13.45

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ziel von Terror ist immer, eine Gesellschaft zu spalten und Hass zu säen – das ist dem Islamischen Staat, das ist den Islamisten am 2. November nicht gelungen. Darüber hinaus müssen wir als Gesellschaft aber Vorsorge treffen, das Risiko eines neuerlichen Anschlages zu redu­zieren. Daher haben wir uns zwei Herausforderungen gestellt: Das eine war, bereits 37 Stunden nach dem Anschlag die Zerbes-Kommission ins Leben zu rufen. Ich kann mich erinnern, die Opposition war sehr misstrauisch gegenüber dieser Einrichtung, sie befürchtete geschönte Berichte und Vertuschungen. Das Gegenteil war der Fall, die Zer­bes-Kommission hat schonungslos und lückenlos die Schwächen sowohl im Bereich des Innenministeriums als auch in Bereichen der Justiz aufgezeigt, denn die Justizministerin und ich haben diese Kommission gemeinsam ins Leben gerufen.

Die Ableitungen aus der Zerbes-Kommission finden morgen hier in diesem Hohen Haus einen wesentlichen Niederschlag, denn morgen ist ein bedeutender Tag für die Sicher­heit Österreichs, weil dieses Hohe Haus neuerlich über die Sicherheit entscheidet, indem wir den Verfassungsschutz vollständig neu – inhaltlich und in der Organisation – aufbau­en. Dafür braucht es ein Gesetz, und dieses Gesetz wird morgen beschlossen. Auch da ein großes Danke von mir als Innenminister an alle hier vertretenen Parteien für die konstruktiven Verhandlungen. Es ist tatsächlich, so glaube ich, ein großer Schritt in Rich­tung mehr Sicherheit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das eine war also die Aufklärung. Das andere war: Wie können wir uns noch besser schützen? Daher dieses Antiterrorpaket in seiner Vielfalt: Vier Ministerien – Innenminis­terium, Justizministerium, Verkehrsministerium, Kultus- und Integrationsministerium – haben daran mitgewirkt, und das, was dabei herausgekommen ist, ist aus meiner Sicht gut und richtig für die Sicherheit der Republik.

Es hat sich auch finanziell viel bewegt. Als Innenminister habe ich jetzt durch ein Anti­terrorpaket im Budgetbereich 125 Millionen Euro mehr zur Verfügung, um in Technik, Ausrüstung und Schutz zu investieren. Das ist keine – wie hier oft zitiert – Showpolitik, sondern ganz konkret. Sie wissen, am 2. November ist es der Wiener Spezialeinheit Wega gelungen, den Terroristen innerhalb von 9 Minuten auszuschalten. Diese Spezial­einheit hat jetzt, wenige Wochen später, genauso wie die Cobra, ein gehärtetes Fahr­zeug bekommen, um bei besonders gefährlichen Einsätzen sicherer und noch schneller bereinigen zu können.

Darüber hinaus, neben diesen 125 Millionen Euro für mehr Sicherheit, gibt es auch viele gesetzliche Bestimmungen, die verändert worden sind, und es gibt auch mehr Geld für den Bereich der Justiz.

Es wurde heute schon angesprochen: Die Änderung des Islamgesetzes ist aus meiner Sicht für das Zusammenleben der Gesellschaft in Österreich ganz wesentlich. Warum? – Islamisten sind keine Muslime, Islamisten nützen die Religion, um Schrecken zu säen und Terror auszuüben. Wenn wir die Muslime in Österreich schützen wollen, dann brau­chen wir ein starkes Islamgesetz, genau dazu dient es. Wenn wir in der Lage sind, schneller radikale Moscheen zu schließen, wenn wir die Auslandsfinanzierung in den Griff bekommen, dann leisten wir einen Beitrag zum Zusammenhalt in dieser Gesell­schaft, und ja, das ist unser gesamtheitlicher Anspruch, dazu sind wir verpflichtet. Dem Terror wird es letzten Endes nicht gelingen, die Gesellschaft zu spalten und die Muslime, die hier leben, unter Generalverdacht zu stellen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ja, wenn radikale Islamisten hinter einem Anschlag stehen – denken wir daran, dass sich der IS am 2. November dazu bekannt hat –, dann halte ich es für richtig und wichtig, diese Tatsache auch für die Zukunft im Strafgesetzbuch abzubilden. Wir haben in den Erläuterungen dazu auch tatsächlich den politischen Islam ganz konkret bezeichnet.

