14.33

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Vor allem aber liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir treten hier heute tatsächlich, glaube ich, zu einem recht außergewöhnlichen Tagesordnungspunkt zusammen. Die Coronapandemie hat uns seit März 2020 laufend vor neue Herausforderungen gestellt, auch jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns hier im Hohen Haus, insbesondere aber natürlich jeden Einzelnen, jede Einzelne, der/die hier in Österreich lebt. Sie hat uns mit den vielen Einschränkungen, die mit ihr verbunden sind, auf eine harte Probe gestellt.

Zentral für die Bewältigung dieser Pandemie waren und sind umsichtiges und vor­sich­tiges Handeln, vor allem aber eines: gesellschaftlicher Zusammenhalt.

Seit Dezember 2020 gibt es Impfstoffe gegen das Coronavirus. Sie sind mittlerweile milliardenfach verimpft, es gibt sehr, sehr viele Studien dazu, wir wissen, dass sie sicher sind, und wir wissen, dass sie wirken. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Diese Impfstoffe schützen unsere Gesundheit und sie schützen unsere Mitmenschen, sie sorgen dafür, dass wir mildere Verläufe haben, dass wir weni­ger ansteckend sind, dass weniger Menschen ins Krankenhaus kommen, weniger Men­schen auf den Intensivstationen landen, weniger Menschen an diesem Virus sterben. Wer hier in diesem Hohen Haus die Wirkung der Impfung leugnet, kann das nicht ohne schlechten Hintergedanken tun. Ich möchte an dieser Stelle schon sagen, Herr Klub­obmann Kickl – Sie haben ja gefragt, wer hier die Wahrheit gesagt hat –: Sie waren es ganz sicher nicht! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Dass Sie auch noch stolz sind und darauf verweisen, dass Sie 2020 die Menschen aufgerufen haben, sich nicht impfen zu lassen (Ruf bei der FPÖ: Nicht aufgepasst!), und stolz darauf sind, Menschen davon abgehalten zu haben, sich selbst und ihre Mitmen­schen zu schützen, das ist (Abg. Wöginger: Letztklassig!) – letztklassig! Es ist unsäg­lich! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Bei Ihnen sollte man ... das Haus­verbot wieder aktivieren!)

Diese Ihre Politik ist auch ein Grund für die niedrige Impfquote, die wir nach wie vor haben (Abg. Wöginger: Ja, jetzt sind wir dort, nicht?), und Ihr Verhalten ist absolut zynisch gegenüber allen Menschen, die an diesem Virus gestorben sind, und gegenüber all den Angehörigen dieser Menschen. Schämen Sie sich! (Anhaltender Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

Wir sind hier heute im Hohen Haus versammelt, um den Ausweg aus dieser Pandemie zu beschreiten, um wieder zu unserem gewohnten Leben zurückzukommen, einem Leben ohne die Einschränkungen, die uns seit fast zwei Jahren begleiten, ohne Lock­downs, ohne die psychischen Folgen, die es für die Jugendlichen und die Kinder hat, wenn sie nicht in die Schule, in den Kindergarten gehen können. Wir wollen zurück zu unserem normalen Leben ohne die Einschränkung unserer Freiheit. (Abg. Hafenecker: Na, dann treten Sie bitte zurück, dann haben wir wieder ein normales Leben!) Die Impfpflicht, die wir heute hier mit einer ganz, ganz großen parlamentarischen Mehrheit beschließen werden, ist der Weg aus dieser Pandemie. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Vor zwei Jahren hätte niemand von uns gedacht, dass wir es jemals mit dieser Krankheit zu tun haben werden, die uns jetzt schon eindreiviertel Jahre auf Trab hält. Ich erinnere an die Alphawelle. Wir dachten, das ist schlimm  dann kam Delta. Man vergleiche diese Wellen miteinander, was die Zahl der Toten betrifft, was die Zahl der Hospitalisierungen betrifft, die Menschen auf den Intensivstationen und damit verbunden natürlich auch das Personal auf diesen Intensivstationen. Wir haben das nicht gewusst! Jetzt kam die Omikronvariante, auch von dieser haben wir vor zwei Jahren nichts gewusst. (Abg. Martin Graf: Was wissen Sie denn jetzt?)

Heute stellen wir uns dieser Herausforderung einmal mehr und wagen diesen ent­schlos­senen Schritt zur Einführung einer Impfpflicht, damit wir zu unserem gewohnten Leben zurückkommen können. Wir haben diesen Beschluss gefasst, weil wir die Impfquote erhöhen müssen, damit wir wieder normal leben können. Mit der Impfung schützen wir uns selbst, wir schützen unsere Mitmenschen, und wir sorgen dafür, dass wir keine wei­teren Lockdowns brauchen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Steger: ... Propa­ganda ...! – Abg. Hafenecker: Sehr schwache Rede! Sehr schwach!)

