15.32

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie hier zusehen! Das Jahr 2020 war kein leichtes Jahr, das Jahr 2021 war wahrscheinlich noch schlimmer, und die Prognosen für das Jahr 2022 möchte ich mir ersparen.

Genau in dieser Zeit der Pandemie gab es viele internationale Krisen, die teils, aber nicht nur durch die Pandemie hervorgerufen wurden, und auch der Zustand der Europäischen Union ist einer, der manchmal schon als beklagenswert geschildert werden kann. In solchen Zeiten wird das Wort gemeinsam immer wichtiger, insbesondere in der Euro­päischen Union, weil diese Union eine Institution sein kann und muss, die weltweit, aber auch in sich selbst, für die Grund- und Freiheitsrechte, für Demokratie, Rechtsstaat, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung eintritt, für das also, was unsere demokratische Gesellschaft ausmacht.

Geschätzte Damen und Herren, umso wichtiger ist es, dass dieses Wesen der Euro­päischen Union nicht nur nach innen wirkt – dazu komme ich dann noch kurz am Ende –, sondern dass wir auch versuchen, gemeinsame Partner und Partnerinnen für diese Werte zu finden, und ich bin der Meinung, nein, ich bin der festen Überzeugung, dass das Rahmenabkommen mit unserem transatlantischen Partner – wobei das Wort trans­atlantisch bei Australien geografisch nicht ganz exakt ist, es wäre dann: transpazifischen Partner –, das Abkommen mit Australien ein wesentlicher Punkt auf der Agenda ist, und deshalb können wir als österreichische Sozialdemokratie da nur zustimmen.

Es geht um politische Zusammenarbeit, es geht um wirtschaftliche Zusammenarbeit, und es geht vor allem darum, dass zwei Demokratien, zwei demokratische Systeme, einan­der in ihren Fähigkeiten ergänzen. Das Ziel muss ganz klar sein, geschätzte Damen und Herren: Die Beziehungen zwischen Australien und der Europäischen Union müssen gestärkt werden.

Es geht aber nicht nur um die Stärkung derartiger Beziehungen  ich habe das am Anfang erwähnt , es geht auch darum, wie wir als österreichische Republik, als öster­reichische Politikerinnen und Politiker, mit der Europäischen Union umgehen, und da ist natürlich die Regierung ein maßgeblicher Spieler, neben unseren Europaabgeordneten und neben unserem Kommissar in der Europäischen Kommission. Bedauerlicherweise war der Kurs Österreichs in den letzten vier Jahren davon geprägt, mehr zu spalten als zu einen, mehr auf die ausschließlich eigenen Interessen zu sehen und nicht zu begrei­fen, dass das gemeinsame Interesse am Ende viel schwerer wiegt als das ausschließlich egoistische Interesse. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das war der europapolitische Kurs des Systems Kurz, und nachdem dieses System implodiert ist, gibt es zwei Dinge zu tun, denke ich, Herr Außenminister, neben dem Candy Crush oder was immer das ist, nämlich erstens dafür zu sorgen, dass der Ruf Österreichs wiederhergestellt wird. Das, was in den letzten Monaten über unser Land bekannt wurde – hereingebrochen ist es ja schon früher –, hat unserem Ruf in der Euro­päischen Union nicht genutzt, nein, im Gegenteil, massiv geschadet. Zweitens geht es darum, sich wieder auf die Seite jener zu stellen, die für ein vereintes, solidarisches Europa eintreten, die für die Demokratie in Europa eintreten, für die Rechtsstaatlichkeit, für die Gewaltenteilung und für die Freiheit in Europa.

Geschätzte Damen und Herren, das Europa der Sozialdemokratie – und das sollte das Europa Österreichs sein – ist ein Europa, wo nicht das Recht des Stärkeren gilt, sondern die Stärke des Rechts. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

15.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf auch den Herrn Außenminister bei uns begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.