19.05

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich wurde von meiner grünen Kollegin Barbara Neßler, glaube ich, ein Stück weit absichtlich missver­standen und möchte erläutern, worum es in unserem Antrag gegangen ist.

Die Ausgangslage in Österreich ist jene, dass wir in ganz, ganz vielen Bereichen eine deutliche Schieflage zwischen Männern und Frauen haben. Wir haben sie im Bereich der Pensionsansprüche, wenn sie in Pension gehen, wir haben sie vor den Pensions­ansprüchen im Bereich der Partizipation am Arbeitsmarkt, wir haben sie in der Teilzeit­quote. Wir haben sie überall dort, wo unentgeltliche Arbeit stattfindet.

Jetzt gibt es zwei Elemente, die man nicht vermischen darf. Es gibt natürlich eine Wahl­freiheit und die Notwendigkeit und Möglichkeit, dass sich Familien untereinander ausma­chen, wie sie sich selbst organisieren wollen. Das will auch niemand angreifen.

Man muss sich aber fragen, welche Anreize staatliche Systeme und Familienleistungen haben, um diese Schieflage einzuzementieren. Mit dieser Frage habe ich mich beschäf­tigt. Das zentrale Element ist – wir haben das von vielen Vorrednern auch gehört –: Wir haben jetzt ganz kurz nach den Lockdowns bereits einen Arbeitskräftemangel. Ich will es gar nicht Fachkräftemangel nennen, denn es fehlen ja an vielen Ecken und Enden Arbeitskräfte. Und wir haben die Situation, dass die Hälfte unserer möglicherweise ar­beitenden Gesellschaft nicht so am Arbeitsmarkt partizipiert wie andere.

Jetzt könnte man ja annehmen, das ist alles freiwillig, denn Familien machen sich das so aus und es ist in Österreich einfach Usus. Wenn man sich aber die Umfragen ansieht, dann geben Frauen bedeutend häufiger als Männer an, dass sich eine Familiengründung und die Aufsicht ihrer Kinder negativ auf ihre Karriere auswirken. Männer haben da eine andere Einschätzung.

Gleichzeitig ist es so, dass es bei Jungfamilien, aber auch wieder insbesondere bei Frauen, eine viel höhere Unzufriedenheit mit dem Angebot an Kinderbetreuung gibt. Das bedeutet, wir haben eine Situation, in der nicht extra ausgemacht werden muss, wie viel von der Karenz, von der Kinderbetreuung der eine Teil und wie viel der andere über­nimmt. Der Staat lässt das offen, und durch die vorhandenen Familienbilder, die es eben schon sehr lange gibt, zahlt eine Hälfte drauf. Das ist statistisch in allen Feldern nach­weisbar.

Ich wollte jetzt nicht die Revolution in dem Sinne, dass alles ident und 50 : 50 aufgeteilt sein muss. Was mein Antrag vorschlägt, ist ein Minimum. Mein Antrag schlägt vor, dass wir uns an skandinavischen Vorbildern orientieren. Dort gibt es mehrere Staaten, die eine wesentlich stärkere Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern haben, wo das Familienglück – das muss man auch ganz klar sagen – deswegen aber keinesfalls gemindert worden ist. Das skandinavische Modell sieht vor, dass ein Minimum der Kin­derbetreuung, des Karenzanspruchs von beiden Seiten in Anspruch genommen werden muss. Jetzt ist es in unserer Denke so: Der Mann macht immer weniger, die Frau hat einen längeren Anspruch. Es könnte ja auch genau umgekehrt sein: Die Frau macht weniger, der Mann hat einen längeren Anspruch.

In Schweden ist es beispielsweise so, dass diese Zahl mit 90 Tagen angegeben wird. Wir reden also nicht von etwas wahnsinnig Großem. Man hat aber gesehen, dass diese 90 Tage in Schweden bereits ausgereicht haben, um auch am Arbeitsmarkt eine we­sentlich gleichberechtigtere Struktur zu schaffen. Der eine fehlt etwas mehr, die andere fehlt etwas länger, man kommt leichter wieder in den Beruf zurück.

Ein anderer Punkt, der in meinem Antrag nicht enthalten ist, ist natürlich, dass dann die Kinderbetreuung, die Bildungseinrichtungen bis hin zu Ganztagesschulen einfach in einem Ausmaß ausgebaut sein müssen, damit beide Elternteile ihre Arbeit auch später in einem quasi vollberuflichen Ausmaß weiter betreiben können.

All das war in dem Antrag enthalten, und jetzt wird dieser Antrag abgelehnt, der ganz offen war. Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin, wurde aufgefor­dert, einen Vorschlag vorzulegen. Man hätte also alle Möglichkeiten gehabt. Selbst der Wunsch, dass sich die Ministerin nur mit einem Vorschlag ans Parlament wendet, wurde abgelehnt. Das Argument, das jetzt am Schluss von Frau Kollegin Neßler gebracht wor­den ist, war: Da braucht es eine große Reform, und so muss man es angehen. Auf diese warte ich persönlich seit vielen Jahren, als Abgeordneter mittlerweile seit sieben Jahren. Ich kann Ihnen sagen, Frau Kollegin, diese Reformen wurden uns immer versprochen und sind nie gekommen.

Die Statistik spricht Bände. Es bleibt weiterhin ein großer Nachteil für eine Hälfte der Bevölkerung in Österreich, und im Moment leisten Sie einen Beitrag dazu, dass sich diese Statistik auch nicht so bald verändern wird. – Schönen Abend. (Beifall bei den NEOS.)

19.10

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich verlege wie vereinbart die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.