10.31

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werter Herr Finanzminister! Ihre Budgetrede gestern war besser als das, was wir dann im Budget vorgelegt bekommen haben, möchte ich zu Beginn sagen. (Abg. Ottenschläger: Noch besser!) Ich glaube, Sie wissen das auch selbst, denn Sie haben da ganz groß Zukunft draufgeschrieben, aber die Zukunft fehlt, sie fehlt wirklich in diesem Paket. Es ist einfach nicht das drinnen, was draufsteht.

Es ist ein Budget, das wieder auf Kosten der nachfolgenden Generationen gehen wird. Es ist ein Schuldenrucksack, den Sie hinterlassen und der über die nächsten drei Jahre wachsen wird, und Sie tun das, obwohl wir eigentlich ein wirklich gutes Wirtschafts­wachstum haben und obwohl wir immer noch in diesem sehr niedrigen Zinsumfeld sind. Das hätte man nützen müssen. Das wäre eine ganz, ganz wichtige Chance für einen Neustart gewesen. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

Wir wissen auch, dass Österreich wegen des erratischen Krisenmanagements – auch von Ihrer Hand – schlechter als viele andere Länder durch die Krise gekommen ist. Jetzt wird gleich wieder kommen: Das ist alles nicht richtig! – Dann lesen Sie doch bitte einfach die internationalen Studien, die Fakten zeigen Ihnen das! (Beifall bei den NEOS.)

Ein paar Kennzahlen dazu: Der Wirtschaftsabschwung in Schweden machte 2,8 Prozent aus, in der Schweiz waren es 2,9 Prozent, in Österreich 6,7 Prozent, obwohl wir mit 56 Milliarden Euro in Relation sehr viel mehr an Steuergeld ausgegeben haben als ver­gleichbare andere Länder. Das ist es, wie die Krise bekämpft worden ist. Dann sieht man auch: Die Schweiz plant für 2022 bereits einen Haushaltsüberschuss. Sie, Herr Finanz­minister, planen Defizite bis 2025.

Anstatt eines Neustarts, den wir hier alle erwartet hätten, sehen wir das Comeback einer gewohnt uninspirierten Haushaltsplanung. Das ist es, was wir sehen. Es ist ein Reform­stau. Es ist ein Reformstau, der der zukünftigen Generation budgetär wirklich die Luft zum Atmen nimmt, und auf diese angeblich größte Steuerreform werde ich auch noch zu sprechen kommen.

Ich möchte aber mit dem Reformstau anfangen, weil mir das wirklich am Herzen liegt. Wir haben hier schon sehr, sehr vieles vorgeschlagen. Was wir für die Menschen in diesem Land besonders wichtig finden würden, ist zum Beispiel ein entsprechender Umgang mit dem Föderalismus. Wir geben wirklich ganz, ganz viel Geld für die falschen Dinge aus, weil Sie es nicht schaffen, Aufgaben-, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene zusammenzuführen und den Finanz­aus­gleich dementsprechend zu entflechten. Das ist in der Krise besonders deutlich gewor­den. (Beifall bei den NEOS.)

Ein Bild, das das, wie ich glaube, sehr gut zeigt – erinnern Sie sich daran zurück! –: Der oberösterreichische Landeshauptmann Stelzer hat sich Masken mit einer eigenen Maschine aus China einfliegen lassen, verbunden mit schönen Bildern, gezeichnet auf Steuerkosten.

Stichwort Pensionen: Wir haben an sich ein Pensionsversicherungssystem in diesem Land, aber ein Drittel des Bundeshaushalts sind inzwischen Zuschüsse für die Pen­sionen. Sie müssen endlich den Kopf aus dem Sand ziehen und eine Pensionsreform durchführen. Es geht darum, dass man das faktische Pensionsalter an die Gott sei Dank gestiegene Lebenserwartung anpasst. Ich möchte nur ein Beispiel dazu nennen: 2022 zahlen wir für Beamtenpensionen mehr, als insgesamt für die Bildung ausgegeben wird. Das passt einfach nicht mehr zusammen, meine Damen und Herren, da muss man endlich etwas tun. (Beifall bei den NEOS.)

Bleiben wir noch kurz bei der Bildung: Die Schweiz investiert 16,5 Prozent ihres Staats­haushaltes in die Zukunft ihrer Kinder. In Österreich sind es 9,2 Prozent, und das Plus, das es im Budget 2022 bei der Bildung gibt, deckt gerade einmal die Coronatests und die Gehaltserhöhung der Lehrer ab.

Jetzt möchte ich zur größten Steuerreform aller Zeiten kommen: Dass diese Superlative nicht angebracht sind, obwohl Sie sie hier so vehement verteidigen, haben, glaube ich, gestern schon sehr viele Ökonomen gesagt, und man konnte es gut in den Zeitungen nachlesen. In den Reihen der FPÖ nickt man dazu.

