11.17

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich war mir bei den Reden der ÖVP-Kolleginnen und -Kollegen kurz nicht sicher, ob wir schon im Oberöster­reichischen Landtag sitzen oder jetzt tatsächlich die Europastunde im Nationalrat behandeln, denn so oft, wie Thomas Stelzer, Oberösterreich und mehr oder weniger die Wahlkampfleier der ÖVP Oberösterreich vorgelesen worden sind (Abg. Zarits: Ober­österreich ist auch Europa!), habe ich das schon nicht mehr ganz auseinandersortieren können.

Auch betreffend die TU Oberösterreich – ich glaube, der Kollege hat sogar eines ganz richtig gesagt –: Es gibt die FH Hagenberg, die FH Oberösterreich, die Johannes-Kepler-Universität, die wirklich Supersuperforschung und Lehrbetrieb haben: Stärken wir doch die, anstatt eine neue Technische Uni in Oberösterreich zu gründen! (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Die Johannes-Kepler-Universität und die FH Oberösterreich sind also wirklich Garanten für Forschungsleistung in Oberösterreich; zusätzlich eine Technische Uni, glaube ich, bräuchte es eigentlich nicht.

Eines möchte ich auch noch ganz kurz sagen: Alois Mock hätte bei der Einleitung wirklich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Wir und die anderen; es ging immer um: Wir und die anderen. Oberösterreich muss stärker als der Rest von Österreich sein, Österreich muss stärker als der Rest von Europa sein. – Das funktioniert so nicht! Wenn wir eine Europäische Union haben wollen, die auch wirklich zusammenhilft und mit der wir diese Pandemie auch besiegen, dann müssen wir zusammenstehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau das hat auch Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer zweiten Rede zur Lage der Europäischen Union betont: Es braucht den Zusammenhalt in Europa, es braucht mehr Zusammenhalt. Und sie hat auch das Ziel ausgerufen – keine rein öster­reichische Lösung wohlgemerkt –, den Standort zu stärken: innerhalb der Europäischen Union Dinge, Produktionen wieder zurückzuholen – Medikamentenproduktion, Hygiene­artikel et cetera –, um eben nicht nur von anderen Ländern auf dieser Welt abhängig zu sein. Und das ist ja grundsätzlich auch ein sinnvoller Vorschlag, denn – wir haben es schon von Kollegen Reimon gehört – neben der Abhängigkeit sind die Schattenseiten der Globalisierung schlechte Umweltstandards, schlechte Menschenrechtsstandards und Kinderrechtsverletzungen, und die darf man auf keinen Fall akzeptieren.

Deswegen: Ja zu einem Lieferkettengesetz! Unsere Vorschläge liegen sogar schon im österreichischen Parlament am Tisch – und was wäre wunderbarer, als diese tatsächlich diskutieren und vielleicht sogar beschließen zu können? (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zurück zur Solidarität – und da bin ich leider nicht einer Meinung mit der Kom­mis­sionspräsidentin –: Auch Österreich hat im letzten Jahr leider absolut die Ellbogen aus­gefahren, und diese Solidarität haben wir teilweise sehr schmerzlich vermisst. Die Ell­bogen haben insofern vor allem eines bedeutet: Europa ist schuld. Europa ist schuld bei der Impfstoffbestellung, Europa ist schuld bei der Maskenbestellung, Europa ist schuld, weil die Reisefreiheit nicht mehr funktioniert, Europa ist insgesamt schuld. – Das ist absolut polemisch, denn Europa ist nur so stark, wie die einzelnen Mitgliedstaaten eben auch mitarbeiten wollen – und die österreichische Bundesregierung war im letzten Jahr absolut nicht dafür bekannt, tatsächlich auch so stark mitarbeiten zu wollen.

Neben Europa ist für die ÖVP aber mittlerweile vor allem auch das Individuum schuld: Sie fordert Eigenverantwortung. Eigenverantwortung – ein aktuell wirklich extrem schwie­riges Schlüsselwort! Man hat verabsäumt, an die Menschen wirklich klare, auch ver­ständliche Botschaften auszusenden, und ich verstehe es absolut: Niemand kennt sich mehr aus, in welchem Geschäft jetzt welche Maske zu tragen ist. Man hat absolut verabsäumt, das klar zu kommunizieren. Vor dem Sommer hat es geheißen: Masken weg, braucht keiner mehr!, jetzt braucht man sie wieder sukzessive irgendwo ein bisschen und so weiter. Niemand kennt sich mehr aus, und das ist die Schuld der Bundesregie­rung! Genauso wie eine vernünftige und sinnvolle Impfaufklärung gefehlt hat, insbeson­dere beispielsweise auch für junge Frauen, bei denen die Skepsis durchaus vorhanden ist, und deswegen sehen wir uns jetzt mit einer vierten Welle konfrontiert.

Deshalb versucht die Bundesregierung beziehungsweise versuchen die Koalitionspar­teien, da auch auf die rational denkenden Oppositionsparteien zurückzugreifen und einen gemeinsamen Impfappell auszurichten. Das ist auch in Ordnung, wir bekennen uns ja auch dazu, dass man impfen gehen soll, dass man testen gehen soll, aber eigentlich ist die Schuld daran, dass es diesen parteiübergreifenden, schulterschlussartigen Impfap­pell braucht, jene der Bundesregierung, dass ihr niemand mehr glaubt und keiner sich mehr auskennt. (Beifall bei der SPÖ.)

Apropos Masken, eines ist auf jeden Fall erkennbar, wenn die ÖVP irgendwie vom Wirtschaftsstandort redet: Wir haben mittlerweile in fast jedem ÖVP-geführten Bun­desland einen Maskenskandal – Tirol, Hygiene Austria, jetzt Oberösterreich. Eines ist dabei klar: Aufträge für Freunderl, Freunderlfreunde und Freunderlfreunderlfreunde. Dazu aber mehr beim nächsten Tagesordnungspunkt, dem Bericht des Ibiza-Untersuchungs­ausschusses. Ich glaube, da gibt es ausreichend Zeit, darüber noch einmal zu disku­tieren und das zu reflektieren.

Abschließend: Wir werden auf jeden Fall die Bundesregierung auch bezüglich Wirt­schaftsstandort an ihren Taten messen, vor allem auch beim Umgang mit den Langzeit­arbeitslosen, wo auch die Eigenverantwortung nicht das Mittel zum Zweck, diese wieder ordentlich in Beschäftigung zu kriegen, sein kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.22

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Axel Kassegger, Sie sind zu Wort ge­meldet. – Bitte.