18.07

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ich möchte auf einige wenige Punkte eingehen, die von Ihnen, geschätzte Abgeordnete, hier eingebracht wurden – lange nicht auf alle, keine Sorge. Erstens freut es mich, dass es Anerkennung dafür gibt, dass dieser Sportbericht vorliegt. Ich habe die kritische Stellungnahme der Frau Abgeordneten Steger ja so ähnlich er­wartet, wir tauschen uns ja auch öfters aus, so ist es also nicht. (Abg. Steger: So oft leider nicht!) – Aber nicht so selten, wie Sie tun, ich merke es mir jedenfalls immer! (Abg. Steger: ... halben Jahr!)

Jedenfalls ist es tatsächlich so, dass der Sportbericht einige Dinge beinhaltet, zu denen die Ideen und die Anträge schon vor meiner Zeit da waren – aber dagegen habe ich ja nichts. Ich habe gerade in der Sektion Sport in unserem Haus vor zwei Jahren begonnen, eben nicht durch die parteipolitische Brille zu schauen, sondern einige Initiativen aufzu­greifen, die Vorgänger – ja, es waren stets Männer – ins Leben gerufen oder zumindest auf die Rüttelstrecke gebracht haben. Ich habe diese oft auch übernommen, damit wir uns da richtig verstehen. So gesehen ist manches, das in diesem Bericht steht, gar nicht bloß das Verdienst der letzten zwei Jahre, das kann man gerne so zum Ausdruck brin­gen.

Das wird gleich noch einmal eine Rolle spielen, was nämlich den Erfolg bei den Olym­pischen Spielen betrifft. Das Sportministerium kann da ein bisschen etwas tun, auf lange Sicht gar nicht so wenig, wenn man sich anschaut, was wir im Spitzensport tun und mit welchen Methoden wir da unterstützen. Darauf werde ich dann aber noch näher ein­gehen, nachdem ich mich grundsätzlich zur Austragung der Olympischen Winterspiele in Peking geäußert haben werde.

Ich möchte dazu fast alle Punkte aufgreifen, die Abgeordneter Köllner hier in sehr diffe­renzierter Weise vorgetragen hat. Er beginnt ja mit den Erfolgen in Peking, hat aber auch eine kritische Bemerkung gemacht, wenn ich ihn richtig verstanden habe, dass aus­gerechnet dort die Spiele ausgetragen worden sind. Abgeordneter Laimer hat es dann umgekehrt gesehen, zumindest was die Präsenz dort betrifft und die Frage, ob man da nicht als Sportminister hätte hinfahren sollen.

Dazu möchte ich mich gerne dem Hohen Haus gegenüber erklären: Es ist wirklich sehr viel im Leben relativ. Ich habe mir das bei der Abwägung tatsächlich überlegt. Ich finde, gerade auch vor dem Hintergrund anderer internationaler Konflikte ist das immer abzu­wägen, und es gibt keine hundertprozentig reine, wahre Lösung.

Insofern muss man sich der Frage stellen. Das haben ja auch andere europäische Sport­ministerinnen und Sportminister und auch Außenministerinnen und Außenminister gemacht. Es hat halt nur dazu geführt, dass man mehrheitlich zu dem Schluss gekommen ist – und mir ist da die europäische Perspektive schon wichtig –, dass man nicht noch extra hinfahren soll.

Was leider – wie oft ja in der Union – ein bisschen übrig geblieben ist: Es war so ein Wiglwagl. Es haben manche zwar politische Motive gebracht, dann aber eigentlich die Pandemie als Argument gebracht, warum man nicht hinfahren würde. Vielleicht erinnert sich daran noch jemand genau.

Ich habe folgenden Weg gewählt: Hätten wir da eine relativ deutliche Mehrheit oder eine einhellige Meinung im Hohen Haus gehabt, wäre ich dieser ja vielleicht sogar gefolgt. Ich bin mir aber gar nicht sicher, ob es so gekommen wäre, wenn schon innerhalb einer Fraktion derartige Nuancen feststellbar sind. Ich habe ja Verständnis dafür, ich will das nicht einmal ironisieren.

