22.18

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung dieser EU-Richtlinie steht, wie so vieles dieser Tage, unter dem Eindruck der Coronakrise. Das Ziel ist, die Unternehmen vor finanziellen Schwierigkeiten zu retten, vor dem Konkurs zu retten.

Es ist keine spezifisch österreichische Idee, dies zu tun, aber Österreich profitiert beson­ders von diesem Gesetz. Schließlich ist Österreichs Wirtschaft gemessen am Ausmaß der Förderungen nicht so gut durch die Krise gekommen, denn 37 Milliarden Euro an Hilfen und 9 Prozent Budgetdefizit stehen einer Arbeitslosenrate von 10 Prozent und ei­nem Wirtschaftsrückgang von 6,6 Prozent gegenüber. Das heißt, viele Betriebe stehen vor dem Aus. Das betrifft im stärkeren Ausmaß Einzelunternehmer, die meist nicht die notwendigen Reserven haben, um die Krise gut zu überleben.

Es gab in den letzten beiden Jahren in etwa 16 300 Insolvenzen, und dazu kommen noch hausgemachte Probleme durch die Bundesregierung. Ich erinnere nur an die Miet­stundungen: Während der Krise ist es schmackhaft gemacht worden, nicht zu zahlen, später zu zahlen. Das wurde überfallsartig verlängert, und natürlich konnten die Men­schen, die durch ausfallende Mieten ins Strudeln gekommen sind, das dann mit 4 Pro­zent Zinsen, die sie noch dazu bezahlen mussten, nicht begleichen. In der Zwischenzeit waren auch die Vermieter verärgert, da ihre Einnahmen nicht konstant sprudelten. Jetzt, viel zu spät, gibt es den Hilfsfonds, diese Delogierungsprävention, worüber wir aber auch noch nichts Konkretes wissen.

Sie sehen, die Bundesregierung macht zu wenig, und das viel zu spät. Die Maßnahmen, die wir brauchen, werden erst unter Druck der EU vorgelegt und beschlossen.

Die derzeitigen Bestimmungen des Abschöpfungsverfahrens mit einer Dauer von fünf Jahren werden ergänzt. Jetzt soll es möglich sein, bereits nach drei Jahren schuldenfrei zu sein. Es gibt jährlich etwa 2 000 Abschöpfungsverfahren mit einer Dauer von fünf Jahren. In Zukunft wird damit gerechnet, dass es 25 Prozent der Fälle, somit 500 Verfah­ren, mit einer Dauer von drei Jahren geben wird. Diese Regelung gilt für Unternehmen und für Privatpersonen.

Es wäre aber nicht die türkis-grüne Bundesregierung, wenn ihr die Unternehmen nicht mehr am Herzen liegen würden als die arbeitende Bevölkerung. Daher soll diese Mög­lichkeit für die Privaten am 16. Juli 2026 wieder außer Kraft treten. Wir als SPÖ haben das scharf kritisiert, denn die arbeitende Bevölkerung ist nicht weniger wert als Betriebe und Selbstständige. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Hauptanliegen der Politik muss es gerade nach der Coronakrise sein, den beson­ders betroffenen Menschen wieder ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen, ein Leben ohne Angst davor, dass dauernd der Exekutor vor der Türe steht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fürlinger. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.