12.26
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Gestern Abend haben wir also den Entwurf für das EAG erhalten. Wir haben uns das angeschaut – und ja, da ist sehr, sehr viel gelungen.
Ich möchte aber auf einen Bereich eingehen, in dem man eben aus meiner Sicht eine Riesenchance verpasst hat, und das ist die Erdverkabelung. Wir haben auch schon ein paar Mal darüber gesprochen. Ich kämpfe ja seit zwei Jahren Seite an Seite mit einigen oberösterreichischen Bürgerinitiativen darum, dass 110-kV-Leitungen in Zukunft als Erdkabel geplant und gebaut werden. Ich habe dazu viele Anträge eingebracht, viele Gesetzesvorschläge gemacht. Meine parlamentarische Petition haben inzwischen bereits über 1 100 Bürgerinnen und Bürger unterschrieben, denn die Menschen wollen keine Freileitungen, sie wollen Erdkabel. Nun fragt man sich: Warum geht denn das nicht? Woran liegt es denn, warum scheitert das, wer blockiert? Es ist der internationale Standard, es ist technologisch möglich, und auch kostentechnisch spricht ehrlich gesagt nichts dagegen.
Nun? – Die ÖVP ist dagegen, sie blockiert gemeinsam mit der Energie AG. Die anderen oberösterreichischen Parteien haben sich halt in ihrem warmen Proporzsystem eingekuschelt und sind da auch nicht aufgetreten. Sie haben die Anliegen der Bürgerinnen und der Bürger und die wissenschaftliche Evidenz einfach vom Tisch gewischt. Manchmal hat ja Wahlkampf auch etwas Gutes. Wir wissen alle, dass es im Herbst in Oberösterreich Wahlen gibt – und ja, nun trauen sich die Grünen ein bisschen aus der Deckung hervor, und die SPÖ ist auch aus dem gemütlichen Bett aufgestanden und ist endlich auf die Linie der Vernunft eingeschwenkt. Es hat sogar in der letzten Landtagssitzung einen recht guten Antrag von der SPÖ gegeben, der aber dann vertagt worden ist.
Was ist folglich die Conclusio? – Sie bringen es auf Länderebene nicht zusammen; und nun hätte man im EAG die Möglichkeit gehabt, das auf Bundesebene zu lösen, einen bundesweiten Rahmen für diese Erdverkabelung zu schaffen – und das ist eben leider, meine Damen und Herren, auch nicht gelungen.
Nun gibt es eine grüne Ministerin und eine SPÖ, die heute hier eine Zweidrittelmehrheit sichert, es gäbe also die Möglichkeit, diesen bundesweiten Rahmen für die Erdverkabelung zu schaffen. Die wurde einfach ausgelassen. Es ist für mich wirklich enttäuschend, und es trifft mich auch wirklich sehr, dass wir hier nicht weitergekommen sind. Offenbar kuschen da einfach alle – die Grünen und die Roten – vor den schwarzen Landesfürsten. Das ist ärgerlich, und es ist verdammt noch einmal Zeit für eine Lösung. (Beifall bei den NEOS.)
Ich schaue jetzt wirklich auf die Kollegen von der SPÖ, Kollege Schroll, Kollege Stöger, und Kollegen Hammer und Kollegin Rössler. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es gibt ja noch die Möglichkeit, etwas daran zu ändern und zum Besseren zu bringen.
Ich bringe deswegen folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bundesweite Regelung für die standardmäßige Verlegung von 110kV Leitungen als Erdkabel“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in dem im EAG vorgesehenen Netzinfrastrukturplan eine verpflichtende, vertiefende Prüfung von sämtlichen zu errichtenden Leitungsprojekten mit einer Spannung ab 110 kV festzuschreiben, einen Mehrkostenfaktor von 2,5 als bundesweit einheitliches Kriterium festzulegen, Kriterien bzgl. Umweltauswirkungen oder wirtschaftlicher Folgen eines Leitungsprojekts (inklusive etwa Bodenversiegelung, Landschaftsbild, Biodiviersitätsverlust und Grundstückspreisentwicklung) bundesweit klar zu definieren sowie verbindliche Vorgaben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger_innen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch für jene im §40 beschriebenen Forschungs- und Pilotprojekte Leitungen mit einer Spannung ab 110kV zu berücksichtigen.“
*****
Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
12.29
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Bundesweite Regelung für die standardmäßige Verlegung von 110kV Leitungen als Erdkabel
eingebracht im Zuge der Debatte in der 115. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (733 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Ausbau von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – EAG) erlassen wird sowie das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das Energielenkungsgesetz 2012, das EnergieControl-Gesetz, das Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe, das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz, das Starkstromwegegesetz 1968 und das Bundesgesetz über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert werden (Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket – EAG-Paket) (982 d.B.) - TOP 1
Um in Zukunft die Stromversorgung Österreichs ausschließlich mit erneuerbaren Energieträgern bei gleichzeitiger Sicherung der Netzstabilität und bestmöglicher infrastruktureller Strommarktbedingungen zu gewährleisten, werden mittelfristig erhebliche Anpassungen an die heimische Stromnetzinfrastruktur notwendig sein. Allerdings stoßen als Freileitungen geführte Hochspannungsleitungen immer wieder auf Widerstand durch die betroffene Bevölkerung, da diese das Landschaftsbild stark beeinträchtigen, mehr Fläche (und damit so wertvollen Boden oder Naturraum) beanspruchen und auch möglicherweise indirekte negative volkswirtschaftliche Auswirkungen haben, wie etwa niedrigere Grundstückspreise oder verloren gegangene Tourismuseinnahmen. Als Alternative können Leitungen als Erdkabeln gelegt werden, welche allerdings je nach Netzebene sowie technischer und geographischer Grundvoraussetzungen entsprechende Mehrkosten verursachen. Zusätzlich sind Freileitungen wesentlich anfälliger für extreme Wetterereignisse, welche sich auch in Mitteleuropa aufgrund des Klimawandels häufen werden. So wurde etwa am 24.6.2021 eine Hochspannungsleitung in der Tschechischen Republik unweit der österreichischen Grenze von einem Tornado niedergerissen.
Während auf niedrigeren Netzebenen das Legen von Erdkabeln als Alternative zur Freileitung mittlerweile auch in Österreich Usus ist, werden 110kV Leitungen hierzulande noch regelmäßig - aus besagten Kostengründen - oberirdisch geplant und errichtet. Diese Praxis verursacht jedoch vermehrt Unverständnis der betroffenen Anrainer_innen, da mittlerweile zahlreiche, im Ausland bereits standardmäßig angewendete innovative Methoden die Kosten für Erdkabel bereits erheblich reduziert haben und die bereits erwähnten Beeinträchtigungen von Landschaftsbild, Umwelt und Volkswirtschaft nicht einberechnet werden. Um diese Konflikte zu vermeiden, gibt es in Deutschland und der Schweiz klare gesetzliche Regelungen, welche unter entsprechenden Voraussetzungen zu Erdkabeln verpflichten (EnWG §43 bzw. Elektrizitätsgesetz und Stromversorgungsgesetz Art.15c). Auch in Österreich gibt es in Salzburg auf Landesebene eine entsprechende rechtliche Regelung (Salzburger Landeselektrizitätsgesetz § 54a).
Um Österreich hier an den internationalen Standard anzupassen, um den Schutz des Landschaftsbildes sowie betroffener Naturräume zu gewährleisten und um Konflikte zwischen für die Energiewende notwendigen Infrastrukturprojekten und betroffenen Anrainer_innen zu minimieren, ist es notwendig, einen klaren, bundesweit einheitlich rechtlichen Rahmen zu schaffen, sodass Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 kV oder weniger unter entsprechenden Voraussetzungen als Erdkabel auszuführen sind.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, in dem im EAG vorgesehenen Netzinfrastrukturplan eine verpflichtende, vertiefende Prüfung von sämtlichen zu errichtenden Leitungsprojekten mit einer Spannung ab 110 kV festzuschreiben, einen Mehrkostenfaktor von 2,5 als bundesweit einheitliches Kriterium festzulegen, Kriterien bzgl. Umweltauswirkungen oder wirtschaftlicher Folgen eines Leitungsprojekts (inklusive etwa Bodenversiegelung, Landschaftsbild, Biodiviersitätsverlust und Grundstückspreisentwicklung) bundesweit klar zu definieren sowie verbindliche Vorgaben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger_innen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch für jene im §40 beschriebenen Forschungs- und Pilotprojekte Leitungen mit einer Spannung ab 110kV zu berücksichtigen."
*****
Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Litschauer. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)