unterlassen, als sie dem ausdrücklichen Willen der volljährigen handlungs- oder entscheidungsfähigen Patientin/des volljährigen handlungs- oder entscheidungsfähigen Patienten widerspre­chen würde und für diese/diesen oder eine andere Person keine unmittelbare Gefahr besteht.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, DI Georg Strasser

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Harald Stefan, Karl Mahrer, B.A., Hans-Jörg Jenewein, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Namensänderungsgesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsge­setz 1988, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungs­gesetz 1972, die Exekutionsordnung, das Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspoli­zeigesetz geändert wird und Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungs­übertretungen erklärt werden, das Ärztegesetz 1998, das Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das MTD-Gesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmas­seurgesetz, das Sanitätergesetz, das Zahnärztegesetz, das Musiktherapiegesetz, das Psychologengesetz 2013, das Psychotherapiegesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Bundesgesetz mit dem das Bun­desgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche geändert werden (Gewaltschutzgesetz 2019) (970/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag (970/A) wird wie folgt geändert:

Artikel 4 (Änderung des Strafgesetzbuches) wird wie folgt geändert:

Nach der Z 14 wird folgende Z 14a neu eingefügt:

„14a. § 109 lautet wie folgt:

„Hausfriedensbruch

§ 109. (1) Wer mit Gewalt gegen eine Person, durch Drohung mit Gewalt oder auf eine in § 129 Abs. 1 Z 1 bis 4 genannte Weise in eine Wohn- oder Betriebstätte eindringt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(1a) Ebenso ist zu bestrafen, wer

1.         in einem Haus, in einer Wohn- oder Betriebsstätte oder in einem unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Bereich entgegen einer Aufforderung des Berechtigten beharrlich verweilt oder

2.         in eine Wohn- oder Betriebsstätte eindringt und dort ohne Einwilligung des Be­rechtigten Bild- oder Tonaufnahmen dieser Wohn- oder Betriebsstätte oder der dort befindlichen Personen oder Sachen anfertigt oder eine Vorrichtung zur An­fertigung solcher Ton- oder Bildaufnahmen anbringt.

(1b) Betriebsstätte ist jeder umschlossene Raum, der zur Ausübung des öffentlichen Dienstes oder eines Berufes, Gewerbes oder Geschäftes dient.

(2) Der Täter ist nur mit Ermächtigung des in seinen Rechten Verletzten zu verfolgen.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer auf die im Abs. 1 geschil­derte Weise in ein Haus, eine Wohn- oder Betriebsstätte oder einen unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Bereich eindringt, wobei

1.         er gegen eine dort befindliche Person oder Sache Gewalt zu üben beabsichtigt; oder

2.         er oder mit seinem Wissen ein anderer Beteiligter (§ 12) eine Waffe oder ein anderes Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer Person zu überwinden oder zu verhindern, oder

3.         mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit Gewalt das Eindringen mehrerer Personen erzwungen wird.

(4) Ebenso ist zu bestrafen, wer die Tat nach Abs. 1a Z 1 mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung (§ 74 Abs. 1 Z 5) begeht.““

Begründung

1. Der Straftatbestand gegen Hausfriedensbruch wurde im StGB 1974 grundlegend neu geregelt und seitdem nicht mehr geändert, obwohl er von Anfang an im Zentrum der Kritik stand und steht. So urteilt Bertel schon 1982 in der 1. Auflage des Wiener Kommentars zum Strafgesetz-buch: „§ 109 ist leider vollständig mißlungen.“ (WK-StGB1 § 109 Rz 1, Stand 1982) – eine Beurteilung, die noch in der aktuellen Auflage zustimmend zitiert wird (Soyer/Schumann, WK-StGB § 109 Rz 7, Stand 1.8.2018: „… viel­fach zu Recht als ‚misslungen‘ bzw ‚kriminalpolitisch zu kurz gegriffen‘ kritisiert“). Kaum milder urteilen andere Kommentare und Lehrbücher.

Die Kritik an § 109 StGB ist allgemein. Schmoller hat bereits 2002 (Unzureichender Schutz des Hausrechts in Österreich. Überlegungen zur Auslegung und Reform des § 109 StGB, Jesionek-FS 483) die Kritik zusammengefasst und einen ausführlichen Reformvorschlag vorgelegt, den der Gesetzgeber bisher nicht aufgegriffen hat und an den der vorliegende Entwurf in wesentlichen Teilen anknüpft.

2. Bemängelt wird vor allem, dass die österreichische Strafbestimmung nur einen viel zu kleinen Bereich des Hausrechtes schütze, und auch diesen nur gegen wenige An­griffsformen. Der Grundtatbestand beschränkt sich auf den Schutz von Wohnstätten, lässt also das Hausrecht an Büros, Kanzleien, Ordinationsräumen, Werkstätten, aber auch an Häusern allgemein, an umfriedeten, zu einem Haus gehörenden Gartenberei­chen und ähnlichen Objekten strafrechtlich ungeschützt. Und selbst bei Wohnstätten wird nur das gewaltsame Einbringen gegen den Willen des anwesenden Hausberech­tigten (siehe unten) vom Straftatbestand erfasst. Wer in eine fremde Wohnung durch ein offenes Fenster einsteigt oder wer in die Wohnung eindringt, indem er die Woh­nungstür mit einem Nachschlüssel aufsperrt, der macht sich nach geltendem Strafrecht nicht wegen Hausfriedensbruchs strafbar.

Als weiterer schwerwiegender Mangel wird hervorgehoben, dass das unbefugte Ver­weilen in fremden Räumen auch dann nicht strafbar ist, wenn der Störer unmissver­ständlich von Hausrechtsinhaber aufgefordert wird, die Räume zu verlassen, sich aber beharrlich weigert. Wer unbefugt durch eine offene Wohnungstür (oder auch durch ein offenstehendes Fenster, siehe den vorigen Absatz) in eine fremde Wohnung eindringt, macht sich auch dann nicht wegen Hausfriedensbruchs strafbar, wenn er beharrlich in dieser Wohnung verbleibt, obwohl er vom berechtigten Besitzer nachdrücklich zum Verlassen der Wohnung aufgefordert wird. Da das Sicherheitspolizeirecht strafrechts­akzessorisch gestaltet ist (§ 16 Abs. 2 SPG), kann auch die Polizei dem Wohnungsei­gentümer nur unvollkommen zu Hilfe kommen (näher unten im Besonderen Teil, zu § 109 Abs. 1a Z 1). So bleibt dem Berechtigten derzeit nur die Besitzstörungsklage beim Zivilgericht (ein Weg, der mühsam sein kann, weil bei den Bezirksgerichten kein Journaldienst eingerichtet ist und außerdem die Identität des Störers oft nicht bekannt ist) oder die eigenmächtige Selbsthilfe (§ 344 ABGB).

Andererseits wird der derzeitige Straftatbestand des schweren Hausfriedensbruchs (§ 109 Abs. 3), der unter anderem das Eindringen von mehreren Personen in beliebige Objekte mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht, als zu weit empfunden. Während es von keinem Straftatbestand er-fasst ist, wenn eine Person gewaltsam in ein fremdes Büro eindringt (keine Wohnstätte, siehe oben), drohen drei Personen, die eine allein­stehende und unbenützte alte Scheune aufbrechen, um darin zu übernachten, bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.

Um dieses Ergebnis zu vermeiden, hat die Rechtsprechung den ohnedies schon höchst unvollkommenen Schutz des Hausrechts an Wohnstätten weiter reduziert: Auch das gewaltsame Ein-dringen in eine fremde Wohnung wird nur dann bestraft, wenn zur Tatzeit in dieser Wohnung zumindest eine berechtigte Person (also der Wohnungsei­gentümer oder ein Mitbewohner) anwesend ist. Ist der Wohnungsinhaber gerade aus­gegangen, dann gibt es keinen strafbaren Hausfriedensbruch. Wer also eine Woh­nungstür aufbricht und in eine fremde Wohnung eindringt, während die Bewohner tags­über bei der Arbeit sind, macht sich – von einer allfälligen Sachbeschädigung abgese­hen – nach geltendem Recht nicht strafbar.

3. Im Gegensatz zu dieser sehr engen Regelung, ist das Hausrecht in unseren Nach­barländern Deutschland und Schweiz seit jeher umfassend strafrechtlich geschützt. Nach § 123 des deutschen Strafgesetzbuchs ist jedes unbefugte Eindringen in Wohn- oder Geschäftsräume und in das „befriedete Besitztum eines anderen“ (gleichgültig ob mit oder ohne Gewalt, ob heimlich oder durch eine offenstehende Tür) ein strafbarer Hausfriedensbruch, und gleichermaßen macht sich wegen Hausfriedensbruchs umfas­send strafbar, „wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt“. Ebenso umfassend ist Art. 186 schweizerisches StGB. Mögen diese Formulierungen den Bereich des Strafbaren vielleicht unter dem Gesichtspunkt des Ultima-Ratio-Prinzips allzu weit ausdehnen, so zeigen sie doch deutlich die Defizite der allzu eng gefassten österreichischen Strafbestimmung gegen Hausfriedensbruch.

