10.34

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich stehe heute vor Ihnen als Vertreterin der Bundesministerin Margarete Schramböck, die leider erkrankt ist.

Ich stehe heute aber auch als Europaministerin vor Ihnen, und ich sage Ihnen, ich freue mich, dass wir die Gelegenheit haben, hier im Hohen Haus über Standortpolitik Öster­reichs – auch innerhalb der Europäischen Union – zu sprechen.

Was ist denn die Grundlage für eine florierende Wirtschaft? – Die Grundlagen sind Frie­den, Stabilität und Nachhaltigkeit, und all das gewährt die Europäische Union auch Österreich. Seit dem Beitritt 1995 haben Österreich und auch Österreichs Wirtschaft enorm davon profitiert.

Der Binnenmarkt ist heute Entscheidungsgrundlage Nummer eins für viele Unterneh­men. Der Warenaustausch zwischen Graz und Palermo ist genauso selbstverständlich wie der Warenaustausch zwischen Eisenstadt und Innsbruck. (Abg. Stefan – erheitert –: Na früher nicht! Es hat ja keinen Verkehr gegeben in Italien!) All das wird durch die Grund­freiheiten der Europäischen Union gewährleistet.

Die Coronakrise hat uns deutlich vor Augen geführt, was es heißt, wenn Stabilität fehlt, wenn wir unsere Grundfreiheiten nicht leben können, wenn die Grenzen geschlossen werden und ganze Branchen geschlossen werden müssen – das führt dann nämlich zum Einsturz der Wirtschaft.

Umso wichtiger war es aus meiner Sicht, dass die Europäische Union Handlungs­fähig­keit bewiesen hat, als sie im Sommer letzten Jahres Next Generation EU, den Aufbau- und Resilienzfonds, beschlossen hat, nämlich mit 750 Milliarden Euro für den Aufbau nach der Coronakrise, zielgerichtet auf den digitalen und grünen Wandel. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das darf ich voller Stolz hier von der Regierungsbank aus sagen: Österreich war federführend und maßgeblich daran beteiligt, dass es ganz klare Parameter gibt, wohin das Geld fließt, damit es zum Besten für uns alle eingesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Das sollte man protokollieren für die Zukunft!)

Das Ziel muss es sein, jetzt wirklich alle Gelder abzuholen, nämlich alle Gelder, die Österreich zur Verfügung gestellt werden, aber – ich gehe darüber hinaus – auch alle Gelder, die österreichischen Unternehmen Möglichkeiten bieten, Innovation zu exportie­ren. Wir haben unglaublich viele Unternehmen, die hier einen wesentlichen Beitrag zu diesem grünen und digitalen Wandel leisten können.

Vor und nach der Krise gilt aber auch eines, und das sei mit aller Deutlichkeit gesagt: Die österreichische Wirtschaft floriert, sie hat starke Unternehmen und sie ist innovativ. Die gute Nachricht ist, und da kann ich an den Klubobmann Gust Wöginger anschließen: Die Volkswirtschaft wird in diesem Jahr weniger schrumpfen als befürchtet. Wir liegen 1,1 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Wir haben in der EU das fünfthöchste Wachstum gegenüber dem Vorquartal, und auch im nächsten Jahr werden wir eine gute Konjunk­turlage erleben.

Die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen. Es sind etwa 45 000 Personen noch in Corona­kurzarbeit, weniger als befürchtet. Wir sind besser durch die Krise gekommen als er­wartet, nämlich, und das sage ich in aller Deutlichkeit, dank der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, dank der Unternehmerinnen und Unternehmer.

Wenn jetzt angesichts steigender Infektionszahlen die Sorge immer größer wird, dann kann ich das nachvollziehen. Wir müssen diese Entwicklung aber jetzt gemeinsam stop­pen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich halte es für skandalös und gefährlich, wie die Politik der FPÖ hier vorgeht. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Hauser: Dann halten Sie sich einmal an die wissen­schaftlichen Fakten!) Daher wende ich mich auch ganz offen an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der FPÖ, und speziell auch an Ihren Klubobmann Herbert Kickl, der durch Verunsicherung auch Spaltung hervorruft. (Abg. Kickl: Ich glaube, Demokratie haben Sie nicht verstanden! – Ruf bei der FPÖ: Das ist nicht in der DNA ...!)

Sie gefährden die Gesundheit von Millionen Menschen, sehr geehrter Herr Klubobmann. Es ist eine Respektlosigkeit gegenüber denen, die im Gesundheitssystem seit fast zwei Jahren um jedes Menschenleben kämpfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, nehmen Sie zur Kenntnis: Es ist ein Faktum, dass rund 90 Prozent derer, die mit einem schweren Verlauf im Krankenhaus oder auf der Intensivstation landen, nicht geimpft sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Sie lügen!)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie gefährden auch die Existenz von vielen mittelständischen Betrieben, von Handwerkern und von Selbstständigen. Ich sage Ihnen ganz offen, ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, denn immerhin hat Ihr Klubobmann einmal Verantwortung für die Sicherheit in diesem Land getragen, nämlich als Innenminister.