Der politische Islam ist eine Geißel für unsere Republik, er ist eine Geißel für die Ge­sellschaft, er ist eine Geißel für das Zusammenleben der Menschen in unserem Land. Daher sind auch die strafverschärfenden Maßnahmen im Strafgesetzbuch wesentlich und richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kollege Scherak von den NEOS hat gefragt: Wie soll eine elektronische Fußfessel einen Terroranschlag verhindern? – Auch das ist neu und ein wichtiger Beitrag: Das, was die elektronische Fußfessel der Polizei und den Justizbehörden ermöglicht, ist, Personal freizuspielen, um mehr Polizei auf die Straße zu bringen. Die Überwachung eines Straf­täters ist enorm personalintensiv, man braucht dafür acht bis zehn Polizistinnen und Polizisten an einem Tag. Wenn wir in der Lage sind, durch elektronische Überwachung die Effizienz in der Überwachung von gefährlichen Menschen zu erhöhen, dann ist uns auch da für die Zukunft und die Sicherheit aus meiner Sicht einiges gelungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weil das Symbole-Gesetz angesprochen worden ist: Ich halte es für absolut richtig und gerechtfertigt, dass wir jetzt auch die Symbole der politischen Hisbollah verboten haben und damit auch diejenigen, die sie tragen, strafrechtlich verfolgen können. Ich finde es auch richtig, dass wir die Symbole der Identitären verboten haben. (Abg. Belakowitsch: Warum?) Warum ist das wichtig? – Wir sind in Österreich derzeit von zwei Seiten bedroht (Abg. Belakowitsch: Ah so?): vom radikal-islamistischen Terror (Abg. Amesbauer: Und von der ÖVP! – Abg. Bösch: Von der Schnöseltruppe!) und vom rechtsextremen Terror. Es gab und gibt aus dem rechtsextremen Milieu laufend Waffenfunde, die zutiefst be­sorgniserregend sind. Wir reden nicht von Einzelfällen. Wir reden von Waffenfunden in der Dimension von mehreren hundert vollautomatischen Waffen, Kilogramm an Spreng­stoff und Millionen Schuss Munition. (Abg. Kickl: Wo haben Sie die gefunden?) Wir se­hen in Deutschland, wozu es führen kann, wenn man den rechtsextremistischen Terror nicht ernst nimmt. (Abg. Steger: So wie die Erstürmung des Parlaments! – Abg. Belako­witsch: Die Erstürmung der ÖVP-Zentrale!) Daher müssen wir auf beiden Seiten be­sonders wachsam sein, und der neue Verfassungsschutz wird seine Aufgabe damit auch erfüllen können.

Jetzt könnte der Vorwurf kommen: Warum reden wir nicht von linksextremistischem Ter­ror? (Abg. Belakowitsch: Na mit denen sitzen Sie in der Koalition! – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Steger.) – Keine Sorge, der Verfassungsschutz wird entsprechend seinem Auftrag jede extremistische Entwicklung in diesem Land im Auge behalten; aber wenn es besondere Gefahren gibt, dann sind diese auch zu benennen und die Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Gesetzen auszustatten, damit wir tatsächlich dagegen vorgehen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Es wurde heute auch diskutiert, dass es wieder Eingriffe in Grund- und Freiheitsrech­te gibt, dass es Eingriffe durch Veränderung der Gesetze gibt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Innenminister der Re­publik sage ich Ihnen: Die Regierung bekennt sich dazu! (Abg. Steger: Zu den Eingrif­fen?!) Für die Freiheit und Sicherheit vieler ist der Eingriff in die Freiheit weniger notwen­dig und richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.53

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.