1600 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (1510 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden

Österreichweit ist ein zunehmender Mangel an Arbeitsmedizinern und Arbeitsmedizinerinnen (AMED) zu beobachten, weshalb in manchen Arbeitsstätten eine ordnungsgemäße arbeitsmedizinische Präventivdienstbetreuung nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann, zum Teil finden Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen keine AMED, die sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Präventivdienstbetreuung bestellen können.

Arbeitsmedizinische Präventionsarbeit in den Betrieben ist eine Verpflichtung aufgrund der Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit, ABl. Nr. L 183 vom 29.06.1989 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1137/2008, ABl. Nr. L 311 vom 21.11.2008 S. 1. Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind gemäß § 79 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994, daher verpflichtet, AMED für die arbeitsmedizinische Betreuung ihrer Arbeitsstätten zu bestellen oder arbeitsmedizinische Zentren in Anspruch zu nehmen (7. Abschnitt ASchG). Arbeitsstätten von Kleinbetrieben mit bis zu 50 Beschäftigten können auch durch Präventionszentren der Unfallversicherungsträger arbeitsmedizinisch betreut werden (v.a. AUVAsicher, § 78a ASchG). Auch diese Einrichtungen benötigen ausgebildete AMED, die weder derzeit noch in naher Zukunft in ausreichender Zahl verfügbar sein werden.

Seit 1.1.2002 (ASchG-Novelle BGBl. I Nr. 159/2001) besteht zwar die Möglichkeit, auch die Tätigkeit sonstiger Fachleute (v.a. der Arbeitspsychologie) bis zu 25 % in die Gesamtpräventionszeit einzurechnen. Jedenfalls 35% der jährlichen Präventionszeit müssen aber durch AMED erbracht werden (40 % sind der sicherheitstechnischen Betreuung vorbehalten).

Die neuerliche ASchG-Novelle soll nun die Rechtsgrundlage schaffen, AMED durch den Einsatz eines arbeitsmedizinischen Fachdienstes (AFa) zu unterstützen, ohne qualitative Beeinträchtigung der Betreuung. Die unter Leitung der AMED erbrachte AFa-Tätigkeit soll in die arbeitsmedizinische Präventionszeit gemäß §§ 82, 82a ASchG einrechenbar sein und auch im Begehungsmodell für Arbeitsstätten gemäß § 77a ASchG (Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern) ermöglicht werden, wenn in der Arbeitsstätte nur Büroarbeitsplätze (oder diesen hinsichtlich der Gefährdungen und Belastungen vergleichbare Arbeitsplätze) eingerichtet sind.

Korrespondierend erfolgen Anpassungen der Beteiligungsrechte von Sicherheitsvertrauenspersonen und Belegschaftsorganen hinsichtlich der AFa-Einbeziehung sowie des Benachteiligungsverbotes und Kündigungsschutzes auch für Angehörige des AFa im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) und Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG).

Im Landarbeitsgesetz 2021 werden die Neuerungen für die Land- und Forstwirtschaft nachvollzogen.

Kompetenzgrundlagen:

Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Arbeitsrecht) und Art. 11 Abs. 1 Z 9 BVG (Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Bettina Zopf die Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Mag. Gerald Loacker und Fiona Fiedler, BEd sowie der Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, G, N , dagegen: S ) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1510 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 06 28

                                   Bettina Zopf                                                                   Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann