20.12

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nach fast 20 Jahren haben wir mit der vorliegenden Gesetzesänderung die erste große Novellierung des Wohnungseigen­tumsgesetzes zustande gebracht. Unser Fokus bei dieser Novelle liegt ganz klar darauf: Unsere Häuser müssen klimafit werden. Mithilfe dieses neuen Regelwerkes werden wir einen weiteren großen Schritt in diese Richtung schaffen. (Beifall bei den Grünen.)

Die einzelnen Maßnahmen im Detail: Erstens – ganz wichtig – gibt es jetzt ein Right to plug anstatt eines komplizierten Zettelwerks. Ab sofort wird nämlich der Einbau von E-Ladestationen oder auch der Bau von Fotovoltaikanlagen deutlich einfacher. Musste man bisher für den Einbau einer Steckdose, zum Beispiel in der Tiefgarage, die Zustim­mung aller Miteigentümerinnen oder Miteigentümer einholen, gilt ab sofort das Right to plug. Right to plug heißt in diesem Sinne: Man muss die Miteigentümer über die beab­sichtigte bauliche Maßnahme verständigen; schweigen diese, gilt das als Zustimmung. Diese einfache Art der Zustimmung gilt nicht nur für E-Ladestationen – Fotovoltaikan­lagen habe ich schon erwähnt –, sondern, auch ganz wichtig, für Umbaumaßnahmen zur Barrierefreiheit, aber auch für Beschattungsvorrichtungen im Hitzesommer.

Das Zweite, und das freut mich besonders: Wir führen eine moderate Mindestrücklage ein, die in wenigen Jahren – das traue ich mich schon zu sagen – für einen Sanierungs­schub sorgen wird. Wir konnten nämlich in der Vergangenheit beobachten, dass in vielen Mehrparteienhäusern die Sanierung daran scheiterte, dass die Rücklagenkonten nicht genügend gefüllt waren. Diese schlecht gefüllten Rücklagenkonten führen bei der Ab­stimmung über Sanierungen dann ganz oft dazu, dass einzelne Bewohnerinnen und Be­wohner sagen: Das ist mir diese Ausgabe einfach nicht wert. Und ja, auch im Eigentum gibt es viele Personen, die sich mehrere Tausend Euro nicht einfach so leisten können.

Was heißt das? – Ganz sicher nicht, dass das Wohnen teurer wird, ganz im Gegenteil. Die Ansparung erfolgt mit einer moderaten Rücklage – 90 Cent – viel gleichbleibender über mehrere Jahre. Das jetzige System, wie es halt ganz oft ist, dass man mit niedrigen oder gar keinen Rücklagen anfängt und diese dann nach 20 Jahren extrem ansteigen, hat sich nämlich nicht bewährt. Was wollen wir? – Wir wolle böse Kostenüberraschungen in der Zukunft vermeiden. Ich traue mich auch zu versprechen: Unsere Häuser werden mit der verpflichtenden Mindestrücklage ein gutes Stück klimafitter werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Der dritte größere Teil dieser Novelle betrifft die Abstimmungen in der Eigentümerge­meinschaft. Diese werden deutlich erleichtert: Die Beschlussfassungen in Eigentümer­gemeinschaften fokussieren sich in Zukunft mehr auf diejenigen Miteigentümerinnen und Miteigentümer, die sich aktiv an der Willensbildung beteiligen. Zusätzlich gibt es noch Verbesserungen bei der Zustellung, und Eigentümerversammlungen können auch on­line abgehalten werden.

Insgesamt, denke ich, ist uns da ein sehr, sehr gutes Paket gelungen. Ich möchte mich auch recht herzlich bei der Justizministerin sowie insbesondere bei Kollegen Hans Sin­ger für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

Zum Schluss noch: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne, deshalb muss ich noch einen Abänderungsantrag einbringen, nämlich der Abgeordneten Johann Singer, Nina To­maselli, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Bauten und Woh­nen über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsei­gentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1286 d.B.) (TOP 39).

Der Antrag ist bereits vor mehreren Stunden verteilt worden. Im Grunde genommen geht es darum, dass die Neufestsetzung der Nutzwerte so erfolgt, wie wir das immer schon vorgehabt haben. In der Fassung der Regierungsvorlage fehlen nämlich Vorgaben be­ziehungsweise Kriterien, wie die neue Festsetzung erfolgen soll. Das holen wir mit die­sem Abänderungsantrag nach, und wir freuen uns selbstverständlich über Ihre Zustim­mung.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Johann Singer, Nina Tomaselli,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Bauten und Wohnen über die Regierungsvorlage (1174 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert wird (WEG-Novelle 2022 – WEG-Nov 2022) (1286 d.B.) (TOP 39)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberich­tes 1286 d. B. wird wie folgt geändert:

1. In der Z 16 wird in § 58g Abs. 1 die Wortfolge „§ 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 Z 2 und 6“ durch die Wortfolge „§ 34 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Z 2 und 6 und § 58g Abs. 5 und 6“ ersetzt.

2. In der Z 16 lautet § 58g Abs. 5 wie folgt:

„(5) Wenn bei einer Festsetzung der Nutzwerte nach dem Wohnungseigentumsge­setz 1975 für selbständige Geschäftsräume der Nutzwert höher als mit dem Dreifachen der Nutzfläche festgesetzt wurde oder dabei für selbständige Geschäftsräume ein Re­gelnutzwert zugrunde gelegt wurde, der mehr als das Dreifache des für Wohnungen zu­grunde gelegten Regelnutzwerts betrug, oder wenn bei einer Festsetzung der Jahres­mietwerte nach dem Wohnungseigentumsgesetz, BGBl. Nr. 149/1948, für selbständige Geschäftsräume ein Jahresmietwert pro Quadratmeter Gesamtfläche festgesetzt wurde, der den Durchschnitt des für Wohnungen festgesetzten Jahresmietwerts pro Quadrat­meter Gesamtfläche um mehr als das Dreifache übersteigt, kann jeder Wohnungseigen­tümer eines solchen selbständigen Geschäftsraums bis zum Ablauf des Jahres 2024 eine Neufestsetzung des Nutzwerts oder Jahresmietwerts seines Wohnungseigentums­objekts dahingehend beantragen, dass der dafür jeweils maßgebliche Schwellenwert nicht mehr überschritten wird. Durch Neufestsetzungen nach dieser Bestimmung darf aber der Anteil des Nutzwerts oder Jahresmietwerts einer Wohnung an der Summe der Nutzwerte oder Jahresmietwerte um nicht mehr als 20 vH von ihrem früheren Anteil abweichen. Im Verfahren zur Neufestsetzung sind allfällige weitere Wohnungseigentü­mer von im Sinn des ersten Satzes zu hoch bewerteten selbständigen Geschäftsräumen auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach dieser Bestimmung hinzuweisen. Die Än­derung der Miteigentumsanteile aufgrund einer Neufestsetzung ist auf Antrag auch nur eines der von der Änderung betroffenen Miteigentümer nach § 10 Abs. 3 vorzunehmen; unabhängig vom Ausmaß der Änderung bedarf es dazu einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten nicht.“

Begründung

Zu Z 1 (§ 58g Abs. 1):

In den § 58g Abs. 1, der ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2022 anordnet, sind auch die Übergangsregelungen in § 58g Abs. 5 und 6 aufzunehmen, für die eine Bestimmung über das Inkrafttreten in der Regierungsvorlage fehlt.

Zu Z 2 (§ 58g Abs. 5):

In § 58g Abs. 5 in der Fassung der Regierungsvorlage fehlt hinsichtlich der Jahres­mietwerte eine (neue) Vorgabe, nach welchen Kriterien die Neufestsetzung erfolgen soll. Mangels einer solchen Vorgabe müsste bei einer Neufestsetzung weiterhin § 2 WEG 1948 angewendet werden, der für diese Fälle aber kein Abweichen von den fest­gesetzten Jahresmietwerten ermöglicht. Deshalb soll angeordnet werden, dass eine Neufestsetzung auf jenen Wert zu erfolgen hat, der in der bisherigen Fassung des § 58g Abs. 5 bloß als Schwellenwert für die Antragsberechtigung festgelegt war (nämlich ein Jahresmietwert pro Quadratmeter Gesamtfläche, der den Durchschnitt des für Woh­nungen festgesetzten Jahresmietwerts pro Quadratmeter Gesamtfläche um das Dreifa­che übersteigt). Es ist dies ein Sondertatbestand für eine Neuparifizierung der Jahres­mietwerte.