Viele Kritikpunkte, die wir gestern angebracht haben, wurden auch übernommen. Ein Punkt, der mir wirklich wichtig ist, in Richtung Kollegen Schwarz, der glaubt, die Abschaf­fung der kalten Progression sei nicht notwendig, weil man dann nichts mehr umverteilen kann: Ich finde es wirklich absurd, das zu sagen! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) – Ja dann braucht es eben Reformen, damit man Gelder wieder ausgeben kann. Das heißt doch nicht, dass man Menschen das Geld aus Tasche zieht (Abg. Jakob Schwarz: Wer macht ...?), damit man es nachher wieder verteilt. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist wirklich unpackbar! So viel Wissen über volkswirtschaftliche Zusammenhänge hätte ich Ihnen ehrlich gesagt schon zugetraut. Die Zahlen dazu: Den arbeitenden Menschen bleibt nach der Reform in unserem Land im EU-Vergleich am drittwenigsten von ihrem hart verdienten Geld – am drittwenigsten, nach dieser Reform! Das ist das, was rauskommt. (Beifall bei den NEOS.)

Vielleicht noch zur ÖVP, die offenbar die kalte Progression nicht richtig berechnen kann: Kollege Obernosterer hat gesagt, das bringe ja nur 500 Millionen Euro. Ja, im ersten Jahr, und dann potenziert es sich. Bis zum Jahr 2025 sind das 4,5 bis 5 Milliarden Euro Entlastung, die man hätte geben können, meine Damen und Herren. Das ist doch wirklich unpackbar! (Beifall bei den NEOS.)

Das nennt sich Wirtschaftspartei. Dazu hätten wir auch noch die Unternehmer und Unternehmerinnen entlasten können. Ich sage es gleich: Wir finden die Senkung der KöSt gut, auch da sind wir im oberen Spitzenfeld, das finden wir in Ordnung. Was aber fehlt, was schmerzhaft fehlt, was die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land wirklich brauchen, ist die Senkung der Lohnnebenkosten.

Noch ganz kurz zum CO2-Preis: Ich verstehe, dass die Grünen diese 30 Euro, die wirklich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind, tapfer nach außen verteidigen müssen. Ihre Begründung vorhin, Kollege Schwarz, tut mir aber wirklich weh. Das ist ja, als ob, ich weiß nicht - - Mein Kollege Matthias Strolz hätte gesagt: Sie reiten da ein totes Pferd. (Beifall bei den NEOS.)

Mit 30 Euro kommen Sie überhaupt nirgends hin. Das lenkt nicht, und das wird gar nichts bringen. Unser Modell ist das ambitioniertere. Ich sage Ihnen aber: Die Wählerinnen und Wähler werden sich merken, was Sie da machen. (Rufe bei den Grünen: Ihr hättet alle anderen Umweltsteuern abgeschafft, Karin! Keine NoVA! Wie ambitioniert ist keine NoVA?) Sie geben wirklich den grünen Weg auf. Es ist Ihre Entscheidung.

Was mich wirklich wütend macht, meine Damen und Herren – ich sage es Ihnen noch einmal –: Nach dem Studium der Akten der WKStA wissen wir, dass zwei ganz, ganz große Brocken eigentlich schon hätten abgeschafft werden sollen. Die Abschaffung der kalten Progression hätte den Menschen nämlich wirklich geholfen – das war schon im Programm 2017, und es war ausverhandelt – oder auch die Gratiskinderbetreuung am Nachmittag, wenn damals nicht diese grüne Prätorianergarde – Entschuldigung, die türkise, muss ich sagen (Ruf bei den NEOS: Das hätte auch gestimmt!), ich war gerade bei den Grünen, aber es sind die Türkisen gewesen –, diese türkise Prätorianergarde das verhindert hätte. Warum haben sie es verhindert? – Sie haben es verhindert, um die Macht zu übernehmen, nicht um den Menschen in diesem Lande irgendetwas Gutes zu tun. Das war das Einzige, was wichtig war: die Machtübernahme in diesem System.

Wir hätten Ihnen gestern die Chance gegeben, das auszubessern, Herr Finanzminister, da spreche ich Sie persönlich an. Wir hätten Ihnen gestern eine Chance gegeben, zumindest ein wenig Vertrauen bei den Menschen wieder aufzubauen. Zwei Anträge zur Abschaffung der kalten Progression und einen Antrag für die Gratiskinderbetreuung haben Sie vom Tisch gewischt. Schwarz/Türkis-Grün hat das alles vom Tisch gewischt. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben in den letzten Tagen viel über Vertrauen gesprochen, meine Damen und Herren. Ich kann nur sagen: Herr Finanzminister, ich persönlich bin enttäuscht, ich bin wirklich enttäuscht, und mein Vertrauen in Sie und Ihren Willen, Reformen für die Men­schen in diesem Land umzusetzen, ist erschüttert. (Beifall bei den NEOS.)

10.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte sehr.