13.30

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte sehr versöhnlich beginnen und Ihnen sagen: Seien Sie doch froh, dass es parlamentarische Kontrolle gibt, die hoffentlich relativ schnell Skandale aufdeckt! Wenn es länger dauert, kommt viel­leicht noch viel mehr dazu und es ist dann noch schlimmer für Sie.

Zweitens möchte ich die Kolleginnen und Kollegen der ÖVP ganz persönlich fragen: Glauben Sie, jeder und jede Einzelne von Ihnen gehört zur Familie? (Zwischenrufe der Abgeordneten Sieber und Michael Hammer.) Wir haben sehr viel erfahren: Für die Familie – Kurz, Blümel, Schmid, das kleine Umfeld – wird alles gemacht. Es gehören noch ein paar dazu. (Abg. Sieber: Familie ...!) Glauben Sie, dass Sie da alle dazuge­hören, dass für Sie auch eigene Jobs geschaffen werden, dass Sie sich selber etwas ausschreiben dürfen? Oder wird möglicherweise der eine oder andere von Ihnen ver­wendet? (Abg. Michael Hammer: ... OMV! – Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Sie brauchen mir keine Antwort zu geben, aber denken Sie einmal darüber nach!

Was mich in diesem Ausschuss am meisten bedrückt hat - - (Abg. Michael Hammer: Ihre OMV-Familie!) – Wer mit gestohlenen Daten agiert, sollte den Mund halten, Herr Kollege, danke schön! (Abg. Taschner: Ich bitte Sie! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was mich im Ausschuss am meisten bedrückt hat, waren die verschiedenen Sittenbilder, die gezeichnet wurden. Auch da habe ich einen kleinen Tipp: Lesen Sie – Sie können es ja heimlich machen, das müssen Sie nicht weitersagen – den Mitterlehner! (Der Red­ner hält das Buch „Haltung: Flagge zeigen in Leben und Politik“ von Reinhold Mitterlehner in die Höhe.) Lesen Sie sich nicht nur das Buch durch, sondern auch die Vernehmung von Reinhold Mitterlehner. (Zwischenruf des Abg. Gahr.) Das, was er erzählt hat, war ein einziges Sittenbild. Er hat erzählt – und ich kann das hier zitieren –: Herr Kurz hat immer Umfragen gemacht, ich weiß nicht, wer sie bezahlt hat. Das heißt, da sind Umfragen gemacht worden, mit diesen ist er in den Parteivorstand gegangen, der Parteivorsitzende hat sie nicht bezahlt. Er sagt das ganz deutlich.

Noch etwas, Sittenbild Nummer zwei: Es ging fast immer nur um Geld. (Abg. Michael Hammer: Bei Ihnen vielleicht!) Jetzt wissen wir: Im 2017er-Wahlkampf haben Sie doppelt so viel ausgegeben, wie Sie durften. Im ganzen Projekt Ballhausplatz ging es um Geld, Geld, Geld und nicht darum, irgendetwas zu verändern. Sparen im System, haben Sie uns erzählt. – Nein, es ging immer nur um Geld. (Abg. Michael Hammer: Da redet der Richtige!) „Ich habe“ das „Budget um 35 Prozent erhöht“, hat Herr Schmid an Blümel geschrieben. „Kurz kann [...] Geld scheißen.“ Das haben wir alles gelesen. Das sind keine privaten Chats. Nein, nein, das hat er öffentlich geschrieben – also öffentlich, halböffentlich halt –, und was hat Herr Blümel zurückgeschrieben? „Mitterlehner spielt keine Rolle mehr“, der soll sich ruhig ärgern. So ist es zugegangen. Das war das Sittenbild. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sittenbild Nummer drei: Wer anderer Meinung ist, wird fertiggemacht. Da möchte ich einen Zusammenhang aufzeigen, Kollege Krainer hat ja schon von diesen Kirchenchats gesprochen. Also Schmid schreibt über den Kirchenmann Schipka: „Er war [...] rot [...] blass [...] Er bot mir Schnaps an“, in der Fastenzeit wurde es abgelehnt, und so weiter. Dieser Chat von Schmid an Kurz ist von 17.52 Uhr. Vorher hat es geheißen: Vollgas geben! Dann um 17.52 Uhr: Ich habe den Burschen fertiggemacht! Um 18.16 Uhr schreibt Herr Kurz zurück: „Kriegst eh alles was du willst“.

Wenn du also einen Kirchenmann oder sonst jemanden, der gegen uns ist, fertigmachst, dann kriegst du „alles, was du willst“. Das ist das Sittenbild Nummer drei. Da hilft das Stehen mit dem Steireranzug bei der Gnadenmutter gar nichts. Die wird das nicht entschuldigen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Sieber: Ein Wort zum „Kurier“ noch! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Pöttinger und Sieber.)

Ich möchte zum Sittenbild Nummer vier kommen, das ist die Herabwürdigung des Parlaments. Auch das hat mich getroffen. So mancher Junge hat ja keine Ahnung von der österreichischen Geschichte und davon, was mit dem österreichischen Parlament einmal passiert ist. (Ruf bei der ÖVP: Überheblich!) Die Art und Weise, die wir hier erlebt haben, wie das Parlament herabgewürdigt wurde, wie Kabinettsmitarbeiter bei der Aus­sage einfach gesagt haben: Ich weiß nicht, ich kann mich nicht erinnern!, immer wieder dasselbe gesagt haben (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), ist eine üble Herab­würdigung.

Was hat Herr Kurz selbst gemacht? – Er hat im Ausschuss natürlich die Unwahrheit gesagt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Sieber und Zarits.) Es ist ja nachgewiesen, dass er alles über die Besetzung Schmids wusste, obwohl er dort gesagt hat, er habe das so am Rand mitbekommen. Ich, weil ich ein hilfsbereiter Mensch bin, habe sogar unterbrochen, habe gesagt: Vorsicht, er sagt die Unwahrheit! Er hat aber weiter die Unwahrheit gesagt. Ich konnte ihm also nicht einmal helfen.

Draußen hat er dann freundlich mit den Journalisten geplaudert, und ein paar Wochen später hat es geheißen: Es war eine schreckliche Vernehmung! – Ich kann nur allen raten, das auf der Parlamentswebsite nachzulesen. Die erste Vernehmung des Herrn Kurz war ein ganz normales Hin und Her, da wurden Fragen gestellt, Fragen beant­wortet. Da war keine ungute Stimmung, überhaupt nicht. Auch in diesem Punkt ist die Unwahrheit gesagt worden. (Abg. Gerstl: Selbstverleugner! – Abg. Sieber: ... verzerrte Wahrnehmung! – Abg. Michael Hammer: Es ist ja immer, wenn Sie dabei sind, ungut!)

Ein weiteres Sittenbild ist der Verfassungsbruch, der stattgefunden hat. Wenn ein Be­amter erklärt: Was der Minister sagt, ist wurscht, das entscheiden wir in der Partei und der Minister hat das umzusetzen!, dann ist der laut Verfassung beauftragte verant­wortliche Bundesminister entmachtet. Das ist ein Verfassungsbruch, und das haben wir auch erlebt.

Das Nächste ist die Bedrohung der Justiz. Ich zitiere die „Frankfurter Allgemeine Zei­tung“: Kurz rückt Staatsanwälte in die Nähe von Pädophilen. Das müssen Ausländer, müssen Deutsche über Österreich lesen, wie der österreichische Bundeskanzler mit der österreichischen Justiz umgeht. Das wollen wir doch nicht! Wir wollen Kontrolle.

Wir sehen in Wien, was passiert: Die NEOS kommen in die Regierung und machen mehr Kontrolle als vorher. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: So ein Blödsinn! Jetzt haben Sie erst wieder nicht „Kurier“ und OMV gesagt! – Abg. Gerstl: OMV! – Zwischenrufe der Abgeordneten Stögmüller und Zarits.) Ich kann mir vorstellen, dass die SPÖ damit nicht ganz glücklich war, aber es passiert; deswegen komme ich darauf zurück. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Seien Sie doch froh, wenn es Kontrolle gibt!

Ich habe heute schon von China gesprochen. Nicht alles, was Deng Xiaoping gesagt hat - - (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Die Nervosität, ich weiß, die Nervosität! (Neuer­liche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Nervosität! (Abg. Michael Hammer: ... Dreck am Stecken!)

Deswegen wollte ich zum Schluss - - Hören Sie zu! Ich will ja, dass Sie gescheiter werden! – Was hat Deng Xiaoping gesagt? – „Die Wahrheit in den Tatsachen suchen“! Wir haben leider sehr viele Tatsachen und ein schreckliches Sittenbild aufgedeckt. Wie gesagt, Reinhold Mitterlehner (das genannte Buch neuerlich in die Höhe haltend) hat es erlebt. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Überlegen Sie sich: Sind Sie Familie oder werden Sie verwendet, so wie es leider in diesen Chats aufgetaucht ist? (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Alles Gute! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Ein Mitleidsapplaus für die NEOS!)

13.36

Präsident Ing. Norbert Hofer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.