21.45

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident (auf das Display am Redner­pult blickend), die Uhr rennt schon seit 10 Sekunden – auch schön! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke mir, dass es sehr wichtig ist, dass die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangeht, wenn es um nachhaltige Beschaffung geht. Sehr oft ist es auch die öffentliche Hand, die neue Benchmarks setzt, die dann überhaupt einmal ein Produkt, das ökologisch besser ist als der Durchschnitt, für Privatkundinnen und -kunden er­schwinglich und auch erhältlich macht, weil vorher der Markt dafür zu klein gewesen wäre.

Abgesehen davon denke ich mir, dass es wichtig ist, dass es mit grüner Beschaffung alleine nicht getan ist. Zu grüner Beschaffung oder zu einer nachhaltigen Beschaffung gehört nicht nur, dass das Produkt, das man dann hier letztendlich einsetzt, ein grünes ist und zum Beispiel wenig CO2 ausstößt. Das ist gut, das ist gar keine Frage, aber zu Nachhaltigkeit gehört wesentlich mehr.

Nachhaltigkeit umfasst nicht nur die ökologische Komponente, wie wir wissen, sondern auch die soziale und die ökonomische, und gerade diese soziale Komponente legt ein­fach auch Wert darauf, dass zum Beispiel Menschenrechte, dass Sozialrechte beachtet werden, und zwar nicht erst dann bei den Produkten und bei den Dingen, die importiert worden sind, sondern auch in der ganzen Frage der Lieferkette und wie ein Produkt produziert wird, wie es zustande kommt, woher seine Bestandteile kommen, woher die Rohstoffe kommen.

Deswegen bringe ich gemeinsam mit Julia Herr einen Unselbständigen Entschlie­ßungsantrag betreffend „eines Lieferkettengesetzes für eine soziale menschenrechts­konforme und nachhaltige Produktionsweise“ ein, weil es uns einfach wichtig ist, dass wir nicht nur hier die Umwelt schützen, sondern auch die Umwelt woanders schützen, die Umwelt auch dort schützen, wo Dinge produziert werden, weil es uns wichtig ist, dass es nicht nur um freiwillige Selbstverpflichtung für Unternehmen geht, sondern dass es wirklich ganz klare gesetzliche Vorgaben gibt, wie entlang der Lieferkette – inklusive Tochterfirmen, inklusive Zulieferer – wirklich menschenrechtliche, sozialrechtliche und umweltrechtliche Standards eingehalten werden (Beifall bei der SPÖ), und weil gute Ar­beitsrechte hier gut, aber nicht ausreichend sind.

Produkte – auch gute Produkte – zu importieren und dafür Menschenrechtsverletzungen zu exportieren oder anderswo zu machen, das ist nämlich eine Vogel-Strauß-Politik, die verantwortungslos ist, und darum würde ich Sie ersuchen, diesem Antrag zuzustimmen, der in seinen Kernpunkten unter anderem will, dass es Sorgfaltspflichten für Unterneh­men gibt, aber auch Sorgfaltsprüfungspflichten, dass über die Ergebnisse der Pflichten öffentlich berichtet wird, dass es, wenn man Verstöße gegen Menschenrechte, gegen Sozialrechte, gegen Umweltrechte feststellt, auch eine Beendigung oder eine Verminde­rung dieser schädlichen Einflüsse geben muss, dass es eine interministerielle Behörde geben soll, die das verfolgt, die Unternehmen auch durchaus bei der Hand nimmt und hilft, das zu erreichen, dass es darum geht, dass es Haftungen des Unternehmens für Schäden entlang der Lieferkette inklusive Sorgfaltsprüfungen gibt, dass es aber auch Strafen und Sanktionen gibt – und gerade das vorliegende Gesetz zeigt unter anderem: Eine der möglichen Sanktionen ist auch, keine öffentlichen Aufträge mehr an ein Unter­nehmen zu geben, das Menschenrechte missachtet.

Es muss wirksame Abhilfe für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen geben, das heißt, sie müssen die Möglichkeit haben, hier bei Gerichten ihre verletzten Rechte einkla­gen zu können. Zuletzt fordern wir auch die Bundesregierung auf, sich einerseits auf EU-Ebene, wo Kommissar Reynders ja für mittlerweile nach dem Sommer ein Lieferketten­gesetz oder eine Richtlinie für ein Lieferkettenkonstrukt angekündigt hat, aktiv einzubrin­gen, in der Hoffnung, dass da noch etwas Gutes, eine gute Richtlinie, eine strenge Richtlinie herauskommt, und zum Zweiten auch auf UN-Ebene beim Menschenrechtsrat in Genf den sogenannten Treaty-Prozess, initiiert von Ecuador und Südafrika, zu unter­stützen, der ein internationales Recht, ein starkes Recht, ein robustes Recht für genau diese Frage von Menschenrechten entlang der kompletten Lieferkette vorsieht.

*****

Ich hoffe sehr, Sie stimmen zu. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

21.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Unselbstständiger Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

betreffend eines Lieferkettengesetzes für eine soziale menschenrechtskonforme und nachhaltige Produktionsweise

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bundesgesetz über die Beschaffung und den Einsatz sauberer Straßenfahrzeuge (Straßenfahrzeuge-Beschaffungsgesetz) in der 115. Sit­zung des Nationalrates (XXVII. GP) (979 d.B.)

Die Bundesarbeitskammer schreibt in ihrer Stellungnahme vom 12.5.2021 zum Begut­achtungsentwurf des Straßenfahrzeuge-Beschaffungsgesetzes:

„Lieferkettenproblematik und soziale Kriterien müssen berücksichtigt werden […]

Lieferkettengesetz

Die Europäische Kommission plant für 2021 einen Legislativvorschlag zu umfassenden Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und der Umwelt in der Lieferkette. Darauf aufbauend soll im Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz eine Verstärkung der Anforderungen zur Sicherung sozialer Mindeststandards bei der Vergabe von Aufträgen zur Beschaffung von Straßenfahrzeugen erfolgen. Aus Sicht der BAK sollte ein Verstoß gegen das zukünftige europäische Lieferkettengesetz als Ausschlusstatbestand für künf­tige Verfahren verankert werden.“

Die Herstellung von Lebensmitteln über Möbel, Autos, bis hin zu Smartphones und vielen anderen Waren erstreckt sich oft über den ganzen Planeten. Wo die einzelnen Kompo­nenten, Ressourcen und Bauteile genau herkommen, von wem und unter welchen Um­ständen diese angebaut, abgebaut oder verarbeitet wurden, ist für Konsumenten und Konsumentinnen oft nicht ersichtlich. Wie die Gewinnung von Rohstoffen, die Produktion und der Transport von Waren oder das Anbieten von Dienstleistungen abläuft, liegt in der Hand von Unternehmen und gerade im globalen Maßstab handelt es sich hierbei meist um international agierende Konzerne.

Wenn wir mit offenen Augen auf die Erde blicken, ist offenkundig, dass vieles falsch läuft. Die Klimakrise, die durch den global steigenden C02-Ausstoß angeheizt wird, ist dabei ein besonders dringliches Problem. Doch auch die lokalen und regionalen Auswirkungen unserer Produktionsweise sind verheerend: Der Raubbau an der Natur zerstört Ökosys­teme und damit die Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung sowie Pflanzen und Tiere. Das Abholzen der Regenwälder, das Schürfen nach seltenen Erden, das Fracking von Öl und Gas, die Überfischung der Meere, das Abpumpen des Grundwassers und das Zerstören der Böden durch endlose Monokulturen sind nur einige Punkte, wie die Gewinnung unserer Ressourcen den Planeten belasten. In der weiteren Verarbeitung der Rohstoffe zu fertigen Waren können Giftstoffe ins Grundwasser, in Flüsse und schließlich ins Meer gelangen, die Luft verpesten und Wälder durch sauren Regen zer­stören. Die dafür notwendigen Maschinen werden mit fossilen Brennstoffen betrieben, die die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre immer weiter ansteigen lassen.

Die gesundheitlichen Schäden für die lokale Bevölkerung sind gravierend und der Anbau von Lebensmitteln für den eigenen Bedarf manchmal nicht mehr möglich. Dadurch wird die indigene und lokale Bevölkerung von jenem Land vertrieben, auf dem ihre Vorfahren seit Jahrhunderten leben. Manchmal erfolgt diese Vertreibung auch durch rohe Gewalt, Verfolgung und rücksichtslosen Landraub. Die Arbeitenden selbst leiden unter Ausbeu­tung und miserablen Lebensumständen, mangelnden Sicherheitsvorkehrungen und viel zu geringem Lohn. Der Zusammenschluss von Menschen, beispielsweise zu Gewerk­schaften und Betriebsräten, um gemeinsam Widerstand gegen diese Umstände zu or­ganisieren, ist in vielen Ländern noch immer verboten oder wird durch die Unternehmen unterbunden. Die Liste der Grausamkeiten, die jeden Augenblick gegen die Menschen und die Natur auf dieser Erde verübt werden, ist lang und kann hier nicht annähernd umfassend aufgeschlüsselt werden. Doch es muss allen klar sein, dass wir so nicht länger weiter machen können, wenn wir Menschenrechte ernst nehmen und künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten überlassen wollen.

Der Anspruch dies zu verändern wurde schon an vielen Stellen betont und niederge­schrieben. Das Pariser Klimaschutzabkommen und die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen sind nur zwei Beispiele dafür. Bei letzterem sind an dieser Stelle insbesondere SOG 8 "Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum" und SOG 12 "Nachhaltige Produktions- und Konsummuster" hervorzuheben und auch die UN Guiding Principles adressieren im speziellen Unternehmensverantwortung und Menschenrechte.

Viele Konzerne und Unternehmen haben Absichtserklärungen unterschrieben und selbst Zertifikate für vermeintlich faire und nachhaltige Produktion entwickelt, die sich in ihrer Qualität extrem von ernst zu nehmenden und unabhängigen Gütesiegeln (wie im Bereich des Fairen Handels zum Beispiel FAIRTRADE) unterscheiden. In den letzten 10 Jahren sind beispielsweise 50 Millionen Hektar an Wald gerodet worden -und das obwohl 2010 über 400 Konzerne versprochen haben bis 2020 entwaldungsfreie Lieferketten sicherzu­stellen. Diese Zertifizierungssysteme haben oft nur minimale Standards und untergraben damit andere strenge Umwelt-und Sozialstandards. Sie scheitern oft an einer 100-pro­zentigen Rückverfolgbarkeit, Transparenz und an einem unabhängigen Kontrollsystem.

Auch auf gesetzlicher Ebene bleibt die notwendige Veränderung aus, wenn dabei nicht die ganze Lieferkette in den Blick genommen wird. So ist zwar das Pestizid Paraquat in der EU seit 2007 verboten, doch wird es auf Palmölplantagen in anderen Teilen der Welt weiterhin angewendet und Palmöl findet sich in 50 % der Lebensmitteln in Supermärk­ten!

Massive menschen- und umweltrechtliche Herausforderungen birgt dabei auch die Um­stellung auf nachhaltige Technologien im Zuge der zunehmenden Digitalisierung und E-Mobilität. Dabei sind insbesondere der Abbau von Kobalt, Lithium und seltenen Erden zu nennen.

Diese Beispiele zeigen, dass die bisher gesteckten Ziele und erklärten Absichten nicht ausreichen. Weder sind Staaten ihrer Verantwortung nachgekommen, entsprechende Gesetze zu erlassen, noch haben Unternehmen ihre Möglichkeit genutzt, die Produk­tionsweise fundamental zum Besseren zu verändern. Wenn tatsächlich Menschen, Kli­ma und Umwelt geschützt werden sollen, braucht es daher einen Ansatz, der dort greift, wo die Probleme liegen: Nicht im Supermarktregal, wo die Produktion längst abgeschlos­sen ist, sondern vom Beginn der Ressourcengewinnung entlang der gesamten Lieferket­te bis hin zum Vertrieb der fertigen Waren, deren Nutzung, Wiederverwendung, Re­cycling und letztendlich ihrer Entsorgung. Wir brauchen Gesetze, die wirken und dazu müssen die global agierenden Unternehmen in Österreich in die Pflicht genommen wer­den, sodass diese ihre gesamten Lieferketten menschenrechts-und umweltschutzkon­form umgestalten.

Dafür eignet sich ein Lieferkettengesetz, ähnlich wie es in Deutschland gerade im Wer­den ist, vom Europäischen Parlament oftmals gefordert wird, in der Europäischen Union für den Holzhandel bereits umgesetzt ist und in Frankreich in Form eines Sorgfaltspflich­tengesetzes, das Menschen das Recht gibt Unternehmen aufgrund mangelnder Sorgfalt zu verklagen, besteht. Seitens der EU-Kommission hat der Kommissar für Justiz und Rechtsstaatlichkeit Didier Reynders für 2021 einen Vorschlag für eine EU-Rechtsvor­schrift zu verbindlichen unternehmerischen Sorgfaltspflichten angekündigt und in der Schweiz sprachen sich 50,7 % der Stimmberechtigten für die Anliegen der Konzernver­antwortungsinitiative aus.

Wenn wir auf Österreich blicken, muss ein solches Lieferkettengesetz folgende Punkte beinhalten:

1.         Sorgfaltsprüfungspflicht: Unternehmen sind verpflichtet, entlang ihrer Lieferket­    ten eine regelmäßige Prüfung vorzunehmen, wo sich Risiken in Hinsicht auf Men­           schen-, Arbeits-und Umweltrechte finden könnten.

2.         Sorgfaltspflicht: Unternehmen werden verpflichtet, Sorgfaltsmaßnahmen für Men­  schenrechte und Umwelt durchzuführen, indem sie Risiken beseitigen bzw. in rele­    vanten Ausmaß minimieren.

3.         Geltungsbereich der Sorgfalts-und der Sorgfaltsprüfungspflicht: Beide müssen für            alle Unternehmen gelten, die in Österreich Produkte in Verkehr bringen oder Dienstleistungen anbieten und einen noch zu definierenden jährlichen Mindest­      umsatz erreichen. Sämtliche international anerkannte Menschen-und Arbeits­           rechte sowie Umwelt-und Klimastandards sind zu beachten. Als Grundlage kön­            nen dabei unter anderem die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrech­           te sowie die OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen und die sektorspe­          zifischen Guidelines des OECD herangezogen werden, diese müssen entspre­        chend adaptiert und in robustes Recht gegossen werden.

4.         Reichweite der Sorgfalts-und der Sorgfaltsprüfungspflicht: Sie umfassen die ge­  samte Lieferkette (das eigene Unternehmen, Tochtergesellschaften, Subauftrag­      nehmer und Zulieferbetriebe) und gelten sektorenübergreifend.

5.         Folgende rechtsverbindliche Schritte, die Unternehmen im Zuge ihrer Sorgfalts- und Sorgfaltsprüfungspflicht jährlich und vor jeder neuen internationalen wirt­  schaftlichen Tätigkeit müssen durchgeführt werden:

a.         Risikoanalyse: Ermittlung und Bewertung von Risiken (potenziell) nachteiliger Aus­           wirkungen der Unternehmensaktivität auf Menschenrechte und Umwelt. Explizit genannt seien hier Umweltschäden, Gefährdung des Klimas, Kinderarbeit, Zwangs­          arbeit, Ausbeutung von Arbeitsmigrantinnen und Missachten von Arbeits- und Men­  schenrechten. Das Ausmaß der Sorgfaltsprüfung wächst mit dem in der Risiko­            analyse ermittelten Risiko und der Größe des Unternehmens.

b.         Folgemaßnahmen: Nachteilige Auswirkungen müssen durch das Unternehmen beendet oder verhindert werden.

c.         Wirksamkeitsüberprüfung: Überprüfung der gesetzten Maßnahmen auf Erfolg und            bei Bedarf setzen weiterer Maßnahmen.

d.         Konsultation: Lokale Bewohnerinnen und Bäuerinnen sowie unabhängige lnter­   essensträgerlnnen, wie im Unternehmen vertretene Gewerkschaftsorganisatio­ nen, überbetriebliche Gewerkschaftsorganisationen, gewerkschaftsähnliche Or­  ganisationen (im Fall von Verboten und Unterdrückung oder staatsgesteuerter         Strukturen), Betriebsratskörperschaften, unabhängige Menschenrechts-und Um­      weltschutzorganisationen, die durch die Tätigkeit des Unternehmens betroffen             sind, müssen im Sorgfaltsprüfungspflichten-Prozess eingebunden werden, um   ihre Perspektiven einbringen zu können. Diese Konsultationen müssen frei, vor­        ab und auf Basis richtiger, nachvollziehbarer und vollständiger Information durch­        geführt werden.

e.         Veröffentlichung: Die Ergebnisse der Punkte 5.a-5.d sind in ihrem vollen Umfang           mindestens einmal pro Jahr zu veröffentlichen und an eine dafür zuständige Be­         hörde zu übermitteln. Diese Behörde hat einen öffentlich einsehbaren und leicht           zugänglichen Register anzulegen, wo Berichte gesammelt und abgerufen wer­          den können.

