2997/A XXVII. GP

Eingebracht am 18.11.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Art. V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Art. V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel 1

Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert wird

 

Das Nachtschwerarbeitsgesetz – NSchG, BGBl. Nr. 354/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 249/2021, wird wie folgt geändert:

 

Im Art. XIII Abs. 12 wird der Ausdruck „und in den Kalenderjahren 2017, 2020 und 2021“ durch den Ausdruck „und in den Kalenderjahren 2017 sowie 2020 bis 2022“ ersetzt.

 

Artikel 2

Bundesgesetz, mit dem Art. V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert wird

 

Art. V des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 473/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 98/2001, wird wie folgt geändert:

 

1. In § 1 Z. 1 wird die Wortfolge „Pflegestationen von Pflegeheimen“ durch die Wortfolge „Einrichtungen der stationären Langzeitpflege“ ersetzt.

 

2. In § 2 Abs. 1 Z 11 wird die Wortfolge „Pflegestationen in Pflegeheimen“ durch die Wortfolge „Einrichtungen der stationären Langzeitpflege“ ersetzt.

 

3. In § 2 Abs. 3 und 4 sowie in § 5 Abs. 2 werden jeweils die Wortfolge „Arbeit und Soziales“ durch die Wortfolge „Arbeit und Wirtschaft“ und die Wortfolge „Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz“ durch die Wortfolge „Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ ersetzt. In § 2 Abs. 4 und § 5 Abs. 2 Z 2 wird jeweils das Wort „Bundeskanzler“ durch die Wortfolge „Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport“ ersetzt.


4. Nach § 3 wird folgender § 3a samt Überschrift eingefügt:

„Entlastungswoche als Schutzmaßnahme für das Pflegepersonal

§ 3a. (1) Die Abs. 2 bis 4 gelten abweichend vom Geltungsbereich der §§ 1 und 2 für alle Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, die in einem der in § 1 GuKG, BGBl. I Nr. 108/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 165/2022, angeführten Berufe beschäftigt werden.

(2) Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern nach Abs. 1 ist ab dem Kalenderjahr, in dem sie das 43. Lebensjahr vollenden, eine Entlastungswoche im Ausmaß einer vereinbarten wöchentlichen Normalarbeitszeit, höchstens jedoch 40 Stunden, in jedem Kalenderjahr zu gewähren. Diese Entlastungswoche gebührt zusätzlich zu einem allfälligen Anspruch auf Zeitguthaben nach § 3.

(3) Auf die Entlastungswoche gemäß Abs. 2 sind Ansprüche aus § 10a Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976, in geltender Fassung nicht anzurechnen. Auf Gesetzen, Verordnungen, Arbeits(Dienst)ordnungen oder sonstige Normen der kollektiven Rechtsgestaltung beruhende Urlaubsansprüche sind anzurechnen, soweit sie über den gesetzlichen Mindestanspruch von 30 Werktagen hinausgehen. Eine Anrechnung erfolgt jedoch nicht, sofern eine nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, BGBl. Nr. I xx/2022 beschlossene Norm der kollektiven Rechtsgestaltung diese Anrechnung, wenn auch nur teilweise, ausschließt.

(4) Der Verbrauch dieser Entlastungswoche ist zwischen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen oder Arbeitgebern zu vereinbaren und in den Arbeitszeitaufzeichnungen auszuweisen. Die Entlastungswoche darf nicht in Geld abgelöst werden.“

 

5. § 4 Abs. 1 lautet:

„(1) ArbeitgeberInnen, die

           1. den Ausgleich für das gemäß § 3 Abs. 1 gebührende Zeitguthaben nicht innerhalb von sechs Monaten gewähren oder das Zeitguthaben in Geld ablösen, oder

           2. die gemäß § 3a Abs. 1 gebührende Entlastungswoche nicht in den Arbeitszeitaufzeichnungen ausweisen oder in Geld ablösen,

sind, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro zu bestrafen.“

 

6. Nach § 5 Abs. 1a werden folgende Abs. 1b und Abs 1c eingefügt:

„(1b) § 1 Z. 1, § 2 Abs. 1 Z 11, § 3a samt Überschrift, § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.

(1c) Abweichend von § 3a Abs 4 letzter Satz sowie § 4 Abs 1 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2022 können Ansprüche aus § 3a Abs 1 abgelöst werden, die spätestens im Kalenderjahr 2026 angefallen sind, sofern eine Inanspruchnahme aus nicht von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer zu vertretenden Umständen nicht möglich war.“

 


Begründung

 

Zu Artikel 1 (Art XIII Abs. 12 NSchG)

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird sichergestellt, dass im Jahr 2023 die Höhe des Nachtschwerarbeits-Beitrages unverändert bleibt und somit weiterhin 3,8 % der allgemeinen Beitragsgrundlage in der nach dem ASVG geregelten Pensionsversicherung beträgt.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen hätte der Beitragssatz auf 4,7% erhöht werden müssen. Mit der Sistierung der Anhebung bleibt der Beitragssatz von 3,8 % unverändert, wodurch für das Jahr 2023 Mindereinnahmen für die Pensionsversicherung – und damit Mehraufwendungen für den Bund – in der Höhe von rund 15,2 Millionen Euro entstehen.

 

Zu Artikel 2 (§§ 1, 2 Abs 1 Z 11, 2 Abs 3 und 4, 3a, 4 Abs 1 und 5 Abs 1a, Abs 1b und Abs 1c)

Mit der vorliegenden Novelle des Art. V der Nachtschwerarbeitsgesetz-Novelle 1992 (NSchG-Novelle 1992) soll eine Anpassung an geänderte Organisationsstrukturen in der Langzeitpflege vorgenommen werden und eine Entlastungswoche für das Pflegepersonal eingeführt werden.

Organisationsstruktur

Die „Pflegestationen in Pflegeheimen“ werden in „Einrichtungen zur stationären Langzeitpflege“ (in § 1 sowie in § 2 Abs. 1 Z 11) umbenannt und zwar aus den folgenden Gründen:

Mit Art. V der NSchG-Novelle 1992, BGBl. Nr. 473/1992, wurde ein Anspruch auf ein Zeitguthaben für Arbeitnehmer in Krankenanstalten und Pflegestationen von Pflegeheimen im Ausmaß von zwei Stunden für jeden Nachtdienst eingeführt, mit dem ein Ausgleich für besonders belastende Betreuungs- und Behandlungsarbeiten für Patienten während der Nacht (zwischen 22 und 6 Uhr) erfolgen sollte. Als Kriterium für eine solche besonders belastende Arbeitssituation wurde in § 2 Abs. 1 auf diejenigen Abteilungen bzw. Stationen abgestellt, in denen davon auszugehen war, dass besonders belastende Behandlungs- und Betreuungsarbeit während der Nacht anfällt. Dieses Zeitguthaben gebührt, wenn diese Nachtarbeit mindestens sechs Stunden lang geleistet wird und keine regelmäßige Arbeitsbereitschaft in erheblichem Ausmaß anfällt.

Es wurde bei der Interpretation des Begriffes „Pflegestationen in Pflegeheimen“ auf die jeweiligen Sozialhilfegesetze der Länder abgestellt (vgl. Erlass des Sozialministeriums Zl.62.120/1-3/93).

Allerdings hat sich die bei der Erlassung dieser Novelle im Jahr 1992 bestehende Organisationsstruktur in der Altenpflege aufgrund der demographischen Entwicklung geändert. Die Altersheime bzw. Pflegeheime sind je nach Bundesland unterschiedlich organisiert, was dazu führt, dass unter Umständen dieselbe Arbeit unterschiedlich bewertet wird, je nachdem, ob es abgegrenzte Pflegestationen gibt oder nicht bzw. ob es solche in Pflegeheimen oder in sonstigen Pflegeeinrichtungen gibt.

Mit der Änderung in § 1 Z 1 und in § 2 Abs. 1 Z 11 wird klargestellt, dass nicht nur Nachtschwerarbeit leistende Arbeitnehmer, die auf Pflegestationen in Pflegeheimen arbeiten, ein Zeitguthaben erhalten, sondern alle, die in „Einrichtungen zur stationären Langzeitpflege“ beschäftigt werden. Klarzustellen ist, dass die Neufassung des § 1 Z 1 und § 2 Abs. 1 Z 11 keine Änderung etwaiger auf sonstigen Gesetzen, Verordnungen, Arbeits(Dienst)ordnungen oder sonstigen Normen der kollektiven Rechtsgestaltung beruhender Zeitguthaben, die aufgrund von Nachtschwerarbeit gebühren, bewirkt. Damit sollen Verschlechterungen vermieden werden.

Entlastungswoche

Weiters wird mit § 3a des Entwurfes für Arbeitnehmer, die Angehörige der in § 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) aufgezählten Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sind, als Schutzmaßnahme in jedem Kalenderjahr ab Vollendung des 43. Lebensjahres eine Entlastungswoche im Ausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden vorgesehen, die der Arbeitgeber zu gewähren hat. Aufgrund des statischen Verweises auf die Fassung des GuKG in der Novelle BGBl. I Nr. 165/2022 wird klargestellt, dass nur die zu diesem Zeitpunkt angeführten Gesundheits-und Krankenpflegeberufe (gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, Pflegefachassistenz und Pflegeassistenz) erfasst sein sollen. Als Pflegeassistenz im Sinne dieser Bestimmung gelten daher alle Berufe, die im Rahmen einer sonstigen Ausbildung eine gleichwertige Qualifizierung zur Pflegeassistenz erlangt haben, die einer Ausbildung in einem Gesundheits- oder Krankenpflegeberuf entspricht und die als Pflegeassistenz arbeiten.

Dies gilt abweichend vom Geltungsbereich des Art. V § 1 und § 2 NSchG-Novelle 1992. Es ist daher nicht ausschlaggebend, wo der Dienstortort ist bzw. in welcher Organisationseinheit die Arbeit verrichtet wird. Neben den Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen sind daher auch z.B. die mobilen Dienste erfasst. Die Entlastungswoche soll auch unabhängig vom Schweregrad der verrichteten Arbeiten und unabhängig von der Tageszeit für die in § 1 GuKG aufgezählten Berufsgruppen gebühren.

Wird von Arbeitnehmern, die Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe gemäß § 1 GuKG sind, in Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen auch Nachtschwerarbeit gemäß Art. V § 1 Z 2 und § 2 verrichtet, gebührt jedoch so wie nach geltendem Recht nach wie vor ein Zeitguthaben gemäß § 3 zusätzlich zur Entlastungswoche.

Auf die Entlastungswoche anzurechnen sind jedoch nur Urlaubsansprüche im engeren Sinn. Neben dem Zusatzurlaub bei Nachtschwerarbeit gemäß § 10a Urlaubsgesetz nicht einzurechnen sind daher insbesondere Pflegefreistellungen gemäß § 15 und 16 Urlaubsgesetz, Ansprüche bei Dienstverhinderung gemäß § 8 AngG und § 1154b ABGB, Freistellungen bei der Inanspruchnahme von Familienhospizkarenz gemäß §§ 14a und 14b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, Dienstverhinderungsgründe mit Entgeltfortzahlung aus sonstigen persönlichen Gründen wie Hochzeit oder Umzug, die beispielsweise in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung  geregelt werden, Ersatzruhetage sowie Freizeit zur Erfüllung der religiösen Pflichten gemäß §§ 6 und 8 Arbeitsruhegesetz, arbeitsfreie Tage, die beispielsweise in Kollektivverträgen als Feiertage gewertet werden, wie der 24. und der 31. Dezember, Karfreitag oder Jom Kippur, Postensuchtage, die beispielsweise gemäß § 22 Angestelltengesetz oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung geregelt werden sowie Ruhepausen und Ausgleichtage für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in nicht natürlich belichteten Arbeitsräumen, die beispielsweise durch Betriebsvereinbarungen gewährt werden.

Die Entlastungswoche ist eine Maßnahme des Arbeitnehmerschutzes und steht daher – mit Ausnahme der folgenden, zeitlich befristeten Ablösemöglichkeit - genauso wie das Zeitguthaben unter Strafsanktion.

Die Einführung einer Entlastungswoche bringt Umstellungsnotwendigkeiten im Betrieb mit sich, die oftmals nicht sofort umgesetzt werden können. Daher soll eine zeitlich befristete Möglichkeit bestehen, diese Entlastungswochen abzugelten, sofern die unterbliebene Inanspruchnahme dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmerin nicht vorwerfbar ist.

Umfasst von dieser Möglichkeit sind Ansprüche auf Entlastungswochen vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bis inklusive jener, die im Jahr 2026 angefallen sind.

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales