10.13

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Das Nord-Stream-Projekt, diese Gaspipeline aus Russland, ist von einigen Vorrednern und auch von Ihnen, Herr Bundesminister, angesprochen worden. Ich glaube, dass das erst dann ein politischer Faktor sein wird, wenn in Berlin und in Wien die Wohnungen kalt sein werden; dann wird man darüber nachdenken müssen, in welcher Form wir diesbezüglich weiter agieren.

Sie, Herr Bundesminister, haben es aber richtig dargestellt: Wir sind in einer sehr schwierigen Lage, weil wir in diesem Konflikt sehr viele Mitspieler haben. Wir haben die USA, wir haben Russland und wir haben das betroffene Land, die Ukraine, wir haben aber auch die baltischen Länder, EU-Mitgliedstaaten, die sich natürlich fürchten, weil diese Länder auf ein halbes Jahrhundert eiserner russischer Faust des russischen Bären zurückblicken können, die wissen, was es bedeutet, wenn man mit eigenen Interessen in die Zwickmühle von Großmächten kommt, und die den russischen Bären auch dementsprechend kritisch einschätzen.

Es gibt darüber hinaus aber auch die Nato. Diese baltischen Staaten, diese EU-Mitglieder, sind auch Mitglieder der Nato geworden, Herr Bundesminister, und das aus gutem Grunde, nämlich weil sie der Europäischen Union und ihren Strukturen nicht trauen. Sie erkennen die strukturelle Schwäche der Europäischen Union, die auch schon von verschiedenen Vorrednern angesprochen worden ist, und haben sich der Nato angeschlossen. Die Nato ist das einzige jetzt funktionierende Militärbündnis der Welt.

Wir sind dankbar dafür, dass wir über ein halbes Jahrhundert Kalten Krieg die Nato als Schutzmacht hatten. Das ist die Nato aber nicht alleine, denn sie ist auch der militärische Arm der US-Außenpolitik, und das gilt es in diesem Konflikt, der vor uns steht, auch zu beurteilen. Diese Funktion der Nato, die Außenpolitik der USA hier militärisch zu sichern, ist ein wesentlicher Punkt. Die Nato hat sich nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhanges grenzenlos nach Osten erweitert, und Russland wehrt sich gegen diese Erweiterung.

Erinnern wir uns zurück an die Sechzigerjahre, als die Sowjetunion vor der Haustür der USA, in Kuba, Atomraketen hat stationieren wollen! Das ist damals – zum Glück für uns alle im Westen – verhindert worden, aber es weist darauf hin, dass es eigene Sicher­heitsinteressen von Großmächten gibt, und die USA führen seit ihrer Gründung, seit 200 Jahren, Krieg um ihre Märkte. Das ist so bei Großmächten, das tun andere auch, und das kann keiner auf dieser Welt verhindern.

Wir aber, Herr Bundesminister, sind ein neutrales Land, und der wesentliche Punkt dabei ist jetzt nicht die Neutralität, sondern dass wir das einzige zentraleuropäische EU-Mitgliedsland sind, das nicht Vollmitglied der Nato ist. Wir hätten da die Möglichkeit, uns als Vermittler anzubieten: als Vermittler für beide Seiten, die in diesem Konflikt drinnen stecken. Derzeit scheint das unlösbar.

Wir als Republik Österreich sollten uns diesbezüglich als Vermittler anbieten, um auch sicherzustellen, dass wir eine Äquidistanz zwischen Washington und Moskau leben. Es muss uns, nicht nur uns als Österreicher, sondern auch uns als Europäer, klar sein, dass wir beide brauchen: Wir brauchen Washington, aber wir brauchen auch Moskau. Sie, Herr Bundesminister, haben ja richtigerweise erwähnt, dass ohne Russland kein Friede in Europa möglich sein wird. Deshalb möchte ich Sie auffordern, diese Äquidistanz auf europäischer Ebene zu leben und nicht einfach nachzuhüpfen, was Ihnen die EU-Partner vorhüpfen. Das, glaube ich, ist der falsche Weg, den Österreich in Europa gehen kann.

Erinnern Sie sich zurück an die Zeit unserer gemeinsamen Regierung, der Regierung von Freiheitlichen und der ÖVP! Dort ist es uns gelungen, auf europäischer Ebene eigenständige Wege zu gehen, sowohl in der Zuwanderungsfrage als auch in der Außenpolitik. Das sollten Sie sich als Beispiel nehmen, Herr Bundesminister! Sie sollten sich in dieser Richtung mehr bemühen, und das sollte Ihnen unser Land und der Friede in Europa eigentlich wert sein. (Beifall bei der FPÖ.)

10.18

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte sehr.