22.27

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Als ich vor 34 Jahren meine Rechtsanwaltskanzlei eröff­net habe, da hatten wir noch die Konkursordnung, da hatten wir noch die Ausgleichsord­nung, und ich habe in diesen Jahrzehnten einige Unternehmen abgewickelt, damals noch als sogenannter Masseverwalter. Da ist einfach das Schwergewicht immer darauf gelegen, die Gläubiger möglichst zu befriedigen, das Unternehmen zu zerschlagen, die vorhandenen Sachwerte zu versilbern, damit die Gläubiger dann eine Quote von, was weiß ich, 0,5, 2, 3 Prozent bekommen, mehr war es nicht. Der Ausgleich, das war etwas in Richtung Sanierung. Da hat man für den Zwangsausgleich 20 Prozent Mindestquote zustande bringen müssen. Das ist natürlich oft an bevorrechtigten Gläubigern geschei­tert.

Die Situation hat sich geändert. Wir haben da wirklich einen Kulturwandel erlebt, wahr­scheinlich auch durch den EU-Beitritt, und es ist dieses Element des unternehmerischen Scheiterns entschärft worden. Das war früher schon eine Blamage, man hat sich da nicht mehr so recht sehen lassen können, wenn man Konkursant war.

Vor 20 Jahren wurden die Konkursordnung und auch die Ausgleichsordnung durch die Insolvenzordnung ersetzt, und da wurden zum ersten Mal Ansätze dahin gehend getroffen, dass es eigentlich blöd ist, wenn man Unternehmen zerschlägt, die eigentlich gut funktionieren, aber aufgrund eines nicht vorhersehbaren Faktors, den man dem Un­ternehmer nicht vorwerfen kann, in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind.

Diese EU-Richtlinie, die wir heute mit diesem Gesetzesbeschluss in die neue Insolvenz­ordnung integrieren und zu der wir noch zusätzlich eine Restrukturierungsordnung in Kraft setzen, geht jetzt noch einen Schritt weiter. Das ist auch durchaus gut so. Es ist auch unter dem Aspekt, den Kollege Fürlinger schon angesprochen hat, sehr zu begrü­ßen, dass wir natürlich bei all diesen Entscheidungen immer auch an die andere Seite denken müssen, an die Gläubiger, die durch die Finger schauen. Die Erfahrung zeigt aber – und das ist durch Zahlen belegt, das ist evidenzbasiert –, dass auch die Gläubiger besser abschneiden, wenn Unternehmen nicht sofort zerschlagen werden, weil halt ein externer Faktor einen unternehmerischen Erfolg verhindert hat. Das muss eben nicht immer irgendwie damit zu tun haben, dass ein Unternehmer schlampig gearbeitet hat.

So gesehen begrüßen wir dieses vorliegende Gesetzespaket, allerdings sind wir schon der Meinung, dass noch viel mehr möglich gewesen wäre. Gerade in der Restrukturie­rungsordnung wäre es sehr zu begrüßen gewesen, wenn es möglich wäre, schon vor der Zahlungsunfähigkeit eine Restrukturierung einzuleiten. Es wäre sehr zu begrüßen gewesen, wenn man die Quote bei der Restrukturierung statt auf 75 Prozent auf 50 Pro­zent heruntersetzt.

Diesbezüglich möchte ich auch folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses 981 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Re­strukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unterneh­men geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsord­nung geändert werden, wird wie folgt geändert:

7. Abschnitt § 45 Abs. 3 Z 3 sollte lauten:

„3. eine Mehrheit von mindestens 50 % der Kapitalmehrheit zugestimmt hat und“

*****

Dann bringe ich noch einen weiteren Abänderungsantrag ein, und zwar hat sich nach dem Begutachtungsverfahren noch eine Änderung ergeben, die wir erst im Ausschuss mitbekommen haben. Dabei geht es um die Rechtsmittelmöglichkeiten. In der bestehen­den Insolvenzordnung ist vorgesehen, dass Rekurse, auch wenn sie von Gläubiger­schutzverbänden erhoben werden, rechtsanwaltspflichtig sind. Das ist aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen konnte, plötzlich geändert worden, sodass also nur mehr ein Revisionsrekurs, also nur mehr ein Rechtsmittel in der dritten Instanz, anwaltspflichtig wäre. Auch das finde ich nicht sachgerecht, weil sich zeigt, dass es gerade in diesen Materien sehr günstig ist und der Qualität der Entscheidungen guttut, wenn auch die Rechtsmittel von Rechtskundigen, sprich von Rechtsanwälten, verfasst werden.

