2593/A XXVII. GP

Eingebracht am 19.05.2022
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Antrag

der Abgeordneten Pfurtscheller Elisabeth, Dipl.-Kffr. (FH), Barbara Nessler

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Mutterschutzgesetz 1979, BGBl. Nr. 221/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2022, wird wie folgt geändert:

1. § 3a lautet:

„Sonderfreistellung COVID-19

§ 3a. (1) Soweit dies nach der epidemiologischen Situation zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der werdenden Mutter und ihres ungeborenen Kindes erforderlich ist, kann die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Arbeit im Einvernehmen mit der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung festlegen, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen werdende Mütter ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bis spätestens zum Beginn eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 mit Arbeiten nicht beschäftigt werden dürfen.

(2) Die Bewertung der epidemiologischen Situation hat insbesondere anhand der Kriterien in § 1 Abs. 7 Z 1, Z 4, Z 4a und Z 4b des COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, in der Fassung BGBl. I Nr. 6/2022, zu erfolgen. In die Bewertung kann als weiteres Kriterium ein bestehender immunologischer Schutz von werdenden Müttern einbezogen werden.

(3) Liegen die Voraussetzungen für eine Sonderfreistellung nach der Verordnung vor, ist von der Dienstgeberin bzw. dem Dienstgeber zu prüfen, ob eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz aus objektiven Gründen möglich ist. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Dienstnehmerin ihre Tätigkeit in ihrer Wohnung ausüben kann (Homeoffice). In beiden Fällen hat die Dienstnehmerin Anspruch auf das bisherige Entgelt.

(4) Ist eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz aus objektiven Gründen gem. Abs. 3 nicht möglich, hat die Dienstnehmerin Anspruch auf Sonderfreistellung und Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Beschäftigungsverbote nach § 3 gehen jedoch der Sonderfreistellung vor.

(5) Dienstgeberinnen und Dienstgeber mit Ausnahme des Bundes als Dienstgeber haben Anspruch auf Ersatz des Entgelts nach Abs. 4, bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, der für diesen Zeitraum abzuführenden Steuern und Abgaben sowie der zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge, Arbeitslosenversicherungsbeiträge und sonstigen Beiträge durch den Krankenversicherungsträger, unabhängig davon, von welcher Stelle diese einzuheben bzw. an welche Stelle diese abzuführen sind. Von diesem Erstattungsanspruch sind politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts, ausgenommen jene, die wesentliche Teile ihrer Kosten über Leistungsentgelte finanzieren und am Wirtschaftsleben teilnehmen, ausgeschlossen. Der Antrag auf Ersatz ist spätestens sechs Wochen nach dem Ende der Freistellung beim Krankenversicherungsträger einzubringen. Dabei hat die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für eine Sonderfreistellung vorliegen und eine Änderung der Arbeitsbedingungen sowie die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz aus objektiven Gründen nicht möglich war. § 107 ASVG ist sinngemäß anzuwenden. Der Bund hat dem Krankenversicherungsträger die daraus resultierenden Aufwendungen aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen. Eine Kostentragung des Bundes über den 30. Juni 2023 hinaus ist ausgeschlossen.

(6) Abs. 1 bis 5 gelten für

           1. Dienstnehmerinnen nach § 1 Abs. 1 mit Ausnahme von Dienstnehmerinnen, die in einem Dienstverhältnis zu einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband stehen,

           2. Dienstnehmerinnen nach § 1 Abs. 3,

           3. Dienstnehmerinnen, auf die das Landarbeitsgesetz 2021, BGBl. I Nr. 78/2021 anzuwenden ist,

           4. freie Dienstnehmerinnen im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

Für Dienstnehmerinnen nach Z 3 ist Abs. 5 so anzuwenden, dass an die Stelle des Krankenversicherungsträgers das Land tritt.

(7) Abweichend von § 39 Abs. 1 ist mit der Vollziehung der Abs. 3 bis 5 für Dienstnehmerinnen nach Abs. 6 Z 2 und 3 die Landesregierung betraut.

(8) Die Krankenversicherungsträger sind im übertragenen Wirkungsbereich unter Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Arbeit tätig.

(9) Abweichend von § 39 Abs. 2 und 3 ist zur Erlassung der Verordnung hinsichtlich der Dienstnehmerinnen nach Abs. 6 Z 2 der Bundesminister für Arbeit im Einvernehmen mit der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betraut.

(10) Abs. 1 bis 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2022 treten mit 1. Juli 2022 in Kraft. Abs. 1 bis 6 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft. Die Abs. 5, 6, 7 und 8 sind jedoch weiterhin auf erfolgte Sonderfreistellungen gemäß Abs. 1 anzuwenden. Die Verordnung nach Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2022 kann mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes erlassen werden. Sie kann frühestens mit 1. Juli 2022 in Kraft gesetzt werden.

(11) § 3a Abs. 1 bis 3 und 5 bis 8 in der bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 geltenden Fassung ist auch nach Ablauf des 30. Juni 2022 weiterhin auf alle schwangeren Dienstnehmerinnen anzuwenden, deren Schwangerschaft vor dem Ablauf des 30. Juni 2022 eingetreten ist und sich über den 1. Juli 2022 hinaus erstreckt.

Begründung

Nachdem in der COVID-19-Pandemie auf neue Varianten des SARS-COV-2-Virus und andere damit verbundene Gefährdungslagen rascher reagiert werden muss, wird eine Verordnungsermächtigung für die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Arbeit in § 3a MSchG aufgenommen.

Soweit die epidemiologischen Situation zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der werdenden Mutter und ihres ungeborenen Kindes wegen COVID-19 es erforderlich macht, kann in der Verordnung festgelegt werden, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen werdende Mütter ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bis spätestens zum Beginn eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 mit Arbeiten nicht beschäftigt werden dürfen und somit ein Anspruch auf Sonderfreistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts besteht.

Als Kriterien für eine solche epidemiologische Situation wird insbesondere auf die Kriterien des § 1 Abs. 7 Z 1, Z 4, Z 4a und Z 4b COVID-19-Maßnahmengesetz verweisen. Dabei handelt es sich um

–      die Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern,

–      die durchgeführten SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate,

–      die Durchimpfungsgrad der Bevölkerung und insbesondere der Angehörigen jener Bevölkerungsgruppen, die nach der jeweils verfügbaren Datenlage ein überdurchschnittlich hohes Risiko schwerer Krankheitsverläufe mit daraus folgender Notwendigkeit der Hospitalisierung oder intensivmedizinischer Betreuung aufweisen, und

–      das Auftreten und die Verbreitung von Virusvarianten mit signifikant erhöhter Übertragbarkeit und/oder signifikant erhöhter Wahrscheinlichkeit schwerer Krankheitsverläufe.

Zudem kann in der Bewertung auch der immunologische Schutz von Schwangeren durch eine oder mehrere Impfungen oder Genesungen berücksichtigt werden.

Über die Festlegung des Zeitraums eines möglichen Sonderfreistellungsanspruchs in der Verordnung wird ermöglicht, dass z.B. über die Sommermonate ein Anspruch auf Sonderfreistellung nicht mehr besteht, falls die epidemiologische Situation dies zulässt.

Über die Festlegung der Voraussetzungen in der Verordnung kann spezifisch auf die derzeit zirkulierenden Varianten, ihr Infektionsrisiko und ihr Gefährdungspotenzial für Schwangere eingegangen werden. Voraussetzungen, unter denen Schwangere in diesem Zusammenhang nicht beschäftigt werden können, könnten z.B. sein:

–      Bei Arbeiten mit regelmäßigem Personenkontakt in Innenräumen ist eine FFP2-Maskenpflicht für alle anderen Personen und ein MNS-Pflicht für die Schwangere nicht möglich,

–      bei Arbeiten im Freien mit regelmäßigem Personenkontakt bei Abständen unter 2 Meter ist eine FFP2-Maskenpflicht für alle anderen Personen und ein MNS-Pflicht für die Schwangere nicht möglich,

–      bei Arbeiten mit anderen Personen ist eine generelle 3G-Pflicht/2G-Pflicht nicht möglich, oder

–      bei Arbeiten mit Personenkontakt liegt kein immunologischer Schutz der Schwangeren vor.

Liegen grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Sonderfreistellung vor, so muss trotzdem die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber die Arbeitsbedingungen so ändern, dass eine Gefährdung der werdenden Mutter nicht mehr möglich ist oder der Dienstnehmerin einen Ersatzarbeitsplatz anbieten. Erst wenn weder eine Änderung der Arbeitsbedingungen noch ein Ersatzarbeitsplatz möglich sind, besteht der Anspruch auf die Sonderfreistellung (Abs. 3 und 4).

Mit Abs. 7 wird klargestellt, dass sich die Vollziehung der Landesregierungen nicht auf den Verordnungsakt gem. Abs. 1 bezieht.

 

 

Zuweisungsvorschlag: Gesundheitsausschuss