Hinsichtlich der Nutzwerte nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 wäre eine Neu­festsetzung im Sinn eines gänzlichen Aufrollens aller Nutzwerte („Reset“) zwar möglich, aber auch hier soll lediglich die Neufestsetzung des betreffenden Geschäftsraum-Nutz­werts auf jenen Wert erfolgen, der in der Regierungsvorlage nur als Schwellenwert für die Antragsberechtigung festgelegt war (nämlich das Dreifache der Nutzfläche oder das Dreifache des für Wohnungen zugrunde gelegten Regelnutzwerts). Zum einen wird durch diese Festlegung das Verfahren deutlich vereinfacht, und zum anderen wird da­durch dem Anspruch Rechnung getragen, dass nur massive Ungleichgewichte etwas ausgeglichen werden sollen. Eine gänzliche Neufestsetzung der Nutzwerte könnte zum Nachteil der anderen Wohnungseigentümer über dieses Ziel hinausschießen. Dazu kommt, dass Bruchstellen zu jenen Wohnungseigentümern von selbständigen Ge­schäftsräumen vermieden werden müssen, die die Schwellenwerte (gerade) nicht errei­chen.

Zusätzlich begrenzt wird die Herabsetzungsmöglichkeit durch die Anforderung, dass der Anteil des Nutzwerts oder Jahresmietwerts einer Wohnung an der Summe der Nutzwerte oder Jahresmietwerte nicht um mehr als 20 vH von ihrem früheren Anteil abweichen darf (diese 20%-ige Grenze für Wohnungen darf keinesfalls überschritten werden). Diese Be­grenzung kann dazu führen, dass die Herabsetzung den Schwellenwert nicht ganz er­reicht. Sie ist aber zum Schutz der Interessen der anderen Wohnungseigentümer erfor­derlich. Wenn mehrere Wohnungseigentümer von Geschäftsräumlichkeiten eine Neu­festsetzung hinsichtlich ihres Objekts begehren, ist diese Begrenzung für die Summe aller Herabsetzungen maßgeblich. Um zu verhindern, dass ein einzelner Antragsteller diese Begrenzung bereits voll „ausschöpft“, sodass spätere Antragsteller hinsichtlich ihrer Objekte keine Reduktion mehr erreichen können, müssen im Neufestsetzungsver­fahren andere für eine Antragstellung in Frage kommende Wohnungseigentümer recht­zeitig auf die Möglichkeit einer Antragstellung hingewiesen werden.

§ 58g Abs. 5 soll weiters ergänzt werden, um klar zu regeln, wie eine erfolgte Neufestset­zung der Nutzwerte oder Jahresmietwerte nach dieser Bestimmung im Grundbuch um­gesetzt werden kann. Dabei soll an die bestehende Regelung in § 10 Abs. 3 angeknüpft werden, die für Fälle der gerichtlichen Nutzwertfestsetzung eine Berichtigung in sinnge­mäßer Anwendung des § 136 Abs. 1 GBG 1955 ermöglicht. Anders als in § 10 Abs. 3 soll aber generell – also unabhängig vom Ausmaß der Änderung – eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder der Buchberechtigten nicht erforderlich sein und der Antrag nur eines Miteigentümers für die Berichtigung ausreichen. Die in § 10 Abs. 3 für den Fall einer mehr als zehnprozentigen Änderung eines Miteigentumsanteils geforderte Zustim­mung der Buchberechtigten an einem sich verkleinernden Miteigentumsanteil wäre für den hier geregelten Sonderfall der „Sanierung“ überhöhter Werte für Geschäftsräumlich­keiten nicht passend, weil bei dieser Neufestsetzung durch die Verkleinerung des Mitei­gentumsteils keine Verringerung von dessen Wert zu befürchten ist, sondern im Gegen­teil die Verkleinerung gerade dazu dient, die Anteile bei der Tragung der Aufwendungen für die Liegenschaft zu entlasten. Und auch das in § 10 Abs. 3 für diesen Fall statuierte Erfordernis der Zustimmung aller übrigen Miteigentümer soll hier nicht übernommen wer­den, weil durch die „Sanierungsregelung“ des § 58g Abs. 5 ja eine bislang problemati­sche Anteilsfestsetzung in eine ausgeglichenere und damit gerechtere Aufteilung über­geführt wird und die Herstellung dieser verbesserten Verteilungsgerechtigkeit nicht von der Zustimmung der bisher Begünstigten abhängig sein soll.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Mag. Philipp Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.