Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Vollspaltenbö­den sind eine Qual und müssen weg: Das sehen laut einer Umfrage 96 Prozent der Bevölkerung in Österreich so, das sehen im Wesentlichen auch alle Parteien hier im Haus – bis auf die Ihre – so. Das kostet 250 Millionen Euro, das muss es unserer Gesell­schaft wert sein, deswegen meine Frage:

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„Wieso blockieren Sie so vehement das von der SPÖ geforderte Ende der Vollspaltenbö­den, das innerhalb der nächsten fünf Jahre durch einen Förderschwerpunkt bei den Agrarfördermitteln und durch eine Änderung im Tierschutzgesetz erreicht werden könn­te?“ (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sie sprechen da ein ganz wichtiges Thema an, das ist das Tierwohl. Ich glaube, Tierwohl ist nicht nur ein großes Anliegen der Bevölkerung, sondern vor allem auch der Bäuerin­nen und Bauern. Wir haben im Jahr 2020 gemeinsam mit der Branche in Österreich einen großen Tierwohlpakt erarbeitet.

Das, was Sie jetzt ansprechen – dass es eine entsprechende Förderung geben soll –, gibt es bereits seit 1.1.2021: Es werden in Österreich ausschließlich tierwohlfreundliche Ställe gefördert und finanziell unterstützt. Gleichzeitig haben wir im GAP-Strategieplan versucht, die Mehrkosten, die für die Bäuerinnen und Bauern entstehen, zu einem Groß­teil abzudecken, weil vor allem die Stroheinstreu etwas sehr, sehr Teures ist. Wir können das aber nicht vollumfänglich machen. Die Produktion ist das eine; das Tierwohlfleisch ist in der Produktion trotzdem um ein Vielfaches teurer (Zwischenruf bei der SPÖ) – Tier­wohlfleisch ist rund ein Drittel teurer, Bioschweinefleisch ist rund um die Hälfte teurer. Das bedeutet, wir versuchen, auf der einen Seite mit Investitionsanreizen den Umbau zu gestalten und auf der anderen Seite den Bäuerinnen und Bauern die Mehrkosten abzugelten.

Das, was wir jetzt noch brauchen, sind die Konsumentinnen und Konsumenten, die be­reit sind, zu tierwohlproduziertem Fleisch zu greifen und diese Produktion damit zu un­terstützen. Wir sind aktuell mit einer enormen Teuerung konfrontiert, gerade im Schwei­nebereich produzieren die österreichischen Landwirte seit Monaten nicht mehr kosten­deckend. Das geht zu diesen Preisen gar nicht mehr.

Ein weiteres Problem, das wir aktuell auch haben – Sie sind ja auf Gemeindeebene durchaus sehr bewandert –, ist die Stallwidmung. Tierwohlfreundliche Ställe sind wegen der offenen Haltungssysteme geruchsintensiver. Wir sehen zurzeit auf betrieblicher Ebe­ne die große Schwierigkeit, dass Betriebe zwar umstellen wollen, dass sie von uns auch die Förderung bekommen, dass es dann aber sehr oft auf regionaler Ebene scheitert, weil die Widmungen nicht erfolgen.

Wir haben in der Schweineproduktion in Österreich aktuell einen Selbstversorgungsgrad von 100 Prozent, das heißt, wir sind nicht von Importen abhängig. Das Thema Versor­gungssicherheit war ja gerade in der ersten Hälfte der Fragestunde ganz zentral. Wir werden alles dafür tun, dem Wunsch der Gesellschaft Rechnung zu tragen, die bäuer­liche Produktion in Österreich auch abzusichern, weil ansonsten die Folge wäre, dass die Produktion ins Ausland abwandert. Dort sind die Spaltenböden nicht nur gängiger Standard, sondern in vielen Ländern der alleinige Standard.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lercher?

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr gerne, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin, deswegen fordern wir ja keine kosmetischen Förderungen, sondern or­dentliche Förderungen für die Bäuerinnen und Bauern, damit das leidige Thema endlich erledigt ist. Die Zahlen, auf die wir uns berufen, kommen ja, soweit ich weiß, von einem Experten, der von der ÖVP nominiert wurde. Das ist im Gesundheitsausschuss auch so diskutiert worden.