Wir alle, die wir heute dieser Impfpflicht zustimmen werden, haben es uns ganz sicher nicht leicht gemacht. Ja, es ist durchaus richtig, niemand von uns wollte eine Impfpflicht (Abg. Steger: Sie haben sie ausgeschlossen! – Abg. Martin Graf: Dann macht sie einfach nicht! – Ruf bei der FPÖ: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen!), wir waren überzeugt davon, dass wir es auch so schaffen können, die Menschen zu überzeugen, dass sie sich impfen lassen müssen. Leider gibt es eine mobilisierende Kraft, die das Interesse und die Gesundheit der Menschen in Österreich nicht im Blick hat, sondern nur politisches Kleingeld. (Abg. Kickl: Machen Sie weiter so! Die Leute laufen Ihnen in Scharen davon!)

Wir haben im November beschlossen, diese Impfpflicht einzuführen, wir haben uns viel Zeit dafür genommen, sehr intensive Gespräche geführt, mit Medizinerinnen und Medi­zinern, mit Verfassungsjuristinnen und Verfassungsjuristen; wir haben gemeinsam mit der Sozialdemokratie und den NEOS einen Begutachtungsentwurf entwickelt, und, glaube ich, einen sehr guten zustande gebracht. Es wurden sehr viele Stellungnahmen ein­geholt und eingebracht – auch für diese Teilnahme möchte ich mich herzlich bedanken. Wir haben jetzt, nach Ende der Begutachtung, viele Änderungen eingearbeitet und uns ganz genau angeschaut, was rückgemeldet wurde, und das Gesetz noch einmal ange­passt.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und bei Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bedanken, selbstverständlich auch beim Koalitionspartner ÖVP, dafür, dass diese wirklich extrem konstruktive Zusam­men­arbeit möglich war und so gut funktioniert hat. An dieser Stelle möchte ich diesen Dank auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hintergrund erweitern – das waren beispielsweise aufseiten der NEOS Alex Harrer, Armin Hübner, aufseiten der SPÖ Joachim Preiss und Gabi Kotzegger, und es waren selbstverständlich auf ministerialer Seite Bundeskanzleramt, Verfassungsdienst, vor allem aber natürlich im Gesund­heits­ministerium Michael Fürmann, das Team und die Sektion, die die große Herausfor­de­­rung, einen sauberen, runden Gesetzestext zu produzieren, wirklich mit Bravour zu­stande gebracht haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich bin die erste Rednerin zu diesem Gesetzentwurf und daher möchte ein paar Eck­punkte trotzdem noch erläutern. Was haben wir gemacht oder was werden wir tun? Mit Anfang Februar wird das Impfpflichtgesetz in Kraft treten. Es wird dann ein Schreiben an alle Haushalte verschickt, in dem wir noch einmal darüber informieren, was das kon­kret bedeutet.

Umfasst von der Impfpflicht sind alle Personen ab 18 Jahren. Ausgenommen sind Schwangere, ausgenommen sind genesene Personen für ein halbes Jahr nach einem positiven PCR-Test, und Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.

Mit 15. März wird es dann so sein, dass bei normalen Kontrollen, beispielsweise Ver­kehrskontrollen (Zwischenruf des Abg. Wurm) oder Kontrollen zur Einhaltung der Coronamaßnahmen, von der Polizei auch der Impfstatus abgefragt werden kann. Wenn der vor Ort nicht erbracht werden kann, erfolgt eine Anzeige bei der Verwaltungsbehörde des Hauptwohnsitzes. (Abg. Kickl: Schöne neue Welt!) Dann hat man zwei Wochen Zeit, entweder den Impfstatus nachzuliefern oder einen Ausnahmegrund vorzubringen. (Abg. Kickl: Aber nur bei einem selektiven Arzt!) Erfolgt das nicht, wird bestraft.

Das Ziel dieser Impfpflicht ist, die Impfquote massiv zu erhöhen (Abg. Wurm: Weil?), und ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen kann. Die Impfung ist der Weg aus dieser Pandemie, der Weg zurück in die Freiheit und in ein Leben ohne Beschrän­kun­gen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Das Ziel ist nicht die Bestrafung, sondern möglichst viele, möglichst alle Menschen davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen; denn wir wissen, damit können wir die Pandemie bewältigen. Die Impfung ist auch ein Siegeszug der Wissenschaft gegen die Leugnung von Fakten und Empirie. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Impfen ist auch ein solidarischer Akt. Seien Sie solidarisch, liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich, dass wir das hier nach so einem großen gemeinsamen Kraftakt heute beschließen können. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS. – Ruf bei der FPÖ: Schwache Rede! – Abg. Hafenecker: Sehr schwache Rede!)

14.42

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Mag. Jörg Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.