19.29

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wir haben schon darüber gesprochen: Es geht jetzt darum, dass wir heute eine Novelle beschließen, die eben das EAG, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, verbessert und da Bedenken berücksichtigt, die vor allem von der EU zum Fördersystem gekommen sind. Es macht das System marktnäher, es stärkt die Technologie und die Neutralität und es schafft – und das ist wirklich ein ganz wichtiger Punkt, vor allem auch für die Branche – mehr Planungssicherheit. Diese zehn Jahre, die hier Gott sei Dank mit hineinverhandelt worden sind, sind also sehr wichtig, vor allem eben auch für Unternehmerinnen und Unternehmer, die wir auf dem Weg unterstützen und die diese Planungssicherheit auch wirklich ganz stark einfordern, um auch die Arbeitskräfte ausbilden und wirtschaftlich die richtigen Schritte setzen zu können.

Wie Sie schon heraushören können, unterstützen wir NEOS diese Novelle. Wir finden es auch extrem wichtig, dass die Energiewende in Österreich jetzt endlich ankommt – und zwar aus mehreren Gründen: Einerseits passiert dies aus dem einen Blickwinkel heraus, dass wir unseren nachfolgenden Generationen einen intakten Planeten über­geben wollen – logischerweise ein ganz, ganz essenzieller Punkt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch diesen Aspekt, dass wir mehr Unabhängigkeit von steigenden Welt­marktpreisen für fossile Energieträger brauchen. Diesbezüglich besteht auch eine ganz, ganz große Chance, sich zum Beispiel von russischen Lieferketten unabhängiger zu machen. Wo das hinführen kann, sieht man ja im Augenblick.

Dabei reichen sich Klima- und Wirtschaftspolitik die Hand. Das ist aus unserer Sicht sehr gelungen, es war aber auch hoch an der Zeit. Zwar kann die Frau Bundesministerin jetzt nichts dafür, doch die Richtlinie, die am Tisch liegt, gibt es seit 2014. Andere Staaten haben sie schon vor langer Zeit umgesetzt, wir haben bis 2022 gebraucht. – Nun gut.

Was es aber jetzt als Nächstes braucht – und das ganz, ganz rasch –, sind zusätzliche Maßnahmen, deren Lieferung auch bereits versprochen wurde, wie zum Beispiel das Wasserstoffpaket, die Wärmestrategie und auch das Bundes-Energieeffizienzgesetz. Das Klimaschutzgesetz ist ein anderes wichtiges, ganz großes Gesetz, das hoffentlich bald kommen wird und in diesem Haus verhandelt werden soll. Wie gesagt, wir sind hier säumig, es braucht die nächsten Schritte wirklich sehr rasch.

Außerdem fehlt noch etwas sehr Wichtiges –, das hat auch Kollegin Graf schon ange­sprochen, sie hat über den Ausbau der Infrastruktur gesprochen –, denn auf der einen Seite haben wir zwar das EAG, aber natürlich müssen wir auch die Infrastruktur dement­sprechend aufbauen, um letztendlich dann die Stromversorgung und die Netzstabilität mittel- und langfristig sicherstellen zu können. Das ist ein wichtiger Punkt, das ist sozusagen das B, wenn man A gesagt hat. Es geht dabei wieder um eine Frage, die mir persönlich sehr wichtig ist – viele in diesem Hause werden es schon wissen –: Es geht dabei darum, wie wir das machen: Bauen wir Freileitungen, also Kabel, die wir auf Stahlmasten hängen, die auf sehr massiven Betonpfosten stehen, oder verlegen wir Erdkabel? Ich habe es schon einige Male angeführt: Bei einer Spannung bis 110 kV hat das Erdkabel jedenfalls nur Vorteile: Netzstabilität, Haltbarkeit, Resilienz bei Extrem­wet­ter, Bodenversiegelung, Biodiversität, Waldschutz, Bodenpreise der Umgebung, Land­schaftsschutz, Tourismus und so weiter. Ja, es kann sein, dass bei einer Erdkabel­verle­gung – je nachdem, wie die Topographie gestaltet ist – die Kosten ein wenig höher sind, aber auch das ist nicht immer der Fall. Deswegen wollen wir eben eine genaue Prüfung.

Ich freue mich besonders, dass wir heute in diesem Kampf mehr und mehr Verbündete gefunden haben. Von der SPÖ haben sich Kollege Schroll und Kollegin Ecker bereit erklärt, einen Entschließungsantrag von uns zu unterstützen, um Österreich endlich an den internationalen Standard heranzuführen. Dieser Entschließungsantrag lautet folgendermaßen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bundesweite Regelung für die standardmäßige Verlegung von 110kV Leitun­gen als Erdkabel“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in dem im EAG vorgesehenen Netzinfra­struk­tur­plan eine verpflichtende, vertiefende Prüfung von sämtlichen zu errichtenden Lei­tungs­projekten mit einer Spannung von 110 kV festzuschreiben, einen Mehrkostenfaktor als bundesweit einheitliches Kriterium festzulegen, Kriterien bzgl. Umweltauswirkungen oder wirtschaftlicher Folgen eines Leitungsprojekts (inklusive etwa Bodenversiegelung, Biodiversitätsverlust und Grundstückspreisentwicklung) bundesweit klar zu definieren sowie verbindliche Vorgaben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger_innen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch für jene im §40 beschriebenen Forschungs- und Pilotprojekte Leitungen mit einer Spannung von 110kV zu berücksichtigen.“