Wenn ich ehrlich bin: Ich höre von Ihnen nur Ausreden, aber keine Lösungen zu diesem Thema. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein Problem und deswegen ist meine Frage: Warum sind Sie gegen Tierwohl? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: So ein Blödsinn!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Abgeordneter Lercher, ich muss Ihnen vehement widersprechen. Wenn Sie be­haupten, dass 120 Millionen Euro Investitionsförderung pro Jahr, die bestmögliche Bera­tung und Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern (Zwischenruf des Abg. Matznetter) und die Herkunftskennzeichnung, die ein ganz zentrales Element sein wird – vor allem für verarbeitete Produkte, denn Frischfleisch wird bereits gekennzeichnet; das, was es braucht, ist vor allem die Kennzeichnung von verarbeiteten Produkten, und dazu wird der Gesundheitsminister auch sehr bald etwas vorlegen (Zwischenrufe der Abgeordne­ten Greiner und Matznetter) –, kosmetische Maßnahmen sind, dann schauen Sie bitte einmal über die eigene Stalltüre hinaus (Zwischenrufe bei der SPÖ) in andere Länder der Europäischen Union, womit die kämpfen, wie wenig die in diesem Bereich tun. (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Wenige Hundert Meter von der österreichischen Staatsgrenze entfernt entstehen gerade riesige Schweinemastbetriebe rein auf Vollspaltenböden, weil dort die Chance gesehen wird, billig zu produzieren und nach Österreich zu importieren. Wir können diesen Weg der Umstellung nur gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern und nur gemeinsam mit den Konsumentinnen und Konsumenten gehen, und dann werden wir es auch schaffen. Alles andere wird nicht funktionieren. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Lin­dinger. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben es gerade angesprochen: Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten zu den höchstmöglichen Produktionsstandards, vor allem was den internationalen Vergleich betrifft, und produzieren qualitativ hochwertige Lebensmittel. Wir wissen, dass die ge­sellschaftlichen Anforderungen vor allem im Bereich des Tierwohls größer werden.

Wir alle sind daran interessiert, eine positive Weiterentwicklung zu unterstützen. Eines muss aber klar festgehalten werden: Der Wert der Lebensmittel muss sich auch ent­sprechend im Preis abbilden. Ich sage Danke für Ihren Einsatz. Es wäre wünschenswert, dass auch andere Player entlang der Wertschöpfungskette den Bäuerinnen und Bauern diese Wertschätzung entgegenbringen.

Meine Frage: Wie unterstützt der GAP-Strategieplan 2023 die heimischen Betriebe beim Umstieg auf noch tierwohlgerechtere Haltungssysteme? (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Den einen Teil habe ich bereits angesprochen, das ist vor allem die Investitionsförde­rung. Ich bringe noch einmal den Hinweis, dass wir nur mehr tierwohlfreundliche Ställe fördern, das aber nicht erst seit jetzt, sondern bereits seit eineinhalb Jahren. Das war ein ganz, ganz wichtiger Schritt, gemeinsam mit der Branche, nicht gegen die Bäuerinnen und Bauern und aus einer moralischen Überhöhtheit heraus, sondern durchaus auch die Praxis betrachtend.

Das Zweite ist der GAP-Strategieplan, da wollen wir über die Öpul-Maßnahmen Mehr­kosten, beispielsweise für Beschäftigungsmaterial, Stroheinstreu, zusätzlich abgelten. Der GAP-Strategieplan ist gerade bei der Europäischen Kommission zur Genehmigung.

Gleichzeitig ist auch die Weidehaltung ein ganz wichtiges Thema: Grünlandwirtschaft ist in Österreich ganz entscheidend und bedeutend. Wir wollen auch im Bereich der Weide­haltung zusätzliche Prämien kalkulieren und an die Bäuerinnen und Bauern als Unter­stützung auszahlen, damit sie die Weidehaltung stärker in Anspruch nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind – ein paar Kollegen sind entschuldigt –, darf ich die Fragestunde für beendet erklären und mich bei der Frau Minister recht herzlich für ihre Auskunft bedanken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)