13.47

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Ibiza-Ausschuss liegt also hinter uns, und damit un­zählige Stunden des Befragens und des Aktenstudiums.

Zurück bleibt bei mir und bei vielen anderen ein schaler Nachgeschmack, was den Hergang der Ermittlungen zum Video betrifft. Am Beginn stand also dieses Video, das von langer Hand geplant war und das zum Ziel hatte, eine stark aufsteigende FPÖ un­schädlich zu machen oder gar zu vernichten. Auch eine Gewinnerzielungsabsicht war ein wesentlicher Antrieb der Organisatoren, Anwalt M. und seinem Adlatus H.

Vom gestreuten Gerücht über das zivilgesellschaftliche Projekt blieb nach den Befra­gungen nicht mehr allzu viel übrig. Es wäre ohnehin wenig schlüssig gewesen, denn hätte man das gewollt, hätte man das Video gleich veröffentlichen können. Drei Monate Zeit wären bis zur Wahl noch gewesen, Zeit genug also für einen Skandal. Aus heutiger Sicht ist eher wahrscheinlich, dass der Preis nicht gestimmt hat, und daher blieb das Video vorerst unter Verschluss.

Am 17. Mai 2019 platzte dann die Bombe, wie auch am Terminkalender des Herrn Bun­despräsidenten richtig vermerkt war. Die Frage, was zwischen der Aufnahme und der Veröffentlichung des Videos geschah, konnte letzten Endes nicht vollständig geklärt werden. Wir wissen aber, dass der SPÖ der Preis fürs Video offenbar zu hoch war, denn schlechte Wahlergebnisse hinterlassen auch in den Kassen ihre Spuren. Wir wissen ferner, dass das Video einem Vertrauten von Hans Peter Haselsteiner vorgeführt wurde. Auch da lässt sich kein Nachweis erbringen, dass Interesse daran bestand.

Über ein Verkaufsangebot an die ÖVP wissen wir nichts. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Merkwürdig erscheint nur, dass die ÖVP dieses Mal nicht als potenzieller Kunde von Anwalt M. erkannt wurde, zumal er der ÖVP schon 2014 ein Haarbüschel von Strache angeboten hatte, das einen Drogenkonsum hätte nachweisen sollen. (Abg. Hörl: Am Ende war der Strache gar nicht in Ibiza!)

Kommen wir aber zurück zum 17. Mai 2019: Bombe geplatzt, und bald darauf war das auch die damalige Regierung. Bereits am 22. Mai erwächst im Bundeskanzleramt der dringende Wunsch, fünf Festplatten aus dem Haus außerhalb des herkömmlichen Verfahrens zu vernichten und die gespeicherten Daten unbrauchbar zu machen. Es sind, so sagt Dr. P. aus dem Kanzleramt, Festplatten von Multifunktionsdruckern. Es waren exakt drei Festplatten der Marke Toshiba und zwei Stück HGST. Auffällig ist, dass alle Festplatten von baugleichen Druckern stammen sollen, aber sowohl vom Speicher­volumen als auch von der Materialstärke her unterschiedlich sind. Die HGST-Festplatten sind wesentlich schlanker und werden an sich in Notebooks verbaut; unter anderem baut Dell solche Notebooks.

Der Umstand, dass solche schlanken Festplatten laut Hersteller auch in Multifunk­tions­druckern funktionieren würden, beweist nicht, wie die ÖVP in ihrem Bericht sagt, dass sie auch aus diesen Druckern stammen. Dass sie funktionieren, heißt eigentlich nur, dass man sie dort auch anschließen kann. Oder anders erklärt: Ein Ladegerät für ein Samsung-Telefon können Sie auch an ein anderes Telefon anschließen, es funktioniert ganz einfach. Das, was der Hersteller gesagt hat, heißt nicht mehr und nicht weniger.

Aber weiter: Schon am 23. Mai eilt ein junger Mitarbeiter des Kanzleramts unter falschem Namen in der Hoffnung zur Firma Reisswolf, dass die Firma Reisswolf ihrem Namen gerecht wird. Er benimmt sich laut Zeugen mehr als ungewöhnlich und verlangt, dass die fünf Festplatten nicht nur geschreddert, sondern geradezu pulverisiert werden. Da­nach eilt er von dannen, vergisst jedoch zu zahlen. Deshalb erstattet die Firma Reisswolf zwei Monate später, da sie diesen Mann an der Seite von Kanzler Kurz auf einem Video wiedererkennt, Anzeige. Die inzwischen gegründete Soko Tape nimmt sich im Auftrag der WKStA der Sache an. Der Reisswolf wird befragt (Abg. Michael Hammer: Der Reiss­wolf oder der Mitarbeiter?), und kurz darauf wird der Mitarbeiter Arno M. ausge­forscht.

Die WKStA erkennt den zeitlichen Konnex zwischen dem Erscheinen des Videos und der eiligen Schredderei, und da die Schredderhandlung vom Mitarbeiter des Kanzler­amts mittels Handy gefilmt wurde, wird von der Soko richtig erkannt, dass das Telefon eventuell Beweismittel sein könnte. Die Staatsanwältin der WKStA stimmt dem zu und es wird eine freiwillige Nachschau beschlossen, um der ganzen Sache nachzugehen. Es erfolgt keine schriftliche Anordnung zur Hausdurchsuchung, das hätte zu lange gedauert, die Medien waren bereits auf der Spur, die Zeit war nicht da – ist auch nicht ungewöhnlich in der polizeilichen Praxis.

In aller Eile wird der Mitarbeiter in der ÖVP-Zentrale lokalisiert und er stimmt der Nach­schau zu. Was wird gesucht? – Datenträger wie das Telefon oder das Notebook, das man aber in der ÖVP-Zentrale gleich liegen lässt. In der Wohnung wird dem Schredderer das Telefon abverlangt. Die Soko Tape hat das Telefon nun in ihren Händen. Das Ziel der freiwilligen Nachschau wäre eigentlich erreicht, aber was macht man damit? – Man macht gar nichts damit, es geht ungeöffnet an Arno M. zurück. Man scheint plötzlich den Grund der freiwilligen Nachschau vergessen zu haben. Auch das Notebook wird gar nicht mehr eingeholt.

Die Staatsanwältin der WKStA kann den Bericht über die Nachschau kaum fassen und fragt sich, warum keine Sicherstellung erfolgt sei, denn das war ja schließlich der Grund der Nachschau. Der Beamte hat uns diesbezüglich im Ausschuss gesagt, dass – sinn­gemäß – ohne Auftrag bei ihnen nichts geht. Aber warum man sich den Auftrag nicht auch telefonisch eingeholt hat, und das hätte man können, darüber konnte er uns nicht Aufschluss geben.

Die WKStA wird dann unwirsch und gibt eine schriftliche Anordnung heraus, die aber nicht mehr zum Vollzug kommt, denn es ist zu spät, der Akt wird der WKStA entzogen und der StA Wien zugeteilt. Die StA Wien nimmt dann weder eine Einvernahme vor noch lässt sie irgendetwas sicherstellen. Man begnügt sich mit einer oberflächlichen Stellung­nahme des Bundeskanzleramts, und die Ermittlungen werden eingestellt.

Werte Damen und Herren, wenn auch Sie den Kopf darüber schütteln, dann verstehe ich das, mir geht es ebenso. (Beifall bei der FPÖ.)

13.54

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.