Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Art. 1 der Richtlinie (EU) 2020/1057 zur Festlegung besonderer Regeln im Zusammenhang mit der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor und zur Änderung der Richtlinie 2006/22/EG bezüglich der Durchsetzungsanforderungen und der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012, ABl. Nr. L 249 vom 31.07.2020 S. 49, sieht besondere Bestimmungen zur Frage, ob eine Entsendung im Sinne der Richtlinie 96/71/EG und der Richtlinie 2014/67/EU vorliegt, sowie zu Kontrollmaßnahmen vor. Davon umfasst ist sowohl die Güterbeförderung als auch die Personenbeförderung.

Gleiches gilt für den Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits, ABl. Nr. L 149 vom 30.04.2021 S. 10 (im Folgenden: Abkommen mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland), eingeschränkt auf die Güterbeförderung im Straßenverkehr.

Art. 5 der Richtlinie (EU) 2020/1057 sowie Art. 6 Abs. 10 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland sehen Sanktionen vor.

In Umsetzung der vorgenannten Bestimmungen sind Änderungen im Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD‑BG) durch Schaffung von Sonderbestimmungen erforderlich. Für andere Vorgänge an Entsendungen mobiler Arbeitnehmer, also abseits der Richtlinie (EU) 2020/1057 und des genannten Abkommens, insbesondere Beförderungen abseits der Straße, für die auch die spezifischen Kontrollinstrumente iZm der öffentlichen Schnittstelle des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI) nicht zur Verfügung stehen, bleiben die bestehenden Bestimmungen für die mobilen Arbeitnehmer im Transportbereich unverändert. Es wird somit für mobile Arbeitnehmer im Transportbereich künftig zwei Regime geben müssen.

Zu beachten ist dabei, dass die RL (EU) 2020/1057 nicht für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft relevant ist, weil sie (bis auf weiteres) nicht von den diese Staaten betreffenden Abkommen umfasst ist; für die Verkehrsunternehmer dieser Staaten bleibt es auch im Straßenverkehrssektor großteils bei den bisherigen Bestimmungen für mobile Arbeitnehmer.

Folgende wesentlichen Maßnahmen sind im Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD‑BG) für den Straßentransport im Sinne der Richtlinie (EU) 2020/1057 und des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland vorgesehen:

-       Klarstellung grenzüberschreitender Beförderungen, die keine Entsendung darstellen – insbesondere bilaterale Beförderungen vom oder in den Niederlassungsmitgliedstaat und damit zusammenhängend gewisse zusätzliche Beförderungstätigkeiten (§ 1a LSD-BG)

-       Festlegung besonderer Kontrollmaßnahmen in Bezug auf

                -               Meldeverpflichtung (§ 19a LSD‑BG)

                -               Bereithaltung von Unterlagen im Fahrzeug (§ 21a LSD-BG)

                -               Übermittlung von Unterlagen nach entsprechender Aufforderung der Kontrollorgane                                      (§ 12 Abs. 1 Z 5 und 6 LSD-BG)

-       Bestimmungen in Zusammenhang mit der Amtshilfe bei Nichtübermittlung von Unterlagen durch Verkehrsunternehmer (§§ 17a, 17b und 18a LSD-BG)

-       Strafbestimmungen bei Verstößen gegen die Umsetzungsbestimmungen (§§ 26a und 27a bis 27c LSD-BG)

Die einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind im Besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 8 Z 1 LSD-BG):

Nach Art. 1 Abs. 11 letzter Unterabsatz der RL (EU) 2020/1057 kann auch für den Fall, dass keine Entsendung in einen Mitgliedstaat vorliegt, die Bereithaltung gewisser Unterlagen gefordert werden. Eine wirksame Kontrolle wird auch Fahrten im Rahmen eines Transits umfassen müssen. Die entsprechenden Unterlagen sind in § 21a genannt (vgl. dazu die Ausführungen unter Z 10). Daher werden diese Bestimmung und die entsprechende Strafbestimmung für anwendbar erklärt.

Zu Z 2 (§ 1 Abs. 9 LSD-BG):

Die bestehende Regelung, wonach neben Fahrern auch Begleitpersonal als mobile Arbeitnehmer gelten, soll sich ausdrücklich auch auf die Zwecke der RL (EU) 2020/1057 und des Anhangs 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland erstrecken. Andernfalls käme es bei einem einzigen Entsendevorgang zwischen Fahrern und Begleitpersonal zur Anwendung unterschiedlicher Bestimmungen, was sowohl für die Kontrollbehörden als auch für Verkehrsunternehmer einen nicht zu rechtfertigenden Mehraufwand bedeuten würde.