Was habe ich gemacht? – Ich habe tendenziell schon kritische Stellungnahmen in Bezug auf den Austragungsort abgegeben, öffentlich auch noch einmal einen Tag bevor die Spiele eröffnet wurden, und zwar genau vor dem Hintergrund, dass man – jedenfalls ich als Sportminister – das Sportereignis, die Leistungen der Sportlerinnen und Sportler und der vielen, die drum herum dranhängen und das in Wahrheit quasi als Lebenswerk betrachten und auch betreiben, dann, wenn die Spiele laufen, nicht grundsätzlich durcheinanderbringt, was diese Ebene betrifft.

Jetzt ist völlig klar, wie auch zukünftig verfahren werden soll, denke ich: dass man nämlich schon bei der Vergabe – das sind aber bekanntermaßen auch nicht die Regie­rungen – solcher sportlichen Großereignisse – das sind ja nicht nur die Olympischen Spiele – darauf mehr Wert legt. Ich glaube, da treffen wir uns auch sofort, das hätte ich auch bei Ihnen herausgehört. Das sollte doch die Zukunft sein.

Wenn wir es dann schaffen, gerade was Winterspiele betrifft, die Standards so zu legen, dass man nicht immer alles super, toll, neu macht, mit was weiß ich wie vielen Milliarden Euro, sondern – das hat ja zusätzliche positive Effekte, weil es nicht so viel kostet – mit bestehenden Sportstätten das Auslangen findet, sei es in Süddeutschland, in Nord­italien, in der Schweiz – Sie merken schon, dann könnten, in welcher Konstellation auch immer, auch zwei oder drei Nationen die Spiele austragen, was auch sehr charmant wäre, denke ich; dann sind sie auch noch in gewisser Weise viel nachhaltiger, aber ich will das jetzt gar nicht durch diese Brille sehen –, dann wäre auch etwas ge­wonnen.

Momentan ist es ja tatsächlich so, dass die Länder, bei denen wir mehr Vertrauen hätten, dass die Menschenrechtssituation, die demokratische Lage, die Pressefreiheit und, und, und besser sind, das oft gar nicht mehr machen. Ich erkenne ja das Dilemma an, das es selbst dort gibt, aber – und diese Kritik muss am Internationalen Olympischen Komitee zumindest der damaligen Zeit geübt werden – sich derart heranzuwagen, dass am Schluss, glaube ich, nur mehr Kasachstan und China als Bewerber übrig bleiben, das muss ja, um Gottes willen, auch etwas mit dem Komitee zu tun haben.

Gleichzeitig gilt global wie in Österreich, dass sich die Regierungspolitik nicht unmittelbar ein­mischen soll, sodass wir stark appellieren und mit Förderschritten und Ähnlichem – dazu bekenne ich mich schon – in diese Richtung wirken, ohne dass man ihnen das anschaffen kann, weil die UNO eben nicht das Olympische Komitee ist. Das muss auch klar sein.

Da geht aber sehr viel, und – siehe da! – ich kann jetzt nur einladen, weiterzuverfolgen, dass mit mir jetzt 21 europäische Sportministerinnen und Sportminister eine Initiative ergriffen haben, bei der entlang eines Kriterienkatalogs bei der Vergabe dieser Groß­ereignisse schon vorher, so gut es halt geht, darauf geschaut wird, was nachher sein soll. Sie haben ja auch nicht von hundertprozentigen, eindeutigen Dingen geredet. Ich glaube, zu diesem Kompromiss muss man sich bekennen.

Ich denke, das ist der richtige Weg. Da gibt es jetzt Initiativen, dass es wenigstens in Zukunft so ist. Die nächsten Winterspiele werden ja fix in Milano und Cortina stattfinden. Da sollten wir diese Sorgen weniger haben. Da könnten wir auch schon stärker in Richtung Nachhaltigkeit gehen, und was die Sportstätten betrifft, ist das schon ziemlich gesichert. Da geht es noch um die Verkehrssysteme.

Ja, und vielleicht noch einmal ein, zwei Runden später könnten wir auch in Europa in diesem Sinne, wie vorher skizziert, Spiele ausrichten, die dann quasi ökonomisch und ökologisch effizient und vertretbar sind. Diese Initiativen gibt es. Das wollte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Hinzufahren haben wir überlegt. Wir haben das ja durchgetestet. Es hätte diese Gele­genheiten, die Sie hier angesprochen haben – wen alles man dort treffen kann, um ihm etwas auszurichten –, kaum gegeben. Nur dem Staatschef etwas auszurichten, das wäre es wohl nicht gewesen. Also es war wirklich eine Abwägung dahinter.

Ich bin aber dankbar dafür, dass das jetzt wenigstens im Nachhinein einmal – ein paar Mal haben wir es im Vorhinein diskutiert – zu einer ausführlichen Stellungnahme geführt hat. Wir haben ja auch versucht, uns mit allen europäischen Ländern abzustimmen, aber es gab auch ehrlich gesagt keine hundertprozentig einheitliche Linie.

So, jetzt aber im Schnelldurchlauf: Zur Frage der Wertanpassung der Sportförderung – ich bin jetzt tatsächlich bei Kollegen Köllner –: Ja, da gebe ich Ihnen recht. Ich sehe da für die nächsten Runden – es gibt ja da verschiedene Materien, die gerade bei Ihnen im Haus vielleicht weiterverhandelt werden oder schon als Regierungsvorlage hereinkom­men – Möglichkeiten, diese Wertanpassung vorzunehmen. Das ist ein berechtigtes Anliegen, und ich denke, dass mit der Ernennung des neuen Finanzministers, der eine gewisse Sportaffinität ja nicht verbergen kann, die Chancen noch einmal gestiegen sind.

Zur Frage der Menschen mit körperlichen oder geistigen Handicaps: Es berührt mich sehr, wenn Sie das sagen. Da können wir aber noch im Dialog bleiben. Es gibt da zu­sätzliche Schwerpunktsetzungen. Natürlich sind diese Organisationen – ich kenne sel­ber welche, wenn Sie so wollen, auch aus indirekter persönlicher Betroffenheit – auch auf Spenden angewiesen. Das ist richtig. Tatsächlich versuchen wir aber, da mehr als früher hineinzulegen. Wenn es da aber noch weitere Ideen gibt: gerne. Mittel sollten zusätzlich noch kommen.

Ich möchte nur schon darauf hinweisen: Wir haben in diesen zwei Jahren vier Schwer­punktsetzungen gewählt, die natürlich teilweise mit diesem 2020er-Bericht noch nicht ganz vorliegen. Das sind eben die Inklusion, die Sie angesprochen haben, aber auch Integration – da ist ja früher auch schon etwas passiert –, im Speziellen auch Frauen­förderung, vor allem im Gleichstellungsbereich, auch nachhaltige Sportstättenbauten oder auch Abhaltung von nachhaltigen Sportereignissen, wie vorher beschrieben. Das sind die Schwerpunkte. Das zeichnet sich zum Teil schon ab, aber wenn es da Weiteres gibt: gerne.

Kommen wir noch einmal zum Finanzminister! Wenn wir über die tägliche Bewe­gungs­einheit reden: Das ist ein großes und wichtiges Thema, da stimmen wir überein. Ich würde aber auch den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP recht geben, die hier schon gesagt haben, so weit wie jetzt waren wir noch nie. Es ist nur die Frage, ob wir uns immer über das Gleiche unterhalten, denn wenn ich jetzt wieder höre, dass das voll in den Lehrplan der Schulen integriert werden soll, dann weiß ich nicht, wie schnell wir da weiterkommen.

Abgesehen von den Berechnungen des Bildungsministeriums und unseren Schätzun­gen – weil es da logischerweise vor allem um das Bildungsministerium geht; wir können ja nicht dem Bildungsministerium die Lehrpläne oder die Stundentafeln diktieren; selbst das ist in Österreich auf gesetzlicher Basis zu machen, also ist es eh bei Ihnen –: Dazu, dass wir den Weg wählen – den halte ich für sehr kreativ –, in einer Art Mischsystem zu diesen mindestens fünf Bewegungsstunden von Montag bis Freitag zu kommen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, und das wird jetzt in einigen gar nicht so wenigen Modell­regionen über verschiedene Bundesländer ausgerollt. Ich finde, das ist eine gute Sache. Da muss ich mich gar nicht selber loben. Es war ja der Bildungsminister, damals noch Kollege Faßmann, durch den das erste Mal seit Langem, glaube ich, seit in Wahrheit immer mehr Stunden von der Stundentafel verschwunden sind – ich glaube, damals hat es sogar noch Leibesübungen geheißen –, da irgendetwas passiert ist. Da ist wirklich etwas weitergegangen.

Sie werden wahrscheinlich einen besonderen Blick darauf haben, weil das Burgenland – ich muss das positiv erwähnen, weil Sie auch Abgeordneter aus einem dortigen Regio­nal­wahlkreis sind – da wirklich deutlich voran ist. Gleichzeitig – und jetzt bin ich auf der einen Seite beim Finanzminister und auf der anderen Seite beim Föderalismus – muss man ein bisschen aufpassen, denn wenn alles gleichzeitig stimmt, kommen wir nie voran: Das Ganze würde selbst in dieser eher innovativen Form, bei der man mit Vereinen zusammenarbeitet, bei der auch von außen Coaches, TrainerInnen, die natür­lich auch in Didaktik ausgebildet sind, zusätzlich zu den Lehrkräften, die dort schon vorhanden sind, in die Schulen kommen können, noch viele zig Millionen Euro kosten.

Beim anderen Modell – wenn wir das voll in den Stundenplan integrieren – sind wir bei 200 Millionen Euro. Dann weiß ich auch nicht, welche Stunden dafür reduziert werden sollen. Mir haben ja mehrere Menschen aus dem Bildungsministerium gesagt, wie schwierig das ist. Ich bitte nur darum, diese Abwägung als Notwendigkeit zu erkennen. Die wird gemacht.

Wofür ich dann schon noch Verständnis habe, ist, wenn die Bundesländer sagen: Na gut, wir wollen wissen, wie es am Schluss ausschaut und wer das alles zahlt! Da kommt auch wieder das Geld ins Spiel.

Wofür ich weniger Verständnis habe, wenn wir uns darauf in mehreren Konferenzen – Bund-Länder-Konferenzen – verständigen, ist, dass am Schluss dann wieder aufgezeigt wird, und da reichen ja wenige Bundesländer – das Burgenland ist eh nicht dabei –, die dann sagen: Nein, jetzt wollen wir es erst wieder nur im Lehrplan haben!, weil man damit alles, die ganze Arbeit, wieder an den Anfangspunkt zurückweist. Ich habe da auch noch einmal ausführlich Stellung genommen, weil dieses ja eines der größten Projekte ist, bei dem wir total darauf angewiesen sind, dass alle Ebenen zusammenarbeiten.

Letzter Punkt: Stichwort Bundesländer. Es wurde, auch von Abgeordneter Steger, aber auch von manchen anderen, hier erwähnt, dass der Sportbericht auch die Länder­för­derung beinhalten soll. Nun ja, erstens ist es sowieso so, dass die Kompetenz zum Sport in Österreich eine Länderkompetenz ist und wir halt als Bund fördern – das ist unser Hauptinstrument –, über verschiedene Kanäle. Wenn die Länder einmelden, ist es gut. (Zwischenruf der Abg. Steger.) Es ist nicht so gewesen, dass wir keine Versuche gestartet hätten, wir wollten nur auf keinen Fall warten. Ich habe aber schon im Aus­schuss gesagt, dass ich die Anregung gerne aufnehme, dass die Länder eingeladen werden, dass man einen Bericht hinzufügt, aber das wird halt ein Vorlagedatum brauchen, weil wir mit dem ganzen Bericht nicht werden warten können, bis alle neun Bundesländer da sind.

Ich bin da sehr gesprächsoffen, das kann man so machen. Noch schöner wäre es, wenn die Rubriken vergleichbar wären. Noch schöner wäre es, wenn man dann übereinan­derlegen könnte, wo Mehrfachförderungen passieren könnten, die man vielleicht gar nicht will et cetera, et cetera. All das sind sinnvolle Dinge, das ist alles richtig. Nur sollte es, da die Mühlen sehr langsam mahlen, insbesondere weil der Föderalismus in Österreich beheimatet ist, nicht dazu führen, dass kein Sportbericht vorliegt und Sie dann wieder 15 Jahre warten, bis der nächste kommt. Da wird Ihnen der Föderalismus auch fad, aber da würden wir uns ja treffen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.21

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Andrea Holzner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.