4. Der vorliegende Entwurf soll diese Mängel des § 109 StGB beseitigen, ohne die Strafbarkeit zu überdehnen.

Gleichzeitig wird im Zusammenhang mit dem Schutz vor Eingriffen in das verfassungs­rechtlich geschützte Hausrecht ein weiteres Manko des österreichischen Strafrechts in den Blick genommen: Während das StGB umfassend vor der Verletzung von Persön­lichkeitsrechten durch unbefugtes Abhören und unbefugte Tonaufnahmen schützt (ins­bes. § 120: Strafbestimmung gegen Missbrauch von Tonaufnahme- und Abhörgerä­ten), gibt es im österreichischen Strafrecht keinen vergleichbaren Schutz gegen unbe­fugte Bildaufnahmen.

Dies entspricht dem Schutzbedürfnis in der Entstehungszeit unseres StGB in den 1970-er Jahren. Damals gab es weder Smartphones noch digitale Fotografie, Fotoka­meras und Filmaufnahmegeräte waren groß und schwer, und die Verbreitung von Bild­aufnahmen war vor dem Aufkommen der modernen Informationstechnik und des Internets sehr aufwendig und teuer, so dass ein umfassender strafrechtlicher Schutz gegen (damals praktisch allenfalls im Bereich der Geheimdienste vorkommende) Ein­griffe in die Persönlichkeit- und Geheimsphäre durch Bildaufnahmen entbehrlich er­schien. Das hat sich in den letzten vierzig Jahren grundlegend geändert.

Der Entwurf schlägt daher eine weitere Begehungsweise des Hausfriedensbruchs vor, die auf die Kombination zweier Rechtsgüter abstellt, nämlich auf den Schutz des Haus­rechtes und den Schutz der Privat- und Geheimsphäre eines Menschen. Strafbar soll daher auch sein, wer unter Verletzung des Hausrechts unbefugt in ein geschütztes Ob­jekt eindringt und dort Ton- oder Bildaufnahmen anfertigt bzw. Geräte zur Anfertigung oder Übermittlung solcher Aufnahmen anbringt.

Zu § 109 Abs. 1

Der Entwurf erweitert behutsam den Grundtatbestand des Hausfriedensbruchs, ohne die Straf-barkeit so weit auszudehnen, wie es etwa im deutschen oder in schweizeri­schen StGB der Fall ist. Zum einen wird das Schutzobjekt erweitert, indem neben Woh­nungen auch Betriebsstätten in den strafrechtlichen Schutz einbezogen werden.

Zum anderen soll zwar auch in Hinkunft nicht jedes unbefugte Eindringen strafbar sein, allerdings erweitert der Entwurf die strafbaren Begehungsweisen über das Eindringen mit Gewalt hinaus. In Zukunft soll auch strafbar sein, wer in eine fremde Wohn- oder Betriebsstätte einbricht, einsteigt, mit einem nachgemachten oder widerrechtlich er­langten Schlüssel eindringt oder sonst eine besonderes, im Gesetz beschriebenes Hin­dernis überwindet. Das Gesetz verweist auf die Begehungsformen des Diebstahls durch Einbruch (§ 129 Abs. 1 Z 1 bis 4), so dass sich die dazu entwickelten Grund­sätze und Auslegungen für den neuen Tatbestand fruchtbar machen lassen.

Betriebstätten sind nach der Legaldefinition des Abs. 1b umschlossene Räume, die zur Ausübung des öffentlichen Dienstes oder eines Berufes, Gewerbes oder Geschäftes dienen. Dazu zählen ins-besondere Büros, die Kanzlei eines Rechtsanwalts und ärztliche Ordinationen, Handels- und Gewerbebetriebe, Produktionsstätten, landwirt­schaftliche Betriebe, aber auch Lagerhallen, Ställe und zum Betrieb gehörige Neben­räume. Im Vordergrund steht die Verwendung für eine wirtschaftliche Tätigkeit, doch muss die in den Räumen ausgeübte Tätigkeit nicht unbedingt auf Erwerb und Gewinn gerichtet sein, vielmehr soll jedes nachhaltige „Geschäft“ ausreichen. Zu den ge­schützten Objekten zählen daher beispielsweise auch Räume, die einer wissenschaftli­chen oder künstlerischen Tätigkeit dienen, sowie Büros gemeinnütziger Vereine oder politischer Parteien. Stets muss es sich aber um einen „umschlossenen Raum“ han­deln; Außenanlagen, Lagerplätze und dergleichen sind nicht erfasst.

In allen diesen Fällen, also insbesondere bei Einbrechen, Einsteigen usw., soll die Hausrechtsverletzung unabhängig davon strafbar sein, ob sich der Wohnungs- oder Betriebseigentümer oder ein anderer Berechtigter gerade in dem geschützten Objekt aufhält oder nicht.

Andere Formen des bloßen Eindringens sollen im Sinne des Ultima-Ratio-Prinzips auch weiterhin nicht gerichtlich strafbar sein. Wer durch eine offene Tür in ein Büro oder eine fremde Wohnung eindringt, begeht auch weiterhin nur eine zivilrechtliche Be­sitzstörung, macht sich aber durch das unbefugte Eindringen für sich allein noch nicht gerichtlich strafbar. Und wer über den Zaun in einen Hausgarten einsteigt, um einen verschossenen Ball zu holen, begeht auch weiterhin nur eine zivilrechtlich zu verfol­gende Besitzstörung; strafbar macht er sich nicht.

Zu § 109 Abs. 1 Z 1

Eine andere Qualität bekommt eine Hausrechtsverletzung dann, wenn der Eindringling oder sonst einer Person, die sich unbefugt in einer fremden Wohnung oder einem sonstigen Objekt aufhält, vom Besitzer oder sonstigen Berechtigten aufgefordert wird, das fremde Objekt zu verlassen, der Störer sich aber weigert, dies zu tun, sondern in dem vom Hausrecht geschützten Bereich verharrt. Diese fortgesetzte und intensive Form der Hausrechtsverletzung soll in Hinkunft, wie in Deutschland und der Schweiz, auch als Hausfriedensbruch strafbar sein.

Wie in diesen Rechtsordnungen, sollen gegen ein solches unbefugte Verweilen nicht nur Wohnungen und Betriebsstätten geschützt werden, sondern umfassend auch Häu­ser und umfriedete Bereiche, die unmittelbar zu einem Haus gehören (z.B. Hausgär­ten). Umfriedet ist ein Bereich, wenn er durch Mauern, Zäune oder ähnliches deutlich abgegrenzt ist, mögen auch einzelne Zugänge offenstehen. Bei Liegenschaften, die nicht unmittelbar zu einem Haus gehören (der separate Obst-garten, der separate „rei­ne“ Badeplatz, der auf der anderen Seite einer Straße gelegene Garten) oder nicht um­friedet sind, ist das rechtswidrige Verweilen trotz Aufforderung des Eigentümers zum Verlassen nach wie vor nicht gerichtlich strafbar, sondern eine zivilrechtliche Besitz­störung.

Um verhältnismäßig geringfügige Eingriffe von der Strafbarkeit auszunehmen, muss das rechts-widrige Verweilen trotz Aufforderung „beharrlich“ sein. Auch der Begriff „ver­weilen“ bietet ein Filter, um ein ganz kurzfristiges Verbleiben aus der Strafbarkeit aus­zunehmen. Erklärt der Täter aus Eigenem, länger im geschützten Bereich verbleiben zu wollen, dann ergibt sich schon allein daraus die Beharrlichkeit des Verweilens. Auch muss die Aufforderung zum Verlassen, der der Täter entgegenhandelt, aktuell an ihn – wenngleich allenfalls auch gleichzeitig an andere Personen – gerichtet sein; eine an­gebrachte Inschrift „Unbefugte haben die Betriebsstätte unverzüglich zu verlassen“ ge­nügt nicht zur Strafbarkeit nach diesem Absatz.

Wegen der Strafrechtsakzessorietät des Sicherheitspolizeirechtes kann der Haus­rechtseigentümer in Hinkunft die Hilfe der Sicherheitsbehörden in Anspruch nehmen, um die beharrliche Beeinträchtigung seines Hausrechts durch den Störer zu beenden. Derzeit hilft, wie oben dargestellt, die Polizei nur in manchen Fällen. § 38 Abs. 5 SPG ermächtigt die Polizei, einen „Menschen, der ohne Rechtsgrund und ohne Duldung des Besitzers dessen Grundstück oder Raum betreten hat“, den Störer auf Verlangen des Besitzers wegzuweisen.

Die Polizei kann jedoch derzeit nicht helfen, wenn sich beispielsweise ein Besucher beharrlich weigert, nach dem Gespräch, zu dem er eingeladen wurde, auf Aufforderung die fremde Wohnung zu verlassen, oder aber wenn ein Besucher nach Beendigung seiner Geschäfte weiter im fremden Büro bleibt und dieses auch nach eindringlicher Aufforderung nicht verlassen will. In solchen Fällen kann der Betroffene, wenn das zu­ständige Bezirksgericht nicht sofort erreichbar ist, sich nur mit eigenmächtiger Gewalt helfen und die Verletzung seines Hausrechts beenden. In Hinkunft soll dagegen solch ein unbefugtes und beharrliches Verweilen als Hausfriedensbruch strafbar sein, so dass – in der Terminologie des Sicherheitspolizeigesetzes – ein gefährlicher Angriff nach § 16 Abs. 2 SPG vorliegt, den die Polizei nach § 21 Abs. 2 SPG zu beenden hat.

Der vorliegende Entwurf leistet daher auch einen Beitrag zur Stärkung des staatlichen Gewaltmonopols gegenüber dem Recht auf eigenmächtige Selbsthilfe (§ 344 ABGB).

Zu § 109 Abs. 1a Z 2

Diese Strafbestimmung kombiniert, wie schon eingangs beschrieben, den Schutz zwei­er Rechtsgüter: den Schutz des Hausrechtes und den Schutz von Persönlichkeits- und Geheimhaltungsrechten gegen Verletzungen durch Ton- und Bildaufnahmen. Strafbar soll sein, wer – auf welche Weise immer – in eine Wohn- oder Betriebsstätte eindringt und dort Ton- oder Bildaufnahmen dieser Wohn- oder Betriebsstätte oder dort befind­licher Personen oder Sachen anfertigt. Gleichgestellt ist der Fall, dass der Eindringling eine Vorrichtung zur Anfertigung solcher Bild- oder Tonaufnahmen anbringt, die später solche Aufnahmen anfertigen soll, die dann bei einem weiteren Eindringen abgeholt oder per Fernübertragung abgerufen werden sollen. Damit soll dem Umstand Rech­nung getragen werden, dass mit den heutigen technischen Möglichkeiten eine solche Fernübertragung leicht bewerkstelligt werden kann und sich das Anfertigen konkreter Aufnahmen bei solchen Systemen nur selten konkret wird nachweisen lassen (vgl. schon heute § 119 StGB, wonach schon das Anbringen einer Abhörvorrichtung den Tatbestand erfüllt und nicht erst ihre Benützung).

Gegenstand der Aufnahmen müssen das geschützte Objekt oder Personen oder Sa­chen sein, die sich dort befinden. Wer nur sich selbst oder mitgebrachte Gegenstände fotografiert, macht sich nach dieser Bestimmung nicht strafbar.

Im Bereich der Tonaufnahmen überschneidet sich der Anwendungsbereich der neuen Strafbestimmung zum Teil mit dem Delikt des Missbrauchs von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten nach § 120 StGB, geht aber in Kombination mit der Verletzung des Hausrechts darüber hinaus, weil nicht nur die unbefugte Kenntnisnahme von Äuße­rungen, sondern jegliche Tonaufnahme unter Strafe gestellt wird. Die Bestimmung hat also auch diesbezüglich einen eigenständigen Anwendungsbereich.

Abs. 1a Z 2 normiert ein zweiaktiges Delikt, das erst mit dem Anfertigen der Aufnahme oder dem Anbringen der Vorrichtung vollendet ist. Es ist nach den allgemeinen Regeln mit dem ersten Akt oder einer dem ersten Akt unmittelbar vorangehenden Handlung jedenfalls dann versucht (§ 15 StGB), wenn nach dem Vorsatz des Täters der zweite Akt unmittelbar nachfolgen soll.

Hingewiesen sei noch darauf, dass die nunmehr inkriminierte Verhaltensweise sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz ebenfalls strafbar ist, weil ja dort schon das (einfache) Eindringen für sich allein mit Strafe bedroht ist, und zwar nicht nur in Woh­nungen und Betriebsstätten, sondern auch in andere Objekte darüber hinaus (siehe oben). Die vorgeschlagene Strafdrohung ist daher - im Sinne des Ultima-Ratio-Prin­zips – nach wie vor sehr moderat und bleibt deutlich hinter der Reichweite des straf­baren Hausfriedensbruchs in vergleichbaren Rechtsordnungen wie jenen Deutschlands oder der Schweiz zurück.

