18.53

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ich verspreche: nur wenige Anmerkungen. Erstens einmal: Frau Kolle­gin Gewessler ist tatsächlich bei der Internationalen Energieagentur in Paris (Abg. Schnedlitz: Im Privatjet, oder?), wo es genau darum geht, im globalen Kontext wiede­rum Vorsorge zu treffen, was die – zugegeben – fossilen Energieträger betrifft. Es geht um die Frage der weltweiten Ölmärkte, um die Gasmärkte und so weiter. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das sollte durchaus in unserem Interesse sein, und es ist schon gut, wenn die österreichischen Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter dort teilnehmen. Ich möchte ja nicht wissen, wie die Debatte wäre, wenn es umgekehrt wäre, da könnten Sie die Lautstärke dann noch verdoppeln. Wir müssen schon konsistent bleiben, glaube ich.

Das andere ist: Ich würde der Erstrednerin, Frau Abgeordneter Graf, recht geben, sich in dieser Situation einmal darauf zu konzentrieren, was jetzt akut zu tun ist. Im Kontext der gesamten Gasbevorratung und Gassicherheit ist das ja auch nur ein kleinerer Teil, aber es ist einmal ein Teil, bei dem man auch schnell vorankommt. Ich danke auch den Fraktionen für diese Verhandlungen dafür, dass wir diese strategische Reserve im Um­fang, wie es Abgeordneter Kassegger ja genau ausgeführt hat, einmal aufbauen und herstellen. Das ist ein erster Schritt, er ist tatsächlich schnell gelungen, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem Kontext wird es fast ein bisschen philosophisch, über Markt und Marktversa­gen zu philosophieren. Ich glaube, man kann darüber reden, wie weit es unter anderen Vorzeichen auf Energiemärkten sinnvoll wäre, ohne besondere, großartige Regeln zu arbeiten. So gesehen kann man immer behaupten: Jedes Marktversagen ist auch ein Staatsversagen, weil der Staat für die Regeln zu sorgen hat – dieser Meinung bin zum Beispiel ich; dann darf man ruhig Marktwirtschaftler sein.

So etwas wie die Gasbevorratung zu betrachten, gerade für Krisenzeiten und unter den Vorzeichen, die sich ja zum Teil schon seit dem Sommer ergeben haben, ist aber etwas ganz anderes als generell die Betrachtung eines Energiemarkts. Auch darüber, wie viele Regeln und wie viele Nichtregeln es gibt, darf man da diskutieren. Dass das aber jetzt ohne Weiteres in den Zustand geführt hat, dass die Speicher relativ gering gefüllt sind, jedenfalls gemessen an der Kapazität, die sie haben? – Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen – auch für die öffentliche Debatte –, dass ja die Kapazitäten massiv erhöht wurden und deshalb heutige 15 Prozent vor zehn Jahren 30 Prozent ge­wesen wären. Wenn Sie das einmal mit dem Rechenschieber nachvollziehen, würde man vielleicht auch weniger Verunsicherung hineinbringen. Darum geht es mir aber noch gar nicht.

Derartige, wenn man so will, Verwerfungen in den Preisen – Preisen und Kosten – kön­nen ja nur Ausdruck von mehrerem sein: davon, dass die Basiskosten in der realen Wirt­schaft wirklich so steigen – da ist sicher viel dran, weil es andere Knappheitsfaktoren und restriktive Faktoren gibt, die haben wir ja in vielen Bereichen der Märkte –; dann gibt es Erwartungen für die Zukunft, die einmal – so weit, so logisch, wenn man so will; wenn Sie es moralisch wollen: so brav und so gut es geht – von Marktteilnehmern abgebildet werden; und dann gibt es natürlich vielleicht oder oft auch noch spekulative Elemente. Das alles ist Preiskomponente.

Abgeordneter Kopf hat vorhin einen sehr, sehr weisen Zwischenruf gemacht. Er hat gesagt: Na ja, der Markt funktioniert so weit einmal in den Marktsignalen, als die Preise besonders gestiegen sind! Das ist völlig richtig, das wird angezeigt. Die Frage ist ja, was am Schluss das Gesamtergebnis für eine Gesellschaft ist, und es war klar, dass bei diesen steigenden Preisen und auf diesem Preisniveau der Anreiz, das einzulagern, wenn das alles nur bei Privaten ist, relativ gering ist. Die hätten ja sozusagen im letzten Sommer und im Frühherbst schon glauben müssen – und offensichtlich haben sie an die kriegerischen Ereignisse nicht wirklich geglaubt –, dass heuer, jetzt und in den nächsten Monaten, die Preise noch viel höher sein werden. Na dann hätten sie es um den Preis eingelagert, das ist doch völlig klar. Aber – so viel zur Versöhnung – mit diesem kriegeri­schen, völkerrechtswidrigen Angriff hat offensichtlich wirklich niemand rechnen dürfen.

Insofern ist es, glaube ich, ein bisschen müßig, zu philosophieren, was Markt an dieser Stelle mehr oder weniger bedeutet. Es ist jedenfalls etwas zu tun. Das haben Sie ge­macht. Jedenfalls wird die große Mehrheit der Abgeordneten zustimmen, wenn ich das richtig verstehe, und ich halte das für außerordentlich wichtig und richtig, dass wir diesen Schritt einmal setzen.

Weitere werden folgen müssen, denn es geht ja immer noch darum, dass einerseits die Energieversorger möglicherweise einen Beitrag leisten müssen – da muss man auch schauen, dass sie es derstemmen und wo wir unter die Arme greifen können –, und erst recht geht es darum, am Ende der Kette auch die Kunden in der Industrie so gut wie möglich drüberzubringen.

Ich möchte dazusagen: Wir reden immer davon, dass wir uns drei Pullover stricken und uns vielleicht so solidarisch zeigen können, weil uns in den Wohnungen, wo mit Gas geheizt wird, kalt wird, aber es gäbe Wohlstandsverluste, die dadurch entstehen, wenn hochwertigste und gar nicht so wenige Industriebetriebe in Oberösterreich, in der Steier­mark im Speziellen, nicht mehr produzieren können – und es ist einfach so: Wir sitzen in der Falle, darüber brauchen wir nicht zu reden. Da bin ich wieder bei Frau Abgeordneter Graf: Wir lassen heute die Vergangenheit weg, aber wir sitzen in der Falle; ja, das ist so. Jetzt muss man kurzfristig etwas tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Wertschöpfungsverlust, der dadurch entstehen würde – das ist auch in der Bun­desrepublik Deutschland nicht so viel anders, und in anderen Ländern auch, aber spe­ziell in Österreich, wenn man das auf Arbeitsplätze umrechnet, wenn nicht alles wieder gestemmt werden kann, und weil wir auch nicht ewig alles werden zahlen können; das hat der Finanzminister jetzt schon einmal dezent angedeutet, insbesondere wenn ir­gendwann die Zinsen wieder steigen –, bringt uns in eine knifflige Situation, und deshalb muss man Schritt für Schritt vorgehen.

Es geht eben am Schluss um alle, und deshalb ist es auch so, dass da die Industrie, die Industriebetriebe unser besonderes Augenmerk verdienen – im Interesse von uns allen! Aber da werden wir erst hinkommen, das wird auch nicht leicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Letzter Punkt: der Vergleich mit Deutschland, der kommen musste – das ist völlig legitim. Abgeordneter Schroll hat, glaube ich, davon gesprochen, was sich dort im ersten oder im zweiten Maßnahmenpaket wiederfindet. Na ja, es wurde die Mineralölsteuer ange­sprochen, und ich verstehe das im Übrigen gut, dass man immer wieder auch auf diesen tatsächlichen oder vermeintlichen Lösungsvorschlag für diese Preisschwankungen und Preisanstiege, die es da gibt, kommt, so weit, so gut, insbesondere dann, wenn sich die Preise womöglich verdoppeln würden. Es ist ja nicht so, dass man da mit uns nicht da­rüber reden könnte.

Nur, eines haben Sie vielleicht bei Ihrer Kalkulation übersehen, nämlich dass durch diese Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland beim Benzin die Preise ähnlich sein werden wie in Österreich und beim Diesel immer noch deutlich höher. Also es kommt schon aufs Preisniveau an: Liegt der Preis für den Liter Treibstoff bei 2,50 Euro oder liegt er bei 1,80 Euro? Ich sage eh immer, rabiate Preisanstiege und Verwerfungen sind als solche schon ein Problem, und auch da gilt es wieder, sowohl auf die Konsumen­tinnen und Konsumenten als auch auf die Industriebetriebe zu schauen, aber wir haben das ja im Auge.

In Österreich wurde halt alternativ das Pendlerpauschale gewählt, weil das, auch wenn es da Diskussionen und Kritik gibt, zumindest einmal die Pendlerinnen und Pendler adressiert. Der Pendlereuro ist ja genau das, was die Lösung für die Frage ist, dass alle zumindest für Vergleichbares gleich viel kriegen, jetzt sogar mit der Möglichkeit der Gel­tendmachung einer Negativsteuer. Das ist einmal nicht so wenig. Beide Pakete sind nicht klein.

Man kann über jede Maßnahme diskutieren, nur wenn ich mich an die gestrige Aktuelle Stunde erinnere, muss ich schon sagen, man soll es zumindest nicht kleinreden, denn allein vom Volumen her ist das jedenfalls schon mehr als in jedem vergleichbaren euro­päischen Land. Das sollten wir bei aller Differenz vielleicht wenigstens so weit würdigen, nur dahin geht mein Appell. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abschließend noch einmal danke, dass genau umgekehrt herum für die heutigen Maß­nahmen, für diese Novelle hier die notwendige Zweidrittelmehrheit gesichert ist, und ein Dankeschön für das offensichtlich gute, konstruktive Verhandeln. – Danke schön. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

19.02

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke. Für Kogler’sche Verhältnisse war das eine wirklich kurze Einmeldung.