17.31

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Thema ist Angleichung von Arbeitern und Angestellten, und mir ist da heute ein Zeitungsbericht in die Hände gefallen, in dem der Bundeskanzler in der Hauptwahlkampfphase 2017, am 28. August, dieses Thema ganz nach vorne gestellt und gesagt hat: Arbeiter mit Angestellten gleichstellen. (Der Redner hält die Kopie eines Zeitungsartikels in die Höhe.) Es hat dann am 21. September, also ganz knapp vor der Wahl, noch eine Aussendung gegeben. Da war im „Standard“ abge­druckt: „Arbeiter und Angestellte gleichstellen: Wirtschaft warnt vor Mehrkosten“. Da ha­ben wir schon gewusst, dass das gleich gar nicht mehr so eine gmahde Wiesn sein wird, denn dort ist dann weiters gestanden: „Schwierige Situation für ÖVP: Kurz nahm Vor­schlag in Wahlprogramm auf, aber Unmut bei WKO und Industrie“.

Na, mittlerweile wissen wir, was 2017 passiert ist. Im Wahlkampf hat es ja massive Unter­stützung der Wirtschaft gegeben, und darum ist es kein Wunder, dass wir heute vor einem Desaster stehen. Da fährt die ÖVP wirklich drüber, und dieses Thema wird auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen in mei­nem Umfeld Wetten darüber abgeschlossen. Nicht sehr viele haben gesagt: Nein, nein, das traut sich die ÖVP jetzt nicht, denn wir haben eh drei Jahre Zeit gehabt, dass sich die Unternehmen herrichten haben können! Manche haben gesagt: Nein, nein, die fah­ren da sicher drüber, denen ist das völlig egal. – Ich war einer derjenigen, die die zweite Variante gewählt haben. Ich habe gesagt: Der ÖVP sind die Arbeiterinnen, Arbeiter wurscht, die fahren da drüber! Sie hat eh schon gezeigt, was sie für die Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmer tut.

Ich frage Sie ganz ehrlich, meine Damen und Herren von der ÖVP: Warum machen Sie das? Warum handeln Sie so? Warum behandeln Sie Arbeiterinnen und Arbeiter im 21. Jahrhundert wie Arbeitnehmer zweiter Klasse? Im 21. Jahrhundert, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die ÖVP war nicht zimperlich, wie wir wissen, wenn es darum gegangen ist, Arbeitneh­merrechte zu beschneiden, einfach draufzuhauen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, da waren Sie ja immer ganz vorne mit dabei. Das war so beim 12-Stunden-Tag. Der Karfreitag wurde den evangelischen Arbeitnehmern, ja ich würde sagen, gestohlen. Gegen jene Kolleginnen und Kollegen, die 45 Jahre gearbeitet haben, hat es jetzt wieder einen ganz brutalen Beschluss gegeben, nämlich die Pensionsabschläge wieder einzu­führen, und jetzt eben die Verschiebung der Kündigungsfristen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sie merken es vielleicht gar nicht, aber Sie demütigen die Arbeitnehmer, wo immer Sie nur können. Da frage ich mich schon: Da gibt es einen obersten schwarzen Arbeitnehmervertreter, nämlich August Wöginger – er ist jetzt gerade nicht da. Ich weiß ja nicht, wie er das macht, wie er das durchdrückt. Er hat ja trotzdem noch einmal 96 Prozent gekriegt – nicht mehr 98, 99 Prozent, wie er das schon einmal gehabt hat. 96 Prozent sind aber immerhin auch gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, dass er ständig auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hin­hackt, Kolleginnen und Kollegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und irgendwann, lieber Gust, gehst du ja auch an einem Spiegel vorbei. Ich weiß nicht, ob für dich da alles paletti ist. Ich glaube, wenn es um solche Themen geht, wenn es um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, sollte man sich noch selber in den Spiegel schauen können, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht noch ganz kurz zu den Grünen, denn dort verstehe ich die Welt nicht mehr ganz: Ihr wart ja bei diesem Beschluss 2017 dabei; heute seid ihr auf der anderen Seite. Jetzt verstehe ich natürlich, es gibt den Koalitionszwang und was immer auch damit ein­hergeht, aber ein bisschen Rückgrat, meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Grünen, brauchen wir schon, vor allem dann, wenn es um Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerinteressen geht. Ich weiß schon, die Arbeiterinnen und Arbeiter sind nicht so wirklich euer Potenzial, und die habt ihr nicht immer am Schirm, aber das ist ja genau die Arbeitnehmergruppe, Kolleginnen und Kollegen, die eher weniger bezahlt bekommt. Das sind Berufsgruppen, die das ganz dringend brauchen, und dann sind sie im Ar­beitsrecht noch einmal benachteiligt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe auch gerätselt, was Thomas Schmid, den mitt­lerweile ganz Europa kennt, mit Pöbel und Tieren gemeint hat, und ich glaube es jetzt zu wissen: Gemeint sind auch die ArbeitnehmerInnen, die seit 100 Jahren – seit 100 Jahren! – ungerecht behandelt werden. Ich sage auch ganz ehrlich, der denkt sich: Warum soll der Pöbel dieselben Kündigungsfristen haben wie die anderen 3,2 Millionen Arbeitnehmer? Wo kommen wir denn da hin?, wird er sich denken.

Offensichtlich ist diese Geisteshaltung bei den Türkisen jetzt sehr weitverbreitet, und ich sage Ihnen eines: Ich sage Ihnen, geschätzte Damen und Herren der Türkisen, diese Präpotenz, diese Abgehobenheit, dieses Drüberstehen und das Runterschauen auf die anderen (Abg. Melchior: Mäßigen Sie sich!), dieser Hochmut wird Sie irgendwann ein­holen. Ich sage Ihnen das.

Liebe Damen und Herren! Für die Opposition ist es natürlich schwierig, der Regierung beizukommen. Das macht aber nichts, denn ihr bewerkstelligt es zum jetzigen Zeitpunkt eh selber, vor allem haben die letzten Wochen gezeigt, dass ihr drauf und dran seid, euch selber zu beschädigen.

Ganz zum Schluss möchte ich aber auch noch etwas ansprechen, das auch in diesem Tagesordnungspunkt behandelt wird. Es gibt nämlich auch positive Ausnahmen. Wir haben im AKÜ-Bereich eine gute Lösung erzielt. Ich darf da die Abgeordnete Tanja Graf ansprechen, denn die hat das ja für die Arbeitgeber verhandelt. Ich sage Danke schön! Wir haben uns nichts geschenkt, es hat wilde Auseinandersetzungen gegeben. Wir ha­ben das aber irgendwie hingekriegt und am Ende steht ein fairer Kompromiss. Ich stehe nicht an, Ihnen auch von dieser Stelle aus Danke zu sagen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.37

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf auch gleich zu Wort. – Bitte.