f.          Frühwarnsystem: Unternehmen haben ein, ihrer Unternehmensgröße entspre­    chendes, Frühwarnsystem einzurichten, über das Arbeiterinnen, weitere betroffe­    ne Einzelpersonen aber auch Organisationen wie Kommunen, im Unternehmen vertretene Gewerkschaftsorganisationen, überbetriebliche Gewerkschaftsorgani­ sationen, gewerkschaftsähnliche Organisationen (im Fall von Verboten und Un­            terdrückung oder staatsgesteuerten Strukturen), Betriebsratskörperschaften, Men­ schenrechts-und Umweltschutzorganisationen auf Wunsch anonym direkt Schä­      den an Umwelt, Klima und Menschen melden können. Eingegangene Meldungen müssen vom Unternehmen im Zuge von Risikoanalyse, Folgemaßnahmen und           W irksamkeitsüberprüfung beachtet und im jährlichen Bericht veröffentlicht wer­            den.

g.         Definierte Vorgehensweise: Unternehmen müssen im Vorfeld definieren, wie mit            Verstößen bzw. Beschwerden umgegangen wird.

6.         Klare Kriterien und Leitlinien für die unter Punkt 5 genannten Schritte der Sorg­   faltsprüfung: Darüber hinaus sind Vorlagen und Ausfüllhilfen für den jährlichen   Bericht anzulegen und bereitzustellen, um Prozesse zu vereinheitlichen und Be­            trieben unverhältnismäßige Arbeit zu ersparen. Weiters sind Informationsblätter     für Einzelpersonen und lnteressensträgerlnnen, die Rechtsmittel einlegen wollen,             zu veröffentlichen. Diese Informationsblätter sind in allen Sprachen zu verfassen,           die in jenen Ländern als Amtssprache(n) gelten, die durch in Österreich aktive Un­        ternehmen betroffen sind.

7.         Überprüfung: Eine dazu zu schaffende interministerielle Behörde mit zivilgesell­   schaftlichem Beirat kontrolliert Unternehmen regelmäßig auf Einhaltung ihrer Sorg­       faltspflicht und Sorgfaltsprüfungspflicht. Dabei kann sie Unternehmen dazu auf­         fordern, sich zu ihrer Sorgfaltsprüfung zu erklären und der Behörde müssen alle             Befugnisse eingeräumt werden, um eine umfassende Kontrolle durchführen zu             können. Die dafür zuständige Behörde ist im Gesetz festzulegen und mit - für ihre          umfassenden Aufgaben ausreichenden - Mitteln auszustatten.

8.         Erbringen von Beweisen: Unternehmen müssen auf Verlangen beweisen, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind.

9.         Strafrechtliche Folgen bei Verstoß gegen die Sorgfaltsprüfungspflicht: Es sind ver­ hältnismäßige, wirksame und abschreckende Strafen und Sanktionen bei Verlet­  zung der Sorgfaltsprüfungspflicht einzuführen, die unabhängig von Verstößen ge­        gen die Sorgfaltspflicht sind. Diese können von Geldbußen bis hin zum Aus­  schluss von öffentlichen Beschaffungsverfahren reichen.

10.       Reichweite der Haftung bei Schäden entlang der Lieferkette: Unternehmen müs­ sen für Schäden haften. Dies gilt sowohl für Schäden, die durch eigene Unterneh­   mensaktivitäten verursacht werden als auch für Schäden in der Sphäre von Toch­   terunternehmen sowie von Unternehmen, zu denen eine Geschäftsbeziehung besteht. In letzterem Fall vorausgesetzt, es besteht ein direkter Zusammenhang             zu Produkten, Dienstleistungen oder Tätigkeiten des eigenen Unternehmens.

11.       Zivilrechtliche Klagen und wirksame Abhilfe für Betroffene: Betroffene von Men­            schenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Zusammenhang mit Unterneh­  mensaktivitäten müssen Zugang zu wirksamer Abhilfe erhalten. Strafen, die an     die öffentliche Hand gehen, sind keine Abhilfe für Betroffene. Verjährungsfristen     sind großzügig anzusetzen, um von Menschenrechtsverletzungen Betroffenen   keine Erschwernisse in den Weg zu legen und gerade internationale und langjäh­      rige Probleme anzusprechen. Dazμ ist folgendes sicherzustellen:

a.         Das Recht für alle von der wirtschaftlichen Aktivität eines Unternehmens Betroffe­           nen, egal ob es sich dabei um (ehemals) Arbeitende, weitere Einzelpersonen   oder Organisationen wie beispielsweise Kommunen, im Unternehmen vertretene      Gewerkschaftsorganisationen, überbetriebliche Gewerkschaftsorganisationen, ge­     werkschaftsähnliche Organisationen (im Fall von Verboten und Unterdrückung            oder staatsgesteuerten Strukturen), Betriebsratskörperschaften, Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen handelt, dieses Unternehmen, sofern es dem ös­      terreichischen Lieferkettengesetz unterliegt, vor österreichischen Gerichten zu    klagen.

