11.32

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministra! Kolleginnen und Kollegen! Ja, Lieferketten sind die Lebensadern einer funktionierenden Wirtschaft. Sie sind komplex, sie sind dynamisch und sie sind global. Das haben alle spätestens in der Pandemie erkannt, als Lieferketten unterbrochen waren, die Unternehmer keine Vorprodukte bekamen und der Leidtra­gende im Wesentlichen der Konsument war.

Natürlich steht die Europäische Volkspartei für ein verantwortungsvolles unternehme­risches Handeln in internationalen Wirtschaftsbeziehungen, aber eines ist schon klar: Grundsätzlich ist es die Aufgabe jedes Staates, mit seinen Gesetzen zu garantieren, dass Umwelt-, Menschen- und Sozialrechte eingehalten werden. Mit dem bevorste­hen­den Gesetz bekommt man ein bisschen den Eindruck, dass da wieder Verantwortung auf die Unternehmen übertragen wird.

Ich möchte aber nach diesem ganzen Unternehmerbashing heute an dieser Stelle eine Lanze für die europäischen Betriebe brechen, denn sie arbeiten nachhaltig, sie schaffen Arbeitsplätze. Und das nur nebenbei: Wenn etwas passiert, haben sie eine schlechtere soziale Absicherung als andere Berufsgruppen, und zusätzlich werden sie noch mit bürokratischen Auflagen belastet.

Auch dieses Lieferkettengesetz bringt natürlich neue Bürokratie, genauso wie alle Richtlinien und Verordnungen zum Green Deal.

Daher ist es wichtig, dass wir bei dieser Richtlinie mit unternehmerischem Hausverstand handeln. Ein kleiner österreichischer Cafébetreiber wird wohl nicht nachweisen können, ob seine Kaffeebohnen in Südamerika nach Menschenrechts-, Umweltrechts- und So­zialstandards produziert werden.

Da ich für meine Fraktion im Europäischen Parlament verhandeln darf, sind mir

erstens die Beschränkung der Lieferkette auf die sogenannte First Tier – das heißt die ersten Lieferanten in der Lieferkette – und

eine Mitarbeitergrenze nach deutschem oder französischem Modell ein großes Anliegen. Mittlerweile hat sich auf europäischer Ebene nämlich eingebürgert, dass börsennotierte KMUs wie Industriebetriebe behandelt werden. Zuerst schreien wir nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, und wenn es dann so weit ist, packen wir das Bürokratie­monster aus.

Zweitens: Wichtig ist mir auch, dass sichergestellt wird, dass Betriebsgeheimnisse und Produktionsgeheimnisse gewahrt werden und

dass drittens und viertens Doppelgleisigkeiten und zusätzliche Bürokratie bei der Be­richterstattung vermieden werden.

Wenn man dem gestrigen Leak Glauben schenken darf, könnte heute ein vernünftiger Vorschlag auf den Tisch kommen, der 1 Prozent der gesamten europäischen Unterneh­men betrifft, die sich aber auch vor zivilrechtlichen Haftungen schützen können. Die KMUs wurden dank der tollen Arbeit der Bürokratieaufsichtsbehörde bei der Kommission außen vor gelassen. Das wundert mich jetzt ein bisschen von den NEOS, denn es war die ganze linke Seite – Liberale, NEOS, Sozialisten und Grüne –, die genau dagegen pro­testiert und gegen das Scrutinyboard gestimmt haben. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.)

Im Unterschied zu diesen Parteien stehen die Europäische Volkspartei und die ÖVP für bessere Regulierungen, nicht für Mehrbelastung und auch nicht für mehr Bürokratie. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter zum Euro­päischen Parlament Sidl. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.