10.09

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte, wer denn die Kosten der Krise zu tragen hat, ist ja tatsächlich eine, die nicht nur in Österreich – längst nicht nur in Österreich! –, sondern in ganz Europa und in­zwischen auch global in allen Staaten dieser Welt, die Pakete – Unterstützungspakete, Sozialpakete – gegen diese Krise geschnürt haben, geführt wird, weil natürlich überall die Staaten deutlich höhere Staatsschulden haben, als sie sie vor der Krise gehabt ha­ben – ist klar.

Österreich ist da natürlich nicht anders. Der aktuelle öffentliche Schuldenstand ist der höchste der Zweiten Republik, nämlich circa 87 Prozent des BIPs – das ist viel, aber das ist auch gut und richtig so (Beifall bei den Grünen), und zwar aus einem ganz einfachen Grund: das zeigt, dass wir etwas getan haben und dass wir glücklicherweise einen funktionierenden Sozialstaat mit den entsprechend funktionierenden automatischen Sta­bilisatoren haben. (Beifall bei den Grünen.) Bei uns war es eben nicht notwendig, zu­sätzlich Pakete für Arbeitslose zu schnüren wie in den USA, weil wir eben die Arbeits­losenversicherung haben. Und wir haben in dieser Krise abseits von den höheren Aus­gaben für Sozialleistungen natürlich auch niedrigere Steuereinnahmen gehabt, das ist auch klar. 10 Milliarden Euro weniger an Steuern in der Krise, das ist nicht nichts, das sind 2,5 Prozent des BIPs, das macht sich natürlich bemerkbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Glücklicherweise – und das merkt man auch weltweit, europaweit – hat sich die Debatte, wer denn die Lasten der Krise zu tragen hat und wie denn die Steuersysteme der Zukunft ausschauen sollen, in der Zwischenzeit etwas verschoben, und man kann nur dankbar sein, dass in den USA aktuell ein Präsident herrscht, der es mit Verteilungs- und mit Steuergerechtigkeit deutlich ernster nimmt als sein Vorgänger. Kürzlich haben sich 130 Staaten darauf geeinigt, dass sie die Mindestkörperschaftsteuer, die Mindestunter­nehmenssteuer mit 15 Prozent festlegen wollen, sodass der ruinöse Steuerwettbewerb nach unten, der seit vielen Jahrzehnten unsere Sozialsysteme zunehmend ausgehun­gert hat, schwerer finanzierbar gemacht hat, einmal ein Ende findet – und das ist au­ßerordentlich begrüßenswert. (Beifall bei den Grünen.)

Wer zahlt die Krise? – Ja, es dürfen nicht jene die Krise zahlen, die in der Krise schon betroffen waren: nicht die Arbeitslosen, nicht die ArbeitnehmerInnen, das ist klar, das haben wir auch immer gesagt. Darum müssen wir auch aus der letzten Krise, aus den Fehlern der letzten Krise lernen, und einer der größten Fehler der letzten Krise war, dass viel zu früh die Sparpolitik eingesetzt hat, dass mitten in der Krise, als langsam ein Aufschwung zu sehen war, von SPÖ und ÖVP auf einmal ein Fiskalpakt hier in diesem Haus – und damit eine Schuldenbremse in Gesetzesrang – beschlossen und damit in Wirklichkeit der sanfte konjunkturelle Aufschwung abgewürgt worden ist. Damals hat es einen massiven Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit und der Arbeitslosigkeit insgesamt gegeben, von dem wir uns bis heute nicht erholt haben und den wir zusätzlich zur Co­ronakrise auch noch mit geerbt haben.

Eine wesentliche Lehre ist also: weiter investieren, weiter in Wege aus der Krise in­vestieren, und zwar in eine ökologische Zukunft, in eine soziale Zukunft, aber nicht in eine graue Vergangenheit investieren. (Beifall bei den Grünen.)

Ja, wenn der Aufschwung allein nicht reicht, wenn der Rückgang der Arbeitslosigkeit und die zusätzlichen Steuereinnahmen aus diesem Rückgang und aus dem Aufschwung nicht reichen, um den Schuldenstand zu reduzieren, um die Schulden deutlich zurück­zuführen, dann werden wir uns auch wirklich Gedanken darüber machen müssen, wie wir denn diese Schulden bewältigen können. Für uns ist jedenfalls klar – das hat Vi­zekanzler Kogler schon oft genug gesagt –, auch dann kann es keine Sparpakete auf Kosten der Sozialstaatlichkeit, auf Kosten einer Sozialstaatlichkeit, die uns erfolgreich durch diese Krise geführt hat, geben, sondern dann wird es so sein, dass diejenigen, die die breitesten Schultern haben, auch die entsprechenden Lasten zu tragen haben, und dann werden wir natürlich auch über vermögensbezogene Steuern zu reden haben! (Beifall bei den Grünen.)

Da kurz erwähnt worden ist, dass sich in der Coronakrise die Schere zwischen Arm und Reich noch einmal vergrößert hat: Sehr geehrte Damen und Herren, das tut es nicht erst seit der Coronakrise, das tut es seit 30 bis 40 Jahren von Jahr zu Jahr. Und mitverant­wortlich war dafür unter anderem, dass in den Neunzigerjahren die Vermögensteuer abgeschafft worden ist, ein Privatstiftungssystem eingeführt worden ist, dass 2008 die Erbschaftssteuer ausgelaufen ist und dass in Wirklichkeit die Grundsteuer bis heute eine Bagatellsteuer geblieben ist.

Reden wir über Verteilungsgerechtigkeit – dann reden wir aber auch darüber, warum diese Verteilungsgerechtigkeit in den letzten Jahrzehnten mit Füßen getreten wurde! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der letzte Redner, den ich dazu aufrufe, ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.