3983/A XXVII. GP

Eingebracht am 21.03.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza

und Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz und das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 200/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 100 Abs. 3 lautet:

„(3) Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung (§ 143a) erlischt

           1. mit dem Anfall einer (vorzeitigen) Alterspension nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz oder

           2. mit Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alterspension nach § 253 (§ 130 GSVG, § 121 BSVG oder § 4 Abs. 1 APG), wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten.“

2. § 258 Abs. 1 lautet:

„(1) Anspruch auf Witwenpension hat die Witwe nach dem Tod des versicherten Ehegatten bzw. der versicherten Ehegattin; Anspruch auf Witwerpension hat der Witwer nach dem Tod der versicherten Ehegattin bzw. des versicherten Ehegatten.

3. § 444 Abs. 5 lautet:

„(5) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat nach Anhörung des Dachverbandes und nach Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen Weisungen zu erlassen

           1. für die Rechnungsführung inklusive Gebarungsvorschau, die Rechnungslegung sowie die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes (Abs. 1 und 4) sowie

           2. für die statistischen Nachweisungen (Abs. 2).“

4. § 449 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Wichtige Fragen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach § 441f abgestimmten Ziele sowie die Sicherstellung einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung.“

5. § 538z Abs. 6 vorletzter und letzter Satz entfallen.

6. Nach § 798 wird folgender § 799 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 799. (1) Es treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 in Kraft:

           1. mit dem der Kundmachung folgenden Tag § 258 Abs. 1;

           2. mit 1. Juli 2024 der § 100 Abs. 3;

           3. rückwirkend mit 3. Jänner 2020 die §§ 444 Abs. 5, 449 Abs. 2 erster Satz und 538z Abs. 6.

(2) § 86 Abs. 3 Z 1 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2018 ist auch dann anzuwenden, wenn der Versicherungsfall vor dem 15. August 2018 eingetreten ist.

Artikel 2

Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz – GSVG, BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 189/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 136 Abs. 1 lautet:

„(1) Anspruch auf Witwenpension hat die Witwe nach dem Tod des versicherten Ehegatten bzw. der versicherten Ehegattin; Anspruch auf Witwerpension hat der Witwer nach dem Tod der versicherten Ehegattin bzw. des versicherten Ehegatten.

2. Nach § 411 wird folgender § 412 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 412. (1) § 136 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(2) § 55 Abs. 2 Z 1 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2018 ist auch dann anzuwenden, wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Juli 2018 eingetreten ist.“

Artikel 3

Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes

Das Bauern-Sozialversicherungsgesetz – BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 189/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 127 Abs. 1 lautet:

„(1) Anspruch auf Witwenpension hat die Witwe nach dem Tod des versicherten Ehegatten bzw. der versicherten Ehegattin; Anspruch auf Witwerpension hat der Witwer nach dem Tod der versicherten Ehegattin bzw. des versicherten Ehegatten.

2. Nach § 406 wird folgender § 407 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 407. (1) § 127 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(2) § 51 Abs. 2 Z 1 dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2018 ist auch dann anzuwenden, wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Juli 2018 eingetreten ist.

Artikel 4

Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes

Das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz – B‑KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 152/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 151 Abs. 5 lautet:

„(5) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat nach Anhörung des Dachverbandes und nach Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen Weisungen zu erlassen

           1. für die Rechnungsführung inklusive Gebarungsvorschau, die Rechnungslegung sowie die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes (Abs. 1 und 4) sowie

           2. für die statistischen Nachweisungen (Abs. 2).“

2. § 155 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Wichtige Fragen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach § 441f ASVG abgestimmten Ziele sowie die Sicherstellung einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung.“

3. § 155 Abs. 4 vorletzter und letzter Satz entfallen.

4. § 168c Abs. 1 vorletzter und letzter Satz entfallen.