Daher appelliere ich heute an dieser Stelle an alle Abgeordneten und insbesondere an den Klubobmann: Stellen Sie diese Störfeuer ab! Nehmen Sie Ihre staatspolitische Ver­antwortung auch als Oppositionspartei wahr und hören Sie auf, Unwahrheiten zu ver­breiten! (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wir brauchen den demokratischen Konsens.

Ich komme gerade aus Brüssel, wo gestern der Rat Allgemeine Angelegenheiten der Europaministerinnen und Europaminister tagte: Wissen Sie, wann es funktioniert, wann die Impfraten am höchsten sind? – Wenn alle Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, wenn insbesondere Politikerinnen und Politiker dafür eintreten, dass sich die Menschen impfen lassen, dafür eintreten, dass man ihnen die Ängste nimmt – nicht verunsichern, sondern informieren! (Abg. Kickl: Sie halten die Leute offenbar für blöd! – Abg. Rauch: Mittlerweile distanzieren sich schon die Künstler von Ihnen!) Eines sei auch ganz deutlich gesagt (Zwischenruf des Abg. Kickl): Nein, es ist keine Einschränkung der Freiheit, wenn man eine Impfung angeboten bekommt, sondern ganz im Gegenteil: Die Impfung gibt den Menschen die Freiheit wieder zurück. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Blödsinn!)

Wir als österreichische Bundesregierung stehen an der Seite der Unternehmerinnen und Unternehmer, wir stehen an der Seite der Selbstständigen, der Freiberufler, der Hand­werker. Wir werden alles daransetzen, dass dieser Aufschwung auch weitergeht. Dieser Aufschwung aber – das muss uns klar sein – ist kein Selbstläufer. Wir brauchen einen nachhaltigen und dauerhaften Aufschwung. Deshalb müssen wir jetzt auch inner­halb der Europäischen Union die Weichen in die richtige Richtung stellen (Abg. Deimek: Sie wollen uns jetzt nicht erzählen, dass Sie eine Weichenstellerin sind?!), damit Wachs­tum, Arbeit und auch Wohlstand zukünftig abgesichert sind. Genau deshalb bereitet die öster­reichische Bundesregierung unter Federführung von Bundesministerin Schramböck derzeit die österreichische Standortstrategie 2040 vor. Es geht um Wertschöpfungs­ket­ten der Zukunft und wir setzen auf die Zukunftsthemen, auch und insbesondere im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern Europas, mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes im Rahmen der Zukunftskonferenz.

Lassen Sie mich hier noch ein Beispiel für österreichische Innovation darstellen, das ich selbst erst vor zwei Wochen in der Steiermark erleben durfte! Dort hat nämlich die Firma Komptech GmbH ihren Sitz, ein Unternehmen, das nicht nur innovativ, sondern auch Teil des sogenannten Green Tech Clusters ist – in diesem Zusammenhang eine sehr positive Sache. Es ist nämlich ein Zusammenschluss von Unternehmen aus Kärnten und der Steiermark, die – und das muss man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen – 20 Prozent des weltweit gewonnenen Ökostroms durch ihre Technologien hervorbrin­gen. Das bestätigt, dass österreichische Unternehmen nicht nur Innovationskraft haben, sondern dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, diese Innovationskraft auch zu exportieren und die Chancen zu nützen, die durch das Next-Generation-EU-Programm und den -Fonds auf dem Tisch liegen.

Wir wollen nicht nur wachsen, wir wollen über uns hinauswachsen. Dafür ist es notwen­dig, gemeinsam auch im globalen Wettbewerb zu bestehen, Wohlstand und Wachstum durch eine Dynamik, die wir hier begonnen haben, abzusichern. Es ist notwendig, Euro­pa zu gestalten. Ich sage auch ganz deutlich: Standortpolitik in Österreich muss auch immer Standortpolitik in Europa sein. Die Konsequenz ist, dass wir über diesen öster­reichischen Standort in Europa diskutieren müssen. Tun wir das im Rahmen der Zukunftskonferenz! Nutzen wir die Chancen, die uns jetzt geboten werden!

Ich möchte mit einem Zitat der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das sie in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union genannt hat, schließen. (Abg. Rauch: Das zerstört die Rede komplett!) Sie hat nämlich gesagt: Unsere Europäische Union ist sowohl wunderschön einzigartig als auch einzigartig schön. – Zitatende. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Wie viel mehr gilt das für unser wunderbares Österreich, für das es sich lohnt, jeden Tag zu kämpfen, für das es sich lohnt, auch in wirtschaftlicher Hinsicht einzutreten und Störfeuer abzustellen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Kickl: Total unauthentisch!) Ich verspreche Ihnen, die österreichische Bundes­regierung wird jeden Tag zu 150 Prozent dafür eintreten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Aufgesetzt bis zum Gehtnichtmehr!)

10.43

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Niss. – Bitte sehr.