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Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme auch Stellung zu dem sogenannten Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, bei dem es in Wirklichkeit darum geht, Sanktionen der Europäischen Union umzusetzen und, wie schon gesagt wurde, verboten wird, RT – Russia Today – und andere derartige Sender in Österreich zu ver­breiten, und zwar mit einer Strafdrohung bis zu 50 000 Euro. Das ist der Inhalt.

Das reiht sich ein in eine Kultur, die wir schon in den letzten Jahren in sehr unangeneh­mer Weise beobachten durften, diese Cancel Culture, also diese Kultur des Entfernens, des Löschens, bei der es nicht darum geht, sich mit anderen Meinungen, die vielleicht unangenehm sind, die vielleicht auch nicht richtig sind, auseinanderzusetzen, zu disku­tieren, sondern da geht es um das Entfernen, das Wegschieben – und nicht um das Auseinandersetzen. Das ist eine ganz negative Entwicklung, die mit diesem Gesetz auch noch vorangetrieben wird.

Es ist schon richtigerweise darauf hingewiesen worden: In Russland wird total gelöscht, da werden Meinungen stark unterdrückt, wesentlich unterdrückt. Viele Russen wissen gar nicht, was passiert. Warum stellen wir uns aber auf dasselbe Niveau? Warum stellen wir uns auf dasselbe Niveau und glauben, es ist sinnvoll, einen Teil der Berichterstattung zu verbieten? Natürlich ist es Propaganda, keine Frage, aber glauben wir, dass von der anderen Seite nicht auch Propaganda gemacht wird? – Das halten wir aus. Freiheit heißt, sich zwischen verschiedenen Punkten, zwischen verschiedenen Positionen ent­scheiden zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich nur einen Teil vorgebe, dann brauche ich nicht mehr von Freiheit zu sprechen. Meinung muss man sich bilden. Wenn eine Meinung vorgegeben wird und es nur diese eine Meinung gibt, dann gibt es keine Meinungsbildung. Was glaubt man oder was denkt man vom Menschen in Österreich, dass man davon ausgeht, dass er nicht in der Lage ist – wenn er noch dazu, wie ja gesagt wurde, aufgeklärt wird, informiert wird –, sich seine Meinung zu bilden? Haben wir wirklich so ein Menschenbild, dass wir glauben, wir müssen genau vorgeben, was zu denken ist und was berichtet werden darf und was nicht?

Christian Ortner hat das so auf den Punkt gebracht, er hat gesagt: „Diese Form des betreuten Medienkonsums ist charakteristisch für autoritäre Systeme wie China oder eben auch Russland“. – Das ist völlig richtig. Wir machen das aber leider auch, und das ist eine ganz negative Entwicklung. Man muss dabei ja vor allem immer bedenken: Was ist denn das Ergebnis? – Das ist genau das, wovor gewarnt wird, genau das erzeugen wir damit. Wenn ein Teil einer Berichterstattung gelöscht wird, wenn man den nicht sehen darf, dann entstehen natürlich Mythen, dann denke ich mir: Warum darf das nicht berichtet werden, vielleicht ist irgendwo doch ein Funken Wahrheit dabei? Was haben die anderen für eine Angst, dass sie das nicht berichten? – Dann entstehen Verschwö­rungstheorien, dann entsteht Misstrauen.

So ganz von der Hand zu weisen ist es natürlich nicht. Denken wir nur an die Coronazeit! Was wurde alles als Fakenews verboten, aus den sozialen Medien geradezu gelöscht: Es wird keine Einschränkungen der Grundrechte geben; es wird keine Impfpflicht ge­ben – na, Wahnsinn, das muss bekämpft werden; wir alle kennen diese Zitate –; es gibt keine wesentlichen Impfnebenwirkungen; nein, die Geimpften und die Ungeimpften sind völlig unterschiedlich infektiös. – Allein das Wort vollimmunisiert, wie lange ist das hier in den Mund genommen worden? – Reinste Fakenews!

Das ist auch ein Teil dessen, was zu Misstrauen führt, wenn sich im Nachhinein nämlich herausstellt, es hat einiges von dem, was da unterdrückt wurde, doch gestimmt.

Bitte passen wir daher auf, wir machen da eine ganz gefährliche Gratwanderung! Wir gehen auf einem ganz gefährlichen Boden, denn wir müssen den Menschen nicht mit­geben, was sie denken sollen, sondern wie sie denken sollen. Das ist das Menschenbild, das wir verbreiten wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir sehen, was sich da abspielt, und dann schauen, was auf der europäischen Ebene passiert, auf der es noch weiter geht: Wahrscheinlich noch im März wird eine Verordnung beschlossen, dass auf europäischer Ebene die verschlüsselten Chats auf den Mobiltelefonen beobachtet werden müssen. Das heißt, genau das, was in Russland die letzte Möglichkeit ist, sich ordentlich oder noch geheim zu verbinden, nämlich genau diese End-to-End-Verschlüsselung, das, was zum Teil hier auch gepriesen wird – Gott sei Dank gibt es das noch!, das, mit dem man in Russland noch irgendwie Informationen weitergeben kann –, wird jetzt auf europäischer Ebene beobachtet und wird dann hin­tertrieben.

Da geht es nicht darum, dass man damit illegale Dinge erreicht – ja, natürlich auch. Es gibt aber nun einmal rein menschlich ein großes Bedürfnis nach vertraulicher Kommu­nikation, sei es mit Freunden, mit einem Anwalt, mit dem Arzt, was auch immer. Wir haben nicht umsonst ein Briefgeheimnis, das verfassungsrechtlich sehr stark geschützt ist. Und da greifen wir jetzt ein, und das ist diese Tendenz: Wir glauben, wir müssen den Menschen so bevormunden, wir müssen ihm vorgeben, was er zu denken hat, und wir müssen genau wissen, was er kommuniziert.

Das betreiben Sie unter anderem auch mit dem, was Sie heute machen. Nicht alles, was sich Ermittlungsbehörden wünschen, ist mit der Freiheit kompatibel – das ist der ent­scheidende Punkt. Wenn wir so weitermachen, sind wir auf einem ganz schlechten Weg.

Daher: Trauen wir uns und unserer Gesellschaft und dieser Demokratie zu, dass sie sich ihre Meinung bildet, dass sie das aus verschiedenen Positionen betrachtet, denn wir sind ja überzeugt davon, dass wir die richtige Position einnehmen, und wir sind überzeugt, dass wir einen Angriffskrieg, einen verbrecherischen, erkennen und auch verurteilen können. Begeben wir uns aber nicht auf dieses Niveau, wie es andere Staaten machen, die wir ablehnen! (Beifall bei der FPÖ.)

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