13.06

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und von wo immer sonst Sie uns zusehen! Wir haben ein wirklich schreckliches Verbrechen erlebt, das fassungslos macht, wirklich fassungslos macht, und wir haben auch erlebt – und das macht mich persönlich auch fassungslos –, wie die österreichische Bundesregierung mit dieser Situation umgegangen ist.

Es war fast ein Déjà-vu-Erlebnis, vergleichbar mit dem Umgang mit dem auch unglaub­lich traurigen Terroranschlag im letzten Jahr: Sobald die Situation bekannt war, haben die Schuldzuweisungen begonnen: Der Innenminister gab der Justizministerin die Schuld, die Justizministerin verwies darauf, dass die Behörde des Innenministers schuld wäre. Es war ein würdeloses Hin und Her, wie wir es auch nach dem Terroranschlag in Wien erlebt haben.

Ich muss Ihnen offen sagen, Herr Innenminister, ich hätte mir erwartet, dass schon aus dem Terroranschlag die Lehren gezogen worden wären und dass man nicht wieder ver­sucht, sich gegenseitig die Schuld zuzuweisen. Ich hätte mir erwartet, dass Sie gemein­sam mit der Justizministerin an die Arbeit gehen und solche Dinge für die Zukunft zu verhindern versuchen. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen, Herr Bundesminister! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Jetzt aber zum Antiterrorgesetzespaket. Ich glaube, es ist vollkommen klar, dass nicht jeder Fall gleich ist, es sind tragische, schlimme Terroranschläge, die vorkommen, und ich glaube, wir müssen alle gemeinsam dafür sorgen und alles tun, dass es so gut wie unmöglich gemacht wird, dass diese Terroranschläge bei uns in Österreich stattfinden. Deshalb bekennt sich die österreichische Sozialdemokratie selbstverständlich zu einem Antiterrorpaket, geschätzte Damen und Herren. Es ist aber so, dass es absolute Si­cherheit nie geben wird und wir danach trachten und versuchen müssen, dieses Land sicherer zu machen.

Das führt mich zur Asyldebatte. Ich möchte schon anmerken, dass die Hauptzustän­digkeit für diese Fragen 20 Jahre lang die ÖVP gehabt hat – 20 Jahre lang ÖVP-In­nenminister, kurz unterbrochen durch das Wirken des Herrn Kickl, die dazu geführt ha­ben, dass wir in diesen Fragen eigentlich ein komplett falsches System haben. Bei uns werden Kinder, Jugendliche, die hier in die Schule gehen, die Lehrlinge sind, abgescho­ben und Verbrecher bleiben da. Das ist nicht das, was die österreichische Sozialdemo­kratie unter einem funktionierenden Asylsystem versteht, geschätzte Damen und Herren!

Ich halte mit aller Deutlichkeit fest, auch um das klar zu sagen: Das Asylrecht soll nicht Schwerverbrecher schützen. Das Asylrecht ist dazu da, Menschen zu schützen, die Schutz brauchen, und das ist auch unser Zugang in dieser Frage. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.) Das ist aber auch die geltende Rechtslage, Herr Bun­desminister!

Und wenn man die geltende Rechtslage vor sich hat, frage ich mich schon: Wie war es möglich, dass diese Menschen noch in Österreich sind? Die hätten schon längst abge­schoben werden müssen, geschätzte Damen und Herren, um das auch einmal klar zu sa­gen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Michael Hammer und Kickl.)

Es geht uns aber auch darum – und das muss man jetzt schon relativierend zu diesem Antiterrorpaket sagen –, dass wir auch der Auffassung sind, dass selbstverständlich auch in solchen Fragen der Rechtsstaat das Maß aller Dinge ist. Der Rechtsstaat, die Demokratie, die Meinungsfreiheit, auch der Datenschutz sind Dinge, die in dieser Frage genauso berücksichtigungswürdig sind.

Dazu möchten wir einen Antrag stellen, weil wir das Gefühl haben, dass da etwas über das Ziel hinausgeschossen wird, insbesondere wenn es um die Gleichbehandlung aller Religionen in Österreich geht. Ich bin da bei Herrn Kardinal Schönborn, der auch gesagt hat, dass das einseitige Vorgehen der Regierung, insbesondere im Hinblick auf diesen Islamatlas, etwas ist, was so nicht hinzunehmen ist.

Deshalb stellen wir auch einen Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz personenbezogener Daten/Religionsatlas/Gleichbehandlung aller Religionsgemein­schaften“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei Veröffentlichungen den Schutz personenbe­zogener Daten besonders zu berücksichtigen, die Daten, die sie aus der Novelle zum Islamgesetz erhalten, lediglich für die Vollziehung des Islamgesetzes heranzuziehen und bei Veröffentlichungen analog dem Vorschlag des Erzbischofes von Wien Kardinal Dr. Christoph Schönborn alle Religionsgesellschaften gleich zu behandeln.“

*****

Ja, es geht um Terrorbekämpfung. Wir unterstützen den Kampf gegen den Terror. Wir stehen aber auch für den Rechtsstaat, Herr Bundesminister. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Taschner.)

13.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schutz personenbezogener Daten/Religionsatlas/Gleichbehandlung aller Re­ligionsgemeinschaften

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 3 Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (850 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften und das Islamge­setz  2015 geändert werden (925 d.B.)

In Österreich kam es Anfang Juni dieses Jahres zu heftigen Diskussionen über die so­genannte „Islam-Landkarte“. In dieser kann online eine Beschreibung der islamischen Glaubenseinrichtungen und deren Sitz abgerufen werden. Dabei wurden auch perso­nenbezogene Daten veröffentlicht, was aus Sicht des Datenschutzes überschießend erscheint. Die Veröffentlichung führte dazu, dass Rechtsradikale wie die Identitäre-Be­wegung die Informationen nützten, um „Warnschilder“ in der Nähe von islamischen Ein­richtungen aufzustellen, die die Aufschrift „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe“ hatten.

Ein vermittelnder Vorschlag in Richtung Islamlandkarte wurde vom Erzbischof von Wien Kardinal Dr. Christoph Schönborn vorgebracht, der das einseitige Vorgehen gegen eine Religion kritisierte und sich für einen Religionsatlas, der Einrichtungen aller Konfes­sionen beinhalten sollte, aussprach.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei Veröffentlichungen den Schutz personenbe­zogener Daten besonders zu berücksichtigen, die Daten, die sie aus der Novelle zum Islamgesetz erhalten, lediglich für die Vollziehung des Islamgesetzes heranzuziehen und bei Veröffentlichungen analog dem Vorschlag des Erzbischofes von Wien Kardinal Dr. Christoph Schönborn alle Religionsgesellschaften gleich zu behandeln.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.