b.         Dafür ist ein garantierter Zugang zu österreichischen Gerichten zu ermöglichen.             Betroffene müssen befähigt werden, ihre Rechte wahrnehmen zu können. Dazu       muss der österreichische Staat Verfahrenshilfe in Form finanzieller Unterstützung für alle Betroffenen leisten, die Rechtsmittel einlegen wollen. Diese Unterstüt­          zung umfasst unter anderem Kosten für Anwälte, Beweismittelerbringung, notwen­ dige An-und Abreise nach Österreich sowie Aufenthalte in Österreich, (Rechts)gut­           achten und Dolmetscherlnnen.

c.         Unternehmen müssen verpflichtet sein, im Zuge der Konsultation alle betroffenen             lnteressensträgerlnnen darüber zu informieren, dass die Möglichkeit der zivil­       rechtlichen Klage besteht, welche Unterstützungen es dafür gibt und wo und wie     diese erfolgen kann.

d.         Strafrechtliche Folgen bei Verstoß gegen die menschen-und umweltrechtliche    Sorgfaltspflichten: Es sind verhältnismäßige, wirksame und abschreckende Stra­ fen und Sanktionen bei Verletzung der menschenrechtlichen und umweltbezo­         genen Sorgfaltspflichten einzuführen. Diese können von Geldbußen über die Be­          schlagnahmung von Rohstoffen und Produkten, den Ausschluss von öffentlichen     Beschaffungsverfahren bis hin zu zivilrechtlichen sowie strafrechtlichen Folgen   bei schweren Vergehen reichen. Zu Sanktionen muss auch geklärt werden, ob das Verbot des lnverkehrbringens von Waren und das Anbieten von Dienstleis­       tungen durch Unternehmen, welche ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, als       Rechtsfolge etabliert werden kann.

Die Antragsteller und Antragstellerinnen sind sich bewusst, dass ein solches Lieferket­tengesetz zwar einen organisatorischen und finanziellen Mehraufwand für Behörden und Unternehmen bedeutet, aber die Kosten für Menschenrechtsverletzungen und Umwelt­zerstörung wesentlich höher liegen. Ein solches Lieferkettengesetz beendet auch Wett­bewerbsnachteile für Unternehmen, die bereits heute ihrer menschenrechtliche und um­weltbezogene Sorgfaltspflicht nachkommen.

Durch die zu Anfangs liegende menschenrechtliche und umweltbezogenen Sorgfaltsprü­fung inkl. Risikoanalyse und das Bereitstellen von klaren Kriterien und Leitlinien, Vor­lagen und Ausfüllhilfen soll die notwendige Arbeit minimiert und standardisiert werden und so zu keinem Übermaß an zusätzlichem Aufwand beitragen, sondern der Mehrzahl verantwortungsvoller Unternehmen auch zu Rechtssicherheit verhelfen.

Darüber hinaus sind die Antragsteller und Antragstellerinnen davon überzeugt, dass die aktuelle Lage in Sachen Klima-und Umweltschutz und dem Schutz der Arbeits-und Men­schenrechte weitreichende Maßnahmen erforderlich macht, wie sie ein Lieferkettenge­setz mit sich bringt. Tagtäglich werden Menschen von ihrem Land vertrieben und ihrer Lebensgrundlage beraubt, die Gesundheit von Arbeitenden gefährdet und Menschen beim Versuch sich gegen all das zu wehren, unterdrückt. Die Zerstörung unserer Umwelt schreitet voran, Tier-und Pflanzenarten verschwinden für immer von diesem Planeten und Treibhausgase werden in die Atmosphäre ausgestoßen.