Daher bringe ich folgenden weiteren Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage 950 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Re­strukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unterneh­men geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsord­nung geändert werden, wird wie folgt geändert:

Artikel 2 Z 10 entfällt.

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Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

22.33

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kol­legen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (950 d.B.): Bundesge­setz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Restruk­turierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRUG) (981 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Re­strukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unter­nehmen geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsord­nung geändert werden (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRUG) (950 d.B.) wird wie folgt geändert:

7. Abschnitt § 45 Abs. 3 Z 3 sollte lauten:

„3. eine Mehrheit von mindestens 50 % der Kapitalmehrheit zugestimmt hat und“

Begründung

Bei der Ausgestaltung der Restrukturierungspläne haben die Mitgliedstaaten bei der Um­setzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (RL (EU) 2019/1023) viel Spielraum. Im Fokus der Umsetzung der Richtlinie steht eine ausführliche Darlegung, warum mit den konkreten Maßnahmen (z.B. Umschuldungen, Schuldenerlasse, Verkauf von Assets etc.) eine Insolvenz abgewendet werden kann. Die Mitgliedstaaten können auch Regelungen einführen, die es Gläubigern und Restrukturierungsbeauftragten er­möglichen, selber Restrukturierungspläne auszuarbeiten.

Mit der im RIRUG vorgesehenen Umsetzung der Richtlinie bedarf es für das Zustande­kommen des Restrukturierungsplans einer Zustimmung zur Restrukturierungsvereinba­rung von mindestens 75% der Gesamtsumme der Forderungen in jeder Gläubigerklasse. Mit diesem Zustimmungserfordernis ist das Zustandekommen eines Restrukturierungs­planes zukünftig sehr unwahrscheinlich und ist vor dem Hintergrund des großen Spiel­raumes bei der Umsetzung der Richtlinie zu hoch angesetzt, weshalb gemäß § 45 Abs. 3 Z 3 RIRUG die Zustimmung von mindestens 50% der Kapitalmehrheit festgelegt werden soll.

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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (950 d.B.): Bundesge­setz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ein Bun­desgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen geschaffen wird sowie die Insol­venzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsordnung geändert werden (Restrukturie­rungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRUG) (981 d.B.) - TOP 30

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Re­strukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unter­nehmen geschaffen wird sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Rechtsanwaltstarifgesetz und die Exekutionsord­nung geändert werden (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRUG) (950 d.B.) wird wie folgt geändert:

Artikel 2 Z 10 entfällt.

Begründung

Die Regierungsvorlage zum Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungs­gesetz weist eine wesentliche Änderung auf, die im Begutachtungsentwurf noch nicht vorgesehen war. In § 192 IO soll das Wort „Rekurses“ durch „Revisionsrekurses“ ersetzt werden. Damit entfällt im Schuldenregulierungsverfahren bei Rechtsmitteln, die von ei­ner anerkannten Schuldenberatungsstelle erhoben werden, die Pflicht, diese mit der Un­terschrift einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts zu versehen.

In Rechtsmittelverfahren war aus guten Gründen bislang die qualifizierte Vertretung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt vorgesehen, die nun auf das Ver­fahren vor dem OGH beschränkt werden soll. Die NEOS sprechen sich gegen diese Abschwächung der Zugangsvoraussetzungen zum Rekursgericht aus und fordern, die fachlich kompetente Unterstützung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt im Rechtsmittelverfahren aufrecht zu erhalten.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abänderungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Zadić. – Bitte.