Zu § 109 Abs. 2

Das Grunddelikt des Abs. 1 soll wie bisher ein Ermächtigungsdelikt sein. Auch bei den neuen Begehungsformen des Abs. 1a soll der Täter nur mit Ermächtigung des in sei­nen Rechten Verletzten verfolgt werden.

Zu § 109 Abs. 3 und 4

Abs. 3 soll im Wesentlichen unverändert bestehen bleiben. Allerdings soll Z 3 auf das Eindringen mit Gewalt gegen eine Person oder Drohung mit Gewalt eingeschränkt werden. Drei Personen, die die Tür einer einsam gelegenen alten Scheune zum Über­nachten aufbrechen, sollen daher von diesem Tatbestand nicht mehr erfasst werden; damit soll der eingangs genannten Kritik Rechnung getragen werden.

Abs. 4 ist eine Qualifikation zu Abs. 1a Z 1 und sieht eine erhöhte Strafdrohung für den Täter vor, wenn er Gewalt anwendet oder gefährlich droht.

Die Begehungsformen der Abs. 3 und 4 sind Offizialdelikte.

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Harald Stefan

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Gewährleistung einer funktionierenden und leistungsfähigen Justiz

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6) betreffend Antrag der Abgeordneten Mag. Mi­chaela Steinacker, Mag. Harald Stefan, Karl Mahrer, B.A., Hans-Jörg Jenewein, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspoli­zeigesetz, das Namensänderungsgesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsgesetz 1988, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972, die Exekutionsordnung, das Bun­desgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird und Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Ein­griffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, das Ärztege­setz 1998, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das MTD-Gesetz, das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das Sanitätergesetz, das Zahn­ärztegesetz, das Musiktherapiegesetz, das Psychologengesetz 2013, das Psychothe­rapiegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Verbrechensopfergesetz und das Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche geändert werden (Gewalt­schutzgesetz 2019) (970/A)

Eine funktionierende und leistungsfähige Justiz ist ein Grundpfeiler jedes Rechtsstaa­tes und jeder Demokratie. Die österreichische Justiz schafft und gewährleistet mit ihren rund 11.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den Gerichten, Staatsanwaltschaf­ten, Justizanstalten und beim Bundesministerium Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in Österreich.

Der Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht ist eine wesentliche Säule für das Funktionieren der Rechtsstaatlichkeit.

Die Justiz muss sich dabei den wechselnden Herausforderungen unserer Zeit stetig anpassen. Dazu ist es etwa notwendig, Gerichtsverfahren weiter zu beschleunigen und die Digitalisierung in der Justiz weiter voranzutreiben. Auch die Optimierung von Ar­beitsabläufen und die Nutzung von Synergieeffekten sind wesentliche Bausteine einer leistungsfähigen Justiz.

Auch in den Justizanstalten sollen neben zusätzlichen personellen Ressourcen ver­stärkt neue Technologien zur Früherkennung von nicht ordnungsgemäßem Verhalten eingesetzt werden. Darüber hinaus muss die Überstellung von Häftlingen mit ausländi­scher Staatsangehörigkeit in deren Heimatstaat forciert und damit unsere Justizanstal­ten entlastet werden.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen in den österreichischen Rechtsstaat und das Funktionieren der Justiz weiter vertrauen können.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich dafür einzusetzen bzw. sicherzustellen, dass die österreichische Justiz über die zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben notwen­digen budgetären Mittel verfügt. Von wesentlicher Bedeutung sind dabei die Gewähr­leistung des Zugangs zum Recht - in diesem Zusammenhang auch die Überprüfung der Senkung der Gerichtsgebühren -, die Beschleunigung von Verfahren sowie das Vo­rantreiben der Digitalisierung in allen Bereichen bei gleichzeitiger Optimierung von Ar­beitsabläufen und Nutzung von Synergieeffekten. Weiters soll die Justizwache ent­sprechend personell ausgestattet und zur Entlastung im System die „Haft in der Hei­mat“ forciert werden.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die zwei eingebrachten Abänderungsanträge und der Entschließungsantrag sind ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß einge­bracht und stehen somit mit in Verhandlung.

Ich darf noch die Damen und Herren der Strafvollzugsakademie auf unserer Galerie recht herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Vizekanzler. – Bitte.