Bei der Verletzung der Menschenrechte geht es um das Leben von Millionen Menschen, beim Umweltschutz um den unwiederbringlichen Verlust von natürlichen Lebensräumen, Ökosystemen und Arten und beim Klimaschutz steht die Zukunft der Menschheit und des Planeten, so wie wir ihn kennen, auf dem Spiel. Keiner dieser Bereiche lässt zu, noch länger zu warten. Sie alle erfordern ein ras.ches und entschiedenes Handeln.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert,

•           dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der folgende Punkte enthält

1.         Verpflichtung von Unternehmen zu menschenrechtlichen und umweltbezogenen             Sorgfaltspflichten, für die klare Kriterien und Leitlinien zu entwickeln sind. Der     Geltungsbereich erstreckt sich dabei auf alle Unternehmen, die in Österreich Pro­   dukte in Verkehr bringen oder Dienstleistungen anbieten und einen noch zu defi­   nierenden Mindestumsatz übersteigen. Sämtliche international anerkannten Men­           schen-und Arbeitsrechte sowie Umwelt-und Klimastandards sind zu achten.

2.         Verpflichtung von Unternehmen mindestens einmal jährlich und vor jeder neuen             internationalen wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Sorgfaltsprüfungspflicht nachzu­     kommen, die die Punkte Risikoanalyse, Folgemaßnahmen zur Beendigung und      Verhinderung von nachteiligen Auswirkungen, eine Wirksamkeitsüberprüfung ge­   troffener Maßnahmen, die Konsultation aller betroffenen lnteressensträgerlnnen,         die jährliche Veröffentlichung, das Einrichten eines unternehmensintemen Früh­            warnsystems sowie ein vorab definiertes Vorgehen bei Verstößen und Beschwer­           den inkludiert.

3.         Die Schaffung einer zuständigen interministeriellen Behörde mit zivilgesellschaft­ lichem Beirat, die die Einhaltung der Sorgfaltspflicht und Sorgfaltsprüfungspflicht           überprüft und gegebenenfalls Strafen oder Sanktionen verhängen kann. Diese Behörde ist mit - für ihre Aufgabe ausreichenden - Mitteln auszustatten.

4.         Verpflichtung von Unternehmen, Beweise vorzulegen, die das Erbringen ihrer     Sorgfaltspflicht nachweisen.

5.         Die Haftungen des Unternehmens für Schäden entlang der Lieferkette, von der das Unternehmen auch bei durchgeführter Sorgfaltsprüfungspflicht nicht entbun­        den wird.

6.         Die Einführung von verhältnismäßigen, wirksamen und abschreckenden Strafen            und Sanktionen sowohl bei Verstößen gegen die Sorgfaltsprüfungspflicht als auch die Sorgfaltspflicht, die neben Geldstrafen auch den Ausschluss aus öffent­           lichen Beschaffungsverfahren, das Verbot des lnverkehrbringens von Waren           oder Anbieten von Dienstleistungen inkludieren.

7.         Wirksame Abhilfe für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen und Umwelt­  schäden im Zuge von unternehmerischer Tätigkeit.

8.         Recht für alle Betroffenen vor österreichischen Gerichten Unternehmen zu kla­    gen. Dazu ist der Zugang zu österreichischen Gerichten zu garantieren und alle      Betroffenen durch finanzielle Unterstützung (Verfahrenshilfe) seitens des öster­   reichischen Staates zu befähigen, dieses Recht auch wahrnehmen zu können.

•           Darüber hinaus wird die gesamte Bundesregierung aufgefordert, sich auf EU-    Ebene für EU-Rechtsvorschriften, wie von Kommissar Reynders angekündigt,    einzusetzen und entsprechende Initiativen, beispielsweise des EU-Parlaments, aktiv zu unterstützen. Explizit gilt dies für die Legislative Entschließung des Euro­         päischen Parlaments vom 22. Oktober 2020 mit Empfehlungen an die Kom­         mission für einen EU-Rechtsrahmen zur Eindämmung und Umkehrung der von         der EU verursachten weltweiten Entwaldung (2020/2006(1NL))

•           Auf Ebene der Vereinten Nationen wird die Bundesregierung aufgefordert aktiv das UN-Treaty on transnational corporations and other business enterprises with      respect to human rights gemeinsam mit allen betroffenen Ministerien und der           Zivilgesellschaft zu unterstützen und sich substantiell an den Verhandlungen           beim Menschenrechtsrat in Genf zu beteiligen."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist entsprechend ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Zadić. – Frau Minister, Sie haben das Wort.