*****

Wie gesagt, der Schritt A ist mit dem EAG gemacht, der Schritt B besteht darin, wirklich eine stabile Infrastruktur zu schaffen. Die Erdkabel können hier einen ganz wichtigen Bereich abdecken. Deswegen würde ich mich über Ihre Unterstützung zu diesem Antrag wirklich freuen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Bundesweite Regelung für die standardmäßige Verlegung von 110kV Leitungen als Erdkabel

eingebracht im Zuge der Debatte in der 139. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2184/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (EIWOG 2010) und das Energie-Control-Gesetz (E-ControlG) geändert werden (1304 d.B.) - TOP 12

Um in Zukunft die Stromversorgung Österreichs ausschließlich mit erneuerbaren Ener­gieträgern bei gleichzeitiger Sicherung der Netzstabilität und bestmöglicher infrastruk­tureller Strommarktbedingungen zu gewährleisten, werden mittelfristig erhebliche An­pas­sungen an die heimische Stromnetzinfrastruktur notwendig sein. Allerdings stoßen als Freileitungen geführte Hochspannungsleitungen immer wieder auf Widerstand durch die betroffene Bevölkerung, da diese das Landschaftsbild stark beeinträchtigen, mehr Fläche (und damit wertvollen Boden oder Naturraum) beanspruchen und auch mög­licherweise indirekte negative volkswirtschaftliche Auswirkungen haben; wie etwa niedrigere Grundstückspreise oder verloren gegangene Tourismuseinnahmen. Als Alter­native können Leitungen als Erdkabel gelegt werden, welche allerdings je nach Netz­ebene sowie technischer und geographischer Grundvoraussetzungen entsprechende Mehrkosten verursachen. Zusätzlich sind Freileitungen wesentlich anfälliger für extreme Wetterereignisse, welche sich auch in Mitteleuropa aufgrund des Klimawandels häufen werden. So wurde etwa am 24.6.2021 eine Hochspannungsleitung in der Tschechischen Republik unweit der österreichischen Grenze von einem Tornado niedergerissen.

Während auf niedrigeren Netzebenen das Legen von Erdkabeln als Alternative zur Freileitung mittlerweile auch in Österreich Usus ist, werden 110kV Leitungen hierzulande noch regelmäßig - aus besagten Kostengründen - oberirdisch geplant und errichtet. Diese Praxis verursacht jedoch vermehrt Unverständnis bei betroffenen Anrainer_innen, da mittlerweile zahlreiche, im Ausland bereits standardmäßig angewandte innovative Methoden die Kosten für Erdkabel erheblich reduziert haben und die bereits erwähnten Beeinträchtigungen von Landschaftsbild, Umwelt und Volkswirtschaft nicht einberechnet werden. Um diese Konflikte zu vermeiden, gibt es in Deutschland und der Schweiz klare gesetzliche Regelungen, welche unter entsprechenden Voraussetzungen (u.a. techni­sche und wirtschaftliche Möglichkeiten) zu Erdkabeln verpflichten (EnWG §43h bzw. Elektrizitätsgesetz Art.15c). Auch in Österreich gibt es in Salzburg auf Landesebene eine entsprechende rechtliche Regelung (Salzburger Landeselektrizitätsgesetz § 54a).

Um Österreich hier an den internationalen Standard anzupassen, um den Schutz des Landschaftsbildes sowie betroffener Naturräume zu gewährleisten und um Konflikte zwischen für die Energiewende notwendigen Infrastrukturprojekten und betroffenen Anrainer_innen zu minimieren, ist es notwendig, einen klaren, bundesweit einheitlich rechtlichen Rahmen zu schaffen, sodass Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 kV unter entsprechenden Voraussetzungen als Erdkabel auszuführen sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, in dem im EAG vorgesehenen Netzinfra­struk­tur­plan eine verpflichtende, vertiefende Prüfung von sämtlichen zu errichtenden Lei­tungs­projekten mit einer Spannung von 110 kV festzuschreiben, einen Mehrkostenfaktor als bundesweit einheitliches Kriterium festzulegen, Kriterien bzgl. Umweltauswirkungen oder wirtschaftlicher Folgen eines Leitungsprojekts (inklusive etwa Bodenversiegelung, Biodiviersitätsverlust und Grundstückspreisentwicklung) bundesweit klar zu definieren sowie verbindliche Vorgaben zu schaffen, um die Information und Einbindung von Bürger_innen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei diesem Entscheidungsprozess zu gewährleisten. Zusätzlich sind auch für jene im §40 beschriebenen Forschungs- und Pilotprojekte Leitungen mit einer Spannung von 110kV zu berücksichtigen."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Christoph Stark. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.