18.46

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle, die Sie heute hier in einem Husch-Pfusch durchpeitschen werden, ist von viel Unkenntnis getragen und ignoriert all den Rat, die Kritik – und in der Begutachtungsphase zeigte sich in der Tat ein inhalt­liches Desaster; es ist sehr viel Kritik, fundierte Kritik, gekommen. Kaum etwas von die­ser fundierten Kritik findet sich jetzt in dem wieder, was heute hier beschlossen werden soll.

Sie erweisen damit dem Gewaltschutz und vor allem den Gewaltopfern einen riesen­großen Bärendienst, denn das, was wir nicht brauchen, ist eine Anzeigepflicht. Wir brauchen Vertrauen zwischen denen, die Gewalt erlitten haben, und denen, die versu­chen, ihnen zu helfen.

Wir brauchen keine höheren Strafen, wir brauchen mehr Verurteilungen. Höhere Straf­drohungen werden, wie wir auch bei anderen Gesetzesmaterien sehen, nicht unbe­dingt dazu beitragen, dass es mehr Verurteilungen gibt.

Wir brauchen lückenlose Ermittlungen. Unsere Strafvollzugsbehörden sind nach wie vor unglaublich überfordert, auch personell überfordert, und da muss etwas gemacht werden. Momentan liegt die Verurteilungsrate bei Gewaltdelikten gegen Frauen im ein­stelligen Bereich – das ist einfach zu wenig, und diesbezüglich tun Sie nichts. Wir brau­chen Geld, wir brauchen eine finanzielle und personelle Ausstattung für die bestehen­den Gewaltschutzeinrichtungen, die sehr gut funktionieren, die Frauen wirklich dort ab­holen könnten, dort helfen könnten, wo sie es brauchen, aber dafür ist nichts vorgese­hen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich bei all jenen, die heute in der Früh am Josefsplatz ein starkes Zei­chen gegen dieses vermeintliche Gewaltschutzpaket gesetzt haben, Rücken an Rü­cken mit Fridays for Future. So begrüßenswert es ist, dass wir heute in der Früh am Josefsplatz so stark vertreten waren und uns so klar gegen diese Maßnahmen ausge­sprochen haben, so unverständlich ist es für mich, dass die bisherige Frauenministe­rin – die auch hier ist – bisher kein einziges Wort zu dieser für Frauen ja doch so wich­tigen Materie gefunden hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch auf zwei quasi Kollateralschäden eingehen. Erstens das Ju­gendgerichtsgesetz: Es ist fatal, junge Menschen zwischen 19 und 21 Jahren, die jetzt anders behandelt werden – und wir haben gute Erfahrungen damit, dass sie anders behandelt werden –, mit den wirklich schweren Knastbrüdern gemeinsam zu verwah­ren und gemeinsam wegzusperren. Die Jugendgerichtsbarkeit – damit auch den Ju­gendgerichtshof und -strafvollzug – hat ja Schwarz-Blau I schon ausgeschaltet und abgeschafft; sie wurde nie wieder eingeführt. Das ist sicherlich keine Maßnahme, die diesen jungen Menschen auf dem Weg zur Resozialisierung hilft.

Der zweite Kollateralschaden, der aber wahrscheinlich jetzt eh keiner werden wird, entstünde durch den Abänderungsantrag von der ÖVP, in dem es rein darum geht, Tierschützer zu kriminalisieren, in dem es darum geht, gegen Leute, die aufzeigen, wie Tiere gehalten werden, nämlich nicht artgerecht, sondern nur profitgerecht, mit dem Strafgesetzbuch vorzugehen, obwohl wahrscheinlich locker Verwaltungsstrafen reichen würden. Das ist vollkommen überschießend. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das, was Sie heute hier beschließen oder beschließen wollen – so wie es aussieht, werden Sie keine Unterstützung dafür kriegen –, ist jedenfalls nicht sinnvoll. Machen Sie lieber etwas dafür, dass all das, was in diesem Gesetz durchaus gut ist, umgesetzt werden kann! Zum Beispiel wird die Verfolgung oder die Prävention von FGM ohne mehr personelle Mittel für die Stellen, die da aktiv werden sollen, nicht funktionieren können.

Also vieles von dem, was in diesem Gewaltschutzpaket drinsteht, ist wirklich nur lip service und nicht viel mehr, es ist einfach ein Lippenbekenntnis und nicht viel dahin­ter. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.50

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Alma Zadić. – Bitte.