16.01

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Mi­nister! Hohes Haus! Dieses Medizinproduktegesetz ist wieder eine Notfallgesetzgebung. Es war zwar ein Gesetz in Begutachtung, aber das, das man dann kurzfristig in den Ausschuss geschmissen hat, war ganz ein anderes. So ist zum Beispiel der damals be­gutachtete § 113b jetzt § 81 Abs. 4, und dazu möchte ich Ihnen ein paar Takte sagen. Das hat natürlich der Ausschuss ungeschaut durchgewinkt. Ich wette jeden Betrag, dass die ÖVP-Abgeordneten im Gesundheitsausschuss keine Ahnung hatten, was in § 81 Abs. 4 steht. Es ist aber wurscht.

Dabei geht es um die Eigenanwendung von Selbsttests, die gar nicht für die Eigenan­wendung zugelassen sind, sondern nur für Fremdanwendung zugelassen sind. Da hat man natürlich in der Pandemie am Anfang gesagt: Das geht nicht, wir müssen jetzt ir­gendwie die Wohnzimmertests ermöglichen, und hat eine Ausnahmebestimmung ins Gesetz hineingezimmert. Nur gibt es inzwischen auf dem Markt vier Produkte für die Eigenanwendung, die auch als solche zugelassen sind. Das heißt, diese Ausnahme, nicht zugelassene Tests auch in Österreich in Verkehr zu bringen, ist eigentlich gar nicht mehr angebracht und eigentlich EU-rechtswidrig.

Das hat man aber durchgewinkt. Warum? – Weil die Bundesregierung so viel von dem Zeug, das nicht für die Eigenanwendung zugelassen ist, beschafft hat, dass sie es jetzt eigentlich weiter im Gesetz fingieren muss. Es werden also schlechte Beschaffungspro­zesse jetzt mit einem Gesetz saniert. Und das verkauft uns Kollege Schallmeiner dann als das Ermöglichen von Wohnzimmertests. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Damit das rechtlich korrekt abläuft, bringe ich einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1663/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetz geändert werden (884 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Medizinproduktgesetz) wird wie folgt geändert:

§ 81 Abs. 4 entfällt.

*****

Eine weitere Tücke des Gesetzes findet sich bei den Implantaten, die Kollege Smolle angesprochen hat. Wenn Sie ein Zahnimplantat bekommen, lässt Ihr Zahnarzt das beim Zahntechniker machen, aber das Produktblatt muss der Patient nicht ausgehändigt bekommen. Das heißt, der Patient weiß nicht, ob der Zahntechniker irgendwo in Ungarn oder in der Ukraine sitzt oder ob das ein österreichischer Zahntechniker gemacht hat. Es hätte eigentlich in das Gesetz hineingehört, dass in solchen Fällen zwingend auch dem Patienten das Produktblatt auszuhändigen ist. Wenn der Zahnarzt in Pension geht und ich habe ein Problem mit dem Zahnimplantat, weiß ich ja jetzt nicht einmal, an wen ich mich wenden kann.

Da haben die Konsumentenschützer geschlafen, die sonst leider immer auf alles Mög­liche aufmerksam sind. Wenn einer einen Kredit abschließt, den er nicht finanzieren kann, stehen die Konsumentenschützer da. Wenn einer einen Vertrag abschließt, den er nicht verstanden hat, stehen die Konsumentenschützer da, aber hier wäre es an der Zeit gewesen, denn dabei kann der Konsument wirklich nichts tun. Da hätte man ihn schützen können und müssen. (Beifall bei den NEOS.)

16.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1663/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Gesundheits- und Ernährungs­sicherheitsgesetz geändert werden (884 d.B.) - TOP 22

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Medizinproduktgesetz) wird wie folgt geändert:

§ 81 Abs. 4 entfällt.

Begründung

Mit der Marktverfügbarkeit von Selbsttests mit entsprechender Zertifizierung ist die Grundlage für die Selbstverpflichtungserklärungen hinsichtlich der Eigenanwendung von Antigen-Selbsttests weggefallen. Notverordnungen wie § 81 Abs. 4 MPG stellen wie et­wa Sonderzulassungen eine restriktiv zu handhabende Ausnahme dar, die es ermöglichen soll, kurzfristig einen dringenden, alternativlosen Versorgungsmangel zu adressieren.

Öffentliche Auftraggeber überschreiten mit der Beschaffung von Selbsttests, die nicht zur Selbstanwendung geeignet sind, die Grenzen des Leistungsbestimmungsrechts und setzen sich rechtlichen Risiken aus. Zusätzlich mehren sich die Berichte über Antigen­schnelltests mit falschen Testergebnissen, was bei den Tests mit Selbstverpflichtungs­erklärung hinsichtlich der Eigenanwendung nicht überrascht. Gerade in diesem Zusam­menhang ist das Problem hinsichtlich der Zuverlässigkeit der registrierten Selbsttests zu berücksichtigen. Aus Salzburg wurde berichtet, dass die bisher beobachtete Positivitäts­rate der registrierten Selbsttests bei nur einem Zehntel jener von Testungen in Teststra­ßen liegt. Ähnlich der Bericht aus Wien: In acht Tagen wurden 35.000 derartiger Tests registriert, wobei nur fünf positive Ergebnisse verzeichnet wurden. Die Positivitätsrate lag mit 0,01 Prozent bei nur einem Fünftel der sonst in Wien beobachteten Quote. Für diese Ergebnisse wurden zwei mögliche Gründe angenommen: Einerseits das Verwer­fen positiver Tests, um bspw eine Quarantäne zu vermeiden und andererseits eine et­waige schlechte Abnahmequalität.

Des weiteren ist eine derartige Ausnahmeregelung nicht mehr begründbar, da die Verfügbarkeit zertifizierter, geeigneter Produkte gegeben ist. Aktuell gibt es mehrere CE-zertifizierte Produkte zur Eigenanwendung von verschiedenen Anbietern am Markt. Wei­tere Zertifizierungen werden entsprechend erwartet. Somit kann von einem Engpass der Produkte gegenwärtig und insbesondere zukünftig nicht ausgegangen werden. Auch, weil jeder der Anbieter tägliche Produktionskapazitäten von mehreren Millionen Tests aufweist und der Markt wöchentlich um weitere Anbieter wächst.

Es besteht daher kein Engpass, der die Anwendung des § 81 Abs. 4 MPG und die damit verbundene Abweichung von der EU-Medizinprodukterichtlinie zum jetzigen Zeitpunkt noch rechtfertigen könnte. Eine Anwendung des § 81 Abs. 4 MPG und somit in weiterer Folge auch die Beschaffung von Selbsttests durch öffentliche Auftraggeber hinsichtlich deren Eigenanwendung lediglich eine Selbstverpflichtung vorliegt und kein europa­rechtlich vorgeschriebenes Konformitätsverfahren durchlaufen wurde, ist daher (verga­be-)rechtswidrig.

Es sollte der § 81 Abs. 4 MPG daher aus all diesen Gründen unangewendet bleiben und keinesfalls eine weitere Verlängerung seiner Geltung erfolgen.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag des Abgeordneten Loacker ist ord­nungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hauser. – Herr Abgeordneter, bitte.