5. Nach § 286 wird folgender § 287 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmung zu Art. 4 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 287. Die §§ 151 Abs. 5, 155 Abs. 2 und 4 sowie 168c Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 treten rückwirkend mit 3. Jänner 2020 in Kraft.“

Artikel 5

Änderung des Selbstständigen-Sozialversicherungsgesetzes

Das Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz – SVSG, BGBl. I Nr. 100/2018, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 179/2022, wird wie folgt geändert:

1. § 31 Abs. 6 lautet:

„(6) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat nach Anhörung des Dachverbandes und nach Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen Weisungen zu erlassen

           1. für die Rechnungsführung inklusive Gebarungsvorschau, die Rechnungslegung sowie die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes (Abs. 1 und 5) sowie

           2. für die statistischen Nachweisungen (Abs. 2).“

2. § 37 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Wichtige Fragen im Sinne des Abs. 1 sind insbesondere die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach § 441f ASVG abgestimmten Ziele sowie die Sicherstellung einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung.“

3. § 37 Abs. 4 vorletzter und letzter Satz entfällt.

4. § 49 Abs. 1 vorletzter und letzter Satz entfällt.

5. Nach § 55 wird folgender § 56 samt Überschrift angefügt:

Schlussbestimmung zu Art. 5 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024

§ 56. Die §§ 31 Abs. 6, 37 Abs. 2 und 4 sowie 49 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 treten rückwirkend mit 3. Jänner 2020 in Kraft.“

Artikel 6

Änderung des Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetzes

Das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz – SV-EG, BGBl. Nr. 154/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 100/2018, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 8d wird folgender § 8e samt Überschrift angefügt:

„Währungsumrechnung von Beträgen in Fremdwährungen

§ 8e. (1) Wurden Beträge in Fremdwährungen im Anwendungsbereich der Verordnung und der Durchführungsverordnung umgerechnet, erfolgt eine neue Umrechnung dieser Beträge, sobald eine Kursveränderung von mehr als 10% gegenüber der letzten Umrechnung eintritt. Der neue Umrechnungskurs ist ab dem ersten Tag des Monats zu berücksichtigen, der auf den Monat folgt, in welchem die Kursveränderung eingetreten ist.

(2) Sind außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung und der Durchführungsverordnung im Bereich der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung Beträge in Fremdwährungen zu berücksichtigen, so hat der zuständige österreichische Träger die Umrechnung unter entsprechender Anwendung der für die Umrechnung im Anwendungsbereich der Verordnung und Durchführungsverordnung einschließlich des Abs. 1 geltenden Regelungen vorzunehmen, wobei Beträge aus anderen Staaten wie Beträge aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu berücksichtigen sind. Als Umrechnungskurse sind die von der Österreichischen Nationalbank veröffentlichten Tagesreferenzkurse heranzuziehen. Für Fremdwährungen, für die keine Tagesreferenzkurse vorliegen, sind die von der Österreichischen Nationalbank veröffentlichten Monatsendstände maßgebend.

(3) Abweichende Regelungen in Abkommen über soziale Sicherheit oder auf deren Grundlage geschlossenen Verwaltungsvereinbarungen bleiben von Abs. 1 und 2 unberührt.“

2. Nach § 9m wird folgender § 9n angefügt:

§ 9n. § 8e samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2024 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“


 

Begründung

Zu Art. 1 Z 1 (§ 100 Abs. 3 ASVG)

In Anlehnung an die Regelung im Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (§ 22 Abs. 1 AlVG) soll vorgesehen werden, dass der Anspruch auf Rehabilitationsgeld nach § 143a ASVG nicht nur bei Anfall einer (vorzeitigen) Alterspension, sondern auch bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine (reguläre) Alterspension erlischt.

Das Rehabilitationsgeld wurde im Rahmen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2012 eingeführt. Zentrale Herausforderung dabei war, eine Antwort auf das – auch im internationalen Vergleich – frühe Pensionszugangsalter vor allem bei Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen zu finden. Zielsetzung war, durch rechtzeitige Interventionen gesundheitliche und soziale Risiken erst gar nicht oder zumindest später eintreten zu lassen, und so Menschen länger im aktiven Erwerbsprozess zu halten. Präventive Sozialpolitik und Reintegration in den Arbeitsmarkt traten dabei in den Vordergrund.