Zu Z 3 (§ 1a LSD-BG):

Abs. 1 bis 9 setzt Art. 1 Abs. 3, 4 und 6 der RL (EU) 2020/1057 um, wonach in bestimmten Fällen keine Entsendung nach der RL 96/71/EG vorliegt.

Dabei stellen die im Abs. 1 genannten grenzüberschreitenden Beförderungen keine Entsendungen im Sinne des LSD-BG dar. Es handelt sich dabei um bilaterale Beförderungen vom oder in den Niederlassungsmitgliedstaat und damit allfällig zusammenhängend gewisse zusätzliche Beförderungstätigkeiten. Die zusätzlichen Tätigkeiten nach dem zweiten Satz gelten nicht für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, weil die RL (EU) 2020/1057 nicht von den diese Staaten betreffenden Abkommen umfasst ist. Die im ersten Satz genannten bilateralen Beförderungen haben allerdings auch abseits RL (EU) 2020/1057, unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Dezember 2020, Rechtssache C‑815/18 (vgl. Rn. 49), eine so verringerte Verbindung zu Österreich, dass sie auch für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, ebenso wie für Verkehrsunternehmer aus den EU‑Mitgliedstaaten, auszunehmen sind.

Abs. 2 bis 9 konkretisieren die in Abs. 1 genannten Ausnahmen.

Abs. 10 betreffend Kabotage ergeht in Entsprechung von Art. 1 Abs. 7 der RL (EU) 2020/1057. Aus dieser Bestimmung darf jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass nur die darin genannte Kabotagebeförderung als Entsendung gilt. Vielmehr wird lediglich jener bedeutende Fall einer Entsendung genannt, auf den die RL ausdrücklich abstellt. Somit bleiben etwa andere grenzüberschreitende Transporttätigkeiten, die nicht nach Art. 1 Abs. 3, 4 und 6 der RL (EU) 2020/1057 bzw. § 1 Abs. 4a von der Entsendung nach der Richtlinie 96/71/EG ausgenommen sind und zugleich hinreichenden Bezug zu Österreich haben, als Entsendung unberührt. Unberührt bleiben etwa Kabotagebeförderungen bzw. rein innerösterreichische Beförderungsleistungen abseits der in Abs. 10 genannten Verordnungen.

Der in Art. 1 Abs. 5 der RL (EU) 2020/1057 angesprochene Fall des Transit, welcher keine Entsendung bildet, ist bereits im geltenden Recht in § 1 Abs. 8 Z 1 LSD-BG berücksichtigt.

Die komplexen Bestimmungen der RL (EU) 2020/1057, wonach in bestimmten Fällen keine Entsendung nach der RL 96/71/EG vorliegt, sollen Gegenstand von Guidelines sein, die unter Einbeziehung einer von der Europäischen Kommission errichteten Expertengruppe erarbeitet werden sollen.

Abs. 11 dient der Umsetzung von Art. 3 Abs. 3 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland.

Der in Art. 3 Abs. 4 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland angesprochene Fall des Transits ist bereits im geltenden Recht in § 1 Abs. 8 Z 1 LSD-BG berücksichtigt.

Zu Z 4 (§ 2 Abs. 3a LSD-BG):

§ 2 Abs. 3a dient der Umsetzung von Art. 1 Abs. 8 der RL (EU) 2020/1057 und bezieht sich auf Langzeitentsendungen.

Zu Z 5 (§ 2 Abs. 5 LSD-BG):

Diese Bestimmung entspricht Art. 8 Unterabsatz 2 der RL (EU) 2020/1057. Arbeitgeber haben bei der Gestaltung von Ausbildungs- und Informationsangeboten für Fahrer die Rechte und Pflichten nach der RL (EU) 2020/1057 angemessen zu berücksichtigen.

Zu Z 6 (§ 12 Abs. 1 LSD-BG):

§ 12 Abs. 1 erster Satz berücksichtigt, dass auch Unterlagen nach dem neuen § 21a LSD-BG für die Kontrolle relevant sind.

§ 12 Abs. 1 Z 3 sieht einen Einschub vor, weil im Bereich des Straßenverkehrs nach den umzusetzenden Bestimmungen der RL (EU) 2020/1057 die Aufforderung zur Übermittlung von Unterlagen nach den Ziffern 5 und 6 zu erfolgen hat.

§ 12 Abs. 1 Z 5 setzt Art. 1 Abs. 11 lit. c und Unterabsatz 2 der RL (EU) 2020/1057 um. Es sind demnach Frachtpapiere, Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EU) Nr. 165/2014 sowie Lohnunterlagen vom Verkehrsunternehmer binnen acht Wochen nach dem Tag der Aufforderung über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) verbundene öffentliche Schnittstelle zu übermitteln. Zu beachten ist jedoch, dass die RL (EU) 2020/1057 nicht für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft relevant ist, weil sie nicht von den diese Staaten betreffenden Abkommen umfasst ist; für die Verkehrsunternehmer dieser Staaten bleibt es auch im Straßenverkehrssektor bei der Aufforderung zur Übermittlung von Unterlagen nach der bisherigen Z 3.

§ 12 Abs. 1 Z 6 setzt Art. 6 Abs. 1 lit. c und Unterabsatz 2 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland um (und entspricht § 12 Abs. 1 Z 5). Es sind demnach Frachtpapiere, Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers gemäß Anhang 31 Teil B Abschnitte 2 und 4 sowie Lohnunterlagen vom Verkehrsunternehmer binnen acht Wochen nach dem Tag der Aufforderung über die mit dem Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) verbundene öffentliche Schnittstelle zu übermitteln.

§ 12 Abs. 1 Z 8 stellt klar, dass das Amt für Betrugsbekämpfung bzw. dessen Organe zur Einsichtnahme in die beim Dachverband der Sozialversicherungsträger angesiedelte Datenbank EGDA.AZUR befugt ist. EGDA-AZUR wurde mit der Implementierung des nach den Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 vorgesehenen elektronischen Datenaustauschsystems EESSI („Electronic Exchange of Social Security Information“) geschaffen. Die Datenbank dient der Speicherung der via EESSI übermittelten Informationen im Bereich der anzuwendenden Rechtsvorschriften und der Ausstellung des Formulars PD A1.

§ 12 Abs. 1 Z 9 sieht die Einsichtnahme durch das Amt für Betrugsbekämpfung in die Entsendemeldungen nach § 19a vor.

Zu Z 7 (§ 15 Abs. 2 LSD-BG):

Der geltende § 15 Abs. 2 verweist auf § 12 Abs. 1 Z 4 und 5. Da sich der Inhalt des § 12 Abs. 1 Z 5 künftig in der Z 7 finden soll, ist der Verweis in § 15 Abs. 2 zu korrigieren.

Zu Z 8 und 9 (§§ 17a, 17b und 18a LSD-BG):

§ 17a dient in Verbindung mit § 18a der Umsetzung in Bezug auf Amtshilfeersuchen nach Art. 1 Abs. 11 lit. c und Unterabsatz 2 und 3 der RL (EU) 2020/1057.

§ 17b dient in Verbindung mit § 18a der Umsetzung in Bezug auf Amtshilfeersuchen nach Art. 6 Abs. 1 lit. c und Unterabsatz 2 und 3 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland.

Zu Z 10 (§ 19 Abs. 8 LSD-BG):

Für die Meldung der Entsendung mobiler Arbeitnehmer im Sinne der RL (EU) 2020/1057 ist Art. 1 Abs. 11 lit. a und Abs. 12 der RL (EU) 2020/1057 mit besonderen Angaben maßgeblich. Die entsprechenden Bestimmungen der RL sollen im vorgeschlagenen § 19a LSD-BG umgesetzt werden.

Zu Z 11 (§ 19a LSD-BG):

§ 19a Abs. 1 setzt Art. 1 Abs. 11 lit. a und Abs. 12 der RL (EU) 2020/1057 um. Er gilt für die Entsendung mobiler Arbeitnehmer im Straßenverkehr, die bei in einem EU‑Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen beschäftigt sind. Hingegen gilt er nicht für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, weil die RL (EU) 2020/1057 nicht von den diese Staaten betreffenden Abkommen umfasst ist; für die Verkehrsunternehmer dieser Staaten bleibt es auch im Straßenverkehrssektor bei der Meldung nach dem bisherigen § 19 (Abs. 7) LSD-BG.

§ 19a Abs. 2 setzt Art. 6 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland um.

Die Umsetzungsbestimmungen berücksichtigen, dass nach dem Einleitungsteil des Art. 1 Abs. 11 der RL (EU) 2020/1057 und nach dem Einleitungsteil des Art. 6 Abs. 1 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland die Mitgliedstaaten nur bestimmte Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen für die Entsendung von Kraftfahrern vorschreiben dürfen. § 19a Abs. 1 Z 5 und Abs. 2 Z 5 steht hinsichtlich der genannten sechs Monate im Einklang mit Art. 2 Abs. 1 Z 4 lit. b der – nach Art. 1 Abs. 14 der RL (EU) 2020/1057 erlassenen – Durchführungsverordnung (EU) 2021/2179 zu den Funktionen der öffentlichen Schnittstelle des Binnenmarktinformationssystems für die Entsendung von Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor, ABl. Nr. L 443 vom 10.12.2021 S. 68.

Zu Z 12 (§ 21a LSD-BG):

§ 21a gilt für mobile Arbeitnehmer im Straßenverkehr, die bei in einem EU‑Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen oder bei einem Verkehrsunternehmer mit Sitz im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland beschäftigt sind. Hingegen gilt er nicht für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, weil die RL (EU) 2020/1057 nicht von den diese Staaten betreffenden Abkommen umfasst ist; für die Verkehrsunternehmer dieser Staaten bleibt es auch im Straßenverkehrssektor bei den bisherigen Bestimmungen des § 21 Abs. 1 und des § 22 Abs. 1a LSD-BG.

Abs. 1 betrifft die Bereithaltung der Meldung nach § 19a LSD-BG. Damit werden Art. 1 Abs. 11 lit. b Ziffer i der RL (EU) 2020/1057 sowie Art. 6 Abs. 1 lit. b Ziffer i von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland umgesetzt.

Abs. 2 dient der Umsetzung von Art. 1 Abs. 11 lit. b Ziffern ii und iii (betreffend entsandte Arbeitnehmer) und Abs. 11 letzter Unterabsatz (betreffend nicht entsandte Arbeitnehmer) der RL 2020/1057 und der Umsetzung des gleichlautenden Art. 6 Abs. 1 lit. b Ziffern ii und iii und Abs. 3 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland in Bezug auf die Bereithaltung von Frachtpapieren und Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers. Diese Unterlagen dienen zwar der Belegung bzw. Widerlegung einer Entsendung und damit mittelbar der Lohnkontrolle. Jedoch sind sie keine spezifischen Lohnunterlagen, was sich etwa aus Art. 1 Abs. 11 lit. c der RL 2020/1057 ergibt, weshalb die Bestimmung des Abs. 2 Teil des § 21a LSD‑BG, aber nicht Teil des § 22 LSD-BG, sein soll.

Art. 1 Abs. 11 letzter Unterabsatz (betreffend nicht entsandte Arbeitnehmer) der RL 2020/1057 spricht vom Zweck des Feststellens, „ob ein Kraftfahrer gemäß den Absätzen 3 und 4 des vorliegenden Artikels nicht als entsandt gilt“. Diese Richtlinienbestimmung stellt somit in ihrem Wortlaut auf – keine Entsendungen darstellende – bilaterale Beförderungen und zusätzliche Tätigkeiten ab. Hingegen stellt sie nicht auf die in Art. 1 Abs. 5 und 6 der RL 2020/1057 genannten Fälle von Transit und kombiniertem Verkehr ab. Sie ist damit enger als die Bestimmung des Art. 6 Abs. 3 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland, welcher durch den Verweis auf Art. 1 des Abkommens auch den Transit umfasst. Allerdings erfordert eine wirksame Kontrolle, ob eine Entsendung vorliegt, die Bereithaltung der Unterlagen auch bei Transitfahrten und kombiniertem Verkehr. Andernfalls könnten die Kontrollmöglichkeiten etwa mit der bloßen Behauptung von Transitfahrten umgangen werden. Daher sollen die Bestimmungen des § 21a Abs. 2 LSD‑BG umfassend, auch auf Transitfahrten und kombinierten Verkehr durch Verkehrsunternehmer der Mitgliedstaaten oder durch Verkehrsunternehmer mit Sitz im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland anzuwenden sein (was sich auch aus § 1 Abs. 8 Z 1 LSD-BG ergibt). Dabei gehen die Kontrollmaßnahmen nicht über die Richtlinienvorgaben zur Art der bereitzuhaltenden Unterlagen hinaus; sie beziehen sich lediglich auf von der Richtlinie nicht ausdrücklich angesprochene Bereiche.

