10.20

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es ist erschütternd, es ist inakzeptabel, es ist bestürzend, dass wir gerade auch in den letzten beiden Tagen wieder zwei Frauenmorde zu beklagen haben – darüber sind wir einer Meinung –, und mehr als das, es sind, finde ich, brutale, grausame Verbrechen, die in unserer Gesellschaft einfach keinen Platz haben. Es raubt einem den Atem, diese Brutalität ist etwas, das fernab jeder Vorstellungsmöglichkeit ist, wenn wir etwa an den Mord an einer Trafikantin denken, die von ihrem Ex-Partner mit Benzin übergossen und angezündet wurde, oder wenn wir an die ermordete junge Frau denken, die mit einem Base­ball­schläger zu Tode geprügelt wurde.

Das sind alles unfassbare, unbeschreibliche Taten, die wir mit der vollen Härte des Gesetzes bestrafen müssen, und ja, wir müssen alles tun, damit wir das verhindern können. Die Frauen werden meist von ihrem Partner, von ihrem Ex-Partner ermordet. Es gibt oft ein familiäres Naheverhältnis, ja oft ein Abhängigkeitsverhältnis, in dem sich die Frauen befinden. Das ist natürlich auch der Grund, weshalb es oft schwer Zugang – Zugang von der Politik, Zugang von der Öffentlichkeit – gibt. Es ist traurige Realität und es ist schwierig, dies auszusprechen, aber wir werden mit einer Maßnahme, einer ein­zelnen Maßnahme, die wir hier beschließen, nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ver­hindern können, dass es zu Frauenmorden kommt. Wenngleich das die traurige Realität ist, so heißt das jedoch nicht, dass wir machtlos sind, es heißt nicht, dass wir nichts tun sollen, ganz im Gegenteil: Wir sind alle gefragt, wenn es um den Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt geht – wir in der Politik, aber natürlich genauso wir als Menschen draußen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn wir nämlich im Umfeld feststellen, dass Gewalt in einer Familie stattfindet, wenn es Anzeichen dafür gibt, wenn ein Lehrer oder eine Lehrerin, ein Arzt oder eine Ärztin Hinweise in diese Richtung wahrnimmt, wenn sich Freundinnen oder sonstige Frauen uns anvertrauen, dann ist Zivilcourage gefragt, dann müssen wir hinsehen. Gewalt, auch in der Familie, darf niemals ein Tabuthema sein, das geht uns zu jedem Zeitpunkt alle an! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und bei den Grünen.)

Natürlich müssen auch wir in der Politik alles tun, und das tun wir. Ich als Frauen­ministerin, die Justizministerin, der Innenminister, der Gesundheitsminister, wir alle tun unser Möglichstes, wir alle haben ein gemeinsames prioritäres Anliegen, wenn es um den Gewaltschutz und wenn es um den Opferschutz geht.

Sehr geehrte Damen und Herren, jeder Frauenmord ist einer zu viel. Jede Frau, die Opfer von Gewalt wurde, ist ein Opfer zu viel. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, was ich gestern bereits gesagt habe: Die Gewaltprävention, der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt ist uns in der Bundesregierung ein ganz zentrales Anliegen, und das spiegelt auch das diesjährige Budget wider, das spiegelt auch unser gemeinsames Gewaltschutzpaket wider. Wir haben das Frauenbudget in den letzten beiden Jahren um 81 Prozent erhöht, genau mit dieser Prämisse, nämlich zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Auf dieses Rekordbudget können wir auch stolz sein, und es ist mir wirklich wichtig, Folgendes zu sagen: Wenn hier immer diejenigen ihre Stimme erheben, die die Leis­tungen kleinreden, die sagen, wir haben keinen Platz in den Frauenhäusern, es gibt nicht ausreichend Ressourcen in den Gewaltschutzzentren, es gibt nicht ausreichend Res­sourcen in der Frauenhelpline, in den Frauenberatungsstellen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), dann schüren sie damit die Unsicherheit von Frauen und Mädchen, denn es ist wichtig, dass wir jeder Frau und jedem Mädchen in Österreich sagen, dass es einen Zufluchtsort gibt, dass es in Österreich ein Sicherheitsnetz gibt. Ich würde Sie daher bitten, diese falschen Angaben nicht zu verbreiten, denn wir müssen hier eines tun, nämlich den Frauen und Mädchen Sicherheit vermitteln, dass sie in Österreich nicht alleine sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, wir brauchen ausreichend Mittel für den Gewaltschutz – das ist Ihnen genauso ein Anliegen wie mir, wie uns in der Bundesregierung. Wir haben daher dieses Maßnah­menpaket im Umfang von über 24,6 Millionen Euro geschnürt und konnten so der Forderung nach mehr Budget für den Gewaltschutz auch ressortübergreifend gerecht werden, und das ist auch wichtig. Das ist eine Aufgabe, die unterschiedliche Ministerien betrifft, und ich möchte an die anderen Ressorts, an die Ministerkolleginnen und -kollegen auch ein Dankeschön für die Zusammenarbeit aussprechen.

Die finanziellen Zusatzmittel sind unter anderem für die Erweiterung des Unterstüt­zungs­angebotes in die Gewaltschutzzentren geflossen. Wir konnten mit diesen Budget­erhö­hungen eine Erhöhung bei den Gewaltschutzkapazitäten von bis zu 50 Prozent erreichen, und natürlich werden sie damit auch zusätzlichen Anforderungen gerecht, wie der umfas­senden Nachbetreuung von Opfern und der Beratung speziell beispielsweise in puncto Cybergewalt, neuer Formen von Gewalt, mit denen Frauen in Österreich konfrontiert sind.

Ja, wir haben auch die Kapazitäten der Frauenhelpline erhöht, und ja, wir haben auch jene der Mädchen- und Frauenberatungsstellen erhöht, und ja, wir haben auch die Anzahl an sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen erhöht, und ja, wir sind in einem ständigen Dialog. Wir werden schon nächste Woche am 23. November wieder einen Gewaltschutzgipfel abhalten, der Innenminister und ich, wo wir, die Zivilgesellschaft und die Expertinnen und Experten für den gemeinsamen Schulterschluss im Kampf gegen Gewalt zusammenfinden.

Ich durfte in den letzten beiden Jahren zwei umfassende Förderaufrufe für Projektmaß­nahmen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen starten. Diese Projektarbeit, die durch die zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgeführt wird, ist unfassbar wichtig. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen vor Ort – in den Gewaltschutzzentren, in den Frauen- und Mädchen­beratungsstellen, in der Frauenhelpline, in allen Familienberatungsstellen –, die so wichtige Arbeit für die Familien und zum Schutz von Frauen und Mädchen leisten! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Kommende Woche starten die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, und auch diese Zeit werden wir wieder nutzen, um auf dieses so wichtige Thema aufmerksam zu machen. Es findet wie gesagt die Auftaktveranstaltung, der Gewaltschutzgipfel, am 23. November statt, aber wir haben auch eine umfassende Informationskampagne geplant, die diese 16 Tage begleiten wird. Wir informieren breit in den Tages- und Regionalzeitungen über Telefonnummern der Gewaltschutzzentren, der Frauenhelpline, der Polizei, und diese Sujets sind derzeit auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Infoscreens zu sehen.

Wichtig ist mir, dass wir mit dieser Sensibilisierungskampagne generell, aber natürlich besonders in Zeiten des Lockdowns, wo wiederum sozusagen das Brennglas auf die Gewaltthematik gerichtet wird, so viele Frauen wie möglich erreichen und dass so viele Frauen wie möglich auch wissen, wo sie Hilfe bekommen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, als Frauenministerin ist es mir ein zentrales Anliegen, dass wir ganz besonders in diesen Tagen gemeinsam ein starkes Signal im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen senden – parteiübergreifend, Männer und Frauen –, und es ist mir ein großes Anliegen, und daher appelliere ich an Sie: Bitte lassen Sie uns gemeinsam den Frauen in Österreich Sicherheit geben, die Sicherheit, dass sie niemals alleine sind, ermutigen wir sie, sich aus der Gewaltspirale zu befreien, ermutigen wir sie, die Hilfe, die wir zur Verfügung stellen, auch in Anspruch zu nehmen, und machen wir ihnen bewusst, dass eine Frau, ein Mädchen, ein Kind in Österreich immer ein Recht auf ein gewaltfreies Leben hat und daher immer die Möglichkeit hat, in Österreich Hilfe zu bekommen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

10.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte.