Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminis­terin! Ihr Kollege, Finanzminister Blümel, wirbt damit, dass wir unter den führenden Na­tionen in der EU sind, was den Umfang der Wirtschaftshilfen betrifft. Gleichzeitig waren wir bei den Lockdowns und bei der Schwere und der Dauer der Lockdowns eher im Mittelfeld angesiedelt.

Nun gibt es die letzte Prognose der EU-Kommission von Mitte Mai, der zufolge wir in der Europäischen Union unter den letzten vier rangieren – nicht frugale vier, sondern unter den letzten vier –, was man erkennt, wenn man sich die beiden Jahre 2020 und 2021 anschaut.

Worauf führen Sie zurück, dass in dieser aktuellen Prognose der EU-Kommission von Mitte Mai Österreich beim Wirtschaftswachstum trotz des Umfangs der Wirtschaftshilfen und trotz der nur mäßigen Lockdowns im Vergleich zu anderen auf den letzten Rängen liegt?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 100/M, hat folgenden Wortlaut:

„Worauf führen Sie zurück, dass laut aktuellen Prognosen der EU-Kommission von Mitte Mai Österreich beim Wirtschaftswachstum beim Vergleich von 2019 und 2021 auf den letzten Rängen liegt?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sie führen es richtig an: Die Prognose ist von Mitte Mai. Bei den Pro­gnosen geht es jetzt Schlag auf Schlag nach oben. Wir sind besser als erwartet und wir haben aktuellere Prognosen, die diese Prognose der Europäischen Union ja bereits ab­lösen und bei fast 4 Prozent liegen, zum Beispiel vom Wifo oder von der Oesterreichi­schen Nationalbank. Auch der Internationale Währungsfonds zieht nach.

Ich glaube, die Rechnung wird am Ende des Jahres gemacht. Wir wachsen im Moment schneller als Deutschland und Italien. Im Moment ist der aktuelle Status bereits so.

Zu Mitte Mai ist zu sagen, dass sich da natürlich noch zwei Effekte ausgewirkt haben: Vor allem die Tourismus-, Gastronomie- und Eventwirtschaft, die in Österreich mehr An­teil am Bruttoinlandsprodukt als zum Beispiel in Deutschland hat, war sehr stark betrof­fen. Andererseits haben auch Märkte, die für uns für den Export sehr wichtig sind, ge­schwächelt: Deutschland, Italien und die Schweiz, die ebenso mit diesen schlechteren Zahlen gekämpft haben.

Jetzt sind wir so weit, dass wir entsprechend aufholen. Wie gesagt: Wir sind besser als Italien und besser als Deutschland. Wir werden sehen. Ich gehe davon aus, dass sich das Wachstum in der zweiten Hälfte weiterhin beschleunigen wird. Es gibt Branchen, die schon wieder ganz weit vorne sind: Industrie, Gewerbe, aber auch der Tourismus im ländlichen Raum. In den Städten wird es noch etwas länger brauchen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich bleibe gleich bei den Benchmarks: Sie haben gerade ausgeführt, unsere wichtigsten Handelspartner Deutschland und Ita­lien könnten nicht so gut wachsen. Auch das wird irgendwann durchschlagen. Wir haben das größte Ausmaß an Wirtschaftshilfe in Relation zum BIP – egal, ob wir jetzt auf Platz vier oder fünf von hinten sind. Glauben Sie nicht, dass wir da ein Effizienzproblem hin­sichtlich der Weise, wie die Wirtschaftshilfen verteilt worden sind, haben, wenn das in der Statistik so ausschaut?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Nein, ich habe gute Kontakte nach Deutschland und kenne viele deut­sche Unternehmen – ich habe dort auch einmal gearbeitet –, die ganz klar sagen, dass in Deutschland die Verteilung der Hilfen komplizierter ist und länger dauert. Was wir ge­macht haben, ist eine Art Instrumentenkoffer mit unterschiedlichen Möglichkeiten. Manchmal wird kritisiert, dass es zu viele verschiedene sind. Ich sage: Genau das braucht es für den österreichischen Wirtschaftsstandort und das hat es auch gebraucht.

Wenn ich mir die Zusagenraten bei den unterschiedlichen Instituten anschaue – wir ge­hen heute ja auch noch auf die Cofag ein –, so sehe ich, dass sie extrem hoch sind. Ja, es gibt immer wieder Fälle, die komplexer sind, aber das wissen Sie ja auch. In der Steuerberatung ist das ja auch so.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Minnich. – Bitte sehr.

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Schönen guten Morgen, Frau Bundesminister! Sie haben es schon gesagt: Die Bandbreite der Wirtschaftsprognosen und der Konjunkturdatenerhebungen ist sehr breit gefächert.

Meine Frage lautet: Hätte man noch mehr tun müssen, um die Konjunktur anzukurbeln?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Wenn wir uns das Paket anschauen, dann sehen wir, dass es zwei große Themenbereiche gibt: Der eine ist die Liquidität – das bedeutet, dass wir Unternehmen durch die Krise bringen und sie nicht in Insolvenz gehen müssen. Da zeigt uns eine Zahl genau, dass wir richtig gelegen sind: die Zahl der Insolvenzen.

Wir haben weniger Insolvenzen als je zuvor. Ja, es sind sogar weniger als in den vergan­genen Jahren. Irgendwann wird man wieder auf ein normales Niveau zurückkehren. Das ist auch gut so, denn Wirtschaften ist das Wirtschaften der Unternehmen. Wir haben es aber geschafft, die Liquiditätsreserven aufrechtzuerhalten. Das ist Aufgabe des Staates und das ist uns gelungen. Das beweist diese besondere Zahl.

Auf der anderen Seite stehen konjunkturelle Maßnahmen. Die Investitionsprämie ist die größte Einzelmaßnahme, die wir seit Jahrzehnten gesetzt haben – auch hier im Parla­ment. Ich danke allen, die hier die Unterstützung gegeben haben. Wir können hiermit wie gesagt 450 000 Unternehmen unterstützen. Wir haben zusätzlich ein Gemeindepa­ket. Wir verfolgen zusätzlich den Ausbau der Infrastrukturen im Breitbandbereich sowie den Ausbau in den Schulen. Wir haben unterschiedliche Bereiche, auch im Klimaschutz haben wir ein großes Paket. All das führt zu Investitionen und Strukturmaßnahmen, die Arbeitsplätze sichern und weitere Arbeitsplätze schaffen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage, 92/M, stellt Herr Abgeord­neter Angerer. – Bitte sehr.