Art. 1 Abs. 11 letzter Unterabsatz spricht weiters davon, dass die Mitgliedstaaten als einzige Kontrollmaßnahme dem Kraftfahrer die Verpflichtung auferlegen dürfen, gewisse Unterlagen bereitzuhalten. Anders als Art. 1 Abs. 11 lit. b findet sich hier keine Verpflichtung des Verkehrsunternehmers. Da jedoch der Verpflichtung des Fahrers zur Bereithaltung eine Handlung des Verkehrsunternehmers zur Bereitstellung vorangehen muss, soll auch eine solche Verpflichtung des Verkehrsunternehmers geschaffen werden. Andernfalls könnte der Verkehrsunternehmer die Kontrollmöglichkeiten jederzeit umgehen. Gleiches gilt in Bezug auf Art. 6 Abs. 3 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland.

Die Pflichten nach Abs. 2 betreffen sowohl entsandte Arbeitnehmer, als auch nicht entsandte Arbeitnehmer. Würde man die Pflichten zur Bereithaltung in unterschiedlichen Bestimmungen festhalten (je nachdem, ob Entsendung vorliegt oder nicht), wäre im Einzelfall eventuell gar nicht oder nur mit großem Aufwand feststellbar, welche Pflicht verletzt worden ist (weil ja der Umstand, ob Entsendung vorliegt oder nicht eventuell nur aus den gerade nicht bereitgehaltenen Unterlagen geschlossen werden kann), sodass eine Bestrafung nach dem VStG (Bekanntgabe der verletzten Bestimmung) zumindest erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht würde.

Die oben genannten Bestimmungen der Richtlinie sprechen von „Nachweise darüber, dass die Beförderungen im Aufnahmemitgliedstaat erfolgen“ bzw. „Nachweise der maßgeblichen grenzüberschreitenden Beförderung“ und nennen sodann beispielsweise „einen elektronischen Frachtbrief (e-CMR) oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 genannten Belege“. Im Sinne dieser Richtlinienbestimmungen wird in § 21a Abs. 2 LSD-BG der Inhalt der Unterlagen hinsichtlich Mindestanforderungen, die für die Kontrolle wesentlich sind, vorgegeben. Die von der Richtlinie beispielsweise genannten Unterlagen werden ebenfalls beispielsweise aufgezählt, weil damit die Verpflichtung erfüllt werden kann.

Abs. 3 sieht vor, dass § 21 Abs. 1 im Übrigen unberührt bleibt. Damit wird klargestellt, dass in Bezug jene mobilen Arbeitnehmer, für die § 21a gilt, bei Entsendungen nach Österreich nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 auch die Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (insbes. Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung [EG] Nr. 883/04) und allenfalls die behördliche Genehmigung der Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers bereitzuhalten sind. Soweit dabei § 21 Abs. 1 Z 3 zur behördlichen Genehmigung der Beschäftigung auf § 19 Abs. 3 Z 11 oder Abs. 7 Z 8 verweist (vgl. „gemäß“), ist dies lediglich in dem Sinn zu verstehen, dass die Pflicht zur Bereithaltung der Genehmigung voraussetzt, dass für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist (im Bereich der vorgeschlagenen §§ 19a und 21a ist ja künftig § 19 samt dessen Abs. 7 nicht mehr anzuwenden).

Zu Z 13 (§ 22 Abs. 1a LSD-BG):

Die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 wird künftig bereits an früherer Stelle ausführlich zitiert, sodass hier die Bezeichnung der Nummer ausreichend ist. § 22 Abs. 1a wird künftig für Verkehrsunternehmer bloß aus dem EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft Anwendung finden. Dies deshalb, weil die RL (EU) 2020/1057 nicht von den diese Staaten betreffenden Abkommen umfasst ist, sodass für Verkehrsunternehmer dieser Staaten das alte Regime auch im Straßenverkehrssektor maßgeblich bleibt. Die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 ist für die EWR Staaten relevant, weshalb Aufzeichnungen im Sinne von Art. 36 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 weiterhin möglich sein werden.

Zu Z 14 (§ 22 Abs. 1c LSD-BG):

Nach dem Einleitungsteil des Art. 1 Abs. 11 der RL (EU) 2020/1057 und nach dem Einleitungsteil des Art. 6 Abs. 1 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland sind für die davon umfassten mobilen Arbeitnehmer im Straßentransport nur bestimmte Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen zulässig. Diese werden künftig in § 12 Abs. 1 Z 5 und 6, § 19a und § 21a LSD-BG geregelt sein (vgl. die dortigen Ausführungen, einschließlich zur Sonderstellung von Island, Liechtenstein und Norwegen und der Schweizerischen Eidgenossenschaft). Dementsprechend hat § 22 LSD-BG künftig für diese mobilen Arbeitnehmer unangewendet zu bleiben.

Zu Z 15 (§ 23 LSD-BG):

Aus den zu Z 12 genannten Gründen, wonach nur bestimmte Verwaltungsanforderungen und Kontrollmaßnahmen zulässig sind, hat § 23, der auf Meldungen nach § 19 abstellt, für die mobilen Arbeitnehmer im Sinne der RL (EU) 2020/1057 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unangewendet zu bleiben.

Zu Z 16 und 17 (§ 26a und §§ 27a bis 27c LSD-BG):

Die Strafbestimmungen der §§ 26a und 27a bis 27c dienen der Umsetzung von Art. 5 der RL (EU) 2020/1057 und Art. 6 Abs. 10 von Anhang 31 Teil A Abschnitt 2 des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland.

Eine wirksame Durchsetzung der Kontrollbestimmungen, die nicht nur dem Schutz der entsandten Arbeitnehmer, sondern auch dem Schutz des fairen Wettbewerbs dienen, erfordert auch, dass Verkehrsunternehmer Kontrollen nicht einfach im Zusammenwirken mit Fahrern sanktionslos konterkarieren können. Daher ist auch der Fahrer bei Verstößen gegen die Bereithaltungspflicht von Unterlagen in die Verantwortung zu nehmen, die ja nur schlagend wird, wenn ihm der Verkehrsunternehmer die Unterlagen bereitgestellt hat.

Gegenüber dem Begutachtungsentwurf wurde der Gesetzestext zur Strafbarkeit bei Verstößen gegen die Bereithaltungspflicht von Unterlagen nach § 26a Abs. 2 – neben einer Herabsetzung des Strafrahmens – dahingehend präzisiert, dass unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer eine einzige Verwaltungsübertretung begangen wird. Dieser Wortlaut entspricht jenem zur Strafbarkeit des Verkehrsunternehmers nach § 26a Abs. 1. Somit ist klargestellt, dass sowohl für Fahrer als auch für Verkehrsunternehmer bei Verstößen gegen die Bereithaltungspflicht oder die Bereitstellungspflicht die Anzahl an Bestrafungen gleich geregelt ist.

Zu Z 18, 19 und 20 (§ 35 Abs. 1, 2 und 4 LSD-BG):

Entsprechend der Erweiterung der Straftatbestände des LSD-BG um die §§ 26a und 27a bis 27c soll dies auf für die Evidenz nach § 35 nachvollzogen werden.

Zu Z 21 (§ 41 Abs. 1a LSD-BG):

Wie oben dargelegt, wird § 23 LSD-BG für die mobilen Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie (EU) 2020/1057 und des Abkommens mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unangewendet zu bleiben haben. Aufforderungen an den Verkehrsunternehmer sind grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Z 5 und 6 über IMI zu stellen (und ist vom Verkehrsunternehmer über die öffentliche Schnittstelle des IMI zu entsprechen). Für den Ausnahmefall, dass jedoch im Zeitpunkt der Kontrolle ein Bedarf an Zustellung bestehen sollte, wird in § 41 Abs. 1a eine entsprechende Möglichkeit geschaffen.

Zu Z 22 (§ 72 Abs. 11 und 12 LSD-BG):

Abs. 11 sieht erforderliche Übergangsbestimmungen vor.

Abs. 12 stellt sicher, dass § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 7 LSD-BG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 174/2021 ab dem 2. Februar 2022 auch für Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 9 gelten. Damit wird Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2018/957 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl. Nr. L 173 vom 09.07.2018 S. 16, entsprochen, wonach in Zusammenhang mit der Umsetzung der RL (EU) 2020/1057 die entsprechenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen auch für mobile Arbeitnehmer im Transportbereich zu gelten haben.

Zu Artikel 2 (Änderung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes):

Zu § 23 Abs. 28 AÜG:

Abs. 28 stellt sicher, dass die umfassenden Informationspflichten des § 12a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 174/2021 auch für Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 9 LSD-BG gelten. Damit wird Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2018/957 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl. Nr. L 173 vom 09.07.2018 S. 16, entsprochen, wonach in Zusammenhang mit der Umsetzung der RL (EU) 2020/1057 die Informationspflichten auch für mobile Arbeitnehmer im Transportbereich zu gelten haben.