10.32

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegin­nen und Kollegen! Damen und Herren zu Hause! Sie haben heute wie auch im Innenaus­schuss betont, dass Sie die konsequente Linie Ihres Vorgängers fortsetzen werden. Sie haben uns im Innenausschuss aber auch gesagt, dass Sie vom Herrn Bundespräsiden­ten auf die Verfassung vereidigt wurden und sich dieser natürlich verpflichtet fühlen.

Herr Innenminister, ich kann Ihnen sagen, dass Sie da öfter in ein Spannungsverhältnis kommen werden, weil Ihr Vorgänger es mit der Verfassung und deren Vollziehung durch das Haus, das Innenressort, nicht immer so ernst genommen hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), es nicht immer so ernst genommen hat, dass die Verfassung beim Vollzug einge­halten wird. Dies gilt insbesondere für die Kinderrechte, es fiel nämlich in seine Verant­wortung, die Betreuung und die Obsorge von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu gewährleisten. Es gibt da verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte auf Kindes­wohl, auf kinderadäquate Unterbringung und auf eine entsprechende Obsorge, und die­se gilt es umzusetzen.

Es ist auch schon seit Längerem klar, dass es da ein Problem gibt. Warum fliehen so viele Kinder anscheinend weiter, warum tauchen sie unter, warum werden welche sicher auch zu Opfern von Menschenhandel und sonstigen kriminellen Delikten? – Weil sie in Österreich nicht die Unterbringung erfahren, die kinderadäquat ist. Falls ein Kind hier wegen Menschenhandels, wegen einer Drucksituation in Gefahr käme, könnte aufgrund der oft ungeklärten Obsorge auch nicht gewährleistet werden, dass jemand ein Auge darauf hat, was da passiert.

Die Zustände sind schon seit Langem bekannt. Bereits 2016 berichtete Europol, dass insbesondere Kinder auf der Flucht durch Menschenhandel und Ausbeutung gefährdet sind. 2017 wies das österreichische Bundeskriminalamt darauf hin, dass Kinder und Ju­gendliche mit Fluchterfahrung sehr oft verschwinden. Seit 2015 kennen wir die Zahlen, die in Österreich sehr, sehr desaströs sind. Wir wissen, dass eine Lokalisierung laut Bundeskriminalamt wegen mangelnder Daten und spezifischer Informationen über die Personen sehr schwer möglich ist.

Wir NEOS haben parlamentarische Anfragen gestellt, um zu erfahren, ob es diesen Missstand nach all diesen Jahren im letzten Jahr noch immer gab, und es kam heraus, dass im letzten Jahr eben wieder 264 UMFs verschwanden, das sind über 50 Prozent all jener, die einen Asylantrag gestellt haben.

Da haben wir dann ein verfassungsrechtliches Thema, Herr Innenminister, wie ich schon gezeigt habe, weil wir das Bundesverfassungsgesetz über Kinderrechte haben, das aus­führt, inwiefern das Kindeswohl im Vollzug, in Ihrem Haus, umzusetzen ist, insbesondere wenn es um minderjährige Flüchtlinge, um Kinder geht. Das Kindeswohl ist da nämlich vorrangig zu berücksichtigen und es gibt einen Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand durch den Staat. Genau da hapert es eben: Wo werden die Kinder entspre­chend umsorgt und beschützt, damit sie nicht Opfer von Kinderhandel und Menschen­handel werden?

Ihr Vorgänger hat zu wenig Augenmerk darauf gelegt, dass der Vollzug verfassungskon­form ist. Das sehen wir daran, dass die Kindeswohlkommission mahnend entsprechende Empfehlungen betreffend die – mangelnde – Obsorge, dass diese ab Tag eins geklärt wird, betreffend eine entsprechenden Unterbringung, die jetzt sehr oft im Elend liegt, geben musste. Gerade auf Bundesebene braucht es Angebote und Ressourcen für die psychosoziale Versorgung, und die Erfüllung von Bildungs-, Beschäftigungs- sowie Frei­zeitbedürfnissen muss entsprechend gewährleistet werden.

Als nächster Punkt ist es wichtig, weiterhin das Augenmerk darauf zu richten, inwiefern es das Phänomen des Verschwindens weiterhin gibt, um auch da klarzustellen, dass man etwas tut, damit diese Zahlen geringer werden, und um zu wissen, was mit den Kindern, die abgängig sind, passiert ist – ob sie in anderen Ländern, in Nachbarländern aufgeschlagen sind –, oder man weiß es eben nicht und muss weiterhin etwas gegen potenziellen Menschen- und Kinderhandel tun. Das mahne ich im Namen der Verfas­sung – Sie sind ja sehr stolz, auf diese vereidigt zu sein – auch von Ihnen ein. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

10.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte sehr.