15.49

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseher! Herr Bundesminister Mückstein, ich habe ein wenig gewartet, ob Sie uns im Parlament jetzt vielleicht von der Achenseekonferenz berichten, ob Sie uns sagen, was Sache ist. Es ist aber halt die typische Vorgehensweise, dass jedes Medium vor uns Parlamentariern weiß, was passiert, was geplant ist. Eine solche Missachtung der Demokratie, des Parlaments kann man eigentlich kaum mehr toppen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn alle Abgeordneten, sogar die der Regierungsparteien, ORF, Oe24 oder andere Sender schauen, weil sie wissen wollen, was am Nachmittag zur Abstimmung kommt, dann ist das eigentlich recht interessant. So spielen sich derzeit, im Jahre 2021, Demo­kratie und Politik in Österreich, einem hoch entwickelten Land, ab. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Der Minister sitzt da, kommt gerade aus dem schönen Tirol, vom Achensee, und erzählt uns nichts. Als wäre nichts passiert, vergräbt er sich in Papiere, dabei ist aber ein Tabubruch ungeahnten Ausmaßes passiert. Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht: Ich gehe unter in Whatsapp-Nachrichten, SMS, Anrufen, E-Mails von Leuten, die das gar nicht glauben können. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Denen muss ich dann einfach sagen: Nein, es ist leider Realität.

Vielleicht muss man den Hintergrund, wie das zustande gekommen ist, für die inter­essierten Zuseher erklären: Anfang dieser Woche habe ich erstmals den Entwurf be­treffend Impfpflicht für Pflegeberufe gesehen. In diesem Entwurf sind Dinge gestanden, bei denen ich mir gedacht habe, das sind sicher Fakes, das kann nicht stimmen. Ich bin der Sache nachgegangen und habe gesehen: Nein, das ist echt. Da ist unter anderem gestanden: vier Wochen Beugehaft für Personen in Pflegeberufen, falls sie sich weigern würden, sich impfen zu lassen.

Was ist dann im Laufe dieser Woche politisch passiert? Das sollten wir vielleicht einmal erzählen: Die ÖVP wollte keinen Lockdown, das war ÖVP-Meinung. Was wollten die Grünen? – Die Grünen wollten den Lockdown, aber keine Impfpflicht. Die ÖVP wollte wiederum die Impfpflicht. Was ist in einer klassischen Koalition, typisch für Österreich, herausgekommen? (Abg. Weratschnig: Das Notwendige! Das Notwendige!) – Es ist beides herausgekommen. Wir bekommen jetzt den Lockdown und die Impfpflicht. Das ist Politik auf dem Rücken der Bevölkerung im Jahre 2021. Das ist die Wahrheit, und das sollten die Zuseher auch wissen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, man kann ruhigen Gewissens sagen, das Wort Demokratie kann man in Österreich mittlerweile in der Vergangenheitsform verwenden. Was sich derzeit tut, kann ich nicht mehr nachvollziehen.

Ich bin ja schon gespannt auf die Details, was diese Impfpflicht betrifft: Betrifft die nur österreichische Staatsbürger (Zwischenruf des Abg. Hörl) oder auch alle, die ins schöne Österreich einreisen? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wen betrifft sie eigent­lich? Betrifft sie Italiener oder Asylwerber nicht? Wie wird das gemacht? Was geschieht eigentlich mit denen? Kriegen die eine Strafe, Beugehaft? Werden sie zwangsweise geimpft? Wer zahlt dann? Wie geht das? Das würde mich interessieren.

Ich weiß auch nicht, wie viele sich bis zum Schluss wehren und diese Beugehaft dann antreten werden. Ich weiß nicht: Gibt es dafür in den Justizanstalten den nötigen Platz? Ich bin nicht ganz auf dem Laufenden, aber wir haben ja einige Justizsprecher da, die das sicher aufklären können. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das sollte man vielleicht der Bevölkerung erklären.

Was mich in der Diskussion mit den Kollegen eigentlich erschüttert hat: Ich habe das Verhalten von ÖVP und Grünen noch verstanden, aber dass die Sozialdemokratie und die NEOS bei dieser Geschichte mitspielen, macht mich fassungslos und macht auch sehr viele Bürger fassungslos. Das ist aber halt die Realität, und das muss ich zur Kenntnis nehmen. Ich werde mich im Rahmen meiner Möglichkeiten natürlich dagegen wehren. Es wird aber irgendwann schwierig. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Das sage ich auch jedem Bürger, der es nicht glauben kann. Denen muss man die Wahrheit einfach mitteilen.

Wir haben, glaube ich, in den letzten Tagen und Wochen erlebt, wie sehr die Stim­mungslage eskaliert ist. Ich möchte vielleicht noch ganz kurz etwas für all jene – und das sind sehr, sehr viele – sagen, die jetzt schon in friedlichen Protesten ihren Unmut zum Ausdruck gebracht haben: Ich hoffe, wir schaffen es alle, das auch friedlich zu belassen. Ich kann nur jeden aufrufen, ganz egal, wo er sich einem Protest anschließt: Bitte bleibt alle friedlich! Ganz wichtig ist, zusammenzuhalten und nicht in die Falle der Regierung zu laufen, durch die untereinander aufgehetzt wird. Bitte friedlich bleiben und sich ja nicht provozieren lassen! Das rate ich jedem für morgen und auch für zukünftige Protest­kund­gebungen.

Ich kann nur noch einmal sagen, wir als Freiheitliche haben Interesse daran, dass Bürger ihren Unmut kundtun dürfen. Wir stehen aber für friedliche Kundgebungen und für keine Eskalation. Ich glaube, es ist momentan schwierig genug. (Abg. Michael Hammer: Hast du das dem Herbert auch gesagt?)

Ich darf nur ein Beispiel bringen - es gibt ja mehrere Beispiele -, weil du gerade Herbert sagst: Ich habe mit Herbert Kickl vor etwa einer Stunde telefoniert. Es geht ihm gut. Ich kriege auch E-Mails und Anrufe, in denen Leute Herbert Kickl den Tod wünschen. Das kommt nicht so selten, relativ häufig auch von Leuten, die man im persönlichen Umfeld kennt, bei denen man nicht geglaubt hätte, wie tief das gehen kann. Die sagen aber ganz klar, am besten wäre, Herbert Kickl würde das jetzt nicht überstehen. Ich frage mich nur, ob die dasselbe bei Landeshauptmann Haslauer – doppelt geimpft, coronapositiv – oder Landeshauptmann Wallner – doppelt geimpft, coronapositiv – gesagt haben. Bei Sport­lern und so weiter hört man das nicht, aber wenn Herbert Kickl coronapositiv ist, dann hört man das.

Also eines ist bitte schon klar: Für das Versagen der Coronapolitik ist die Regierung verantwortlich zu machen, weder Herbert Kickl noch die Freiheitlichen. Wenn man dem Gesetz der Serie folgt, meine Herrschaften, und sich anschaut, was zwei Jahre lang passiert ist, dass nämlich alles, was ihr gemacht habt, in die Hose gegangen ist (Abg. Taschner: Nein!), dann sieht man, dass die Aussichten für die jetzigen Maßnahmen nicht sehr rosig sind. Das würde ja heißen, das Gesetz der Serie wird jetzt unterbrochen und die Maßnahmen werden zum Erfolg führen. Das Gesetz der Serie besagt – ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren –: Es wird genauso in die Hose gehen wie bisher.

Ganz kurz noch zur Aufklärung, weil mich viele anrufen (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer): Es gibt jetzt einen Lockdown für alle. Was man aber nicht vergessen darf: Der Lockdown geht ab 12.12. für alle, die genesen sind, weiter, für alle, bei denen die Gültigkeit der Impfung abläuft, und für alle Ungeimpften natürlich auch. Die bleiben im Lockdown. Der Lockdown hört also am 12.12. nicht auf.

Was auch kommt – wenn Sie es nicht wissen –: Die Gültigkeitsdauer des grünen Passes wird verkürzt. Aus medizinischer Sicht müsste man sie auf vier Monate verkürzen. Da hat die Regierung Bedenken: Wie schaffen wir das mit dem Boostern für so viele Men­schen? Jetzt verkürzen sie einmal auf sieben Monate. Die medizinische Sicht wäre klar, die Empfehlung ist ja da: vier Monate, gesetzlich heißt es aber: sieben Monate – das ist alles hochwissenschaftlich evidenzbasiert, das kann man ja alles nachvollziehen, das ist alles ganz logisch. – Also ich wundere mich mittlerweile über viele Dinge eigentlich nicht mehr.

Ich werde mir aber trotz allem meinen Optimismus und meinen Glauben an Demokratie, Freiheit, Bürgerrechte und Verfassung nicht nehmen lassen. Ich bin auch skeptisch, ob der Verfassungsgerichtshof wirklich unabhängig, objektiv, was die Verfassung betrifft, Entscheidungen treffen wird. Ich habe es schon ein paarmal erwähnt: Wenn die Menschen auch daran den Glauben verlieren, dann sind wir irgendwann dort, wo wir nicht hinwollen.

Als Abschluss – ich beende meine Redebeiträge jetzt immer so –: Ich wünsche mir von uns allen eine Coronapolitik mit Herz und Hirn, mit der man alle mitnehmen kann. Schauen wir in Richtung Schweden! Das wäre ein gutes Beispiel. Bitte deeskalieren und endlich auf die Bürger eingehen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist zum Tagesordnungspunkt betreffend das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­ge­setz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­sicherungsgesetz niemand mehr gemeldet. Das erwähne ich auch für die Damen und Herren ZuseherInnen. Es erscheint nicht angebracht, den Herrn Minister aufzufordern, eine Stellungnahme zu diesem Tagesordnungspunkt abzugeben. Das kann man dann viel­leicht bei den anderen Tagesordnungspunkten organisieren. (Abg. Belakowitsch: Danke, dass sich auch die Abgeordneten dafür einsetzen! – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Ich verlege die Abstimmung wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses und darf in der Tagesordnung fortfahren.