Als Ersatz für die befristete Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension wurde für Personen, deren Pensionsantrag mangels dauernder Invalidität (Berufsunfähigkeit) abgelehnt wird, bei denen jedoch bescheidmäßig das Vorliegen vorübergehender Invalidität (Berufsunfähigkeit) im Ausmaß von mindestens sechs Monaten festgestellt wird, ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld geschaffen.

Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzungen soll ab dem Zeitpunkt, ab dem eine (reguläre) Alterspension bezogen werden kann, kein Rehabilitationsgeld gebühren.

Zu den Art. 1 Z 2, Art. 2 Z 1 sowie Art. 3 Z 1 (§ 258 Abs. 1 ASVG; § 136 Abs. 1 GSVG; § 127 Abs. 1 BSVG):

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017, G 258-259/2017, entschieden, dass die Verschiedengeschlechtlichkeit für den Zugang zur Ehe keine Voraussetzung mehr ist. Auf Grund dieses Erkenntnisses können seit 1. Jänner 2019 auch gleichgeschlechtliche Personen eine rechtsgültige Ehe schließen.

Dies soll nunmehr im Wortlaut der Bestimmungen über den Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerpension eindeutig zum Ausdruck kommen.

Zu den Art. 1 Z 3, Art. 4 Z 1 und Art. 5 Z 1 (§ 444 Abs. 5 ASVG; § 151 Abs. 5 B-KUVG; § 31 Abs. 6 SVSG):

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2019 (G 78-81/2019-56) die Bestimmungen, wonach das Zielsteuerungssystem der Sozialversicherungsträger dem Weisungsrecht des Bundesministers unterliegt (§§ 441f Abs. 1 zweiter Satz sowie 444 Abs. 5 Z 3 und letzter Satz ASVG), als verfassungswidrig aufgehoben.

Vor diesem Hintergrund ist § 444 Abs. 5 ASVG zur leichteren Lesbarkeit neu zu fassen und in das Parallelrecht entsprechend zu übertragen.

Zu den Art. 1 Z 4, Art. 4 Z 2 und Art. 5 Z 2 (§ 449 Abs. 2 ASVG; § 155 Abs. 2 B-KUVG; § 37 Abs. 2 SVSG):

Der VfGH hat den § 449 Abs. 2 ASVG über wichtige Fragen der Aufsicht, soweit Beschlüsse betroffen sind, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigt, als verfassungswidrig aufgehoben (Erkenntnis vom 13. Dezember 2019 (G 78-81/2019-56)).

§ 449 Abs. 2 erster Satz ASVG ist somit zur leichteren Lesbarkeit neu zu fassen und in das Parallelrecht entsprechend zu übertragen.

Zu Art. 1 Z 5, Art. 4 Z 4 und Art. 5 Z 4 (§ 538z Abs. 6 ASVG; § 168c Abs. 1 B-KUVG; § 49 Abs. 1 SVSG):

Auch § 538v Abs. 1 vorletzter und letzter Satz ASVG, wonach der Vorsitzende des Überleitungsausschusses der Österreichischen Gesundheitskasse bestimmte Angelegenheiten dem Bundesminister zur Entscheidung vorlegen kann, wenn ein Beschluss des Überleitungsausschusses nicht zustande kommt, wurde vom VfGH mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2019 (G 78-81/2019-56) für verfassungswidrig erklärt.

Demgemäß sind auch die inhaltsgleichen §§ 538z Abs. 6 vorletzter und letzter Satz ASVG, 168c Abs. 1 vorletzter und letzter Satz B-KUVG sowie 49 Abs. 1 vorletzter und letzter Satz SVSG aufzuheben.

Zu den Art. 1 Z 6, Art. 2 Z 2 und Art. 3 Z 2 (§ 799 Abs. 2 ASVG; § 412 Abs. 2 GSVG; § 407 Abs. 2 BSVG):

Hinterbliebenenpensionen fallen grundsätzlich mit dem auf den Versicherungsfall folgenden Tag an, wenn der Antrag binnen sechs Monaten nach dem Versicherungsfall gestellt wird, bei späterer Antragstellung mit dem Tag der Antragstellung. Um Härtefälle bei verspäteter Antragstellung zu entschärfen und den Schutz Minderjähriger zu stärken wurde im Sozialrechts-Änderungsgesetz, BGBl. I Nr. 335/1993, vorgesehen, dass Waisenpensionen bereits mit dem auf den Versicherungsfall folgenden Tag anfallen, sofern der Antrag längstens bis zum Ablauf von sechs Monaten nach dem Eintritt der Volljährigkeit gestellt wird. Diese Regelung trat am 1. Juli 1993 in Kraft (§§ 551 Abs. 1 Z 1 ASVG, 259 Abs. 1 Z 4 GSVG und 247 Abs. 1 Z 5 BSVG).

Im Erkenntnis vom 4. Dezember 2017, G 125/2017, führte der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang aus, dass sich eine aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung geschäfts- oder prozessunfähige (volljährige) Person in einer rechtlich vergleichbaren Lage mit einer minderjährigen Person befinde, weshalb kein sachlicher Grund dafür zu erkennen sei, dass der Gesetzgeber zwar weitreichende Schutzvorschriften für Minderjährige vorsieht, nicht aber für den genannten Personenkreis. Im Rahmen des Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetzes, BGBl. I Nr. 59/2018, wurde daher die bis dahin für minderjährige Personen geltende Fristverlängerung auf eingeschränkt geschäftsfähige Personen ausgeweitet. Diese Ausweitung trat am 15. August 2018 (§§ 86 Abs. 3 Z 1 und 716 Abs. 1 ASVG) bzw. am 1. Juli 2018 in Kraft (§§ 55 Abs. 2 Z 1 und 372 GSVG sowie 51 Abs. 2 Z 1 und 365 BSVG).

Um Härtefälle zu vermeiden, soll nun sichergestellt werden, dass künftig auch in den Fällen, in denen der Versicherungsfall vor dem 1. Juli bzw. vor dem 15. August 2018 eingetreten ist, die Frist für die Antragstellung auf Waisenpension erst mit Ablauf von sechs Monaten nach dem Wiedererlangen der Geschäftsfähigkeit endet.

Zu den Art. 4 Z 3 und Art. 5 Z 3 (§ 155 Abs. 4 B-KUVG; § 37 Abs. 4 SVSG):

Als verfassungswidrig aufgehoben wurde die Bestimmung, wonach die Aufsichtsbehörde die Beschlussfassung von Sozialversicherungsorganen zu bestimmten Tagesordnungspunkten vertagen lassen kann (§ 449 Abs. 4 vorletzter und letzter Satz ASVG).

Somit sind auch die Parallelbestimmungen im B-KUVG und im SVSG aus dem Rechtsbestand zu entfernen.

Zu Art. 6 Z 1 (§ 8e SV-EG):

Im Bereich der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung erfordert die Berechnung bestimmter Leistungen und Beiträge eine Umrechnung der in ausländischer Währung bezifferten maßgebenden Beträge.

Im Verhältnis zu jenen Staaten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen und deren Währung nicht der Euro ist, gelten unmittelbar die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009. Nach Art. 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 ist für die Währungsumrechnung der jeweilige Referenzwechselkurs der Europäischen Zentralbank heranzuziehen und die Verwaltungskommission (gemäß Art. 71 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004) hat den konkreten Bezugszeitpunkt für die Festlegung des Wechselkurses zu bestimmen. Mit Beschluss Nr. H12 (ABl. C 93, vom 28.2.2022, S. 6) ist die Verwaltungskommission dieser Verpflichtung nachgekommen.

Für die Berücksichtigung von Währungsschwankungen wurde in diesen Regelungen allerdings keine Vorsorge getroffen. Weder im Art. 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 noch im Beschluss Nr. H12 finden sich diesbezügliche Regelungen. Im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4.9.2019 in der Rs C-473/18, Bundesagentur für Arbeit – Familienkasse Baden-Württemberg West, wurde im Beschluss Nr. H12 lediglich ein Erwägungsgrund Nr. 3 aufgenommen. Demnach müssen die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen ergreifen, um bei der Anwendung der beiden Verordnungen mögliche Währungsschwankungen zu berücksichtigen. Diese Maßnahmen sollen die Ziele der jeweiligen Bestimmungen der beiden Verordnungen im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs umsetzen. Es ist daher erforderlich, im nationalen Bereich Regelungen für die Berücksichtigung von Währungsschwankungen im Anwendungsbereich des Unionsrechts vorzusehen.

Diese Regelungen müssen einerseits den vom EuGH genannten Aspekten zur Berücksichtigung von Währungsschwankungen Rechnung tragen und andererseits einen nicht gerechtfertigten, unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand vermeiden. Beträge in Fremdwährungen sind bei vielen Sozialversicherungsleistungen (z. B. Pensionen, Ausgleichszulage) und z. B. auch bei der Ermittlung des Krankenversicherungsbeitrags nach § 73a ASVG zu berücksichtigen und spielen im zwischenstaatlichen Bereich eine immer größere Rolle. Solche Regelungen zur Währungsumrechnung können in Anbetracht der Fallzahlen daher nur noch automatisationsunterstützt vollzogen werden.

Mit der vorliegenden Regelung des Abs. 1 sollen diese Ziele mit der Festlegung des Schwellenprozentsatzes von 10% erreicht werden. Einerseits wird eine erforderliche Rechtsgrundlage im Sinne des Erwägungsgrundes Nr. 3 des Beschlusses Nr. H12 geschaffen und andererseits kann sichergestellt werden, dass den anspruchsberechtigten Personen aufgrund einer gewissen Stabilität des Umrechnungskurses durch die automatisationsunterstützte Verarbeitung die Leistungen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zeitgerecht ausgezahlt werden können. Ebenso ist gewährleistet, dass bei erheblichen Kursschwankungen der jeweilige reale Wert der Beträge berücksichtigt werden muss. Die Regelung entspricht im Übrigen auch z. B. der in Deutschland geltenden Sonderregelung betreffend die Währungsumrechnung (§ 17a SGB IV).

Für die Umrechnung von Fremdwährungen aus Staaten, für die das Unionsrecht nicht gilt, fehlen vergleichbare Regelungen betreffend die Währungsumrechnung, da auch die von Österreich geschlossenen bilateralen Sozialversicherungsabkommen keine derartigen Regelungen enthalten (ausgenommen Art. 25 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Albanien über soziale Sicherheit, BGBl. III Nr. 154/2018, hinsichtlich der Umrechnung von Erstattungen). Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten wurden bisher vom Dachverband der Sozialversicherungsträger jährliche Fixkurse ermittelt und den Trägern zur Verfügung gestellt. Diese aus den 1970er Jahren stammende Praxis entspricht nicht mehr dem Ziel der Ermittlung möglichst realer Gegenwerte. Auch die Judikatur (z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 4.5.2017, Ro 2017/08/0002) bestätigt diese Ansicht. Daher ist auch im Verhältnis zu diesen Staaten eine gesetzliche Klarstellung erforderlich. Die Aufnahme der nunmehr vorgeschlagenen Regelung des Abs. 2, die dieselben Grundsätze wie nach dem Unionsrecht für anwendbar erklärt, gewährt einerseits Rechtssicherheit und stellt andererseits unter Berücksichtigung verwaltungsökonomischer Grundsätze eine zeitgemäße Umrechnungsmethode durch Ermittlung möglichst realer Gegenwerte sicher. Darüber hinaus wird eine gleiche Vorgangsweise bei der Anwendung des Unionsrechts und der bilateralen Sozialversicherungsabkommen gewährleistet.

In Abs. 3 wird abschließend klargestellt, dass allenfalls abweichende Sonderregelungen in bilateralen Abkommen (wie eben z. B. die erwähnte Regelung des Abkommens mit Albanien) durch die Neureglung des § 8e SV-EG nicht berührt werden.

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales