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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

149. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 24. März 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

149. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode                 Donnerstag, 24. März 2022

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 24. März 2022: 10.06 – 20.57 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der Pro­gramme im Rahmen des Ziels „Investitionen in Beschäftigung und Wachstum in Mit­gliedstaaten und Regionen“ und des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit (In­terreg)“ für die Periode 2021 bis 2027

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digitalsteuerge­setz 2020 geändert werden

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Au­diovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1621/A(E) der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der digitalen Medientransformation

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2322/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungs-Zweckzuschussgesetz des Bundes zur Umsetzung eines Gratis-Angebots in der Elementarpädagogik

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 geändert werden

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1672/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussteuerungssystem des ÖVP-Wirt­schaftsbundes gegen Arbeitslosen in Österreich in Zeiten der Corona-Arbeitsmarktkrise

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1927/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Einführung einer Lehrabschlussprämie

10. Punkt: Bericht über den Antrag 2334/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Mar­kus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­marktservicegesetz geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz über die Regelung der Beziehungen im Bereich der sozialen Sicherheit im Verhältnis zur Provinz Québec


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 2

12. Punkt: Bericht über den Antrag 2241/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kreditvergabe an Pensionist*innen

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2107/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „1.000 Euro Österreich-Gutschein“

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2001/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kas­segger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Energiearmut verhindern – keine Strom- und Gaspreiserhöhungen durch öffentliche EVUs

15. Punkt: Bericht über den Antrag 2229/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Preismonitoring, Inflationsstopp und Einführung einer Treibstoffpreisdeckelung

16. Punkt: Bericht über den Antrag 2302/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inflationsausgleich um 4,0 Prozent für alle Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension (Pensionsanpassung 2022)

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2340/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Änderung des Tabakmonopolgesetz 1996 und des Bundes­vergabegesetz Konzessionen 2018 – BvergGKonz 2018

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1781/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das All­gemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

19. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

20. Punkt: Bericht über den Antrag 2350/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2344/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ge­sundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2317/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Energieberatung und zusätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut“

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2325/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Aussagekräftige Statistik durch die FMA zum Basiskonto“

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2177/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Erstanlaufstelle Zahlungsverzug-Umsetzung bis zum 31. März 2022“

25. Punkt: Bericht über den Antrag 1627/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Bundesreparaturbonus

26. Punkt: Bericht über den Antrag 2316/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“

27. Punkt: Bericht über den Ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle für den Zeitraum 25.07.2020 bis 24.07.2021

28. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Beendigung der Rechtswirkungen des Art. 11 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Re­publik Österreich und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den Schutz von Investitionen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 3

29. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Lettland zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Lett­land über die Förderung und den Schutz von Investitionen

30. Punkt: Bericht über den Antrag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gas­wirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird, sowie über den

Antrag 2324/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Schaffung strategischer Erdgasreserven in Österreich

31. Punkt: Bericht über den Antrag 1805/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtin­ger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen

32. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 30, 32, 54, 64 und 68 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 33 und 36 bis 39

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ........................................................................................................      18

Ordnungsruf ..............................................................................................................      44

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried betreffend Mikrofon­ausfall ........................................................................................................................      20

Antrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2227/A der Abge­ordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 25. März 2022 zu setzen – Ablehnung ........................  40, 228

Antrag der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer und Andreas Ottenschlä­ger, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorla­ge 1424 d.B., „Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (40. KFG-Novelle)“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 26. April 2022 zu set­zen – Annahme ...........................................................................................  40, 228

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG ..............................................................................................................      41

Fragestunde (12.)

Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ..........................................................      18

Dipl.-Ing. Georg Strasser (146/M); Cornelia Ecker

Cornelia Ecker (150/M); Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Michel Reimon, MBA


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 4

Peter Schmiedlechner (144/M); Carina Reiter

Dipl.-Ing. Olga Voglauer (155/M); Petra Vorderwinkler, Alois Kainz

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (153/M); Clemens Stammler, Peter Schmiedlechner

Eva-Maria Himmelbauer, BSc (147/M)

Kai Jan Krainer (151/M)

Mag. Gerald Hauser (145/M) (nicht anwesend)

Barbara Neßler (156/M); Mag. Ernst Gödl, MMag. Katharina Werner, Bakk., Joa­chim Schnabel

Mag. Julia Seidl (154/M) (nicht anwesend)

Franz Hörl (148/M); Melanie Erasim, MSc

Maximilian Lercher (152/M); Ing. Klaus Lindinger, BSc

Mag. Corinna Scharzenberger (149/M) (nicht anwesend)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ................................................................................................      18

Ausschüsse

Zuweisungen .......................................................................  40, 133, 133, 133, 133

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regie­rungsvorlage (1297 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern ge­mäß Art. 15a B-VG über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der Programme im Rahmen des Ziels „Investitionen in Beschäfti­gung und Wachstum in Mitgliedstaaten und Regionen“ und des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit (Interreg)“ für die Periode 2021 bis 2027 (1398 d.B.)         41

RednerInnen:

Mag. Ernst Gödl ......................................................................................................      41

Cornelia Ecker .........................................................................................................      42

Peter Schmiedlechner ............................................................................................      43

Clemens Stammler .................................................................................................      45

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................      45

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................      47

Andreas Kühberger ................................................................................................      47

Cornelia Ecker (tatsächliche Berichtigung) .............................................................      48

Klaus Köchl .............................................................................................................      49

Ing. Johann Weber ..................................................................................................      49

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................      50

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................      51

Genehmigung der Vereinbarung in 1398 d.B. ..........................................................      5


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 5

2

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1026 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digital­steuergesetz 2020 geändert werden (1382 d.B.) .....................................................      53

3. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf ei­nes Bundesgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird (1383 d.B.) .........................................................................................................      53

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1621/A(E) der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förde­rung der digitalen Medientransformation (1384 d.B.) ...............................................      53

RednerInnen:

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................      53

Gabriela Schwarz ....................................................................................................      54

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................      55

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................      59

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................      60

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................      61

Sabine Schatz ..........................................................................................................      62

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................      65

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................      66

Mag. Harald Stefan .................................................................................................      67

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerungsbremse für die Bürger statt Millionengeschenke für Medienkonzerne“ – Ablehnung .....................................................................  57, 69

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „digitale Transformationsförderung auch für den nichtkom­merziellen Rundfunk“ – Ablehnung ...............................................................  63, 69

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1382 und 1383 d.B. .................................      69

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1384 d.B. ................................................      69

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über die Regierungs­vorlage (1361 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 geändert wird (1388 d.B.) ........................................................................      70

RednerInnen:

Carina Reiter ............................................................................................................      70

Petra Wimmer ..........................................................................................................      71

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................      73

Barbara Neßler ........................................................................................................      74

Michael Bernhard ....................................................................................................      74

Norbert Sieber .........................................................................................................      77

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................      78

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................      79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch‑)Risi­kokinder“ – Ablehnung ..................................................................................  72, 86

Annahme des Gesetzentwurfes in 1388 d.B. ...........................................................      86


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 6

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den An­trag 2322/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Kinderbetreuungs-Zweckzuschussgesetz des Bundes zur Umsetzung ei­nes Gratis-Angebots in der Elementarpädagogik (1389 d.B.) .................................      80

RednerInnen:

Erwin Angerer .........................................................................................................      80

Joachim Schnabel ..................................................................................................      81

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................      82

Barbara Neßler ........................................................................................................      84

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................      85

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1389 d.B. ................................................      86

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1331 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsru­hegesetz und das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 geändert werden (1404 d.B.) ...................................................................................................      86

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1672/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Aussteuerungssystem des ÖVP-Wirtschaftsbundes gegen Ar­beitslosen in Österreich in Zeiten der Corona-Arbeitsmarktkrise (1418 d.B.) .........      86

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1927/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Einführung einer Lehrabschlussprämie (1405 d.B.) .............................      87

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2334/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicege­setz geändert wird (1406 d.B.) .................................................................................      87

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1360 d.B.): Bundesgesetz über die Regelung der Beziehungen im Bereich der sozialen Sicherheit im Verhältnis zur Provinz Québec (1407 d.B.) ...................      87

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé .............................................................................................      87

Bettina Zopf .............................................................................................................      90

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................      91

Mag. Markus Koza ..................................................................................................      92

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................      93

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................      94

Tanja Graf ................................................................................................................      96

Michael Seemayer ...................................................................................................      97

Kira Grünberg ..........................................................................................................      98

Peter Wurm ..............................................................................................................      99

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    100

Erwin Angerer .........................................................................................................    101

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Vertriebenen vor Ausbeutung am Arbeitsmarkt“ – Ablehnung ...................................................................................................  88, 133

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1404, 1406 und 1407 d.B. ............................    132

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1418 und 1405 d.B. ......................    132


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2241/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Kreditvergabe an Pensionist*innen (1408 d.B.) ..............................    102

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2107/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „1.000 Euro Österreich-Gutschein“ (1409 d.B.) ............................    102

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2001/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Energiearmut verhindern – keine Strom- und Gaspreiserhö­hungen durch öffentliche EVUs (1410 d.B.) .............................................................    102

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2229/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Preismonitoring, Inflationsstopp und Einführung einer Treibstoffpreisde­ckelung (1411 d.B.) ...................................................................................................    102

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2302/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Inflationsausgleich um 4,0 Prozent für alle Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension (Pensionsanpassung 2022) (1412 d.B.) ..............................    102

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2340/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Änderung des Tabakmonopolgesetz 1996 und des Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 – BvergGKonz 2018 (1417 d.B.) .............................................    102

RednerInnen:

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................    103

Mag. Markus Koza ..................................................................................................    104

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................    105

Mag. Klaus Fürlinger ..............................................................................................    106

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    107

Bundesminister Johannes Rauch ........................................................................    108

Mag. Verena Nussbaum .........................................................................................    109

Peter Wurm ..............................................................................................................    110

Mag. Markus Koza (tatsächliche Berichtigung) ......................................................    112

Kenntnisnahme der sechs Ausschussberichte 1408, 1409, 1410, 1411, 1412 und 1417 d.B. ...................................................................................................................    133

Zuweisung des Antrages 2241/A(E) an den Ausschuss für Konsumentenschutz        133

Zuweisung des Antrages 2001/A(E) an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie ...............................................................................................................    133

Zuweisung des Antrages 2229/A(E) an den Ausschuss für Konsumentenschutz        133

Zuweisung des Antrages 2340/A(E) an den Finanzausschuss ...............................    133

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1781/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz geändert wird (1413 d.B.) .......................................................    112


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 8

19. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsge­setz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Un­fallversicherungsgesetz geändert werden (1414 d.B.) .............................................    112

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2350/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzu­schussgesetz geändert wird (1415 d.B.) ..................................................................    113

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2344/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstele­matikgesetz 2012 geändert wird (1416 d.B.) ...........................................................    113

RednerInnen:

Josef Muchitsch ......................................................................................................    113

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................    116

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................    124

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................    127

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    129

Bundesminister Johannes Rauch ........................................................................    139

Kira Grünberg ..........................................................................................................    131

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „rasche Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölke­rung“ – Ablehnung .....................................................................................  115, 134

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 1413, 1414, 1415 und 1416 d.B. ..................    133

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 2317/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Ausbau der Energieberatung und zusätzliche Maß­nahmen gegen Energiearmut“ (1393 d.B.) ...............................................................    135

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 2325/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Aussagekräftige Statistik durch die FMA zum Basiskonto“ (1394 d.B.) .........    135

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 2177/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Erstanlaufstelle Zahlungsverzug-Umsetzung bis zum 31. März 2022“ (1395 d.B.) ................................................................................................................    136

RednerInnen:

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    136

Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................    137

Peter Wurm ..............................................................................................................    138

Peter Weidinger ......................................................................................................    139

Klaus Köchl .............................................................................................................    141

MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................    141

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................    142

Bundesminister Johannes Rauch ........................................................................    143

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................    144

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................    145


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 9

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1393 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Ausbau der Energieberatung und zusätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut“ (246/E) ...................................................................................    162

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1394 und 1395 d.B. ......................    163

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 1627/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Bundesreparaturbonus (1396 d.B.) ..................................................................    146

RednerInnen:

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................    146

Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................    147

Peter Wurm ..............................................................................................................    148

Mag. (FH) Kurt Egger ..............................................................................................    149

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................    150

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................    151

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1396 d.B. ................................................    163

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 2316/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ (1397 d.B.) ....................................................................    151

RednerInnen:

MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................    151

Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................    154

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    155

Petra Wimmer ..........................................................................................................    156

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................    157

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................    158

Bundesminister Johannes Rauch ........................................................................    159

Barbara Neßler ........................................................................................................    160

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................    161

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................    162

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1397 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ (247/E) .......................................................................................    163

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle für den Zeitraum 25.07.2020 bis 24.07.2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort (III­584/1390 d.B.) ...........................................................................    163

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (1330 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Beendigung der Rechtswirkungen des Art. 11 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1391 d.B.) ..................................    163


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 10

29. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Lettland zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Ös­terreich und der Republik Lettland über die Förderung und den Schutz von In­vestitionen (1419 d.B.) (Gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung) ..........    163

RednerInnen:

Erwin Angerer .........................................................................................................    164

Peter Haubner .........................................................................................................    167

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................    168

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    169

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    170

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ....................................................    171

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................    173

Maximilian Lercher .................................................................................................    174

Johann Höfinger .....................................................................................................    174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Genehmigungspflicht für alle in der Anlage zum Investitionskon­trollgesetz aufgelisteten Bereiche unbefristet ab einem Stimmrechtsanteil von 10 %“ – Ablehnung .................................................................................................  165, 192

Kenntnisnahme des Berichtes III-584 d.B. ...............................................................    192

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1391 und 1419 d.B. ...........................    193

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsge­setz 2011 (GWG 2011) geändert wird, sowie über den

Antrag 2324/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung strategischer Erdgasreserven in Österreich (1392 d.B.) ................................................................................................................    175

RednerInnen:

Tanja Graf ................................................................................................................    175

Alois Schroll ............................................................................................................    176

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................    177

Lukas Hammer ........................................................................................................    179

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    185

Christoph Stark .......................................................................................................    186

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    187

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................    188

Laurenz Pöttinger ...................................................................................................    189

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ...........................................................................    190

Annahme des Gesetzentwurfes in 1392 d.B. ...........................................................    193

31. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 1805/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1399 d.B.) ................................................................................................................    193

RednerInnen:

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................    194

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................    194

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................    195


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 11

David Stögmüller ....................................................................................................    199

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ..........................................................................    200

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................    202

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ...............................................................    203

Robert Laimer ..........................................................................................................    204

Ing. Mag. Volker Reifenberger ...............................................................................    208

Klaus Köchl .............................................................................................................    211

Alois Kainz ...............................................................................................................    212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets ,Militärische Angelegenheiten‘ auf 1 % des BIP“ – Ablehnung ........................................................................  197, 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaffung eines Streitkräfteentwicklungsgesetzes“ – Ablehnung .......................................  198, 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Mi­liz“ – Ablehnung .........................................................................................  206, 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstra­tegie“ – Ablehnung ....................................................................................  209, 213

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1399 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photo­voltaik-Anlagen“ (248/E) ...........................................................................................    213

32. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 30, 32, 54, 64 und 68 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 33 und 36 bis 39 (1381 d.B.) .........................................................................................    213

RednerInnen:

Andreas Kollross ....................................................................................................    214

Nikolaus Prinz .........................................................................................................    214

Petra Wimmer ..........................................................................................................    216

Christian Ries ..........................................................................................................    216

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    217

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................    218

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................    219

Michael Bernhard ....................................................................................................    220

Robert Laimer ..........................................................................................................    221

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................    221

Alois Kainz ...............................................................................................................    222

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    223

Hermann Gahr .........................................................................................................    224

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................    225

Peter Weidinger ......................................................................................................    225

Andreas Minnich .....................................................................................................    226

Martina Diesner-Wais .............................................................................................    227

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1381 d.B. hinsichtlich der Petitionen Nr. 30, 32, 54, 64 und 68 sowie der Bürgerinitiativen Nr. 33 und 36 bis 39 ............    228

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 12

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dringlichkeit der Ver­längerung des Härtefallfonds sowie des Ausfallsbonus (2406/A)(E)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend denkmalge­schützte Bausubstanz erhalten – Erhaltungsmaßnahmen forcieren – Denkmalfonds be­leben (2407/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ergebnisse der Kinderkostenstudie ernst nehmen – Anpassung der Regelbedarfssätze und Umsetzung der Unterhaltsga­rantie. Jetzt! (2408/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ergebnisse der Kinderkostenstudie ernst nehmen – Anpassung der Regelbedarfssätze und Umsetzung der Unterhaltsga­rantie. Jetzt! (2409/A)(E)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz (2410/A)(E)

Josef Muchitsch, Tanja Graf, Mag. Markus Koza, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab­fertigungsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (2411/A)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz und das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft geändert werden (2412/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich (2413/A)(E)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie (2414/A)(E)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sonderinvestitions­paket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets „Militäri­sche Angelegenheiten“ auf 1 % des BIP (2415/A)(E)

Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate (2416/A)(E)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2417/A)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (2418/A)

Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird (2419/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend 5-Punkte-Plan zum Schutz der Neu­tralität (2420/A)(E)

August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Erdgasabgabegesetz, das Elektrizitätsabgabegesetz und das Mineralölsteuergesetz 2022 geändert werden (2421/A)

Anfragen der Abgeordneten

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Umsetzung der Sanktionen (10210/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 13

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verfahren zur Berufsausübung bei Ärzten (10211/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend mangelhafte Zustellung von Wahlkarten im Zusammenhang mit der Gemeinde­ratswahl 2022 in Tirol (10212/J)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend „Airpower 2022 – ein falsches Signal!“ (10213/J)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Sicherstellung der ös­terreichischen Gasversorgung (10214/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Medikamenten Krise bei Hormonersatz-Therapien (10215/J)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Sicherstellung der österreichischen Gasversorgung (10216/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Diversität und Frauenförderung in der Justiz (10217/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Büro der Österreich Werbung in Moskau nach wie vor geöffnet (10218/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Reform Tourismusförderung: Umsetzung der Emp­fehlungen? (10219/J)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Sammlung alter Musikinstrumente (10220/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Meteorologie am Flughafen Innsbruck (10221/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend ID-Austria droht zum Kaufhaus Öster­reich 4.0 zu werden (10222/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Millionenskandal um Fristversäumnis bei einem gefährlichen Ter­roristen (10223/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 14

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Delogierungen und Schuldnerberatung für die Konsumenten (10224/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Bekämpfung des transnationalen Markts für Leihmutterschaft (10225/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gehaltsexekutionen seit 1.1.2020 (10226/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Liegenschaftsexekutionen und Schuld­nerberatung für die Konsumenten (10227/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Delogierungen seit 1.1.2020 (10228/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Werkvertrag „Workshop Beratung Kommunikation Covid 19-Impfung“ (10229/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Projekt „EMS Weiterentwicklung, Beratung 2020/2021“ – Besprechungstermin 9. Dezember 2020 (10230/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Projekt „EMS Weiterentwicklung, Beratung 2020/2021“ (10231/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Rechtsgutachten Univ.-Prof. Dr. Chris­tiane Wendehorst zum Thema Künstliche Intelligenz und Verbraucherschutz (10232/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Registrierung von Vertriebenen aus der Ukraine (10233/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Inanspruchnahme von Pflegeka­renz bzw. Pflegeteilzeit (10234/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Altersarmut (10235/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bewachungs- und Sicherungsmaßnahmen durch die Exekutive bei ehemaligen Regierungsmitgliedern (10236/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend digitale Weiterentwicklung des neuen Familienbeihilfenverfahren FABIAN (10237/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im oberösterreichischen Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10238/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im Salzburger Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10239/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im Wiener Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10240/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im burgenländischen Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10241/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im Vorarlberger Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10242/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im Kärntner Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10243/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im Tiroler Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10244/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Tätigkeiten der Polizei im niederösterreichischen Rotlichtmilieu im Jahr 2021 (10245/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 15

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend mögliche Einstellung des Personenverkehrs auf der Thermenbahn-Südstrecke (10246/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schluss mit dem Verstecken der Herkunfts­kennzeichnung (10247/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Gefahrene Kilometer seit Einführung von Cook & Chill und weitere Strategie (10248/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einrichtung von Sicherheitsinformationszentren (SIZ) (10249/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Follow-Up zur Anfragebeantwortung 7420/AB betreffend Kommandant für den Truppenübungsplatz Allentsteig (10250/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend aktueller Stand der Wolfsproblematik (10251/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend aktueller Stand der Wolfsproblematik (10252/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Kommt CovidPass mit Blut­test?“ (10253/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Kommt CovidPass mit Bluttest?“ (10254/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Rechtlich gedeckte Entnahme von Wölfen (10255/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Klimarat distanziert sich von Leserbriefmanipulation (10256/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend der Anerkennung deutscher Minderheiten in Slowenien (10257/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Gerichtsmedizinische Institute in Österreich (10258/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus betreffend Mangel an Erntehelfern in Österreich (10259/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Blackbox Klimarat: Fi­nanziert durch Lobbyingorganisationen? (10260/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Millionenskandal um Fristversäumnis bei einem gefährlichen Terroris­ten (10261/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Südtirols Lan­deshauptmann Kompatscher bei Autonomie-Gesprächen in Wien (10262/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Kritik des Rechnungshofs an der Administration der Kurzarbeit 2020 und 2021 (10263/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Forderungspaket des Tiroler Arbeiter­kammerpräsidenten (10264/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Staatsarchivgut BM a.D. Dr. Wolfgang Mückstein (10265/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 16

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona: Anstieg von Tuberku­losefällen (10266/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Fahrnisexekutionen seit 1.1.2020 (10267/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Fehlkonstruktion COFAG (10268/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Aufwandersatz von gesetzlichen Interessenvertretungen (10269/J)

MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Gelder aus dem NPO-Unterstüt­zungsfond an Vorfeldorganisationen der politischen Parteien in Oberösterreich (10270/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bemühen um Evakuierung von Schutzsuchenden aus Nachbarländern der Ukraine in andere EU-Staaten (10271/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bemühen um Evakuierung von Schutzsuchenden aus Nachbarländern der Ukraine in andere EU-Staaten (10272/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Bemühen um Evakuierung von Schutzsuchenden aus Nachbarländern der Ukraine in andere EU-Staaten (10273/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Bemühen um Evakuierung von Schutzsuchenden aus Nachbar­ländern der Ukraine in andere EU-Staaten (10274/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aufnahme von Schutzsuchenden aus der Ukraine und Umsetzung der Ver­triebenen-VO (10275/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Auftragsvergabe im Zuge des Klima-BürgerInnenrats (10276/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend Einsatz gegen Diskriminierungen im Bundesheer (10277/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Medikamente gegen Covid-19 (10278/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Obsorge ab dem 1. Tag (10279/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend ID Austria (10280/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs (10281/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs (10282/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs (10283/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 17

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Di­gitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs (10284/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs (10285/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Einsatz eines digitalen Krisenstabs (10286/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (9350/AB zu 9548/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (9351/AB zu 9569/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (9352/AB zu 9591/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (9353/AB zu 9603/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (9354/AB zu 9586/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 18

10.06.01Beginn der Sitzung: 10.06 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures.

10.06.02*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordnete! Ich darf die 149. Sitzung des Nationalrates für eröffnet erklären.

Ich begrüße die Vertreter der Medien auf der Galerie und die Damen und Herren, die uns zu Hause vor den Bildschirmen folgen.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Dipl.-Ing. Andrea Holzner, Martina Kaufmann, MMSc BA, Mag. Bettina Rausch, Mag. Corinna Scharzenberger, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Petra Bayr, MA MLS, Julia Elisa­beth Herr, Dietmar Keck, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Dr. Martin Graf, Mag. Gerald Hauser, Ing. Norbert Hofer, Mag. Meri Disoski, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Heike Grebien, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Henrike Brandstötter, Dr. Stephanie Krisper, Mag. Bea­te Meinl-Reisinger, MES und Mag. Julia Seidl.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung ge­macht:

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc wird durch Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm vertreten, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobili­tät, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA durch Vizekanzler und Bundes­minister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Werner Kogler und Bun­desministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler durch Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner.

*****

Ich darf bekannt geben, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr übertragen wird, in ORF III wie üblich bis 19.15 Uhr und dann kommentiert in der TVthek. Auch die privaten Stationen übertragen unsere Sitzung.

10.07.36Fragestunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich darf Frau Bundesministerin Köstinger herzlich bei uns begrüßen und noch einmal in Erinnerung rufen: Jede Frage darf 1 Minute dauern, die erste Antwort, Frau Bundesmi­nister, 2 Minuten und die Beantwortung der Zusatzfragen dann jeweils nur 1 Minute.

Landwirtschaft, Regionen und Tourismus


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen sogleich zur 1. Anfrage – Sie wissen, dass Sie die Pulte nutzen können –, diese stellt Abgeordneter Strasser. Er gelangt zu Wort. – Bitte sehr.


10.08.06


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin!

146/M

„Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Meilensteine des GAP Strategieplans“ (Rufe: Mikrofon!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Mikrofone sind eingeschaltet, der Herr Abge­ordnete spricht so, wie er spricht! (Allgemeine Heiterkeit.)


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (fortsetzend): „Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Meilensteine des GAP Strategieplans und in welchen Bereichen werden unsere Landwirte in den nächsten Jahren besonders unterstützt?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Zum GAP-Strategieplan ist vielleicht vorausschickend zu sagen, dass wir sehr intensive Jahre der Verhandlungen auf europäischer Ebene hatten, ein Minus von 770 Millionen Euro vonseiten der EU-Kommission in Aussicht gestellt worden ist und wir das in durch­aus sehr mühevollen Verhandlungen in ein Plus von 35 Millionen Euro umwandeln konn­ten.

Wir haben versucht, im GAP-Strategieplan mehrere Ziele zu adressieren: zum einen einmal natürlich, die bäuerliche Produktion in Österreich grundsätzlich abzusichern. Das erfolgt über die erste Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, über die Direktzahlungen, und ganz explizit haben wir Schwerpunkte im Bereich Ökologisierung gesetzt.

Das erfolgt in Österreich vorwiegend über das Öpul-Programm, wo uns in Zukunft 124 Mil­lionen Euro zusätzlich zur Verfügung stehen werden. Das heißt, es geht da um natur­nahe Bewirtschaftung, Humusaufbau hat große Priorität und vor allem das Thema Tier­wohl ist uns ganz besonders wichtig – auch da explizite Unterstützung. Innovation, Bil­dung sind große Schwerpunkte, vor allem auch der ganze Beratungsbereich, und an­sonsten ist natürlich ein Kernstück dieser Gemeinsamen Agrarpolitik und des GAP-Stra­tegieplans die Ausgleichszulage für das Berggebiet, für das benachteiligte Gebiet, weil uns vor allem die flächendeckende Bewirtschaftung besonders am Herzen liegt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser: Zusatzfrage: Welche Anreize sind für unsere Jungübernehmer, Jungübernehmerinnen, Jungbäuerinnen, Jungbauern in der GAP ge­plant? (Rufe bei der SPÖ: Mikro! Wir hören nichts! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Moment, ohne Aufregung! Es dürfte an der Tech­nik liegen. Wenn man leise ist, hört man es auch. (Rufe bei der SPÖ: Na geh! – Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS.)

So, Herr Abgeordneter Strasser - - (Abg. Leichtfried – beim Mikrofon in den Abgeordne­tenreihen der SPÖ stehend –: Herr Präsident! – Abg. Strasser wird ein tragbares Mikro­fon gebracht.)


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP) (fortsetzend): Zur Wiederho- - (Das Mikrofon fällt aus.) Welche An- - (Das Mikrofon fällt erneut aus.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Was willst denn (in Richtung Abg. Leichtfried)? Zur Geschäftsbehandlung? (Allgemeine Heiterkeit.) – Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 20

10.10.42

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent, ich ordne das „Was willst denn?“ als originelles Zitat ein. (Heiterkeit bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Tatsächlich möchte ich mich zur Geschäftsbehandlung melden. Es ist wirklich so, dass Herr Abgeordneter Strasser nur in der unmittelbaren Umgebung zu verstehen war, also die Abgeordneten, die bei uns weiter hinten und oben sitzen, hatten tatsächlich nichts gehört. Ich glaube zwar nicht, dass es Zufall ist, dass nur Sie und die Frau Bundesminis­terin laut geschaltet sind, aber ich glaube, man sollte hier schon alle gleich laut einschal­ten. – Danke schön. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

10.11

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Technik noch einmal ersuchen (Oh-Rufe bei der ÖVP), das Mikro so instand zu setzen, dass alle Anwesenden, auch jene in den entfernteren Reihen, in der Lage sind, Herrn Abgeordneten Strasser umfänglich zu folgen. (Abg. Kickl: Die Zeit ...?)


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (fortsetzend): Zur Zusatz- - (in das nun doch wieder funktionierende tragbare Mikrofon sprechend, während das Standmikrofon von einem Mitarbeiter der Parlamentsdirektion ausgewechselt wird) – Schau! (Ah-Rufe und Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Es geht ja!) Zur Zusatzfrage: Welche Anreize sind für unsere Jungübernehmerinnen und Jungübernehmer, die jungen Bäuerinnen und Bauern in Österreich in der kommenden GAP geplant?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Speziell der Bereich der Unterstützung der Junglandwirte ist von besonderer Bedeutung. Wir haben da ja bereits in der letzten Agrarreform einen Schwerpunkt mit speziellen Top-up-Maßnahmen in der Gemeinsamen Agrarpolitik gesetzt. Österreich nützt das vollum­fänglich aus und wir haben das auch für den nächsten GAP-Strategieplan geplant.

Insgesamt stehen 14 Millionen Euro für Jungübernehmer zur Verfügung, für maximal die ersten 40 Hektar, die mittels eines Top-ups unterstützt werden. Von ganz zentraler Be­deutung für uns in Österreich ist aber vor allem der Bereich der Niederlassungsprämie. Wenn junge Hofübernehmer den Betrieb übernehmen, bekommen sie mit höherer fach­licher landwirtschaftlicher Qualifikation entsprechend Unterstützung. Das werden wir auch in Zukunft weiter so fortsetzen und das ist auch im GAP-Strategieplan verankert.

Diese beiden Maßnahmen haben in den letzten Jahrzehnten durchaus auch dazu beige­tragen, dass es in Österreich eigentlich einen sehr hohen Anteil an Junglandwirten gibt. Wir sind mit rund 35 Prozent Junglandwirten, die in Österreich in Zukunft planen, die Höfe zu übernehmen, sicher eines der besten Länder.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.


Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Ministerin! Es ist davon auszugehen, dass ErntehelferInnen aus der Ukraine in der kommenden Saison ausfallen werden. Treffen Sie bereits strategische Vorbereitungen, damit es nicht dazu kommt, dass Personal ausfällt, und vor allem auch dafür, dass kein Lohndumping statt­findet?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 21

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich glaube, was die Sozialgesetzgebung in Österreich betrifft, sind wir sehr gut aufge­stellt, vor allem wenn wir uns das im Vergleich zu Ländern wie Deutschland anschauen. Nach Deutschland gehen ja sehr viele Erntehelfer aufgrund der niedrigen Sozialzahlun­gen und damit höheren Löhne. Ich glaube, es gibt bei uns schon seit vielen Jahren ein sehr, sehr gutes System. Diese Taschenverträge beispielsweise sind in Österreich schon längst verboten. In den letzten Jahren hat es auch immer wieder Verbesserungen im Bereich der Gesetzgebung gegeben.

Zu Ihrer Frage bezüglich der Verfügbarkeit ukrainischer Erntehelfer: Es ist tatsächlich im heurigen Jahr mit einem totalen Ausfall zu rechnen. Wir sind durch den Russlandkrieg in der Ukraine aktuell mit einer brutalen humanitären Situation beschäftigt, vor allem mit den vielen Flüchtlingen. Wir sehen, dass viele, die nach Österreich kommen, sehr gerne sehr schnell arbeiten wollen, weil sie ja Vertriebene sind, und entsprechend hat das Ar­beitsministerium gemeinsam mit dem Innenministerium einen Erlass veröffentlicht, der sehr schnell Arbeitsvisa ermöglicht, damit in Österreich dann auch sehr schnell Arbeit gefunden werden kann.

Gleichzeitig haben wir bereits im letzten Jahr die Saisonkontingente für die landwirt­schaftlichen Erntehelfer erhöht und versuchen halt vor allem, in Staaten wie beispiels­weise am Westbalkan und dergleichen um Arbeitnehmer zu werben.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Hauptfrage stellt Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte sehr.


10.14.54

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Ministerin!

150/M

„Warum treten Sie nicht dafür ein, dass mehr wertvolles Getreide als Lebensmittel ver­wendet wird, anstatt dass unfassbar hohe Mengen des lebensnotwendigen Getreides für Industrie und Tank verschwendet werden – nach dem Motto zuerst der Teller, dann der Trog und zu allerletzt der Tank?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich glaube, dass wir in Österreich grundsätzlich, vor allem was die Getreideproduktion betrifft, eine sehr gute Selbstversorgungslage haben. Das ist natürlich auch immer sehr stark wetter- und witterungsabhängig. Wir haben ganz klar das Prinzip Teller, Trog und Tank in einer komplett klaren Kaskade verankert.

Ich muss vielleicht auch darauf hinweisen, dass sich die Qualitäten von Lebensmittelwei­zen und Futtermittelweizen unterscheiden und dass vor allem für die Energieproduktion sehr oft auch Reststoffe verwendet werden. Für den Bereich der Treibstoffproduktion ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei ja um Nebenprodukte der Ölerzeugung handelt, speziell Raps ist eine entscheidende Ölsaat in Österreich, bei der der Reststoff dann für die Treibstoffproduktion verwendet wird.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete?


Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Ministerin, Ihre Aussagen und Ihre Hand­lungen auf europäischer Ebene zeigen, dass Sie diese Krise nicht mit dem notwendigen Augenmaß behandeln. Sie haben ja gerade selbst gesagt: Wir haben einen sehr hohen Selbstversorgungsgrad in Österreich, was die Getreideproduktion betrifft. – Sie unter­stützen doch die Preistreiberei bei Lebensmitteln, wenn Sie davon sprechen, dass wich­tige Ökobrachflächen in Europa jetzt unbedingt massiv bewirtschaftet werden müssen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 22

weil sonst Versorgungsengpässe in Europa drohen. Warum sehen Sie Ihre Verantwor­tung nicht? Es stimmt nicht, Europa ist ganz gut in der Selbstversorgung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Abgeordnete Ecker, ich glaube, vor allem in der jetzigen Situation – Sie wissen, die Ukraine ist die Kornkammer Europas – stehen wir vor einer riesengroßen Herausforderung. Ich darf vielleicht auch zwischen Biodiversitätsflächen und Bracheflä­chen differenzieren – Sie sind ja selber im landwirtschaftlichen Bereich bewandert.

Biodiversitätsflächen sind in Österreich in mehrjährigen Programmen in der Ländlichen Entwicklung unterstützt, gefördert. Die sollen auch nicht in die Produktion übergehen, sondern weiter Biodiversitätsflächen bleiben. Bei dem Vorstoß auf europäischer Ebene geht es vor allem um die Bracheflächen, um 4 Millionen Hektar, die wir zusätzlich in Produktion bringen können. Ich glaube, Sie wissen auch, dass die großen Produktions­stätten, vor allem für das Welternährungsprogramm, aktuell in der Ukraine angesiedelt sind. Es wird in Zukunft nicht mehr nur eine Frage des Preises sein, vor allem für die Entwicklungsländer, sondern auch der Verfügbarkeit. Da ist Europa in der Pflicht, alles dafür zu tun, um für die nächsten Monate und wahrscheinlich auch Jahre gerüstet zu sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Doppel­bauer. – Bitte.


Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Meine Frage geht in die folgende Richtung: Wir haben ja auch gerade schon gehört, dass wir gerade in der Getreideproduktion einfach schauen müssen, dass wir nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität aufrechterhalten können, um den euro­päischen Markt zu versorgen beziehungsweise die Ausfälle in der Ukraine und in Russ­land zu kompensieren. Es stellt sich natürlich schon auch eine Frage, weil ja auch die Rohstoffkonkurrenz ein Thema werden wird. Bioenergie, Biogas, Biomasse ist ein Ener­giesektor, der jetzt in der Krise durchaus mehr werden könnte, teilweise wird natürlich auch Getreide verwendet, um zu arbeiten, beziehungsweise werden auch in der Biogas­produktion zumindest Marktfrüchte verarbeitet.

Das ist meine Frage – ich weiß, es wird immer weniger, aber es ist trotzdem noch da, vor allem wenn jetzt dieser Preisanstieg kommen wird und wir versuchen werden, Gas zu kompensieren –: Wie schauen Sie da drauf? Glauben Sie, dass es zu einer Rohstoff­konkurrenz in diesen Bereichen kommen könnte oder sehen Sie das anders?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass die Qualitäten unterschiedlich sind. Le­bensmittel, speziell Weizen – weil Sie das angesprochen haben –, sind von anderer Qualität als das, was dann beispielsweise auch in die Fütterung geht.

Bei dem Vorstoß, Bracheflächen in der Europäischen Union in die Produktion zu bringen, geht es weniger um Österreich. Wir rechnen mit ungefähr 9 000 Hektar. Das ist nicht unbedingt viel, weil bei uns ja vor allem der ganze Bereich der Biodiversitätsflächen relativ stark von den Bäuerinnen und Bauern in Anspruch genommen wird, und diese Flächen sollen nicht in die Produktion gehen, sondern rein nur die Bracheflächen – das sind einjährige Bracheflächen.

Für die Europäische Union macht es natürlich einen Unterschied, ob in dieser Summe und in dieser Menge vor allem Eiweißpflanzen angebaut werden können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 23

Für beispielsweise Getreideanbau wäre es jetzt ohnehin zu spät, weil diese Bracheflä­chen im Herbst nicht umgeackert worden sind. Deshalb gibt es ja sowieso nur die Mög­lichkeit, im Frühjahr noch einmal beispielsweise Klee einzusäen. Unser ganz großer Fokus liegt vor allem auf der Eiweißproduktion, weil wir in Europa sehr stark von Ei­weißimporten abhängig sind. Davon kommt ein Gutteil aus der Ukraine.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Rei­mon. – Bitte.


Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Bundesministerin, mir geht es um einen anderen Aspekt bei Getreide und Ernährung. Die Abhängigkeit von Landwirt­schaftsimporten ist bei vielen Ländern zum Beispiel in Nordafrika sehr hoch. Der Ukrai­nekrieg bringt Probleme mit sich. Jetzt gibt es schon Bestrebungen auf europäischer Ebene, der europäischen Agrarindustrie, das als Chance zu sehen und da Märkte zu öffnen. Das eine ist, dass wir Lebensmittelsicherheit sicherstellen müssen, aber es wird auch schon lobbyiert, bei uns die Produktion auszuweiten und diverse ökologische Maß­nahmen zurückzuschrauben.

Meine Frage ist: Welche Schritte setzen Sie auf europäischer Ebene, um die Ernäh­rungssicherheit und -souveränität von Ländern des globalen Südens zu stärken und aus­zubauen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir sind da als Republik Österreich sehr stark in die Ernährungsprogramme involviert, liefern vor allem auch mit unseren Unternehmen sehr viel Know-how in diese Länder, weil es ja sehr oft gar nicht einmal so sehr an der Verfügbarkeit von Saatgut oder tech­nischen Mitteln liegt, sondern sehr oft das Know-how das Entscheidende ist. Vor allem die Bildung der bäuerlichen Produktion in den Entwicklungsländern ist de facto ein Schlüssel der Entwicklungshilfe generell. Darauf legen wir schon seit Jahren einen Fokus; vor allem haben wir mit unseren österreichischen Bildungseinrichtungen mehrere Kooperationsprogramme. Ansonsten beteiligen wir uns natürlich auch sehr intensiv fi­nanziell an den Nahrungsmittelhilfsprogrammen.

Ich habe es eingangs schon erwähnt: Die Vorausschätzungen der Europäischen Union, was die Versorgungssicherheit vor allem von Entwicklungsländern betrifft, sind durchaus sehr, sehr kritisch. Die Preissteigerungen, die wir aktuell weltweit sehen, betreffen natür­lich vor allem die Menschen in diesen Entwicklungsländern.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Schmied­lechner. – Bitte.


10.22.16

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Die Über­schusslüge in puncto Lebensmittelproduktion wird immer sichtbarer, die Abhängigkeiten werden immer sichtbarer, die Preise explodieren. Wenn man sich die Tierbestände in Österreich anschaut, dann sieht man im Rinderbereich oder im Schweinebereich stets zurückgehende Zahlen. Wenn man weiterschaut, sieht man, dass bei Geflügel die Eigen­versorgung unter 100 Prozent liegt, sie bei Obst unter 100 Prozent liegt, sie bei Gemüse unter 100 Prozent liegt, dass auch bei Eiern die Eigenversorgung unter 100 Prozent liegt und dass sie auch beim Getreide unter 100 Prozent liegt.

144/M

„Aufgrund welcher Daten kommen Sie zu dem Schluss, dass die heimische Ernährungs­souveränität sichergestellt ist?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 24

Bundesministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Zum einen vielleicht einmal zum Kern Ihrer Frage – und ich glaube, das ist auch das, was die Bevölkerung aktuell sehr stark beschäftigt –: Inwieweit sind wir mit Versorgungs­sicherheit in Österreich gesegnet? – Wir haben in den letzten Wochen im Landwirt­schaftsministerium einen Krisenstab eingerichtet, der die Verfügbarkeit zum einen von Lebensmitteln, zum anderen aber auch von Betriebsmitteln, die ja für die landwirtschaft­liche Produktion wichtig sind, sehr intensiv prüft, überwacht und auch entsprechende Empfehlungen abgibt.

Zum anderen – weil Sie auch den Geflügelbereich angesprochen haben –: Wir haben in den letzten vier Jahren vor allem in diesen Bereichen, wo wir eine massive Unterversor­gung gesehen haben, sehr viel dafür getan. Geflügel war vor fünf Jahren einmal bei 40 Prozent. Da haben wir die Zahlen mit unterschiedlichen Kooperationen mit der ge­samten Geflügelwirtschaft massiv steigern können – auch mit Qualitätsprogrammen. Wir füttern ja im gesamten Geflügelbereich GVO-frei, auch im Eibereich. Das versuchen wir jetzt natürlich, weiter zu verstärken und aufrechtzuerhalten.

Für uns sind auch Hilfsmaßnahmen ganz zentral, wie beispielsweise jetzt jene aufgrund der massiven Preisschwankungen. Der Schweinebereich ist da ganz zentral zu nennen, der heuer Covid-bedingt ganz besonders hart getroffen wurde. So versuchen wir, die Produktion mit einem Maßnahmenbündel auf der einen Seite abzusichern und dann na­türlich auch weiter auszubauen. Das Beispiel Bracheflächen in Österreich und Europa habe ich bereits angesprochen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Meine Zusatzfrage betrifft die Bracheflä­chen, aber auch die Blühflächen. Man hat jetzt schon erste Meldungen gehört, dass die freigegeben werden. Wie lange braucht man noch, bis man dahin gehend eine Ent­scheidung trifft, dass man die für die österreichischen Bauern freigibt. Tatsache ist, es ist ziemlich trocken und es ist nicht mehr viel Zeit, dass man die jetzt noch aktiv in die Nutzung mit hineinnimmt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Abgeordneter Schmiedlechner, ich glaube, Sie kennen die langwierigen Entschei­dungsprozesse, die es normalerweise auf europäischer Ebene gibt. Da muss ich Ihnen also absolut widersprechen, dass es jetzt lange gedauert hat, diese Freigabe der Bra­cheflächen zu erwirken. Wir haben am 24. Februar den Angriffskrieg der Ukraine erlebt und auf europäischer Ebene sehr schnell mit einem Sonderagrarministerrat reagiert. Wir haben da die Kommission aufgefordert, wirklich sehr schnell zu handeln, weil die Ukraine als Kornkammer Europas für uns in vielerlei Hinsicht sehr, sehr entscheidend ist – das Thema Entwicklungshilfe ist bereits angesprochen worden –, und gleichzeitig war halt eben auch die Verfügbarkeit der Betriebsmittel sehr entscheidend.

Gestern ist die Entscheidung auf europäischer Ebene gefallen, die Bracheflächen freizu­geben. Im europäischen Gefüge ist das also durchaus ein sehr kurzer Zeitraum und schnell.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordnete Rei­ter. – Bitte sehr.


Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben ja schon einige Punkte ausgeführt. Welche weiteren Initiativen setzt das Landwirtschaftsministe­rium, um die Versorgung mit Lebensmitteln zu steigern, bei denen der Selbstversor­gungsgrad von 100 Prozent nicht erreicht werden konnte?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 25

Bundesministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Die Gemeinsame Agrarpolitik ist mit Sicherheit der Schlüssel zur Unterstützung der bäuerlichen Produktion in Österreich. Der Energiebereich ist auch genannt worden. Ich habe ja einige der Fragen schon beantwortet. Wir haben auch ein Sonderinvestitionspro­gramm für energieautarke Bauernhöfe gestartet und stellen für einen Zeitraum von vier Jahren 100 Millionen Euro zur Verfügung, um möglichst viele landwirtschaftliche Be­triebe energieautark umzubauen, da erneuerbare Energien zu nutzen und vor allem auch Fotovoltaik zu installieren. Gleichzeitig fördern wir auch die Speicherkapazitäten, um da­mit möglichst schnell unabhängig von importierter Energie – in Österreich muss nach wie vor in sehr hohem Ausmaß Energie importiert werden – zu werden.

Wir versuchen also, da an sehr vielen Schrauben zu drehen, um vor allem die bäuerliche Produktion abzusichern, weil die Situation in den Betrieben natürlich eine sehr, sehr schwierige ist. Wir sehen auf der einen Seite Preissteigerungen, auf der anderen Seite steigen aber die Betriebsmittelkosten, Energiekosten für die bäuerlichen Betriebe ex­orbitant an. Diesen Ausgleich können wir zum Teil auch nur durch die öffentliche Hand leisten – und damit leisten wir eben Unterstützung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Vog­lauer. – Bitte sehr.


10.27.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Die letz­ten Jahren waren geprägt davon, wie wir die Landwirtschaft krisenresilient gestalten. Auch die GAP ist dahin gehend ausgerichtet.

155/M

„Welche Maßnahmen planen Sie, um die heimische Landwirtschaft unabhängiger von Importen an Energie, Futtermitteln und Düngemitteln zu machen, und gleichzeitig ihre Resilienz hinsichtlich Klima- und Biodiversitätskrise zu stärken?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben bereits in den letzten Jahren vor allem über das Öpul-Programm versucht, die Bäuerinnen und Bauern dabei zu unterstützen, betriebsmittelunabhängiger zu wer­den. Zum Beispiel ersetzen hofeigene Futtermittel Importeiweißfuttermittel. Da spielt in Österreich vor allem die Beratung der Betriebe eine ganz entscheidende Rolle.

Es gibt im Öpul-Programm eine Vielzahl an Maßnahmen, die die Bauern und Bäuerinnen dabei unterstützen, beispielsweise den Düngemitteleinsatz zu reduzieren, Pflanzen­schutzmittel zu reduzieren. Gleichzeitig haben wir mehrere Strategien; ganz zentral soll die Österreichische Eiweißstrategie dafür sorgen, dass wir im Bereich der Eiweißfutter­mittel unabhängiger werden.

Wir haben im Dezember gemeinsam mit dem französischen Landwirtschaftsminister eine große Eiweißkonferenz abgehalten und beim letzten Rat in Brüssel mit Unterstüt­zung von 20 Staaten die EU-Kommission aufgefordert, einen Vorschlag zu einer euro­päischen Eiweißstrategie vorzulegen. Auch die Staats- und Regierungschefs haben in Versailles dieses Thema der Eiweißfuttermittel als ein ganz zentrales in ihrer Schlusser­klärung verankert.

Wir versuchen, da vor allem auch auf europäischer Ebene Maßnahmen umzusetzen, die die Bäuerinnen und Bauern in Europa dabei unterstützen, stärker in die Eiweißfutter­mittelproduktion zu gehen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 26

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Dabei merken wir ja auch, die Preise für Düngemittel steigen. Sie haben es angesprochen: Wir haben viele Programme, die da die Bäuerinnen und Bauern unterstützen. Welche Schritte haben Sie bisher bezüglich der im Regierungsprogramm verankerten Prüfung einer Einführung einer Nährstoff- und Düngemanagementdatenbank gesetzt beziehungsweise wollen Sie setzen, und bis wann wollen Sie hier Ergebnisse vorlegen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Die Daten zur Anwendung von Düngemitteln in Österreich sind ja jährlich im Grünen Bericht verfügbar. Da haben wir Gott sei Dank bereits ein sehr gutes und transparentes System. Die bedarfsgerechte Ausbringung von Düngemitteln wird im Nitrat-Aktionspro­gramm in der entsprechenden Verordnung auch festgelegt. Wir wissen auf der einen Seite, was wir grundsätzlich in Österreich ausbringen, und auf der anderen Seite auch, wie und wo diese Mittel von den österreichischen Bäuerinnen und Bauern verwendet werden. Gleichzeitig haben wir ja das Projekt Bova ins Leben gerufen, wo eben die Aus­wirkungen der Bewirtschaftungspraktiken untersucht werden. Dazu gibt es auch eine Arbeitsgruppe im Landwirtschaftsministerium.

Wir haben vor allem im Bildungs- und im Beratungsbereich diesbezüglich einen sehr großen Schwerpunkt gesetzt und wollen anhand dieser Daten dann einen Management­plan beziehungsweise eine Datenbank aufsetzen. Die Arbeiten laufen. Wir brauchen ein­mal alle erheblichen Faktoren, um dann auch die weiteren Schritte setzen zu können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Vorderwink­ler. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Herr Präsident! Gestatten Sie mir noch eine Anregung zum Protokoll außerhalb meiner Redezeit! In der Beantwortung der Anfrage des Abgeordneten Schmiedlechner hat die Frau Ministerin gesagt, es gäbe einen „An­griffskrieg der Ukraine“. Vielleicht möchte sie das für das Protokoll richtigstellen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Vielen Dank für den Hinweis. Ich stelle das gerne für das Protokoll richtig. Es war ein Versehen, das so zu benennen. Es ist umgekehrt: Russland gegen die Ukraine.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Resilienter, Frau Ministerin, kann unsere Landwirtschaft nur werden, wenn die Böden gesund erhalten werden oder gesunden dürfen, weshalb die Umsetzung der neuen GAP-Verordnungen auch eine deutliche Re­duktion der chemischen Ackergifte beinhalten muss. In Ihrem Entwurf sind außer Wort­hülsen keinerlei Reduktionspläne enthalten. Rechnen Sie damit, dass Sie die Konse­quenzen daraus für unsere Landwirtinnen und -wirte und die Versorgungssicherheit in der Zukunft nicht mehr verantworten müssen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Also ich muss Ihnen sehr vehement widersprechen, Frau Abgeordnete. Sie sind ja auch im Landwirtschaftsausschuss und kennen die unterschiedlichen Gesetzgebungen und vor allem auch Reduktionsprogramme, -strategien, die wir haben und verfolgen. Wir ha­ben über die Öpul-Programme vor allem die Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern, auf Düngemittel, auf Pflanzenschutzmittel zu verzichten, diese zu reduzieren, und gleich­zeitig haben wir auch eine nationale Strategie, vor allem eben auch zur Reduktion der Pflanzenschutzmittel.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 27

Sie kennen mit Sicherheit auch die entsprechenden Daten. Seit Jahren geht der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in Österreich zurück. Gleichzeitig steigt aber die Anwendung von biologischen Pflanzenschutzmitteln, denn auch biologi­sche Produktion braucht eine Art von Schutz. Es gibt sehr viele Pilzschädlinge, Pflan­zenschädlinge treten immer stärker auf. Auch konventionelle Landwirte steigen immer stärker auf die Verwendung von biologischen Pflanzenschutzmitteln um. Wir haben da einen sehr detaillierten Plan zur Reduktion und sind da absolut auch bei den Zielwerten. Wir haben auch im GAP-Strategieplan vorgesehen, mit den Maßnahmen im Öpul-Pro­gramm die Bäuerinnen und Bauern da weiterhin bestmöglich zu unterstützen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Kainz. – Bitte sehr.


Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Bundesminister! Diese Woche am Montag ha­ben sich ja die EU-Landwirtschaftsminister getroffen und die Problematik bezüglich der Lebensmittelsicherheit und auch der Eiweißstrategie besprochen. Da haben Sie einge­worfen, wie das alles bezüglich der Bracheflächen zu handeln wäre, wozu wir mittler­weile gehört haben, dass es da eine Freigaberegelung seitens der EU gibt.

Jetzt wäre meine Frage an Sie: Was gibt es da wirklich für Möglichkeiten und für eine Strategie aus Ihrer Sicht bezüglich der Bracheflächen, die vorgibt, welche Produkte man dort in erster Linie anbauen darf? Wie soll die weitere Strategie bezüglich der Brache­flächen ausschauen? – Danke.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich glaube, es war sehr wichtig, dass wir in einem ersten Schritt auf europäischer Ebene diese Freigabe erwirkt haben. Ich habe es bereits angesprochen: Das Potenzial in Österreich werden rund 9 000 Hektar sein, aber in der gesamten Europäischen Union rechnen wir mit rund 4 Millionen Hektar. Die Freigabe soll für alle Kulturen erfolgen, auch Pflanzenschutzmittel sollen angewendet werden können. Das macht natürlich sehr viel Sinn, weil wir ja jetzt im Frühjahr sind. Ich habe es vorhin schon angesprochen: Um wirklich eine große Produktivitätssteigerung zu haben, hätte das ja schon im Herbst erfolgen müssen, aber die jetzige Situation war ja Gott sei Dank in vielerlei Hinsicht so nicht absehbar.

Es ist durchaus auch als eine Krisenmaßnahme zu sehen und als eine notwendige Maßnahme, die Ernährungssouveränität der Europäischen Union und weiterführend vor allem auch die Unterstützung von Nahrungshilfeprogrammen sicherzustellen. Der Anbau aller Kulturen soll ermöglicht werden. Das ist aktuell der Vorschlag der Europäischen Kommission, der auf jeden Fall unsere Unterstützung findet.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Hauptfrage stellt Abgeordnete Dop­pelbauer. – Bitte.


10.35.37

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Welche Schritte werden Sie beziehungsweise die Bundesregierung auf europäi­scher und auch auf nationaler Ebene setzen, um auf die Preissteigerungen, die ja jetzt durch den Ausfall der Produktion in der Ukraine drohen, zu reagieren? Das vor allem deswegen, weil wir ja wissen, dass sehr viel des Getreides aus der Ukraine nach Nord- und Mittelafrika geht. Wie könnte man da eventuell auf Hungersnöte reagieren, um si­cherzustellen, dass die Menschen auch zu leistbarem Getreide kommen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Frage, 153/M, hat folgenden Wortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 28

„Welche Schritte wird die Bundesministerin bzw. die Bundesregierung auf europäischer bzw. nationaler Ebene setzen, um auf die durch den Krieg in der Ukraine drohenden Preissteigerungen und Hungersnöte zu reagieren?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich habe bereits darauf verwiesen, dass wir im Landwirtschaftsministerium von Beginn an einen Krisenstab eingerichtet haben, der genau diese unterschiedlichen Faktoren beobachtet und auch entsprechende Analysen erstellt. Wir sind ja in allen EU-Lenkungs­gremien vertreten und versuchen, uns dort bestmöglich einzubringen.

Bracheflächen für die zusätzliche Produktion haben wir bereits erörtert und ange­sprochen.

Es ist auch vonseiten der EU-Kommission geplant, den EU-rechtlichen Beihilfenrahmen zu erhöhen. Das wird auch Österreich die Möglichkeit geben, die bäuerliche Produktion zu unterstützen, aber leider nur in einem sehr geringen Ausmaß. Es gibt ja die De-minimis-Regelungen, die entsprechend einzuhalten sind; gleichzeitig gibt es auch die Agrarmarktmaßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnung auf europäischer Ebene und auf österreichischer Ebene, also auf nationaler Ebene.

Wir haben da beispielsweise die Möglichkeit der Lagerhaltung, zum einen der Inter­vention auf europäischer Ebene, gleichzeitig auch der privaten Lagerhaltung. Da haben wir auch schon informelle Gespräche mit der EU-Kommission geführt, inwieweit das vor allem perspektivisch dann auch Sinn machen wird. Wir alle müssen davon ausgehen, dass die aktuelle Krisensituation länger dauern wird; vor allem in der Ukraine wird es Jahre dauern, bis die Agrarinfrastruktur wieder aufgebaut sein wird. Wir sehen aktuell, dass ganz strategisch auch Agrarinfrastruktur zerstört wird, um wirklich auch den zen­tralen Nerv der Versorgung zu treffen, auch Wasserinfrastruktur  auch in der Ukraine etwas ganz Entscheidendes. Also das wird Jahre dauern. Es braucht jetzt schon Planung vonseiten der EU-Kommission, wie wir vor allem auch im Bereich der Intervention tätig werden, um auf diese Situation vorbereitet zu sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete, bitte.


Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sie haben da etwas ganz Wich­tiges angesprochen, dass die agrarische Produktion in der Ukraine natürlich auf Jahre leider nicht mehr so funktionieren wird, wie wir es gewohnt waren.

Wenn Sie über potenzielle Interventionen sprechen: Haben Sie da vielleicht schon kon­kretere Ideen beziehungsweise konkretere Vorschläge? Was haben Sie zum Beispiel der Kommission vorgeschlagen?

Was mich in diesem Zusammenhang auch noch interessieren würde, sind die Mitarbeiter aus der Ukraine, die Arbeiter, die Mitarbeiter auf den Bauernhöfen in Österreich, so nen­ne ich sie immer, die aus der Ukraine gekommen sind. Sie haben vorhin ausgeführt, dass Sie nicht damit rechnen, dass heuer aus der Ukraine diese Unterstützung kommen wird.

Meine Frage ist: Werden Sie diese Plattform, die Sie aufgebaut haben, dielebensmittel­helfer.at, sozusagen wieder zum Leben erwecken? War diese 2020 denn ein Erfolg, hat es da viele Menschen gegeben, die sich dann für die Erntearbeit gemeldet haben?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Zum ersten Teil Ihrer Frage: Es gibt ja im Rahmen der EU-Marktordnungsgesetze


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 29

genaue Regelungen, wie Intervention, private Lagerhaltung in Europa funktioniert. Wir glauben, dass hier sehr schnell vonseiten der Europäischen Kommission eine Folgenab­schätzung geliefert wird, inwieweit es jetzt Sinn macht, da stärker zu investieren.

Wir stehen jetzt vor dem Anbau. Aktuell ist die Lage eine sehr schwierige, auch in Mit­teleuropa, weil wir heuer schon im Frühjahr mit sehr viel Trockenheit konfrontiert sind. Das gibt uns jetzt schon eine gewisse Einschätzung auch für die nächsten Monate.

Es dürfte also die Produktion im heurigen Jahr in Europa durchaus nicht so ertragreich sein, wie wir es aus sonstigen Jahren kennen, und da macht es natürlich Sinn, sich im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnung Strategien zu überlegen, wie wir Ernteaus­fälle in Europa vielleicht kompensieren können.

Ich halte noch einmal fest, dass ich die Freigabe der Bracheflächen – Hinweis: nicht Biodiversitätsflächen; das wird ja aktuell von NGOs zum Teil komplett falsch dargestellt – für sehr sinnvoll erachte, weil jeder Hektar, der jetzt in die Produktion geht, für uns po­tenziell auch in den nächsten Monaten und Jahren sehr, sehr hilfreich sein kann.

Zur Frage der Lebensmittelproduktion beziehungsweise vor allem auch der Saisonar­beitskräfte habe ich bereits ausgeführt, dass wir da vor allem gemeinsam mit dem Ar­beitsministerium sehr engagiert sind, zusätzliche Arbeitskräfte zu bekommen bezie­hungsweise zu finden. Die Plattform Lebensmittelhelfer, die wir im Frühjahr 2020 ins Leben gerufen haben, war aber einer anderen Ausgangssituation geschuldet. Da waren wir mitten in einem Lockdown, hatten geschlossene Grenzen. Jetzt wird es eher wichtig sein, dass wir wirklich zusätzlich zu Erntehelfern kommen, speziell im Gemüseanbau; die Selbstversorgung ist auch schon angesprochen worden, da hängen wir natürlich auch sehr stark davon ab.

Grundsätzlich war die Plattform lebensmittelhelfer.at sehr erfolgreich, aber wir haben halt auch gesehen, dass die professionelle Lebensmittelproduktion professionelle Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter braucht, damit sie effizient gestaltet werden kann.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Stammler. – Bitte.


Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Frau Bundesminister, Weizen, Mais, Soja und so weiter werden ja hauptsächlich auf den Finanzmärkten gehandelt. Gerade so hochspekulativer Handel im Hochfrequenzhandel beziehungsweise Shortselling lässt Menschen verdienen, die grundsätzlich nicht an der Grundversorgung teilhaben bezie­hungsweise dazu beitragen, gleichzeitig treibt das aber gerade ärmere Länder massiv in die Enge und übt Druck aus.

Werden Sie sich für ein Spekulationsverbot auf Lebensmittel einsetzen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Ich glaube, man muss grundsätzlich einmal unterscheiden. Sie sind ja selber auch Landwirt, und ich glaube, auch Sie schauen sich ganz genau an, wie die Preisgestaltung gerade ist, und versuchen, bestmöglich zu verkaufen. Grundsätzlich also ist das Markt­system, das wir haben, schon ein gutes.

Der Bereich, den Sie ansprechen, betrifft vor allem den Hochfrequenzhandel und damit eben wirklich die alleinigen Spekulationen auf den Agrarmärkten, um schnell bestmög­liche Gewinne zu erwirtschaften, wodurch aber sehr oft die Lebensmittelpreise in die Höhe getrieben werden. Das ist etwas, das schon seit vielen Jahren auf europäischer Ebene diskutiert wird und im Zuge des Platzens der Immobilienblase auch eingeschränkt worden ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 30

Zudem haben wir auf den Finanzplätzen in Europa mittlerweile ein extremes Umdenken erlebt. Ich glaube, da war vor allem auch das Investment der Deutschen Bank in diesen Bereichen sehr hilfreich; viele der Fonds sind einfach komplett aus den Agrarspekula­tionen ausgestiegen. Das war eine meiner Meinung nach durchaus sehr wichtige Ent­wicklung, weil diese enormen Preissteigerungen vor allem auf Kosten der Nahrungsmit­telhilfe und vor allem auch der Entwicklungshilfe gegangen sind, und da hat es schon sehr viel gegeben.

Aktuell ist vor allem die Taxonomieverordnung der entscheidende Hebel in Europa, um auf der einen Seite Dinge auszuschließen, auf der anderen Seite aber die Investments in eine nachhaltige Richtung zu lenken. Ich glaube, da sind wir mittlerweile in der Euro­päischen Union mit sehr viel Bewusstsein gesegnet, wohin die Reise in Zukunft gehen muss.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Schmiedlechner. – Bitte.


Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Minister, gerade im tierischen Be­reich denken viele Produzenten, viele Landwirte darüber nach, die Produktion einzustel­len. Die Frage wird sein: Wie lange können sich die Bauern die Produktion noch leisten?

Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten eine Kommission eingesetzt, die die Märkte beob­achtet. Meine Frage: Wie oft tagt diese, warum wurde der Bundeslenkungsausschuss gemäß Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz jetzt noch immer nicht einberufen und wann setzen Sie diesen ein?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Aktuell sind wir in Österreich Gott sei Dank mit einer guten Versorgungslage gesegnet. Das hat sehr viel mit unseren Lagerbeständen zu tun, und vor allem auch mit dem Selbstversorgungsgrad.

Der Krisenstab – es ist keine Kommission, sondern ein Krisenstab –, der im Landwirt­schaftsministerium eingerichtet wurde, sammelt aktuell Daten, analysiert vor allem auch Warenströme – ganz zentral ist für uns natürlich die Abhängigkeit von Betriebsmitteln, speziell Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln, die für die Produktion sehr wichtig sind – und bereitet das auf.

Der Krisenstab tagt regulär wöchentlich, die Sammlung der Daten und der Austausch erfolgen aber natürlich auf täglicher Basis.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Him­melbauer. – Bitte.


10.45.37

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Bundesministerin, Sie sind auch zuständig für Telekommunikation, ein ganz wesentliches Thema im ländlichen Raum. Die Coronapandemie hat uns gezeigt, wie wesentlich stabile und leistungsfähige Internetverbindungen sind.

Die Bundesregierung hat im letzten Jahr die zweite Breitbandmilliarde beschlossen, da­her meine Fragestellung hierzu:

147/M

„Wie ist der weitere Fahrplan der Initiative Breitband Austria 2030 und wann kann mit den ersten Förderentscheidungen gerechnet werden?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 31

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben in Österreich die jetzt sehr gute Situation, dass uns 1,4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung stehen. Der Ausbau erfolgt ja in Österreich zum einen durch die öffentliche Hand, zum anderen durch private Anbieter. Wir haben ges­tern im Ministerrat den Beschluss für die aktuelle Breitbandförderung gefasst und sind damit gestern mit vier Fördercalls auch online gegangen.

Insgesamt stehen uns 660 Millionen Euro in vier verschiedenen Fördercalls zur Verfü­gung, die sich auf der einen Seite vor allem an Landesgesellschaften, öffentliche Ein­richtungen adressieren und auf der anderen Seite die privaten Unternehmen unterstüt­zen sollen. Erstmals haben wir auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe förderfähig gemacht, und gleichzeitig haben wir mit dem Gigaapp-Programm eine Förderung ins Leben gerufen, die die Entwicklung von vor allem Niedriglatenzanwendungen fördern, unterstützen soll.

Alles in allem kommen wir mit dem gestern beschlossenen Paket dem Breitbandausbau und damit dem Ziel, Breitband in Österreich flächendeckend auszubauen, einen erheb­lichen Schritt näher. Die Calls laufen jetzt und mit den ersten Fördervergaben ist im August zu rechnen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Die Zusatzfrage ist: Durch welche weiteren Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, dass das Ziel, Österreich bis 2030 flächendeckend mit festen und mobilen gigabitfähigen Anschlüssen zu versorgen, er­reicht werden kann?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben im letzten Jahr sehr intensiv daran gearbeitet, das Telekommunikationsgesetz neu zu machen. Das war die erste wirklich ganz große Novelle seit 2003, wir haben eine komplette Neukodifizierung gemacht, und mein Ziel war es, vor allem investitionsfreund­liche Rahmenbedingungen zu schaffen, was uns dank der Unterstützung des Parla­ments auch gelungen ist. Dieser rechtliche Rahmen des Telekommunikationsgesetzes ist jetzt einmal die Grundlage für den weiteren Ausbau.

Die Breitbandförderung habe ich bereits angesprochen. Da haben wir einen ganz großen Schwerpunkt darauf gelegt, dass die Gemeinden das gesamte Gemeindegebiet an­schließen; das heißt, wir haben die Förderrichtlinien so gestaltet, dass die Gemeinden ein Top-up bekommen, wenn sie das Gemeindegebiet gleich vollständig anschließen, um so die flächendeckende Breitbandversorgung schneller sicherzustellen.

Der dritte Bereich, der für uns ganz entscheidend ist, ist der 5G-Ausbau in Österreich. Wir haben ja bei der letzten 5G-Auktion ein Ausschreibungsdesign gestaltet, das auch Versorgungsauflagen beinhaltet. Das heißt, die Telekombetreiber, die Lizenzen erstei­gern, bauen im urbanen Bereich aus, das ist für sie natürlich dann ein Geschäftsmodell, sie sind aber gleichzeitig verpflichtet, zwei Drittel des Ausbaus in unterversorgten Re­gionen zu machen. Wir sehen jetzt schon seit einem Jahr, dass der Ausbau um ein Vielfaches schneller geht, weil zu jedem einzelnen Ausbau im urbanen Bereich dann halt einfach zwei Sendeanlagen auch in unterversorgten Regionen entsprechend mitaufge­baut werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Krainer. – Bitte sehr.


10.49.33

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Auch von mir einen schönen guten Morgen! Ganz Österreich war eigentlich überrascht, wie viel Steuergeld unter ÖVP-Verantwortung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 32

vom Finanzministerium für verschiedene Meinungsumfragen ausgegeben wurde, des­wegen meine Frage an Sie:

151/M

„Welche Meinungsumfragen wurden von Ihnen seit 2020 bei welchen Instituten und zu welchen Themen mit welchen Kosten beauftragt?“ (Abg. Baumgartner: Mein Gott na!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Also ich persönlich habe keine einzige Umfrage in Auftrag gegeben, aber in der politi­schen Arbeit, vor allem auch in der fachlichen Arbeit im Ressort ist es durchaus sehr üblich und vor allem auch hilfreich, mit Umfragen zu arbeiten. Ich darf auf den Touris­mussektor verweisen, der in den letzten zwei Jahren durch die Pandemie besonders hart getroffen wurde. Da war es für die Fachsektion sehr oft sehr hilfreich, eine Einschätzung zu bekommen, wie die Unternehmen, die Betriebe die Situation sehen und auch was sie für die Zukunft planen.

Die genaue Anzahl ist mir jetzt nicht bekannt, aber ich glaube, es gibt einige parla­mentarische Anfragen, die ganz detailliert darstellen, zu welchem Thema und vor allem zu welchen Kosten bei welchem Institut Umfragen in Auftrag gegeben worden sind. Diese parlamentarischen Anfragen sind sehr transparent und stehen dem Parlament jederzeit zur Verfügung.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist sehr schade, dass Sie das hier live im Fernsehen nicht sagen wollen. Diese Frage wurde Ihnen ja bereits vor drei Tagen schriftlich übermittelt, da hatten Sie ja genug Zeit, sich herauszusuchen, wie viel Steuer­geld Sie ausgegeben haben.

Ganz Österreich war ja überrascht davon, vor allem darüber, welche Fragen es waren, zu denen vom Finanzministerium Umfragen mit Steuergeld bezahlt wurden, Fragen, die nichts mit dem gesetzlichen Auftrag des Ministeriums zu tun hatten, deswegen die Frage an Sie: Können Sie ausschließen, dass unter Ihrer Ministerverantwortung Meinungsum­fragen mit Steuergeld bezahlt wurden, bei denen Fragen gestellt wurden, die nichts mit dem gesetzlichen Auftrag des Ministeriums zu tun haben? (Abg. Baumgartner: Haben Sie eh gerade gefragt!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Zum einen darf ich vielleicht auf meine persönliche Zuständigkeit für das Ressort Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus verweisen. Wenn Sie versuchen, in der Frage­stellung etwas zu implizieren, darf ich das grundsätzlich schon einmal zurückweisen.

Ich kann absolut ausschließen, dass es Beauftragungen gegeben hat, die nicht mit dem Ressortgegenstand zu tun haben. Wir haben extrem versierte und verantwortungsbe­wusste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Ressorts der Bundesregierung und vor allem auch im Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Ich habe keine Umfragen beauftragt, und ich bin vollkommen überzeugt davon, dass die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter, die diese Möglichkeit nutzen, das dann auch in die Arbeit einfließen lassen und das absolut richtig und gut gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hauser ist krank, daher kommen wir zur nächsten Anfrage, jener der Abgeordneten Neßler. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


10.52.54

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Der kürzlich er­schienene Rechnungshofbericht zu den Richtlinien zur gewerblichen Tourismusförderung, die jetzt gerade in Ihrem Ressort zur Neukonzipierung beziehungsweise Überarbeitung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 33

liegen, weist einige Mängel aus, unter anderem den Mitnahmeeffekt, dass beispielswei­se teils auch Betriebe Förderungen erhalten, die sie so nicht brauchen, aber auch, dass die Richtlinien nachhaltige Tourismusprojekte nicht ermöglichen und dass es keine Prio­risierung dahin gehend gibt.

Wir wissen ja, dass die Klimakrise nicht haltmacht, obwohl sie von anderen Krisen über­lagert wird, und dass das natürlich vor allem für den Wintertourismus eine große He­rausforderung wird, daher meine Frage:

156/M

„Wie werden Sie in den neuen Richtlinien zur gewerblichen Tourismusförderung konkret die dringend notwendige Priorisierung von Nachhaltigkeitsaspekten sicherstellen, insbe­sondere des für den Tourismus so relevanten Aspekts der Bodenversiegelung?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Zum einen darf ich vielleicht darauf hinweisen, dass der entsprechende Rechnungshof­bericht, den Sie angesprochen haben, den Untersuchungszeitraum vor meiner Zustän­digkeit erfasst, dass wir vor allem in den letzten zwei Jahren der Pandemie die be­stehenden Möglichkeiten und vor allem auch Rechtsrahmen nutzen mussten, um die Betriebe bestmöglich durch die Krise zu bringen, und dass wir das letzte Jahr sehr in­tensiv genutzt haben, um die Kriterien für die gewerbliche Tourismusförderung neu auf­zustellen und neu zu erarbeiten.

Wir haben schon in der Erarbeitung und in der Ausrichtung einen ganz klaren und star­ken Fokus auf den Bereich Ökologisierung und Nachhaltigkeit gelegt. Grundsätzlich ver­folgen wir ja zwei Stoßrichtungen: Das eine ist die Grundlage der Taxonomieverordnung, in der sehr vieles auf europäischer Ebene jetzt schon beinhaltet ist, vor allem auch Green Finance, um hier wirklich einen guten Lenkungseffekt zu erzielen; und das andere ist ein Anreizsystem, quasi ein Nachhaltigkeitsbonus, ein Zuschuss auch für Entsiedelungs­maßnahmen. Das heißt, alles, was irgendwo in einem Ortsverbund ist, was auch in ge­schlossenen Bereichen oder schon bebauten Bereichen ist, wird stärker unterstützt.

In diesem Zusammenhang ist ein ganz wichtiges Thema die Reaktivierung von Leer­stand. Auch das wird uns in den nächsten Jahren maßgeblich helfen, unser Bodenver­brauchsziel – wir wollen auf 2,5 Hektar reduzieren – zu erreichen. Also der Tourismus spielt da durchaus eine sehr wichtige Rolle.

Wir sind gerade dabei, einen tourismusspezifischen CO2-Rechner zu erarbeiten, damit die Betriebe sehr schnell und sehr einfach sehen können, welche zusätzlichen Anreize sie für ökologisches Planen und ökologisches Bauen bekommen können. Das alles wird gerade final erarbeitet und wird Bestandteil der zukünftigen gewerblichen Tourismusför­derkriterien sein.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Bundesministerin! Bleiben wir beim Thema Bodenverbrauch: Ein weiterer Aspekt sind die massiven Eingriffe, vor allem auch in den alpinen Raum. Ich erinnere an zum Teil überdimensionierte Projekte, die auch bei der Bevölkerung auf Unmut gestoßen sind.

Sie haben es zum Teil schon angesprochen, aber: Was ist darüber hinaus, abseits der ÖHT-Richtlinien, zur Reduktion von Bodenverbrauch in den Tourismusregionen in Ihrem Ressort geplant? Und: Werden Sie sich für alpine Raumordnung grundsätzlich einsetzen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 34

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben im letzten Jahr zum ersten Mal seit zehn Jahren eine politische Raumord­nungskonferenz abgehalten, weil ich auch absolut der Meinung bin, dass das Thema des Bodenverbrauches ein ganz zentrales und wichtiges ist. Sie wissen, die Kompe­tenzen, vor allem im Hinblick auf Flächenwidmungen, sind auf Landes- und Gemeinde­ebene angesiedelt, aber wir haben im Rahmen der Österreichischen Raumordnungs­konferenz durchaus die Möglichkeit, das Gremium zu nutzen, um große politische Stra­tegien zu entwickeln und vor allem auch Bewusstseinsbildung zu betreiben.

Wir haben uns gemeinsam mit den Ländern, mit den Sozialpartnern und vor allem auch mit dem Gemeinde- und mit dem Städtebund darauf verständigt, eine österreichische Bodenschutzstrategie zu erarbeiten. Diese soll bis Herbst des heurigen Jahres fertig sein; also da laufen die Arbeiten bereits. Da geht es vor allem auch um Entwicklungs­konzepte, die wir verfolgen, um Priorisierungen und, was ganz zentral sein wird, um ein österreichweit einheitliches Monitoringsystem, weil die Datenverfügbarkeit durchaus eine sehr unterschiedliche ist. Was ein Land, was eine Gemeinde als Bodenverbrauch angibt, unterscheidet sich auch in dem sehr kleinen Österreich sehr oft eklatant. Da er­arbeiten wir gerade die entsprechenden Daten und Rahmenbedingungen.

Zur Frage der alpinen Raumordnung ist zu sagen, dass wir da mit den Bundesländern gemeinsam auf europäischer Ebene aktiv sind und uns einbringen, aber auch auf eu­ropäischer Ebene ist die durchaus große Herausforderung, dass in den unterschiedli­chen Mitgliedstaaten die Kompetenzen auch nicht immer auf nationaler Ebene zu finden sind, sondern dass auch in diesen sehr oft föderale Systeme und damit Zuständigkeiten greifen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte.


Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Im Regierungsüberein­kommen haben wir uns darauf verständigt, die bestehenden Richtlinien zu überarbeiten. Die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung musste dann aber pandemie­bedingt verschoben werden, weil gleichzeitig die Überbrückungsgarantien implementiert werden mussten. Nun sind aber meines Wissens die Arbeiten weit fortgeschritten, und daher die Frage: Inwieweit werden weitere Zukunftsthemen in die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung einfließen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wie bereits angesprochen planen wir einen sehr großen Schwerpunkt zur nachhaltigen Entwicklung der Tourismusbetriebe und des österreichischen Tourismus generell.

Wir haben als Grundlage 2018 die österreichische Tourismusstrategie, den Plan T, er­arbeitet, in der wir vor allem eine ganz zentrale Umstellung vorgesehen haben, nämlich weg von dem Betrachten der reinen Nächtigungszahlen hin zur Frage: Wie geht es dem Tourismus und der Tourismusbranche und damit den Betrieben in Summe wirklich?, weil die Nächtigungszahlen sehr oft nichts über die tatsächliche Wertschöpfung und den betrieblichen Gewinn aussagen. Deswegen ist jetzt die Grundlage das Satellitenkonto, das ganz viele unterschiedliche Kriterien beinhaltet, um eine bessere Messbarkeit der Daten herzustellen.

Das alles war jetzt sehr wichtig, um eben auch die Grundlage für die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung zu bieten. Da wollen wir vor allem mit einem sehr guten Anreizsystem arbeiten: Wenn Betriebe beispielsweise beim Umweltzeichen mit­machen, gibt es auch eine stärkere Unterstützung, wenn komplette Autarkiekonzepte hinsichtlich Energieversorgung dargelegt werden, gibt es auch eine entsprechend bes­sere Unterstützung. – Also der Fokus geht ganz klar in Richtung mehr Nachhaltigkeit und vor allem auch Ökologisierung der Tourismusbetriebe in Österreich.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Wer­ner. – Bitte.


Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich erlaube mir, da meine Kollegin Julia Seidl krank ist, ihre ursprüngliche Frage als Zusatzfrage zu stellen.

„Wann genau soll die neue Richtlinie für die gewerbliche Tourismusförderung unter Be­rücksichtigung der Kritik von Rechnungshof“ – des Rechnungshofberichts, den die Kolle­gin vorhin schon angesprochen hat – „und Wifo präsentiert werden?“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Wir haben in den letzten Monaten sehr intensiv daran gearbeitet. Ich rechne in den nächsten Wochen damit, dass die Sektion damit fertig sein wird und wir das dann auch entsprechend präsentieren können. Vor allem besteht aber auch erst jetzt wieder die entsprechende Nachfrage, weil die letzten zwei Jahre ja ganz stark im Zeichen der Be­kämpfung der Pandemie und der Unterstützung der Betriebe in der aktuellen existenz­bedrohenden Situation gestanden sind.

Wir werden dazu natürlich auch noch einmal einen öffentlichen Prozess starten, aber wie gesagt, ich rechne in den nächsten Wochen und Monaten damit, dass wir dann die Neuausrichtung präsentieren können.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Schnabel. – Bitte.


Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Geschätzte Frau Ministerin! Meine Heimatre­gion, die Südweststeiermark, beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Baukultur und damit unmittelbar auch mit dem Bodenverbrauch.

Wir haben uns jüngst ganz explizit mit dem Einsatz alternativer Energien beschäftigt – der Boden kommt auch im Zusammenhang mit der Installation von Freiflächenanlagen im Bereich der Fotovoltaik unter Druck. Wir als Region haben da eine Vorreiterrolle ein­genommen und einen Wegweiser erstellt, wie vor allem die Gemeinden mit diesem The­ma umgehen können und wie eben diese alternative Energie in der Region installiert werden kann, auch hinsichtlich eines schonenden Bodenverbrauchs.

Ich durfte im Rahmen der Örok auch bei den umfangreichen Diskussionen dabei sein, und die Gemeinden und die Regionen wurden da bezüglich der Lösungen auch als Part­ner erkannt.

Ein weiteres Instrument ist die von Ihnen heute schon angesprochene Bodenschutzstra­tegie, die Sie im Zuge dieser Raumordnungskonferenz angestoßen haben. Wir sehen das als großen Meilenstein, um auch eine Maßnahme gegen den Bodenverbrauch zu haben.

Was soll diese Bodenschutzstrategie beinhalten und wo sehen Sie die großen Heraus­forderungen?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Also ich glaube, es geht grundsätzlich einmal darum, auch die Gemeinden und die Länder bestmöglich dabei zu unterstützen, integrierte Konzepte zu entwickeln und damit auch dem Bodenverbrauch Einhalt zu gebieten.

Weiterführend entstehen ja natürlich auch neue Fragestellungen. Sie haben eben auch die Freiflächen-PV angesprochen: Auch das wird ein ganz zentrales Thema sein. Das Burgenland hat ja jetzt vor Kurzem angekündigt, massiv in die Freiflächen-PV zu inves­tieren. Ich halte das aus Bodenschutzgründen und vor allem eben auch aus Gründen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 36

der Versorgungssicherheit für den absolut falschen Weg. Ein Beispiel: In Österreich nützen wir aktuell nur 2 Prozent der Dachflächen für die Fotovoltaik und damit für die Stromproduktion. Ich würde es für viel sinnvoller erachten, beispielsweise speziell auf Lagerhallen, auf Mülldeponien, auf Parkplätzen Fotovoltaikanlagen zu installieren und nicht auf fruchtbaren Ackerflächen.

Ich glaube, dass wir da sehr genau darauf aufpassen müssen, wie die Widmungen dann auch auf Landesebene, auf Gemeindeebene erfolgen, weil der Verlust von fruchtbaren Ackerböden durchaus weiter dazu beiträgt, dass wir in Sachen Lebensmittelversorgung durchaus auch Engpässe und Probleme bekommen.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Hörl, Freund aller Minister. – Bitte.


11.04.14

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Täglich erreichen uns erschütternde Bilder dieses furchtbaren Angriffskrieges aus der Ukraine. Heute Morgen haben uns im Klub drei geflüchtete Damen, begleitet von der katholischen Kirche, auch von ihren Erlebnissen berichtet – es war erschütternd ohne Ende. Ein Ende der Kampf­handlungen ist noch nicht absehbar, und natürlich auch nicht, wie sich die Fluchtbewe­gungen auf Europa auswirken werden.

Auf der anderen Seite gibt es den Tourismus, unsere Betriebe, die durch die Pandemie natürlich ziemlich gebeutelt worden sind, und da stellt sich neben der humanitären Frage und neben all den menschlichen Tragödien natürlich auch die wirtschaftliche Frage, nämlich: Inwieweit wirkt sich die derzeitige Lage, insbesondere der Krieg in der Ukraine und seine Folgen, auf die Tourismus- und Freizeitwirtschaft aus, also auf Gastronomie, Veranstalter, Reisebüros und so weiter? Wie weit gibt es da Auswirkungen? Wie schät­zen Sie die Lage ein?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 148/M, hat folgenden Wortlaut:

„Inwiefern wirkt sich die derzeitige Lage – insbesondere der Krieg in der Ukraine – auf die Tourismus- und Freizeitwirtschaft, Gastronomie sowie Veranstalter- und Reisebran­che aus?“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Abgeordneter, weil Sie die humanitäre Katastrophe in der Ukraine angesprochen haben: Es waren vor allem auch österreichische Hoteliers und Privatzimmervermieter, die sehr schnell bereit waren, auch Quartiere zur Verfügung zu stellen – vor allem die ÖHV hat da koordinierend eine sehr wichtige Rolle eingenommen –, und an dieser Stelle wirklich ein großes Dankeschön an all jene, die jetzt in dieser Krise helfen, obwohl sie in den letzten zwei Jahren selbst massiv von den Auswirkungen der Pandemie betroffen waren.

Sie wissen, die für uns wichtigste Möglichkeit im Rahmen der Österreich-Werbung ist ja die österreichische Tourismuswerbung. Wir beobachten die Märkte sehr genau (Zwi­schenruf des Abg. Ries): Wir sehen jetzt nicht wirklich einen großen Rückgang bei Buchungen beziehungsweise eine Stornierungswelle, haben aber versucht, vor allem für den Städtetourismus, der ja besonders betroffen ist, mehrere Pakete zu schnüren – also Sonderwerbemaßnahmen für den Städtetourismus und vor allem auch einen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 37

gemeinsamen Conventionsbereich, der Kongresse, Messen, Veranstaltungen einfach wieder ermöglichen soll.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Die Frau Minister hat meine Zusatzfrage, was wir mit der Österreich-Werbung und so weiter zu tun gedenken, bereits beantwortet. – Herzli­chen Dank.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Dann stellt Frau Abgeordnete Erasim eine Zu­satzfrage. – Bitte.


Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Frau Bundesministerin! Die Energiepreis­explosion – natürlich auch durch den Krieg begründet, aber nicht nur – ist ein großes Thema. Das Ergebnis des Energiegipfels haben wir ja von Ihnen und Ihren Regierungs­kollegInnen schon gehört – aus unserer Sicht lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Zusammengefasst: zu wenig, zu zaghaft, aber auch zu spät und zu ungenau. Die gebeutelten und durch fehlende Planungssicherheit Ihrerseits sehr stark verunsicherten Tourismus- und Gastronomieunternehmen sind wieder einmal die Leidtragenden.

Was werden Sie, Frau Bundesministerin, über die bereits bekannten Maßnahmen hi­naus tun, um zu vermeiden, dass die Freizeitwirtschaft aufgrund der exorbitanten Preis­steigerungen in fast allen Bereichen gezwungen ist, Preiserhöhungen für den Gast vor­zunehmen, und so soziale Barrieren für den Zugang zu Erholung weiterhin erhöht werden?


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Frau Abgeordnete, ich muss Ihnen einmal grundsätzlich widersprechen, weil wir als Bundesregierung mittlerweile bereits zwei Pakete gegen die Teuerung beschlossen ha­ben, die insgesamt ein Volumen von 4 Milliarden Euro umfassen.

Vergleichen sie das mit Deutschland! Das Land hat eine zehnmal größere Bevölkerung, hat aber dasselbe Entlastungsvolumen im selben Zeitraum zur Verfügung gestellt. Also da ist Ihr Vorwurf, dass wir zu langsam agieren und zu wenig tun, vor allem auch im Vergleich zu anderen Ländern, die im selben Ausmaß betroffen sind – Betriebe genauso wie Bevölkerung –, absolut zurückzuweisen. (Beifall bei der ÖVP.) Vor allem der Ansatz betreffend Energiekosten, vor allem auch die Anhebung der Pendlerpauschale – also für all jene, die auf das Auto angewiesen sind, die das Auto benutzen müssen, um in die Arbeit zu kommen – soll sehr zielgerichtet wirken und umfasst natürlich auch klein- und mittelständische Betriebe ganz zentral. Davon sind besonders auch der Tourismus und die Gastronomie vollumfänglich erfasst.

Ob es weitere Pakete brauchen wird – gestern gab es ein Gespräch mit den Sozialpart­nern –, wird natürlich auch laufend evaluiert. Finanzministerium, Bundeskanzleramt: Die Gespräche laufen. Wenn es in dieser sehr schwierigen Zeit und Krise weitere Unter­stützung braucht, dann wird sie auf jeden Fall auch von der Bundesregierung zur Verfü­gung gestellt werden.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Ler­cher. – Bitte.


11.09.06

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Vollspaltenbö­den sind eine Qual und müssen weg: Das sehen laut einer Umfrage 96 Prozent der Bevölkerung in Österreich so, das sehen im Wesentlichen auch alle Parteien hier im Haus – bis auf die Ihre – so. Das kostet 250 Millionen Euro, das muss es unserer Gesell­schaft wert sein, deswegen meine Frage:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 38

152/M

„Wieso blockieren Sie so vehement das von der SPÖ geforderte Ende der Vollspaltenbö­den, das innerhalb der nächsten fünf Jahre durch einen Förderschwerpunkt bei den Agrarfördermitteln und durch eine Änderung im Tierschutzgesetz erreicht werden könn­te?“ (Beifall bei der SPÖ.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sie sprechen da ein ganz wichtiges Thema an, das ist das Tierwohl. Ich glaube, Tierwohl ist nicht nur ein großes Anliegen der Bevölkerung, sondern vor allem auch der Bäuerin­nen und Bauern. Wir haben im Jahr 2020 gemeinsam mit der Branche in Österreich einen großen Tierwohlpakt erarbeitet.

Das, was Sie jetzt ansprechen – dass es eine entsprechende Förderung geben soll –, gibt es bereits seit 1.1.2021: Es werden in Österreich ausschließlich tierwohlfreundliche Ställe gefördert und finanziell unterstützt. Gleichzeitig haben wir im GAP-Strategieplan versucht, die Mehrkosten, die für die Bäuerinnen und Bauern entstehen, zu einem Groß­teil abzudecken, weil vor allem die Stroheinstreu etwas sehr, sehr Teures ist. Wir können das aber nicht vollumfänglich machen. Die Produktion ist das eine; das Tierwohlfleisch ist in der Produktion trotzdem um ein Vielfaches teurer (Zwischenruf bei der SPÖ) – Tier­wohlfleisch ist rund ein Drittel teurer, Bioschweinefleisch ist rund um die Hälfte teurer. Das bedeutet, wir versuchen, auf der einen Seite mit Investitionsanreizen den Umbau zu gestalten und auf der anderen Seite den Bäuerinnen und Bauern die Mehrkosten abzugelten.

Das, was wir jetzt noch brauchen, sind die Konsumentinnen und Konsumenten, die be­reit sind, zu tierwohlproduziertem Fleisch zu greifen und diese Produktion damit zu un­terstützen. Wir sind aktuell mit einer enormen Teuerung konfrontiert, gerade im Schwei­nebereich produzieren die österreichischen Landwirte seit Monaten nicht mehr kosten­deckend. Das geht zu diesen Preisen gar nicht mehr.

Ein weiteres Problem, das wir aktuell auch haben – Sie sind ja auf Gemeindeebene durchaus sehr bewandert –, ist die Stallwidmung. Tierwohlfreundliche Ställe sind wegen der offenen Haltungssysteme geruchsintensiver. Wir sehen zurzeit auf betrieblicher Ebe­ne die große Schwierigkeit, dass Betriebe zwar umstellen wollen, dass sie von uns auch die Förderung bekommen, dass es dann aber sehr oft auf regionaler Ebene scheitert, weil die Widmungen nicht erfolgen.

Wir haben in der Schweineproduktion in Österreich aktuell einen Selbstversorgungsgrad von 100 Prozent, das heißt, wir sind nicht von Importen abhängig. Das Thema Versor­gungssicherheit war ja gerade in der ersten Hälfte der Fragestunde ganz zentral. Wir werden alles dafür tun, dem Wunsch der Gesellschaft Rechnung zu tragen, die bäuer­liche Produktion in Österreich auch abzusichern, weil ansonsten die Folge wäre, dass die Produktion ins Ausland abwandert. Dort sind die Spaltenböden nicht nur gängiger Standard, sondern in vielen Ländern der alleinige Standard.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lercher?


Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr gerne, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin, deswegen fordern wir ja keine kosmetischen Förderungen, sondern or­dentliche Förderungen für die Bäuerinnen und Bauern, damit das leidige Thema endlich erledigt ist. Die Zahlen, auf die wir uns berufen, kommen ja, soweit ich weiß, von einem Experten, der von der ÖVP nominiert wurde. Das ist im Gesundheitsausschuss auch so diskutiert worden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 39

Wenn ich ehrlich bin: Ich höre von Ihnen nur Ausreden, aber keine Lösungen zu diesem Thema. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein Problem und deswegen ist meine Frage: Warum sind Sie gegen Tierwohl? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: So ein Blödsinn!)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Herr Abgeordneter Lercher, ich muss Ihnen vehement widersprechen. Wenn Sie be­haupten, dass 120 Millionen Euro Investitionsförderung pro Jahr, die bestmögliche Bera­tung und Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern (Zwischenruf des Abg. Matznetter) und die Herkunftskennzeichnung, die ein ganz zentrales Element sein wird – vor allem für verarbeitete Produkte, denn Frischfleisch wird bereits gekennzeichnet; das, was es braucht, ist vor allem die Kennzeichnung von verarbeiteten Produkten, und dazu wird der Gesundheitsminister auch sehr bald etwas vorlegen (Zwischenrufe der Abgeordne­ten Greiner und Matznetter) –, kosmetische Maßnahmen sind, dann schauen Sie bitte einmal über die eigene Stalltüre hinaus (Zwischenrufe bei der SPÖ) in andere Länder der Europäischen Union, womit die kämpfen, wie wenig die in diesem Bereich tun. (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Wenige Hundert Meter von der österreichischen Staatsgrenze entfernt entstehen gerade riesige Schweinemastbetriebe rein auf Vollspaltenböden, weil dort die Chance gesehen wird, billig zu produzieren und nach Österreich zu importieren. Wir können diesen Weg der Umstellung nur gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern und nur gemeinsam mit den Konsumentinnen und Konsumenten gehen, und dann werden wir es auch schaffen. Alles andere wird nicht funktionieren. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Lin­dinger. – Bitte.


Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben es gerade angesprochen: Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten zu den höchstmöglichen Produktionsstandards, vor allem was den internationalen Vergleich betrifft, und produzieren qualitativ hochwertige Lebensmittel. Wir wissen, dass die ge­sellschaftlichen Anforderungen vor allem im Bereich des Tierwohls größer werden.

Wir alle sind daran interessiert, eine positive Weiterentwicklung zu unterstützen. Eines muss aber klar festgehalten werden: Der Wert der Lebensmittel muss sich auch ent­sprechend im Preis abbilden. Ich sage Danke für Ihren Einsatz. Es wäre wünschenswert, dass auch andere Player entlang der Wertschöpfungskette den Bäuerinnen und Bauern diese Wertschätzung entgegenbringen.

Meine Frage: Wie unterstützt der GAP-Strategieplan 2023 die heimischen Betriebe beim Umstieg auf noch tierwohlgerechtere Haltungssysteme? (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Den einen Teil habe ich bereits angesprochen, das ist vor allem die Investitionsförde­rung. Ich bringe noch einmal den Hinweis, dass wir nur mehr tierwohlfreundliche Ställe fördern, das aber nicht erst seit jetzt, sondern bereits seit eineinhalb Jahren. Das war ein ganz, ganz wichtiger Schritt, gemeinsam mit der Branche, nicht gegen die Bäuerinnen und Bauern und aus einer moralischen Überhöhtheit heraus, sondern durchaus auch die Praxis betrachtend.

Das Zweite ist der GAP-Strategieplan, da wollen wir über die Öpul-Maßnahmen Mehr­kosten, beispielsweise für Beschäftigungsmaterial, Stroheinstreu, zusätzlich abgelten. Der GAP-Strategieplan ist gerade bei der Europäischen Kommission zur Genehmigung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 40

Gleichzeitig ist auch die Weidehaltung ein ganz wichtiges Thema: Grünlandwirtschaft ist in Österreich ganz entscheidend und bedeutend. Wir wollen auch im Bereich der Weide­haltung zusätzliche Prämien kalkulieren und an die Bäuerinnen und Bauern als Unter­stützung auszahlen, damit sie die Weidehaltung stärker in Anspruch nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Da alle Anfragen zum Aufruf gelangt sind – ein paar Kollegen sind entschuldigt –, darf ich die Fragestunde für beendet erklären und mich bei der Frau Minister recht herzlich für ihre Auskunft bedanken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.16.47Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 10210/J bis 10286/J

2. Anfragebeantwortungen: 9350/AB bis 9354/AB

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (40. KFG-Novelle) (1424 d.B.)

*****

Fristsetzungsanträge


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Abgeordneter Kaniak beantragt hat, dem Gesundheitsausschuss zur Berichter­stattung über den Antrag der Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-19-Impfpflichtgesetz eine Frist bis zum 25. März zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen zur Abstimmung gebracht.

Weiters darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Litschauer und Ottenschläger bean­tragt haben, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein „Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (40. KFG-Novelle)“, 1424 der Beilagen, eine Frist bis zum 26. April zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen gleichfalls zur Abstimmung gebracht.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punk­te 2 bis 4, 7 bis 11, 12 bis 17, 18 bis 21, 22 bis 24 sowie 27 bis 29 jeweils zusammenzu­fassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.


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Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es wurde in der Präsidiale Konsens über die Dauer der Debatten erzielt und eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart. Daraus ergeben sich 176 Minuten für die ÖVP, 122 für die SPÖ, 99 für die FPÖ, 90 für die Grü­nen und 72 Minuten für die NEOS.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung für jene Damen und Herren, die keinem Klub angehören, 36 Minuten; sie ist auf 5 Minuten pro Debatte beschränkt.

Ich darf gleich über die eben dargestellten Redezeiten abstimmen lassen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

11.18.511. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (1297 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der Programme im Rahmen des Ziels „Investitionen in Beschäfti­gung und Wachstum in Mitgliedstaaten und Regionen“ und des Ziels „Europäi­sche territoriale Zusammenarbeit (Interreg)“ für die Periode 2021 bis 2027 (1398 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 1. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Gödl ist als Erster zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.19.35

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Für lebenswerte und liebenswerte Regionen, in denen sich die Menschen zu Hause fühlen!

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine geschätzten Damen und Herren, die Sie dieser Sitzung zu Hause folgen! Wir starten jetzt mit Punkt 1 der Tagesordnung, und wir haben zu Beginn gleich ein sehr erfreuliches Thema zu diskutieren, nämlich die Entwicklung der Regionen in Europa und damit auch die Entwicklung der Regionen in Österreich.

Jede Bürgerin, jeder Bürger in Österreich hat gemäß Meldegesetz in einer Gemeinde seinen Wohnsitz gemeldet, aber typischerweise spielt sich das tägliche Leben in einer Region ab, einer Region, in der es Arbeitsplätze gibt, in der es Bildungsangebote gibt, in der man eben Wohnraum vorfindet, in der ein nachhaltiges Leben möglich ist, in der die Freizeit gestaltet werden kann, ja, in der es eine gute Lebensqualität gibt.

Ausgerechnet mit dem Beitritt zur Europäischen Union ist auch die Entwicklung dieser Regionen ganz stark in den Fokus gerückt. Innerhalb der europäischen Politik hat man sich darauf verständigt, dass die großen Fragen und Herausforderungen natürlich auf europäischer Ebene diskutiert und verhandelt werden müssen, dass es aber für die Le­bensqualität der Menschen fundamental wichtig ist, dass die Regionen, in denen sie zu Hause sind, aktiv gestaltet werden. Damit sind wir bei einem ganz wichtigen Politikfeld der Europäischen Union, nämlich bei der sogenannten Kohäsionspolitik. Kohäsion heißt übersetzt Zusammenhalt, und genau darum geht es.


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Die Kohäsionspolitik richtet sich aktiv an Städte und Regionen, nämlich in der Form, dass in Beschäftigung, in Wachstum, in Lebensqualität, in Infrastruktur investiert werden soll, eben – wie anfangs gesagt – dass die Regionen als Heimat von den Bürgerinnen und Bürgern empfunden werden.

Hinter der Kohäsionspolitik steht also die Idee von Hunderttausenden Projekten in den Regionen Europas, und tatsächlich wurden seit dem Beitritt zur Europäischen Union Tausende Projekte in Österreich umgesetzt; allein in der Steiermark mehr als 1 500 Pro­jekte. Auch in meiner Region, dem steirischen Zentralraum, Graz, Graz-Umgebung, Voitsberg, gab und gibt es viele Projekte, die mithilfe von europäischen Fondsmitteln die Lebensqualität vor Ort gestärkt haben und stärken. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich denke da an Carsharingprojekte. Ich denke an Projekte wie dieses: In Voitsberg wur­de ein großes Braunkohlekraftwerk stillgelegt, und nun wird im Rahmen von Regional­entwicklungsprogrammen versucht, diesen Raum mit alternativen Energieformen, mit einer guten Ansiedelungs- und Standortpolitik zu transformieren, in die neue Zeit zu brin­gen.

Um diese Projekte voranzutreiben, bedarf es eines umfassenden Werkzeugkoffers, und in diesem Werkzeugkoffer sind, wenn wir die Kohäsionspolitik betrachten, eben mehrere Fonds untergebracht, so der EU-Fonds für ländliche Entwicklung oder eben auch der EU-Fonds für regionale Entwicklung.

Beim heutigen Beschluss dieser 15a-Vereinbarung mit den Ländern unter Tagesord­nungspunkt 1 geht es schlussendlich darum, die Spielregeln in Österreich festzulegen: Welche Aufgaben haben die Bundesministerien – da ist das Bundesministerium von Frau Ministerin Köstinger ganz besonders gefordert, aber auch jene des Arbeitsministers und des Sozialministers – und welche Aufgaben sind in den Ländern zu erfüllen, damit eben diese Mittel abgerufen werden, damit diese Mittel entsprechend den Vorgaben der Europäischen Union eingesetzt werden, sodass wir am Ende eine Stärkung der Regio­nen spüren und erleben?

Meine geschätzten Damen und Herren! Das ist ein sehr erfreulicher Beschluss. Wir sind jetzt in die nächste Programmperiode gestartet, die Programmperiode von 2021 bis 2027, und die genauen Regeln dieser Zusammenarbeit in den Institutionen legen wir nun mit dieser Vereinbarung fest – für eine offensive Regionalpolitik für lebenswerte und liebenswerte Regionen, in denen sich die Menschen zu Hause fühlen! (Beifall bei der ÖVP.)

11.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte sehr.


11.24.29

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Die EU-Kohäsionspolitik bemüht sich intensiv darum, in den Regionen und in den Städten der Europäischen Union neue Arbeitsplätze zu schaffen, beispielsweise die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu steigern und die Lebensqualität der EU-Bür­gerinnen und -Bürger zu verbessern. Daher befinden sich im dazugehörigen EU-Kohä­sionsfonds auch Geldmittel für den sozialen Bereich und vor allem auch für den ländli­chen Raum.

Österreich war bis vor Kurzem ein gut funktionierender Sozialstaat, doch seitdem die Sozialdemokratie nicht mehr in der Regierung ist (Heiterkeit bei der ÖVP), geht es mit unserem Sozialstaat rapide bergab. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: So ein Blödsinn! – Rufe bei der ÖVP: Das ist unerhört! Wer hat denn den Familienbonus gemacht? Wer hat denn das größte Entlastungspaket der Zweiten Republik gemacht?! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich verstehe die Aufregung innerhalb der ÖVP durchaus, das war klar. (Ruf bei der ÖVP: Faktenbefreit!) Dies zeigt auch der Umstand,


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dass EU-Gelder im Sozialbereich, die Österreich seitens der EU zuerkannt wurden (Ruf bei der ÖVP: Von welchem Land reden Sie?) – ich erkläre Ihnen gleich, wieso –, nicht abgeholt werden, meine Damen und Herren, und zwar Geld für bessere Beschäftigungs­chancen, Geld für bessere Bildung und Ausbildung, Geld für Qualifizierung, Geld, wel­ches dazu beitragen könnte, die Benachteiligung am heimischen Arbeitsmarkt einzu­dämmen. Dieses Geld, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP, versauert in Brüs­sel. An dieser Stelle mein Appell an den Sozialminister: Bitte holen Sie diese Gelder ab! Gerade in Krisenzeiten brauchen wir einen starken Sozialstaat. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ ist das soziale Gewissen in diesem Land. Wir werden immer aufschreien, wenn wirksame Förderprogramme, die den Österreicherinnen und Österreichern zugutekom­men, gestrichen beziehungsweise drastisch gekürzt werden sollen. Letzteres passiert gerade im Zuge der GAP-Reform, indem der Gesetzentwurf von Landwirtschaftsminis­terin Köstinger vorsieht, dass die Fördermaßnahme soziale Dienste – und jetzt bitte auf­passen! – um 77 Prozent gekürzt wird. Das bedeutet womöglich, dass wir ab 2023 we­niger Geld für Kinderbetreuungseinrichtungen haben (Ruf bei der ÖVP: Das Gegenteil ist der Fall! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), dass es weniger Geld für psychoso­ziale Einrichtungen geben wird, obwohl hier etwas ganz anderes angekündigt wurde.

Auch die Pflegeeinrichtungen könnten dringend benötigte Finanzmittel nicht mehr erhal­ten. Damit würde die Infrastruktur am Land nachhaltig geschädigt (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller), denn die Kommunen werden es nicht mehr schaffen, die Einbußen aus­zugleichen. Die finanziellen Belastungen in unseren Gemeinden sind uns allen bekannt, sie sind zu hoch, und die hohen Standards in den kommunalen Einrichtungen wären beispielsweise auch in Gefahr.

Ministerin Köstinger unterstützt da die Gemeinden nicht. Sie bringen mit Ihren geplanten Kürzungen dieser wichtigen Unterstützungsleistungen die Finanzen in den Gemeinden einfach in eine weitere Schieflage. (Abg. Michael Hammer: Sie reden so einen Blödsinn zusammen!) Auch wir Frauen würden diese Senkungen zu spüren bekommen, denn diese Fördermaßnahme ist ein wichtiger Motor für unsere Beschäftigungschancen am Land. Ich habe in der Vergangenheit viele Anträge eingebracht, doch leider wurden sie alle von Türkis und Grün vertagt. (Abg. Michael Hammer: Weil sie nicht gut waren!) – Sie waren gut, da bin ich mir ganz sicher.

Die Sozialdemokratie, und das kann ich Ihnen versprechen – weil Sie immer dazwi­schenrufen –, wird weiterhin für die österreichischen Regionen und vor allem für die Unterstützung von Frauen am Land kämpfen. Und ich weiß, zahlreiche NGOs stehen da an unserer Seite, und davor haben Sie Angst, das verstehe ich auch. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden in diesem Bereich mehr Geld fordern.

Wir werden aber auch der gegenständlichen Vereinbarung zustimmen, damit wenigs­tens ein bisschen Geld in unserem ländlichen Raum hängen bleibt. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

11.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmiedlech­ner. – Bitte sehr.


11.28.36

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Zuseher! Bei diesem Tagesordnungspunkt handelt es sich vor allem um die Umset­zung der EU-Förderprogramme in den Regionen, da können wir natürlich zustimmen.

Jetzt aber – nur kurz rückblickend – zum letzten Landwirtschaftsausschuss: 17 Tagesord­nungspunkte, und ein einziger Tagesordnungspunkt hat es geschafft, hier im Nationalrat diskutiert zu werden. Die anderen Anträge, und zwar gute Anträge der Opposition, gute Lösungsvorschläge der Opposition, wurden alle vertagt.


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Was hat die ÖVP in der Vergangenheit gemacht? – Abschaffung der Mutterkuhprämie, Abschaffung der Milchquote, Abschaffung des Rübenkontingents, Erhöhung der Ein­heitswerte, Abschaffung des Agrardiesels und immer mehr Auflagen und Richtlinien für die Bauern. Der Schaden ist angerichtet und die ÖVP betreibt Arbeitsverweigerung in den Ausschüssen. Ja, so ist es halt, wenn man zuerst beim ÖAAB und beim Wirtschafts­bund fragen muss, ob man irgendetwas machen darf.

Durch die explodierenden Preise sind viele Missstände in der Landwirtschaft jetzt noch offensichtlicher geworden. Gerade jetzt sehen wir anhand des Ukrainekonflikts ganz klar, wie es um unsere Ernährungssouveränität steht und dass uns die ÖVP mit ihrer Überschusslüge stets einen falschen Eindruck vermittelt hat. Man wird sich in Zukunft nicht mehr fragen, ob die Bauern gesunde Lebensmittel produzieren. Man muss sich die Frage stellen, ob die Bauern es sich leisten können, Lebensmittel zu produzieren und man wird sich auch die Frage stellen, ob sich der Konsument die Lebensmittel noch leisten kann. Die Frau Bundesminister sieht die Ernährungssicherheit nicht bedroht. Sie weiß ja jetzt schon, wie das Wetter wird, wie es sich in den nächsten Monaten entwickelt, und natürlich auch, wie die Ernte ausfällt.

Die Ministerin und die ÖVP beobachten die Märkte. Überhaupt ist mein Eindruck, dass die ÖVP momentan nicht wirklich etwas tut, außer zu beobachten. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Anstatt dringend die Gemeinsame Agrarpolitik der EU zu hinterfragen und der Situation anzupassen, hören Sie von den ganzen Problemen der Bauern nichts. Die ÖVP beobachtet, sieht die horrenden Lebensmittelpreise, schaut zu, sieht die steigen­den Betriebsmittelpreise, schaut zu. Die Energie- und Spritpreise steigen ins Unermess­liche, die ÖVP schaut zu. – Frau Ministerin, wann wollen Sie endlich handeln?

Ich habe es schon mehrmals erwähnt und ich wiederhole es: Schreddern Sie die Pläne zum Green Deal! Die GAP muss überarbeitet werden und an die aktuelle Situation ange­passt werden. Es ist ein Wahnsinn, unsere Bauern zu verpflichten, Blühflächen anzule­gen, während gleichzeitig auf der anderen Seite Leute hungern müssen. Sie erzeugen die nächste Krise, eine Hungerkrise.

Zweitens: die heimische Produktion stärken und die Bauern unterstützen, Erlass der Mi­neralölsteuer und Mehrwertsteuer für landwirtschaftliche Betriebe. Unbedingt notwendig, um die Lage zu entschärfen und die Ernährungssouveränität in Österreich sicherzustel­len, wäre ein Agrargipfel.

Abschließend: Ich habe es in der letzten Sitzung in meiner Rede bereits gesagt, warum sich die ÖVP nicht gegenüber den anderen Bünden durchsetzt. (Abg. Hechenberger: Wenn du es eh schon gesagt hast, brauchst du es nicht wiederholen! – Abg. Eßl: Probier es noch einmal!) Stellvertretend für alle Bauernbundabgeordneten und den Bauernbund darf ich dem Bauernbundpräsidenten das übergeben, was euch fehlt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Schmiedlechner hält ein gefärbtes Ei in die Höhe, geht zum Sitzplatz von Abg. Strasser und legt dieses sowie ein zweites Ei auf dessen Pult. – Abg. Strasser: Du hast ein Niveau ...!)

11.33

11.33.18*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schmiedlechner, für so etwas erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Das entspricht nicht der Würde des Hauses.

*****

Die nächste Rede hält Herr Abgeordneter Stammler. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 45

11.33.40

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Die Europäische Union ist zweifelsohne eines der erfolgreichsten und größten Friedensprojekte, die wir auf dieser Welt ins Leben gerufen haben. Ich glaube, ein großer Teil dessen sind genau die gegenständlichen Fonds, also der Sozialfonds, der Nachhaltigkeitsfonds und vor allem die Interreg, die grenzüberschreitende wirtschaftliche und kulturelle Förderprogramme umfasst.

Die wahre Bedrohung für Putin ist in diesem Krieg, den er gerade führt, ja nicht die Nato, sondern die wahre Bedrohung ist die Ukraine selbst, sind die ukrainischen Bürgerinnen und Bürger. Wer sich mit der Ukraine befasst hat oder eventuell schon einmal dort war, stellt ganz schnell einmal fest, dass es da eine junge Generation gibt, die sehr innovativ ist, die in einer Aufbruchstimmung ist, die sehr gut gebildet ist und die vor allem Werte wie Freiheit und Demokratie ganz besonders hochhält. Diese Angst Putins, dass dieser Funke auf sein eigenes Volk überspringen könnte, ist groß, das ist die eigentliche Be­drohung.

Genau diese Förderprogramme, die wir innerhalb der EU haben und die auch über Län­dergrenzen hinweg wirken sollen, dienen dazu, dass wir unsere Kultur gemeinsam teilen, dass wir unseren Wirtschaftsraum gemeinsam teilen, dass wir ganz einfach besser von­einander lernen, uns gegenseitig verstehen, aber auch die Sorgen wahrnehmen und sozialen Ausgleich schaffen können.

Ich glaube, dass diese Programme einen großen, großen Dienst in Sachen Frieden zwi­schen Brüdervölkern leisten können. In diesem Sinne würde ich einen Appell an die Län­der richten, diese Förderprogramme auch zu nützen, um genau diesen Funken über­springen zu lassen und einen anderen Funken, der derzeit herrscht, nicht aufkommen und erlöschen zu lassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.


11.36.27

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Hohes Haus! Auch ich möchte damit beginnen, dass wir natürlich überregionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit – vor allem auch in der Landwirtschaft – unterstützen und dass auch die dafür notwendigen Instrumente geschaffen werden sollen, um einen reibungslosen und transparenten Ablauf zu ermöglichen. Das finden wir gut, dem werden wir auch zustimmen.

Es ist aber trotzdem so, dass das eigentlich alles zu einem Nebenschauplatz geworden ist, denn vor genau einem Monat ist Russland unter Putin einen Angriffskrieg gegen die Ukraine eingegangen, welcher nicht nur Zehntausende Tote und Millionen Flüchtlinge verursacht hat, sondern vor allem auch wirklich unfassbares Leid.

Eine Auswirkung davon sind nicht nur die steigenden Energiepreise, die wir sehen, oder die Preise an der Zapfsäule, natürlich gibt es auch massive Verwerfungen am interna­tionalen Agrarmarkt. Ja, die Lebensmittelpreise werden ebenfalls steigen. Russland und die Ukraine sind zwei der wichtigsten Agrarproduzenten und vor allem ‑exporteure der Welt, die jetzt aus dem Weltmarkt gefallen sind. Das hat massive Auswirkungen auf die Preise und vor allem auch auf die Versorgungslage ganz vieler Menschen – auch außerhalb Europas. Dem müssen wir wirklich ins Auge sehen. Die FAO warnt bereits vor der größten Hungersnot seit 1945.

Gerade vorhin hatten wir ja die Fragestunde, und ich habe gefragt: Was tun Sie dies­bezüglich gemeinsam mit der Europäischen Union, um dieses Leid möglichst zu


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verkleinern? Ganz abhalten werden wir es nicht können, ganz abwenden wird nicht möglich sein. Was wird hier genau gemacht? Welche Interventionen wird es von der Europäischen Union geben? Was kann man auch aus Österreich heraus tun?

Ehrlich gesagt: Es ist halt immer noch zu wenig. Ja, wir müssen gemeinsam mit der EU agieren, aber es gibt natürlich auch Dinge, die wir selbst sehr schnell machen könnten. Wir haben sie wieder einmal zusammengestellt, weil auch wir der Meinung sind, dass die Regierung und vor allem die Frau Bundesministerin ein bisschen schneller tätig wer­den müssen.

Beim ersten Punkt, den wir uns angeschaut haben, geht es um die Brachen. Wir finden es sehr gut, dass die Brachen jetzt wieder reaktiviert werden, um Getreide oder auch Eiweißfrüchte anbauen zu können. Das ist im Augenblick einfach nötig, eine künstliche Verknappung wird nichts bringen.

Wir würden auch einen Schritt weitergehen und uns die Biodiversitätsflächen anschau­en. Bevor jetzt Umweltorganisationen sagen, das ist nicht gut: Das sehen wir auch. Was wir uns aber anschauen würden, ist, dass man vor allem die Ackerflächen in diesem Bereich wieder reaktiviert, nicht die Bereiche auf Wiesen, auf Grünland und so weiter. Das ist fruchtbares Ackerland, das morgen reaktiviert werden könnte, deswegen würden wir diesbezüglich auch einen Schritt weitergehen.

Ein Riesenthema ist die Lebensmittelverschwendung. Bevor die Frau Bundesministerin wieder sagt, das wäre nicht ihr Thema und man müsste das an die Umweltministerin weitergeben, wie sie es ja im Ausschuss recht süffisant gemacht hat: Ganz so sehe ich das nicht. Der Rechnungshof hat ja auch festgestellt, dass vor allem auch landwirtschaft­liche Erzeugnisse auf den Feldern verrotten. Wir reden von 170 Tonnen pro Jahr, und da hat natürlich auch die Landwirtschaftsministerin eine Verantwortung.

Der nächste Punkt, den ich nennen möchte, ist, zügelloses Zubetonieren zu stoppen. Wir müssen endlich aufhören, Agrarland zuzubetonieren. Da finde ich es dann schon interessant, wenn man immer sagt, man hat keinen Durchgriff auf die Länder und auf die Gemeinden. Wenn man sich Niederösterreich anschaut: Herr Pernkopf macht Aussen­dungen, bei denen man sich fragt, was er nicht noch alles an Zuckerln für die Bauern haben will. Wenn es aber darum geht, das Zubetonieren zu stoppen, sind sie Kaiser: Jeden Tag werden allein in Niederösterreich 2 Hektar Grünland zubetoniert. Das könnte durchaus auch angegriffen werden, denn es ist ja nicht so, dass die ÖVP auf Länder- und Gemeindeebene keine Mandatare hätte. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Ein letzter Punkt, der mir besonders nach dem letzten Agrarausschuss auch wieder im Kopf hängen geblieben ist, ist die AMA-Marketing. Es werden mehr und mehr AMA-Mar­ketinggebühren eingehoben und eingesackt, ohne dass man weiß, was wirklich rauskommt. Ich habe gefragt: Was sind denn die Erfolgskriterien für so eine Kampagne? Wie viele Packerl Milch hat man denn mit dieser tollen Milchkampagne, die gerade ge­laufen ist, mehr verkauft? – Es gibt keine Antworten, meine Damen und Herren, es wer­den aber 20 Millionen Euro Jahresbeiträge von den Bäuerinnen und Bauern eingesackt. Das Geld könnte man besser ausgeben.

Ein letzter Satz zu den AMA-Marketingbeiträgen für Getreide, die ja jetzt gerade gefor­dert werden, um Getreide besser vermarkten zu können: Ich glaube nicht, dass wir die Nachfrage nach Getreide im Augenblick anheizen sollten, vielleicht sehen Sie auch davon ab, dass dafür Gebühren eingehoben werden.

Das waren viele Vorschläge, ich hoffe, zumindest einige davon werden aufgenommen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)


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11.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Kös­tinger. Ich darf ihr das Wort erteilen.


11.41.20

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich nehme zur Kenntnis, dass die Redebeiträge der geschätzten Abgeordneten relativ wenig mit dem jetzigen Verhandlungsgegenstand zu tun haben. Ich möchte aber trotzdem kurz darauf eingehen, weil das heute eine für uns durchaus auch sehr wichtige Abstimmung ist.

Es gibt eine Regierungsvorlage zu einer Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern betreffend die nationale Abwicklung und Kontrolle der EU-Kohäsionspolitik. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus hat ja dabei die Funk­tion der Gesamtkoordination inne, und ich muss darauf hinweisen, dass die Regional- und Strukturpolitik in Österreich kein eigener Kompetenztatbestand des Bundes-Verfas­sungsgesetzes ist. Diesbezügliche Aufgaben werden in Österreich von mehreren zu­ständigen Bundesministerien und vor allem auch den Ländern wahrgenommen; deswe­gen brauchen wir jetzt eben auch die vorliegende Artikel-15a-Vereinbarung.

Die vorliegende Vereinbarung wurde über zwei Jahre mit allen betroffenen Partnern auf Bundes- und Länderseite verhandelt und gemeinsam erarbeitet. Ich darf mich hier ganz speziell bei den Vertreterinnen und Vertretern des österreichischen Bundesrates bedan­ken, die dabei sehr intensiv mitgewirkt haben.

Bei dieser 15a-Vereinbarung, die vor allem eben auch Verwaltungs- und Kontrollverein­barungen beinhaltet, sind drei Punkte besonders wichtig: Zum einen ist es einmal die Zuständigkeit für die gemäß EU-Verordnung einzurichtenden Organe des Verwaltungs-, Begleit- und Kontrollsystems, zum anderen sind es die Verfahrensbestimmungen zur Programmdurchführung und schließlich auch die Verantwortlichkeiten und Verfahren im Fall von finanziellen Berichtigungen. Diese beziehen sich auf drei relevante Fonds: Das ist zum einen der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Just Transition Fund sowie eben auch der Europäische Sozialfonds Plus.

Seit Beginn der Verhandlungen betreffend die EU-Verordnungen für die neue Pro­grammperiode haben wir uns vonseiten des Bundesministeriums ganz intensiv auch für eine Vereinfachung der Verwaltungsmodalitäten eingesetzt. Sie, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, sind ja auch diesbezüglich immer wieder mit Fragen konfrontiert. Das haben wir sehr konkret umzusetzen versucht. Die Regelungen sollen vor allem Pro­jektträger wie auch die Förderstellen entsprechend entlasten, damit die Qualität der Pro­jekte im Vordergrund steht und eine rasche Abwicklung ermöglicht wird. – Vielen herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Fischer und Stögmüller.)

11.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kühberger. – Bitte.


11.44.13

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ich habe jetzt zwar nur 3 Minuten Zeit, aber ich möchte meine Rede auch in drei Bereiche einteilen, und zwar wie mein Leben: Ich bin Bauer, ich bin Bürgermeister und Familienvater und Abgeordneter.

Lieber Kollege Peter Schmiedlechner, als Bauer sage ich dir: Diese Rede war eines Parlamentes nicht würdig. Du hast dir da selber ein Ei gelegt, und dieses Ei kannst du dort hinten in der letzten Reihe auch selber ausbrüten. Wir schaffen nicht Probleme, sondern wir schaffen Lösungen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schmiedlechner hält ein rotes Ei in die Höhe.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 48

Als Familienvater und als Bürgermeister wende ich mich jetzt an die SPÖ: Frau Kollegin Ecker, irgendwie habe ich das Gefühl gehabt, Sie sind im falschen Haus. Sie sind nicht einmal rot geworden – na ja, Sie sind ja schon rot – bei Ihrer Rede, als Sie diese Rede wie im Deutschen Bundestag gehalten haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Greiner und Kucharowits.)

Wir haben das zweite Entlastungspaket beschlossen, zehnmal höher als in Deutschland. (Zwischenrufe der Abg. Cornelia Ecker.) Wir haben die größte ökosoziale Steuerreform der Zweiten Republik mit 18,5 Milliarden Euro beschlossen. Wir entlasten Familien (Abg. Cornelia Ecker: Ihre Familien! Ihre Familien!), zum Beispiel gibt es für eine Familie mit zwei Kindern – fünf und neun Jahre alt –, in der die Frau 2 100 Euro brutto verdient, der Mann 2 500 Euro, 2 700 Euro Entlastung in einem Jahr. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Eine alleinstehende Frau mit einem Kind, die 1 544 Euro brutto verdient, erhält über 850 Euro Entlastung. (Abg. Heinisch-Hosek: Haben Sie keine Studien gelesen über Alleinerziehende? Das ist ja unfassbar! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Was wissen Sie von Alleinerzieherinnen?) Die Mindestpensionsbezieher bekommen eine 15. Pen­sion und so weiter, und so fort. Ja, wir, die ÖVP, sind sozial, das tut der SPÖ weh. (Wi­derspruch bei der SPÖ.) Wir haben den Familienbonus mit 2 000 Euro eingeführt. (Bei­fall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Richtig, jetzt kommt bei meiner Rede noch der Abgeordnete durch: Die europäische Ko­häsionspolitik ist eine ganz wichtige Maßnahme, auch für draußen, für unsere Gemein­den, wo ich Bürgermeister bin; wir stärken diese Regionen. Wenn es dort nämlich soziale oder wirtschaftliche Unterschiede gibt, sind wir mit Investitionen und mit Fonds da. Und heute befassen wir uns hier mit den europäischen Rahmenbedingungen, wobei wir einen Beschluss über eine 15a-Vereinbarung diskutieren, die notwendig ist, wodurch wir dann diese Vereinbarung mit unseren Ländern haben. Diese Periode läuft ja von 2021 bis 2027, und da gibt es viele große Ziele.

Die Zeit erlaubt es nicht mehr, aber eines möchte ich kurz ansprechen: die Energie­wende, erneuerbare Energie. Jeder Euro, der dort investiert wird, ist ganz, ganz wichtig. Gerade wenn man jetzt hinausschaut: Wir haben März, die Ackerbauern wollen die Aussaat machen. In meinem Betrieb würde ich gerne in eineinhalb Monaten silieren. Ich weiß nicht, ob wir bis dahin die Ernte einfahren können, weil es zu trocken ist, weil wir jetzt – sollte nächste Woche kein Regen kommen – den trockensten März haben. Ich hoffe, der Regen kommt, denn seit 160 Jahren war es nicht so trocken.

Darum macht jeder Euro für Klimaprojekte, die dem entgegenwirken, Sinn, worauf die EU schaut. Auch in meiner Region, im Bezirk Leoben, sind viele Projekte umgesetzt worden: Der öffentliche Verkehr ist heute schon genannt worden, Biomassekraftwerke, Fotovoltaikflächen auf Firmengebäuden. Das Ziel ist – und dieser Beschluss bringt uns dazu –, dass wir unsere Regionen stärken, dass wir dort eine Wertschöpfung haben, dass wir lebenswerte Gemeinden haben. Darum ist das ein guter, guter Beschluss.

Herr Kollege Schmiedlechner, das sind Lösungen! Nicht nur schreien, schreien und Emotionen an falscher Stelle ausdrücken! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Nun folgt eine tatsächliche Berichtigung durch Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. (Abg. Strasser: Das wird ein politisches Statement!)


11.48.21

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Ich möchte eine tatsächliche Be­richtigung machen: Mein Vorredner hat soeben gesagt, wie sozial die ÖVP sei, und be­hauptet, dass der Familienbonus alle Familien betrifft. (Rufe bei der ÖVP: Das hat er nicht behauptet! Das hat er nicht gesagt!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 49

Herr Kollege, ich kann Ihnen nur sagen: Das stimmt nicht. 350 000 Kinder leben in Armut (Zwischenruf des Abg. Weidinger), das ist jedes fünfte Kind. So sozial seid ihr! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

11.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Bewertung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte sehr.


11.48.54

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kühberger, stolz als Bürgermeister hier zu stehen und Frauen zu beleidigen ist wahrscheinlich typisch deine Art. (Zwischen­rufe der Abgeordneten Kühberger und Weidinger.) Ich muss sagen: Das ist letztklas­sig, so macht man das nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Bürgermeister kann nicht so auftreten, das soll man nicht machen, auch nicht der Kollege von der Freiheitlichen Partei, denn bei all diesen EU-Angelegenheiten gibt es schon einiges zu beanstanden. (Ruf bei der FPÖ: Bravo!) Das Erste ist nämlich, dass es der ÖVP und auch den Grünen nicht gelingt, Fördergelder in entsprechender Höhe bei der EU abzuholen und diese dann in Österreich anständig zu verteilen. Ihr bringt das einfach nicht zusammen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Schmiedlechner.)

Das Nächste ist: Ihr habt das mit den Ländern ausgeredet. Kollege Stammler sagt, die Länder sind aufgefordert, die Gelder abzuholen. Ich kann das aus der Praxis sagen, das weißt du als Bürgermeister auch: Es ist irrsinnig schwer, alle Förderrichtlinien et cetera einzuhalten und diese Gelder abzuholen. (Abg. Kühberger: Vielleicht läuft’s in Kärnten anders? Kärnten ist anders!)

Das Wichtigste dabei wird sein, dass ihr in Zukunft, weil es eine andere Zeit ist, das Geld sozial aufteilt. (Abg. Kühberger: Nehmt einen schwarzen Landeshauptmann und ...!) Ihr könnt nicht weiterhin die Großbauern und die Hektarbetriebe fördern, sondern ihr werdet schauen müssen, dass das in den Regionen draußen funktioniert. Es darf nämlich nicht sein (Abg. Kühberger: Du darfst Kärnten nicht mit der Steiermark vergleichen!), dass eine kleine Bäuerin, die zu mir kommt und sagt: Ich bin alleinerziehende Mutter, muss daneben arbeiten gehen und den Hof bewirtschaften!, sich 400 Euro für eine Autorepa­ratur nicht leisten kann. Dafür, dass eben diesen Menschen geholfen wird, sollte dieser Sozialfonds hergenommen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist ja unerhört, ihr habt in dieser ÖVP, das merke ich immer mehr, für die Frauen echt nichts übrig. Ihr habt für die Frauen nichts übrig! (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Ihr habt in Zukunft andere Spielregeln aufzustellen. Es ist ja logisch, wir haben eine an­dere Zeit, es ist Krieg in der Ukraine, die Menschen werden ärmer, sie sind immer mehr von Armut betroffen – und ihr schickt die Fördergelder noch immer an die Großbauern aus! Wann werdet ihr einmal darüber nachdenken, das zu verändern? Diese Politik ist unzumutbar. (Beifall bei der SPÖ. Ruf bei der ÖVP: Schwache Rede! – Abg. Michael Hammer: In Kärnten hört der Fasching scheinbar nie auf!)

11.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weber. – Bitte.


11.51.24

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Brücken statt Keile!

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Galerie, aber auch zu Hause vor den Bildschirmen!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 50

Ich beginne meine Rede mit einer Frage: Wer hat vor zehn Jahren mit Recht den Frie­densnobelpreis erhalten? – Es war dies die Europäische Union, sie hat damals den Frie­densnobelpreis erhalten.

Heute schreiben wir das Jahr 2022. Durch die Europäische Union und die Vorgänger­organisationen wurden historische Feinde, die es damals am alten Kontinent gegeben hat, enge Partner und in der Zwischenzeit gute Freunde. Noch nie in der Geschichte gab es in Mitteleuropa ein so großes Zeitfenster, in dem wir in Frieden leben dürfen und durften. Es liegt an uns allen, dass dies auch so bleibt. Gerade in der jetzigen Zeit stehen wir vor einer Situation, in der der Frieden in Gefahr ist. Wir erleben es tagtäglich in den Medien mit, was derzeit östlich von Österreich, sprich in der Ukraine, stattfindet. Gerade die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist ein ganz wesentlicher Pfeiler für diesen Frieden, den wir in Europa so sehr schätzen und genießen.

Der vorliegende Gesetzentwurf betrifft eben die Verteilung dieser EU-Mittel: Es ist richtig und wichtig, dass das alles seine Ordnung hat, es geht letztendlich um Geld. Im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik 2021 bis 2027 unterstützt die Europäische Union das überge­ordnete Ziel der Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts mithilfe dieser verschiedenen – wir haben es schon gehört – Finanzinstrumente.

Österreich hat in den letzten Jahren, eigentlich Jahrzehnten sehr stark von der EU-Er­weiterung, speziell der Osterweiterung, profitiert. Wir können uns alle erinnern: Wir ha­ben eine Zeit lang miterleben dürfen, was es heißt, am Eisernen Vorhang zu leben. In der Zwischenzeit sind wir in das Herz Europas, in die Mitte Europas gerückt, und was den Wohlstand betrifft, an die Spitze Europas. Das haben wir auch zu schätzen gelernt.

In der nächsten Förderperiode sind speziell für Projekte, in denen eben Brücken gebaut werden, Investitionen vorgesehen. Ich möchte jetzt die Interreg-Projekte ansprechen, da geht es auch um Regionen, in denen Brücken gebaut und nicht Keile geschlagen werden sollen, Projekte, die länderübergreifend stattfinden, wie bei uns in Kärnten gemeinsam mit Slowenien und Italien. Dafür werden in der nächsten Periode circa 20 Millionen Euro für solche Investitionen nach Kärnten fließen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das sind Dinge, die wir brauchen. Diese Gelder werden vor allem in den Klimaschutz und Katastrophenschutz und in die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung im Kultur- und Tourismusbereich fließen. Das sichert auch hinkünftig den Wohlstand und die Ar­beitsplätze in diesen Regionen  das brauchen wir.

Eines möchte ich gegen Ende meiner Rede jetzt unbedingt noch loswerden: Jede Form der Investition in den Frieden rechnet sich, denn jeder Tag Krieg verursacht immensen Schaden in den betroffenen Regionen. Wir sehen ja an diesen Bildern aus dem Osten, was es heißt, Schaden zu produzieren, deswegen: Investitionen in den Frieden rechnen sich immer.

Schlusssatz: Bauen wir bitte Brücken! (Bravoruf und Beifall bei der ÖVP.) Brücken sind verbindend. Treiben wir keine Keile wo auch immer hinein, denn Keile wirken trennend. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Feichtinger. – Bitte sehr.


11.55.24

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vorerst zu Kollegen Kühberger: Also die Art und Weise, wie mit unserer Conny Ecker umgegangen wurde, finde ich absolut un­professionell. Man merkt einfach, das Thema, das sie angesprochen hat, tut der ÖVP weh, und das ist Ihre Reaktion darauf. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Kainz und Schmiedlechner.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 51

Kommen wir zum Thema zurück: Efre, ESF Plus, JFT, IWB sind alles Förderprogramme der EU. So komplex und kompliziert, wie das Thema und die Namen sind, so komplex und kompliziert ist auch die Beantragung dieser Fördermittel. Aufgrund meiner jahrelan­gen Erfahrung als Kommunalpolitikerin im ländlichen Raum kann ich nur sagen, dass diese Abwicklung dringend vereinfacht werden muss. Für kleine Gemeinden ist es ex­trem schwierig, diese komplexen Anträge alleine zu stellen, alle Förderanträge vollstän­dig und richtig einzureichen.

Wenn die Förderung dann vielleicht zugesagt wird, müssen die Gemeinden die Kriterien dementsprechend erfüllen. Dabei ist es für die Gemeinden, die eben wenig Personal haben, oft schwierig, den Überblick zu haben, daher ist es notwendig, die Gemeinden zu motivieren, diese Fördermittel abzuholen. Dass die Kriterien total schwierig zu erfüllen sind, sieht man eben auch an der Ausschöpfung, nämlich daran, dass diese Fördermittel bei der EU nicht entsprechend abgeholt werden.

Ein Beispiel aus meiner Zeit als Bürgermeisterin ist das Projekt Radstern. Gemeinden haben dabei übergreifend als Stadt-Umland-Kooperation zusammengearbeitet, gemein­sam mit dem Regionalmanagement hat uns Herr Söser bei den Förderungen, bei den Anträgen unterstützt – ein herzliches Dankeschön noch einmal von meiner Seite. Er hat gefragt: Wie schaut das aus? Welche Beschlüsse braucht es in den jeweiligen Gremien? Wie schaut es mit dem Budget aus? Worauf muss man achten?, und vor allem auch: Wie lange braucht das Projekt?

Wir hatten einen sehr engen Zeitrahmen, dieses Projekt umzusetzen, und schlussend­lich muss man dann die gesamten Abrechnungen zeitgerecht einreichen, sonst be­kommt man die Förderung nicht. Last, but not least haben wir beim Efre angesucht. Da ist es wichtig, dass man auf der Homepage immer dieses Logo hat. Wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es auch noch eine Förderkürzung, das ist für die Gemeinden ein Wahn­sinn, für kleine Gemeinden umso mehr. Wir sind eigentlich eine große Gemeinde, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben da zusammengearbeitet, es waren Bruckner An­dreas und stellvertretend Krenn Robert, die sich sehr dafür eingesetzt haben, dass die­ses Projekt umgesetzt werden konnte.

Frau Ministerin Köstinger, für uns ist klar, die Gemeinden brauchen entsprechende Un­terstützung, damit sie die Förderungen abholen können, es liegt an Ihnen, diese Unter­stützungsmöglichkeiten auszubauen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.


11.58.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Ukrainekrieg verändert vieles. In den letzten Jahren ist die Europäische Union von vielen als ein zerstrittener Haufen, als ein Auseinanderdriften von Mitgliedstaaten mit enormen Egoismen wahrgenommen wor­den – dann passiert der Krieg in der Ukraine und verändert vieles.

Plötzlich ist sich die Europäische Union einig und wird als sehr stark empfunden, wenn es darum geht, sich für Menschenrechte und für den Frieden in Europa einzusetzen, sich für das Selbstbestimmungsrecht der Völker einzusetzen. Der Effekt ist, dass plötzlich viele Staaten Mitglied der Europäischen Union werden wollen, selbstverständlich die Ukraine, aber auch Georgien, Moldawien, die Westbalkanstaaten. Warum? Weil die Europäische Union Sicherheit und vor allem Frieden vermittelt  Kollege Weber hat das Thema schon angesprochen –, denn der Haupterfolg der Europäischen Union ist, dass es ein Friedensprojekt ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 52

Die Reaktion, wenn man das in der Vergangenheit diskutiert hat, war von vielen: Frie­den. Ja, eh. Das muss man aber in der jetzigen Situation unterstreichen. Es ist ge­lungen, Völker zu einen. Die EU tut auch viel dafür, um diesen Frieden auf dem eigenen Gebiet zu sichern. Sie schafft Begegnungen, nicht nur von politischen Amtsträgern, son­dern bis hin zu Unternehmen, zu Menschen, die zusammenkommen, Studentinnen- und Studentenaustauschprogramme. Man lernt sich besser kennen und schafft so Frieden auf verschiedenen Ebenen.

Warum sage ich das? – Weil das Thema heute ein solches ist. Die Regionalpolitik der Europäischen Union ist solch ein Beitrag zur Friedenssicherung, weil sie sagt: Das Ziel der Regionalpolitik ist, stärkere Regionen zu unterstützen und schwächere Regionen wirtschaftlich an das Niveau der stärkeren Regionen heranzubringen, in allen Gebieten Europas Wohlstand und damit auch Frieden zu sichern. Da ist die Europäische Union sehr erfolgreich. Bei der territorialen Zusammenarbeit geht es andererseits darum, dass man die Zusammenarbeit zwischen Ländern fördert, die eben gemeinsame Grenzen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Heute geht es da nicht um eine Agrar­debatte. Es ist der Efre-Fonds, der Fonds für regionale Entwicklung, angesprochen wor­den, und da spielt die Landwirtschaft keine so große Rolle; die hat ja einen eigenen Fonds. Hier geht es um Interreg-Projekte, um Projekte zwischen Nachbarländern.

Wir haben in Österreich mehrere solche Projekte, mit Ungarn, mit der Slowakei, mit Slo­wenien, mit Italien, mit Bayern. Auch im Bodenseegebiet gibt es Interreg-Projekte, bei denen es um Fragen geht wie: Wie können wir die Verkehrsinfrastruktur, die Mobilität in der Region gemeinsam verbessern? Wie können wir zum Beispiel die Breitbandversor­gung, die Informationskanäle verbessern, grenzüberschreitend?

Wir haben in meinem Heimatbundesland etliche Interreg-Projekte, die sich zum Beispiel mit der Erhaltung des Naturerbes befassen. Wir haben einen grenzüberschreitenden Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel mit den Ungarn, wo es darum geht, das Kultur­erbe, aber auch das Naturerbe zu erhalten. Es geht bei diesen Projekten zum Beispiel im Burgenland auch darum, an den großen europäischen grenzüberschreitenden Ver­kehrsnetzen teilzunehmen, um die Mobilität für die Menschen in dieser Region zu ver­bessern.

In anderen Bundesländern – das sage ich abschließend – haben wir ähnliche erfolgrei­che Projekte. Da wäre in Niederösterreich die Errichtung der Technopole, wobei sich manche Regionen wie das Waldviertel dort anschließen und ein ebensolches haben möchten. In der Südsteiermark gibt es sehr viele Projekte, in Osttirol auch, also in ver­schiedenen Regionen des grenzüberschreitenden Raums. Das ist das gemeinsame Eu­ropa, eines, das durch Projekte Frieden sichert und damit auch Wohlstand absichern kann. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.02


12.02.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage, ob wir mit der Abstimmung beginnen können: SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ? ÖVP? – Ja.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, den Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bun­des-Verfassungsgesetz in 1297 der Beilagen zu genehmigen.

Ich darf die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung ersu­chen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 53

12.02.442. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1026 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digitalsteuerge­setz 2020 geändert werden (1382 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird (1383 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1621/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der di­gitalen Medientransformation (1384 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried.


12.03.25

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Werte Damen und Herren! Geschätzte ZuseherInnen! Die österreichische Medienlandschaft ist aktuell mit mehreren Problemen befasst, mit mehreren Herausfor­derungen konfrontiert, die zu lösen sind. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das ist einerseits die Konkurrenz aus dem deutschsprachigen Raum, die über eigene Werbefenster Werbegelder abzieht, aber nicht unbedingt österreichischen Content pro­duziert. Es ist die Konkurrenz der international agierenden Onlinekonzerne, die enorme Wettbewerbsvorteile haben und relativ schwer durch regionale Maßnahmen zu beein­drucken sind. Und wir haben ein geändertes Medienverhalten, das sich über die Jahr­zehnte wirklich massiv verändert hat.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass es früher üblich war, um 20.15 Uhr die gesamte Familie vor dem Fernseher zu versammeln. Das ist bei Weitem nicht mehr der Fall und findet an sich überhaupt nicht mehr statt. Deshalb, ich sage es ganz offen, begrüßen wir auch als Oppositionspartei die in Verhandlung stehende Medientransformationsförde­rung.

Unsere Aufgabe als Politik ist es zweifelsohne, Medienunternehmen in diesen schwieri­gen Situationen zu unterstützen. Und unterstützen – erlauben Sie mir diesen Sidestep – tut man nicht, indem man möglichst viele gefakte Umfragen inseriert, sondern unterstüt­zen tut man global und nachhaltig, und es wäre auch vernünftig, das so zu tun. Dieses Gesetz, das Sie jetzt hier vorschlagen, zeigt auch Ansätze dazu, das muss man offen zugestehen.

Es ist wichtig, wenn wir vorankommen wollen, dass die österreichischen Medien und ‑unternehmen die digitale Transformation jetzt schaffen. Dazu braucht es Innova­tion, es braucht Medienvielfalt, und es braucht die Absicherung einer eigenständigen, und das ist auch ganz wichtig, österreichischen Medienlandschaft.

Deshalb unterstützt die österreichische Sozialdemokratie grundsätzlich diesen Regie­rungsvorschlag. Es gäbe aber noch einiges zu verbessern. Kollegin Schatz wird noch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 54

einen Antrag einbringen, um das kundzutun, und wir hoffen, dass vielleicht auch die Re­gierung beziehungsweise die Abgeordneten der Regierungsparteien das unterstützen können.

Geschätzte Damen und Herren, ein Punkt wäre die Digitalsteuer: Die Einnahmen werden auf 80 Millionen Euro geschätzt, und Sie geben letztlich nur 20 Millionen Euro für Maß­nahmen zur Stärkung der Digitalisierung der Medienunternehmen aus. Warum nicht die 80 Millionen Euro insgesamt?, das ist die Frage. Das wäre meines Erachtens viel ge­scheiter und sinnvoller.

Die zweite Frage: Warum werden reine Onlinemedien nicht gefördert? Ich finde, das ist auch wichtig, auch da ist das Geld gut angelegt. Diese Medien brauchen mehr För­derung. Im digitalen Bereich ist der Innovationszyklus unglaublich kurz und unglaublich intensiv. Deshalb wäre es gut, auch hier zu fördern, um auch den digitalen Medien in Österreich die gleichen Chancen zu geben, die sie eben vorfinden sollen.

Dritter Punkt: der Österreichische Rundfunk. Es braucht jetzt endlich eine neue gesetzli­che Regelung, es kann nicht mehr zugewartet werden. Auch da stellt sich die Frage, gerade im digitalen Bereich: Was darf, was soll öffentlicher Rundfunk in der Zukunft leisten, um auch öffentlicher Rundfunk bleiben zu können? Öffentlicher Rundfunk be­deutet nämlich auch hohe ZuseherInnen- und UserInnenzahlen, und auch dafür ist Vor­sorge zu treffen.

Letzter Punkt, geschätzte Damen und Herren: Es gibt immer mehr verfassungsrechtliche Bedenken, ob eine Partei, die bei der letzten Wahl etwas über 30 Prozent erzielt hat und die jetzt einen Stimmenanteil von ungefähr 23 Prozent hat, die absolute Mehrheit im ORF-Stiftungsrat haben soll. Das ist meines Erachtens verfassungswidrig und das soll­ten wir in Zukunft auch diskutieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


12.07.43

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich gehöre ja definitiv zu der Generation, die die Wandlung von analog zu digital nicht nur als Konsumentin, sondern auch als Journalistin mitbekommen hat, und weiß, was für eine Herausforderung es für die Me­dien ist, das umzustellen, umzubauen und aufzubauen. Kollege Brandstätter kann das sicher nachvollziehen.

Da geht es um Hardware, da geht es um Software, aber da geht es auch sehr viel um die Aus-, Weiter- und Fortbildung von Journalistinnen und Journalisten. Denn zu wel­chem Medium greift denn der User oder die Userin? – Zu dem, das ihn gut informiert, gut serviciert. Da heißt es ganz einfach, Qualität zu bieten, und das kostet Geld.

Wir wollen, dass der Medienstandort Österreich in sehr, sehr vielen Belangen gestärkt wird, und da stimme ich absolut mit Kollegen Leichtfried überein. Da gibt es viele Dinge, über die zu diskutieren ist, aber in erster Linie sollte es uns darum gehen, die österreichi­sche Medienlandschaft möglichst stark und gut aufzustellen.

Über die Inhalte diskutieren wir gerade unter Bundesministerin Raab mit sehr, sehr vie­len Stakeholdern aus den unterschiedlichsten Bereichen.

Bevor ich aber zur digitalen Transformation dann noch ein paar Sätze sage, erlauben Sie mir auch zu erwähnen: Es geht heute auch um das Verbot der Verbreitung von Russia Today. Ich trete ein für die Medienfreiheit und für die Meinungsfreiheit. Das sage


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 55

ich ganz bewusst auch als Journalistin, ich war nämlich lange genug Redakteursspre­cherin. Wofür ich aber nicht eintrete, ist Kriegspropaganda. Die gilt es definitiv zu unter­binden! (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Bei Übertretungen ist das auch zu sanktionieren. Kriegsberichterstattung – Kriegspropa­ganda hat bei uns nichts verloren, und der Krieg an und für sich auch nicht. Ich bedaure es zutiefst, dass Menschen in der Ukraine, Zivilistinnen und Zivilisten, in diesem völlig unnötigen Krieg sterben!

Kommen wir zurück zur digitalen Transformation. Worum geht es? – Es geht um Quali­tät, es geht um Ausbau, um Fortbildung von Journalistinnen und Journalisten, und das Paket, das geschnürt ist, kann sich wohl sehen lassen.

Notifiziert von der Europäischen Kommission sind es heuer immerhin 54 Millionen Euro, die Rundfunk und Printmedien den Übergang in das digitale Zeitalter erleichtern sollen. In den folgenden Jahren – bis zum Jahr 2027 – werden es jährlich 20 Millionen Euro sein.

Besondere Bedeutung haben für mich in diesem Zusammenhang auch der Jugend­schutz und die Barrierefreiheit, die wir nicht außer Acht lassen dürfen, denn wir wissen, dass gerade junge Menschen den Social-Media-Accounts folgen, die nicht immer das tun, was wir gerne hätten, nämlich Fakten verbreiten und nicht Fakenews. Wir haben auch in Bezug auf die Pandemie sehr deutlich gesehen, was da alles los war, und uns ist daran gelegen, dass österreichische Medien die Glaubwürdigkeit haben und behal­ten, die sie verdienen.

Dieses Gesetz, das wir heute hoffentlich mit großer Zustimmung beschließen, ermöglicht es den österreichischen Medien, auch weiterhin Qualität zu bieten. Mir wäre wirklich daran gelegen, dass auf die Aus- und Fortbildung von Journalistinnen und Journalisten und auf die Barrierefreiheit, die wir auch nicht außer Acht lassen dürfen, größter Wert gelegt wird.

Qualität, Vielfalt und natürlich auch Ausbau: Wir wollen, dass der Medienstandort Öster­reich stark bleibt und sich auch in Zukunft im Vergleich und im direkten Konkurrenzkampf mit Medien wie Google et cetera gut bewähren kann. Uns ist wirklich wichtig, dass der österreichische Medienmarkt so vielfältig und so qualitätsvoll bleibt.

Die Förderung der digitalen Transformation ist ein erster wichtiger Schritt dazu, und ich bin überzeugt davon – Kollegin Blimlinger und ich stehen da mitten in Verhandlungen ‑, dass noch ganz viele weitere folgen werden. Ich bin sehr zuversichtlich und bitte Sie um größte Zustimmung im Sinne der digitalen Transformation. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.11


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Susanne Fürst zu Wort. – Bitte.


12.11.35

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Thema des medienrechtlichen Komplexes im Verfas­sungsausschuss war ganz versteckt auch eine Novelle des Audiovisuelle Mediendiens­te-Gesetzes, welche eine handfeste Beschränkung für die Grundrechte Meinungsfrei­heit, freier Zugang zu Informationen und Pressefreiheit beinhaltet. Entgegen den Be­teuerungen auch meiner Vorrednerin von der ÖVP treten die anderen Parteien eben nicht für die freie Meinung und für die Pressefreiheit ein, sondern genau für das Gegen­teil. Ich erkläre Ihnen, warum. (Abg. Gabriela Schwarz: Das ist am Thema Kriegspropa­ganda ...!)


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Immer, wenn Regierungen – sei es die EU-Kommission in Brüssel oder die Regierung hier in Wien – uns vor etwas schützen wollen, ist größte Vorsicht angebracht, denn dann kommen immer mehr Staat, mehr Macht für die Exekutive und weniger Freiheit sowie ein Abbau der Grundrechte für die Bürger heraus. Wenn es heißt, das sei ja nur vorü­bergehend, das sei ja nur während der Krise, dann wird das mit Sicherheit ein Dauer­zustand.

Vor zwei Jahren begann man, unsere Gesundheit zu schützen. Nur eine der vielen, vie­len Folgen davon – aber eine besonders dramatische – ist, dass annähernd die Hälfte der Jugendlichen nun psychisch angeknackst und beschädigt ist, und das war nicht das Virus, sondern das waren die Politik und der Protektionismus, der hier Einzug gehalten hat. Dann begann man, die Wirtschaft zu schützen. Das Desaster haben wir gestern in der Plenardebatte diskutiert und werden das auch heute noch diskutieren: Pleiten, hohe Preise, kommende Arbeitslosigkeit. Es war weder das Virus die Ursache dafür, noch ist es der Krieg, wie jetzt behauptet wird, sondern es ist wieder die Politik.

Man kann sich auch nicht erwarten, dass nach zwei Jahren Verbreitung von Angst und Panik – und das hält ja immer noch an – eine blühende Wirtschaft vorzufinden ist, son­dern wir werden nicht nur in eine menschliche Depression, sondern auch in eine lang­anhaltende wirtschaftliche Depression getrieben.

Da man aber nun diese Unfähigkeit, das Versagen, die schlechten oder die guten Ab­sichten, die Orientierungslosigkeit jedenfalls irgendwie kaschieren muss, beginnt man nun, uns vor den Informationen zu schützen, vor den falschen natürlich, vor verschiede­nen Meinungen, vor der Meinungsvielfalt, vor Lügen, vor Wahrheit, vor Propaganda, vor tiefgehenden Recherchen, vor Ursachenforschung, davor, dass alle Argumente auf den Tisch gelegt werden. Das alles brauchen wir nicht, das verwirrt die Bürger nur. Sie sollen sich eben nicht selbst eine Meinung bilden. Das ist aber eigentlich der materielle Gehalt der Grundrechte Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Informationsfreiheit, dass man freien Zugang zu den Informationen hat und die Bürger sich ihre Meinung bilden. Das ist nicht mehr gewünscht. Die Meinung wird vorgegeben, die Bürger sollen das glauben; und wenn sie es nicht glauben, dürfen sie aber trotzdem ihre Meinung nicht mehr vertreten und verbreiten.

Nun hat Präsidentin Ursula von der Leyen von der EU-Kommission bereits im Februar angekündigt, dass ein EU-weites Verbot für eine Reihe von Medien, insbesondere rus­sische Medien, kommt, um die Bürger vor der Verbreitung von Lügen über den russi­schen Überfall auf die Ukraine zu schützen – genau so hat sie es gesagt und genau das wird mit der Novelle umgesetzt, die wir hier jetzt, ohne unsere Zustimmung, be­schließen. Das heißt, es wird die Meinungsvielfalt bei diesem Thema beseitigt, es wird ein Meinungskanal geschaffen, und alles, was davon abweicht, wird verboten und kri­minalisiert. Es wird gesagt, da gehe es nur um die Ukraine – aber es ist halt doch zu hinterfragen, ob wir alle die Meinung von Frau Ursula von der Leyen teilen wollen.

Wie gesagt, alle anderen Parteien sind bedauerlicherweise dabei. Die Scheinheiligkeit ist unglaublich. Das haben wir auch bei der gestrigen Debatte gesehen, als es um die Mediensituation in der Türkei gegangen ist. Zu Recht haben wir kritisiert, dass die Si­tuation für die Journalisten und auch für die freien und unabhängigen Medien, insbe­sondere für die kleineren, sehr, sehr schwierig ist, dass dort die Medienfreiheit, die Mei­nungsfreiheit, die Pressefreiheit und auch die sozialen Medien sehr unter Druck sind. (Abg. Kassegger: Jetzt machen wir genau dasselbe! Wir machen genau das Gleiche!)

Auch in Russland sind übrigens die sozialen Medien wirklich sehr unter Druck, das wird auch zu Recht kritisiert. Auch das Putin-Regime hat jetzt die sozialen Medien, die Nutzung des Internets durch die russische Bevölkerung eingeschränkt. Tatsächlich soll auch die russische Bevölkerung nicht die volle Information über den Konflikt bekom­men – und das ist falsch.


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Genauso falsch ist aber das, was wir hier jetzt beschließen. Das ist dasselbe wie das, was in Russland passiert, nur mit umgekehrten Vorzeichen, denn auch hier soll nur eine Meinung, nur eine Sicht auf diesen Konflikt zulässig sein, und die abweichenden Mei­nungen werden unterdrückt, gelöscht und unter Strafe gestellt. (Abg. Höfinger: Das ist ja unglaublich! – Abg. Gabriela Schwarz: Es geht um Kriegspropaganda!) Hier geht es jedoch um Gutmenschen, und die dürfen das natürlich. (Abg. Höfinger: Unglaublich!)

Wir stimmen dagegen, leider wirklich als einzige Partei. Auch sogenannte Grundrechte­parteien machen da eine Ausnahme (Zwischenrufe bei der ÖVP): zuerst bei Corona, jetzt bei der Ukraine; so wird das dann ein Dauerzustand. Wir stimmen auch angesichts der extremen Teuerungswelle für die Bürger in unserem Land gegen zusätzliche Me­dienförderungen. Ich denke, das Geld könnte nun wirklich dringlich anders eingesetzt werden.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerungs­bremse für die Bürger statt Millionengeschenke für Medienkonzerne“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die für 2021 budgetierten 54 Mio. EUR sowie die ab 2022 jährlich fortlaufenden 20 Mio. EUR an zusätzlicher Medienförderung nicht auszuschütten und stattdessen zur Bekämpfung der Teuerung in Österreich einzu­setzen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

12.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fürst und weiterer Abgeordneter

betreffend Teuerungsbremse für die Bürger statt Millionengeschenke für Medienkon­zerne

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1026 d.B.) (TOP 2): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digitalsteuergesetz 2020 geändert werden (1382 d.B.) in der 149. Sit­zung des Nationalrates, XXVII. GP, am 24. März 202


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 58

2.

Nach aktuellen Berechnungen beträgt die Inflationsrate bereits fast sechs Prozent. Ge­stiegene Preise für Energie, Treibstoffe, Wohnen und Nahrungsmittel stellen die Öster­reicher vor gewaltige Probleme. Die galoppierende Inflation treibt nicht nur immer mehr Bürger in Armut und Existenzängste, sondern schädigt auch all jene, die für schlechtere Zeiten Reserven anlegen und Geld sparen.

Die Belastungspolitik dieser Bundesregierung richtet sich gegen die Österreicherinnen und Österreicher. Ein Entlastungspaket mit Millionenförderungen gibt es hingegen für die Medien: Ab 2022 sollen 20 Mio. EUR pro Jahr bereitgestellt werden, um Medienun­ternehmen beim „digitalen Transformationsprozess“ zu unterstützen. Rückwirkend für 2021 begnügt man sich damit nicht. Stattdessen sollen gleich 54 Mio. EUR als Sonder­tranche ausschüttet werden.

Der Medienbranche werden die Steuereinnahmen somit in gewohnt türkis-grüner Manier nachgeworfen werden. Bereits 2020 sorgten die immens hohen Regierungsausgaben für Inserate und Werbung für Aufsehen: Die Bundesregierung warb um rund 47,3 Mil­lionen Euro. Gegenüber 2019 bedeutete das bereits mehr als eine Verdreifachung der Werbeausgaben. Um die Stellung als größter Werbekunde des Landes zu sichern, schloss die Bundesregierung zudem 2021 über die Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) Rahmenverträge über 180 Millionen Euro für vier Jahre für Mediaagenturleis­tungen sowie 30 Millionen für vier Jahre Kreativagenturleistungen ab.

Nicht derart ungehemmt zeigt man sich jedoch, wenn es um die Bedürfnisse der Bürger geht. Die aktuelle Kostenlawine ist die direkte Folge der völlig untauglichen Corona-Poli­tik der Bundesregierung und eine konkrete Auswirkung des Klimawahns, dem sich ÖVP und Grüne verschrieben haben. Statt Investitionen in eine wohlgesonnene Presse braucht es nunmehr dringende Maßnahmen zur Sicherung der Lebensqualität und zur Bekämpfung von Armut. Die Bereiche, in denen es eine Teuerungsbremse braucht, sind zahlreich:

• Wohnen

Viele Familien können sich das Wohnen kaum noch leisten. Mieten sind in den vergan­genen Jahren stark angestiegen. Im April droht vielen Mietern durch die Anhebung der Richtwertsätze eine saftige Erhöhung um mindestens 6 Prozent. Häuslbauer müssen aufgrund der massiv ansteigenden Preise für Baustoffe um bis zu 14 Prozent tiefer in die Tasche greifen.

• Energie

Am schlimmsten schlägt die Preisspirale im Energiebereich zu. Strom wurde im Jahr 2021 um 12,4 Prozent teurer, Gas um 27,8 Prozent und Heizöl gar um 44,3 Prozent, Tendenz weiterhin stark steigend! Die einseitige Ausrichtung der Steuerreform auf Klimaziele führt dazu, dass noch mehr Menschen sich das Heizen bald nicht mehr leisten können.

• Verkehr

Die Politik der Regierungsparteien zielt darauf ab, den Individualverkehr stark zu besteu­ern. Während die Jahreskarten im öffentlichen Verkehr deutlich günstiger wurden, explo­dieren die Kosten fürs Auto. Hinzu kommt, dass die Grünen wichtige Straßenprojekte blockieren. Faktum aber ist, dass der öffentliche Verkehr nur in einigen Ballungszentren gut funktioniert. Im ländlichen Raum geht es nicht ohne Auto. Es braucht eine klare Entlastung – vor allem für die Pendler!

• Treibstoff

2021 war der Verkehr der stärkste Preistreiber – mit einem horrenden Sprung von 32,9 Prozent bei den Preisen für Benzin und Diesel. Diese dramatischen Preissteigerun­gen sind zu einem großen Teil hausgemacht. Zur Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer kommt nun die mit der schwarz-grünen Steuerreform beschlossene CO2-Abgabe, die im Juli jeden Liter noch einmal um 10 Cent teurer macht.

• Lebensmittel

Jeder Bürger spürt die Teuerung auch beim täglichen Einkauf. Bis Mitte 2022 wird ein weiterer steiler Anstieg befürchtet. Der Mikrowarenkorb, der überwiegend Lebensmittel enthält, verteuerte sich im Jahresvergleich um 4,6 Prozent. Das Preisniveau des Miniwa­renkorbs, der einen wöchentlichen Einkauf abbildet und neben Nahrungsmitteln und


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Dienstleistungen auch Treibstoffe enthält, stieg per Ende Jänner 2022 im Jahresabstand gar um 8,8 Prozent.

• Freizeit

Groß war der Preissprung auch im Hotel- und Gastronomiebereich (+ 6,3 Prozent per Jänner 2022) sowie bei Freizeit- und Kultureinrichtungen (+ 4 Prozent). Kein Wunder, dass sich immer mehr Menschen einen Urlaub und selbst kleinere Freizeitvergnügen kaum noch leisten können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die für 2021 budgetierten 54 Mio. EUR sowie die ab 2022 jährlich fortlaufenden 20 Mio. EUR an zusätzlicher Medienförderung nicht auszuschütten und stattdessen zur Bekämpfung der Teuerung in Österreich einzu­setzen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Blimlinger, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.


12.18.16

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Dieser Entschließungsantrag der Abgeordneten Fürst und Kollegen ist natürlich von seltener – wie soll ich sagen? – Unkenntnis gezeich­net (Zwischenruf der Abg. Erasim), weil es natürlich bei dem heute zu beschließenden KommAustria-Gesetz nicht um Werbung geht – da steht drinnen, dass der Medienbran­che Steuereinnahmen „in gewohnt türkis-grüner Manier nachgeworfen werden“. – Da wird nichts nachgeworfen, sondern da wird ein innovatives Projekt gestartet, das den Medienstandort Österreich stärken wird. Es freut mich sehr, dass wir mit diesem Gesetz heute, mit der Novelle des KommAustria-Gesetzes den Fonds zur Förderung der digita­len Transformation auf die Beine stellen.

Es ist ein Fonds, der vor allen Dingen jene Zielrichtung hat, im Bereich aller Medien – egal ob Print- oder bereits elektronische Medien – die Digitalisierung voranzutreiben, das heißt, entsprechende Projekte zu entwickeln. Wir wissen, dass die meisten Medien, vor allem Printmedien, genau an dieser Schwelle stehen, dass der Printkonsum stetig zu­gunsten des Onlinebereichs abnimmt, und daher ist es notwendig, da zu finanzieren. Das steht ja auch jetzt bereits mit 15 Millionen Euro im Gesetz, dann sind es 20 Millionen, und weil der Prozess der EU-Notifikation so lange gedauert hat, sind es jetzt 54 Mil­lionen, und es freut mich besonders, dass wir das sozusagen im Gesamten auszahlen.

Vielleicht ein kurzes Charakteristikum dieses Fonds: Es geht wirklich darum, in allen Bereichen zu fördern. Ein kleiner Wermutstropfen, aber die werden wir in Zukunft viel­leicht noch dazukriegen, sind reine Onlinemedien. Davon gibt es in Österreich nur fünf, aber vielleicht schaffen wir es, auch noch die Onlinemedien da hineinzukriegen. Es sind alle Bereiche abgedeckt, Volksgruppen, auch der NKR-Fonds, den wir auch gern erhö­hen wollen, was wir auch dieses Jahr machen. Ich weiß, das wird schon lange verspro­chen, aber es sollte auf jeden Fall dieses Jahr noch passieren, und da sind wir auch in guten Gesprächen, dass das der Fall sein wird.


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Worum es eigentlich geht, ist der Erhalt und der Ausbau journalistischer Arbeitsplätze, denn das ist eigentlich die wahre Medienförderung: zu sagen, es geht um Journalismus und eben nicht Fakenews.

Eine kurze Anmerkung zur Abgeordneten Fürst: Es gibt keine Zensur, auch wenn Sie das behaupten! Abweichende Meinungen werden natürlich gebracht, nur: Abweichende Meinung ist ein definitiv grundlegender Unterschied zu irgendwelchen absurden Wurm­geschichten und Fakenews. Es geht darum, diese natürlich nicht zu senden. (Abg. Amesbauer: Fakenews ... aber auch ...!) Aber auch die können natürlich im privaten Rundfunk gesendet werden, wie wir wissen; der nicht kommerzielle macht das nicht, der kommerzielle sehr wohl.

Wichtig noch beim Digitalisierungsfonds, Transformationsfonds: Ausbildung. Gabi Schwarz hat das schon erwähnt, ganz wichtige Bereiche sind die Ausbildung, der Ju­gendschutz, aber auch zum Beispiel der ganze Bereich der Volksgruppen, die da die Möglichkeit kriegen, ins Digitale zu transformieren und sicherlich auch noch einmal eine Stärkung zu erfahren.

Auch ich würde mich über breite Zustimmung zu diesem Gesetz freuen. Die Projekthöhe war immer ein Thema. Auch da werden wir schauen, dass wir in den Richtlinien, die erlassen werden, noch einmal nachschärfen und vielleicht eine geringere Projektein­reichhöhe kriegen.

Es ist zum ersten Mal so, dass in einem Medienförderungsgesetz tatsächlich Kriterien definiert sind, die sich nicht nur an Reichweite und Auflage orientieren, sondern an jour­nalistischen Arbeitsplätzen. Ich denke mir, das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer neuen Medienförderung.

In diesem Sinne bin ich der Meinung (Ruf bei der SPÖ: Zustimmen!), dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak. – Bitte.


12.23.10

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Kollegin Schwarz hat Russia Today schon angesprochen. Russia Today ist ein Propagandainstrument, und seit dem Start des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wurde die Verbreitung von Fakenews, die Verbreitung von Falschinformationen auch noch intensiviert, während es umgekehrt in Russland so ist, dass unabhängige Berichterstattung verboten wurde und viele westliche Journalistinnen und Journalisten ausgereist sind, um weiter Bericht erstatten zu können.

Das Propagandainstrument Russia Today wurde durch diesen Krieg zu einem gefähr­lichen Kriegsinstrument. Vor diesem Hintergrund beschließen wir heute, dass österrei­chischen Netzanbietern die Ausstrahlung von Russia Today verboten wird. Das ist eine Maßnahme, die – da hat Frau Kollegin Fürst recht – wenn, dann nur als Ultima Ratio getroffen werden kann, weil sie natürlich im Zusammenhang mit Presse- und Meinungs­freiheit zumindest zu hinterfragen ist.

Aber um die freie Presse einzuschränken (Abg. Matznetter: Wobei diesen Artikel 10 ...!), Herr Kollege Matznetter, braucht es eine freie Presse; und Russia Today ist ein Instru­ment der Kriegsführung, ist ein Sprachrohr Putins. (Beifall der Abg. Blimlinger.) Wir sanktionieren hier also keine Meinung, sondern wir sanktionieren ein Kriegsinstrument und nicht eine ganz gewöhnliche Meinung (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten


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von ÖVP und Grünen), ein Kriegsinstrument, das dazu verwendet wird, dem Bruch des Völkerrechts und diesem grauenhaften Angriffskrieg den Boden zu bereiten.

Ich habe das hier in diesem Hohen Haus in den letzten Wochen schon sehr oft gesagt: In diesem verrückten Angriffskrieg von einem machthungrigen Despoten, der absolut keine Grenzen kennt, kann es für uns als Europäer, für uns als Österreicher eigentlich nur eine Seite geben, und das ist an der Seite der Freiheit, an der Seite des Friedens, an der Seite der Rechtsstaatlichkeit – und das bedeutet an der Seite der Ukraine.

Umso mehr lässt es mich beschämt zurück, dass wir es hier im Hohen Haus bis jetzt immer noch nicht geschafft haben, eine Einladung an den ukrainischen Präsidenten Se­lenskyj auszusprechen – nach seinen Reden im Senat in den USA, nach seiner Rede im Deutschen Bundestag, nach seiner Rede im Europaparlament, nach seiner Rede im britischen Unterhaus, nach seiner Rede in der Knesset und nach seiner vorgestrigen Rede im Parlament in Rom, bei der im Übrigen sogar der Rechtspopulist und Lega-Nord-Chef Matteo Salvini applaudiert hat –, dass wir es bis jetzt also nicht schaffen, dass wir diese Einladung aussprechen und er zu uns sprechen kann.

Geschafft haben wir das deswegen nicht, weil es in Österreich leider immer noch poli­tische Kräfte gibt, die vor dem Hintergrund einer falsch verstandenen Neutralität und vielleicht auch eines ungeklärten Verhältnisses zum autokratischen Russland – dem Russland, das durch einen Bruch des Völkerrechts eine Invasion in einen souveränen Nachbarstaat gestartet hat, dort einen vernichtenden Angriffskrieg führt, dort täglich zivile Einrichtungen in Schutt und Asche legt, dort täglich Männer tötet, dort täglich Frau­en tötet, dort täglich kleine Kinder tötet – sich zuerst einmal besorgt darüber äußern und überlegen wollen, ob denn die österreichische Neutralität damit vereinbar wäre, dass derjenige, der in der Ukraine gerade unsere europäischen Werte verteidigt, in unserem Parlament eine Rede hält und vom Leid seines Volkes, des ukrainischen Volkes berichtet und uns um Hilfe bittet. Ich finde, das richtet sich von selbst. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Nikolaus Berlakovich, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


12.27.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir sprechen heute über den Fonds zur Förderung der digitalen Transformation. Die Kolleginnen Schwarz und Blimlinger und auch Kollege Scherak sind schon inhaltlich auf dieses Gesetz eingegangen, es ist eine gute Sache.

Frau Kollegin Fürst, bei allem Respekt: Die Situation hier bei uns mit jener in Russland zu vergleichen ist völlig absurd! Wenn in Russland Menschen stehen und friedlich ein Plakat in die Höhe halten, auf dem „Frieden“ steht, werden sie abgeführt oder niederge­knüppelt. Wenn Journalistinnen oder Journalisten in Russland in der Öffentlichkeit das Wort Krieg verwenden, können sie bis zu 15 Jahre eingesperrt werden. (Abg. Stefan: Was ist mit Saudi-Arabien? Wie ist es denn in Saudi-Arabien?) Und dann sagen Sie, das in Russland ist so wie bei uns?! – Ich meine, das ist doch absurd und, bei allem Respekt, das ist lächerlich – lächerlich! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Jedenfalls halte ich diese digitale Unterstützung für wichtig, und ich darf mich hier auch zum Volksgruppenbereich äußern, weil – wie wir es schon gehört haben – auch die Volksgruppenmedien eine Unterstützung bekommen sollen. Es hat vor Kurzem auf Ein­ladung von Parlamentspräsident Sobotka ein Treffen der sechs anerkannten österreichi­schen Volksgruppen gegeben, bei dem über deren Lage gesprochen wurde und sehr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 62

klar herausgekommen ist, dass die Weitergabe der Sprachen der Volksgruppen zentrale Bedeutung hat. Wird die Sprache nicht mehr gesprochen, wird sie nicht weitergegeben, so hört die Volksgruppe praktisch zu existieren auf. Daher gibt es viele Anstrengungen und Bemühungen, das zu unterstützen, und der mediale Bereich ist ein solcher.

Es war wichtig, dass es uns gelungen ist, in dieser Periode die Volksgruppenförderung insofern zu spezifizieren, als Volksgruppenmedien eine besondere finanzielle Unterstüt­zung erhalten. Jede Volksgruppe bekommt ein Leitmedium im Printbereich besonders gefördert. Was wichtig ist: dass die Sprache dort weitergetragen wird.

Im Digitalbereich ist das ebenfalls von Bedeutung, denn bei dieser Dialogplattform ist herausgekommen, dass Volksgruppenvertreter gesagt haben, es reißt der Kontakt zu den Jugendlichen ab, zu den jungen Menschen, die auf anderen Ebenen kommunizie­ren, und daher ist der digitale Bereich von enormer Bedeutung. Es gibt bereits Aktivitä­ten. Die burgenländischen Kroaten haben mehrere Apps installiert, eine Kinderapp unter dem Titel: Mein erstes Wörterbuch!, mit der Kinder spielerisch an dieses Thema heran­geführt werden sollen, oder eine Liederbuchapp, mit der Liederbücher digital weitertrans­portiert werden.

Auch die Roma nutzen die digitalen Möglichkeiten. dRoma-Blog, dRoma-TV sind Aktivi­täten, die digitale Medien nützen.

Das sollte stärker werden. Ich begrüße das, weil das ein wichtiger Beitrag ist, wie wir im Übrigen mehrere andere Dinge gemeinsam gemacht haben. Die Verdoppelung der Volksgruppenförderung war ein zentraler Meilenstein, weil damit Projekte gefördert wer­den können, die eben auch in diesen Bereich hereingreifen.

Wir werden da weitere Aktivitäten setzen. Sehr positiv ist, dass der ORF im September ein Magazin startet, in dem alle österreichischen Volksgruppen mehrmals im Monat vor­kommen sollen, und damit der österreichischen Öffentlichkeit auch dieser wichtige Teil unserer Identität präsentiert wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

12.30


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.


12.30.50

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Frau Bundesministerin ist nicht mehr hier. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Intention, heimische Medienunternehmen im internationalen Wettbewerb zu unterstützen, den Me­dienstandort Österreich zu stärken, begrüßen wir und unterstützen wir und sehen wir auch als sehr positiv an. Die rasche und sich ständig verändernde Digitalisierung der Medienwelt, neue Plattformen, die auftauchen, die bespielt werden sollen, neue Kon­sumgewohnheiten – all das soll durch den neu geschaffenen Fonds zur digitalen Trans­formation unterstützt und gefördert werden. Das ist richtig und dringend notwendig.

Positiv sehen wir auch, dass es zukünftig keine Förderungen und Steuergelder mehr für demokratiefeindliche Medien geben soll. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Rich­tung, den wir auch seit Jahren entsprechend eingefordert haben.

Wir sehen aber in dieser Gesetzesvorlage auch konkrete Mängel, bei denen wir eine breitere, eine umfassendere Beschlussfassung bevorzugt hätten. Kollege Leichtfried hat auch schon konkret darauf hingewiesen.

Da ist zum einen die Dotierung des Fonds mit aktuell 20 Millionen Euro jährlich. Wir wissen, dass heuer ungefähr 80 Millionen Euro aus der Digitalsteuer erwartet werden. Da gäbe es also noch durchaus Potenzial, diesen Fonds höher zu dotieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 63

Kritisch sehen wir auch, dass aktuell reine Onlinemedien aus diesem Fonds ausgespart bleiben und nichts von diesen Fördergeldern erhalten sollen. (Beifall bei der SPÖ.) Da­rüber, dass wir auch diese reinen Onlinemedien entsprechend mitaufnehmen, sollten wir bitte noch einmal diskutieren.

Was uns als SPÖ besonders wichtig ist: dass vor allem nicht kommerzielle Rundfunk­anbieter nicht aus diesem Fördertopf hinausfallen, dass sie entsprechend gefördert und unterstützt werden, denn – und wir wissen das alle aus unserer täglichen Arbeit – die leisten wirklich wertvolle Arbeit in den Regionen und tragen dazu bei, dass es auch in den Regionen eine bunte und breite Berichterstattung gibt.

Ich als Oberösterreicherin erwähne exemplarisch Radio FRO, das Freie Radio Salzkam­mergut, oder auch, liebe Johanna Jachs, das Freie Radio Freistadt, das ja eine breite Plattform zum Beispiel für die Antiatomkraftbewegung ist, wo immer wieder Punkte the­matisiert werden, die in größeren Medien oft keinen Platz haben.

Uns ist es wirklich ein Anliegen, dass diese eigentlich ja antragsberechtigten Medien nicht aus dem Fördertopf hinausfallen, weil die Kriterien nicht so gestaltet sind, dass sie da diese Anträge entsprechend stellen können. Momentan steht ja eine Antragssumme von 150 000 Euro im Raum. Das wird für viele nicht erreichbar sein. Da wollen wir wirk­lich entsprechende konkrete Maßnahmen setzen, damit diese nicht kommerziellen Rundfunkanbieter nicht aus diesem Fördertopf hinausfallen.

Dazu bringe ich einen entsprechenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „digitale Transformationsförderung auch für den nichtkommerziellen Rundfunk“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Inte­gration und Medien wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die – prinzipiell an­tragsberechtigten – nichtkommerziellen Medien nicht durch die Gestaltung der Vergabe­richtlinien von Förderungen aus dem Fonds zur Förderung der digitalen Transformation ausgeschlossen werden. Vielmehr ist aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingun­gen von kommerziellen und nichtkommerziellen Rundfunkanbietern eine sachlich be­gründete Differenzierung der Förderbedingungen vorzusehen."

*****

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jörg Leichtfried, Sabine Schatz

Genossinnen und Genossen

betreffend digitale Transformationsförderung auch für den nichtkommerziellen Rundfunk

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Verfassungsausschusses über ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digitalsteuergesetz 2020 ge­ändert werden (1026/1382 d.B.) (TOP 2)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 64

Durch den neu geschaffenen „Fonds zur Förderung der digitalen Transformation“ sollen angesichts der Situation der österreichischen Medienlandschaft, der Konkurrenz aus dem deutschsprachigen Ausland und durch internationale Online-Konzerne, Transfor­mationsprozesse in der österreichischen Medienbranche unterstützt werden. Aufgrund der geringen Größe des österreichischen Medienmarktes besteht die Gefahr, dass sonst spezifisch österreichische Inhalte in Zukunft verschwinden werden. Ziel ist der Erhalt und der Ausbau einer unabhängigen und pluralistischen Medienlandschaft.

Der nichtkommerzielle Privatrundfunk leistet österreichweit einen großen Beitrag zur Me­dienvielfalt und Vermittlung von Medienkompetenz. Als Ergänzung zum öffentlich-recht­lichen und kommerziellen Privatrundfunk ermöglicht er eine aktive Beteiligung der Be­völkerung und transportiert Themen, die oftmals in der Mainstreamberichterstattung we­nig Gehör finden. Auch können Menschen vor die Kamera und das Mikrophon geholt werden, die in anderen Medien oft ausgeschlossen bleiben. Damit wirkt der nichtkom­merzielle Rundfunk als Verstärker einer lokalen, regionalen und nationalen kulturellen Produktion.

Der Sektor der nichtkommerziellen Rundfunkmedien − neben öffentlich-rechtlichem und privat-kommerziellem Sektor − der dritte Rundfunksektor in Österreich, besteht aus Frei­en Radios, Community TVs, COMMIT (Community Medien Institut für Weiterbildung, Forschung und Beratung) und dem Verband Freier Rundfunk Österreich. Seit Bestehen des „Fonds zur Förderung des Nichtkommerziellen Rundfunks“ (NKRF), der seit 2013 Freie Medien in ihrer Tätigkeit unterstützt, haben zehntausende Kinder, Jugendliche und Erwachsene an Aus- und Weiterbildungsangeboten teilgenommen. Der Medienwissen­schaftler Peter Plaikner bezeichnet nichtkommerzielle Medien deshalb zurecht als „La­bors und Fitnessstudios der Zivilgesellschaft“. Denn zu verstehen was Medienproduktion ausmacht, also wie Medien arbeiten und wie Nachrichten und Inhalte entstehen, sollte insbesondere in Zeiten von „Fake News“ Teil des demokratiepolitischen Grundwissens sein.

Der nichtkommerzielle Privatrundfunk ist daher eine zukunftsweisende Säule der demo­kratischen Medienöffentlichkeit in Österreich und muss im Sinne einer Demokratisierung der Medienlandschaft eine deutliche Aufwertung erfahren. Leider ist das bisher nicht erfolgt. Im Mai 2019 hat der Nationalrat die Mittel des Bundes für private kommerzielle Radio- und TV Veranstalter („Privatrundfunkfonds“) von jährlich 15 auf 20 Millionen Euro erhöht, während die Mittel für den nichtkommerziellen Rundfunk gleichblieben. Es fehlt daher immer noch eine Erhöhung des Fonds zur Förderung des nicht-kommerziellen Rundfunks (NKRF) von drei Millionen € auf zumindest 6 Millionen € mit einer Perspektive auf weitere Erhöhungen.

Das Ziel der Regierungsvorlage zur Förderungen der digitalen Medientransformation ist in ihrem Grundsatz zu befürworten. Allerdings hat sie einige „Schönheitsfehler“, die durch eine angemessene Berücksichtigung der Stellungsnahmen aus der Begutachtung beseitigt hätten werden können. Das betrifft beispielsweise die Höhe der Dotierung – für 2022 werden Einnahmen in der Höhe von 80 Mio. € aus der Digitalsteuer erwartet, nur 20 Mio. € jährlich davon gehen in die Medienförderung –, die fehlende Einbeziehung reiner Onlinemedien oder den weiteren Ausbau der Förderstandards bei der Vergabe zur Sicherung unabhängiger journalistischer Arbeit.

Insbesondere haben jedoch die nichtkommerziellen Medien darauf hingewiesen, dass auf ihre speziellen Rahmenbedingungen unbedingt Rücksicht genommen werden muss. Formal sind sie jedenfalls antragsberechtigt beim „Fonds zur Förderung der digitalen Transformation“. Allerdings besteht die Gefahr, dass sie durch die von der RTR zu er­stellenden Vergaberichtlinien de facto von der Förderung ausgeschlossen werden. Die Voraussetzungen für das Agieren von nichtkommerziellen und kommerziellen Rundfunk­anbietern unterscheiden sich wesentlich, daher haben gleiche Vergaberichtlinien auch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 65

unterschiedliche Auswirkungen auf kommerzielle und nichtkommerzielle Anbieter. Das betrifft beispielsweise Mindestantragssummen oder den Eigenmittelanteil. Die Aufbrin­gung des letzteren ist für nichtkommerzielle Anbieter wesentlich schwieriger als für kom­merzielle. Auch Mindestantragssummen in der Höhe von 150 000 € wie sie dem Verneh­men nach derzeit im Raum stehen schließen nichtkommerzielle Anbieter praktisch aus. Es braucht daher dringend eine Differenzierung zwischen nicht-kommerziell und kom­merziell auf der Richtlinien-Ebene und Mindestantragssummen dürfen jedenfalls nicht höher als 15.000 € sein. Sonst besteht die Gefahr, dass gerade nichtkommerzielle An­bieter, die einen wichtigen Beitrag zu Medienvielfalt und Meinungspluralismus leisten, von der digitalen Transformationsförderung nicht profitieren können.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Inte­gration und Medien wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die – prinzipiell an­tragsberechtigten – nichtkommerziellen Medien nicht durch die Gestaltung der Vergabe­richtlinien von Förderungen aus dem Fonds zur Förderung der digitalen Transformation ausgeschlossen werden. Vielmehr ist aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedin­gungen von kommerziellen und nichtkommerziellen Rundfunkanbietern eine sachlich begründete Differenzierung der Förderbedingungen vorzusehen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


12.34.41

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her! Ja, natürlich: Etwas zu verbieten ist immer eine Notwehrmaßnahme. Notwehrmaß­nahme bedeutet, dass etwas, das unter regulären Umständen nicht zu tolerieren wäre, trotzdem gemacht wird, weil man einfach keine andere Wahl hat. Um genau das handelt es sich bei diesem RT-Verbot und dem Sputnik-Verbot.

Es gilt aber auf der anderen Seite auch: Immer, wenn man zu Notwehrmaßnahmen greifen muss, hat die Prävention versagt. Das müssen wir hier alle gemeinsam auf unse­re Kappe nehmen.

Es gibt bei diesen Verschwörungserzählungen, bei diesen konstruierten Geschichten unterschiedliche Kategorien. Das beginnt immer irgendwie ganz harmlos mit Ideen wie etwa, dass unsere Politiker Echsenwesen aus dem All wären oder Stationen von gehei­men Flugscheiben irgendwo in der Antarktis verborgen wären. Das hört man gerne, nimmt man zum Schmunzeln und denkt sich nicht recht viel dabei.

Dann geht es aber in die nächste Kategorie über, und da wird es dann schon gefähr­licher. Das sind dann Erzählungen, die mit dem alltäglichen Leben etwas zu tun haben, in denen es um Ereignisse geht, die es tatsächlich gegeben hat. Dann wird eine irre Geschichte daraus konstruiert. Das sind diese Erzählungen über 09/11 oder die Mond­landung. Man lacht, man denkt sich: Wie kommt jemand auf so eine Idee, dass das gefakt oder was auch immer sein könnte? Trotzdem bleibt bei vielen Menschen dieses: Na ja, vielleicht könnte aber doch etwas dran sein!, und das ist das Gefährliche.


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Genau da wird es nämlich deshalb gefährlich, weil dann aus diesem: Es könnte etwas dran sein!, doch die Bereitschaft kommt, solche Dinge leichter zu glauben, solchen Din­gen zu folgen und solchen Erzählungen dann Glauben zu schenken, auch wenn sie tatsächlich komplett falsch sind, wenn sie nicht einmal mehr einen wahren Kern haben. Und genau dort sind wir jetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sind deshalb dort, weil uns über diese Medien tatsächlich falsche Informationen ge­liefert werden, nämlich erfundene Wahrheiten. Das ist das riesengroße Problem daran. Ich bitte, das nicht misszuverstehen: Fakten sind keine Meinungen. Es gibt Meinungen zu Fakten, es gibt Positionen, die sich auf diese Fakten beziehen, aber wenn man den Boden der Tatsachen verlässt, dann ist das keine Meinung, sondern dann ist das Un­wahrheit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Deshalb muss ich Ihnen hier sagen: Es tut mir leid, dass wir zu diesem Mittel greifen müssen, denn es ist tatsächlich ein Eingeständnis dessen, dass wir bisher zu wenig darauf reagiert haben, zu wenig Bezug genommen haben, zu wenig darauf hingewiesen haben, wie groß die Gefahr ist, die von solchen Medien droht, die von solchen Erzäh­lungen droht und die daraus droht, dass Meinungen und Meinungsfreiheit als Schutz­schild genommen werden, um Propaganda zu transportieren.

Ja, es ist ein Eingeständnis: Wir haben bisher zu wenig Augenmerk darauf gelenkt. Das müssen wir ändern, und dafür brauchen wir Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.38.55

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! An dieser Stelle möchte ich mich einmal ganz, ganz herzlich bei den vielen mutigen Journalistinnen und Journa­listen dieser Republik dafür bedanken, dass sie oft, vor allem in den vergangenen drei bis vier Jahren unter schwierigen Arbeitsbedingungen doch immer wieder sehr kritisch Bericht erstattet haben. Das ist zu würdigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich danke Ihnen. Bleiben Sie weiterhin so mutig! Sie sind nämlich eine wichtige Institu­tion, wenn es darum geht, die Mächtigen zu kontrollieren, die Finanzstarken zu kritisie­ren. Vieles würde nicht ans Tageslicht kommen, wenn Sie nicht Ihre Karriere riskieren würden, wenn Sie nicht Ihren Idealismus leben würden. Sehr gut machen Sie das!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich wirklich jeden Morgen (Zwi­schenruf des Abg. Zarits), wenn ich zum ersten Kaffee von besonderen Ereignissen lesen darf (Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn ich wieder einmal von einer mutigen Tat lesen darf, wenn ich wieder einmal lesen darf, wie unterstützend, wie hilfsbereit unsere Gesellschaft ist. Das erfüllt mich nicht nur mit Mut, mit Zuversicht und mit Freude, sondern ich bin auch ein bisschen stolz auf unsere Gesellschaft, weil die Hoffnung immer wieder da ist, dass wir Engagement entwickeln, und dafür bedanke ich mich.

Medienfreiheit, Medienpluralismus ist, sehr geehrte Damen und Herren, extrem wichtig für unsere Demokratie. Ich finde es nicht nur wichtig, dass wir die Regionalität und die österreichischen Medien mit unseren Steuergeldern fördern – das sollte uns sehr, sehr wichtig sein –, sondern wir müssen sie auch fördern, weil es ja sichtbar ist, wenn Re­gierungen auf die Berichterstattung so stark Einfluss nehmen. So unschuldig und so ein unbeschriebenes Blatt ist die Republik Österreich leider nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Der Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU-Kommission zeigt uns, dass diese exzes­siven Regierungsinserate ein Instrument der politischen Einflussnahme sind, und das


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darf nicht zugelassen werden. Deswegen ist es wichtig, dass wir schauen, mit Förderun­gen mehr Existenzsicherung für österreichische Medien zu gewährleisten. (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.)

Eines möchte ich aber, bevor ich zum Schluss komme, schon auch noch betonen: Selbstverständlich ist die Medienfreiheit sehr wichtig, und eine Abgeordnete, die vor mir geredet hat, Frau Abgeordnete Fürst, hat kritisiert, dass Russia Today zensuriert wird, quasi befristet nicht mehr ausgesendet wird. Sicherlich hat es eine sehr interessante Diskussion gegeben und wir müssen auch über die nationalen Grenzen hinweg die Pluralität hochhalten, aber das muss schon auch gesagt werden: Wir dürfen die Kraft der Worte, wenn es um Hetze, Hass, Falschinformationen und Kriegspropaganda geht, nicht geringschätzen, wir dürfen das nicht unterschätzen, was das mit einer Gesellschaft macht. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Sehen Sie, die meisten Frauen und Männer in Russland wissen nicht so recht, was in der Ukraine passiert, die glauben immer noch an irgendein Militärmanöver. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Ich denke, wenn die EU-Kommission eines dieser Sanktionsinstrumente durchführt, soll­ten wir Österreicher uns dem auch anschließen. Daher haben wir dieser befristeten Zensur auch zugestimmt, aber nichtsdestotrotz: Medienvielfalt ist uns wichtig, und Ihnen, Vertreterinnen und Vertreter der Regierung, lege ich ans Herz: Lassen Sie die Medien in Österreich frei arbeiten, das ist wichtig für unsere Demokratie! (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!)

Wir werden dieser Förderung selbstverständlich zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Blimlinger und Koza.)

12.42


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.


12.43.04

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme auch Stellung zu dem sogenannten Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, bei dem es in Wirklichkeit darum geht, Sanktionen der Europäischen Union umzusetzen und, wie schon gesagt wurde, verboten wird, RT – Russia Today – und andere derartige Sender in Österreich zu ver­breiten, und zwar mit einer Strafdrohung bis zu 50 000 Euro. Das ist der Inhalt.

Das reiht sich ein in eine Kultur, die wir schon in den letzten Jahren in sehr unangeneh­mer Weise beobachten durften, diese Cancel Culture, also diese Kultur des Entfernens, des Löschens, bei der es nicht darum geht, sich mit anderen Meinungen, die vielleicht unangenehm sind, die vielleicht auch nicht richtig sind, auseinanderzusetzen, zu disku­tieren, sondern da geht es um das Entfernen, das Wegschieben – und nicht um das Auseinandersetzen. Das ist eine ganz negative Entwicklung, die mit diesem Gesetz auch noch vorangetrieben wird.

Es ist schon richtigerweise darauf hingewiesen worden: In Russland wird total gelöscht, da werden Meinungen stark unterdrückt, wesentlich unterdrückt. Viele Russen wissen gar nicht, was passiert. Warum stellen wir uns aber auf dasselbe Niveau? Warum stellen wir uns auf dasselbe Niveau und glauben, es ist sinnvoll, einen Teil der Berichterstattung zu verbieten? Natürlich ist es Propaganda, keine Frage, aber glauben wir, dass von der anderen Seite nicht auch Propaganda gemacht wird? – Das halten wir aus. Freiheit heißt, sich zwischen verschiedenen Punkten, zwischen verschiedenen Positionen ent­scheiden zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich nur einen Teil vorgebe, dann brauche ich nicht mehr von Freiheit zu sprechen. Meinung muss man sich bilden. Wenn eine Meinung vorgegeben wird und es nur diese eine Meinung gibt, dann gibt es keine Meinungsbildung. Was glaubt man oder was denkt


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man vom Menschen in Österreich, dass man davon ausgeht, dass er nicht in der Lage ist – wenn er noch dazu, wie ja gesagt wurde, aufgeklärt wird, informiert wird –, sich seine Meinung zu bilden? Haben wir wirklich so ein Menschenbild, dass wir glauben, wir müssen genau vorgeben, was zu denken ist und was berichtet werden darf und was nicht?

Christian Ortner hat das so auf den Punkt gebracht, er hat gesagt: „Diese Form des betreuten Medienkonsums ist charakteristisch für autoritäre Systeme wie China oder eben auch Russland“. – Das ist völlig richtig. Wir machen das aber leider auch, und das ist eine ganz negative Entwicklung. Man muss dabei ja vor allem immer bedenken: Was ist denn das Ergebnis? – Das ist genau das, wovor gewarnt wird, genau das erzeugen wir damit. Wenn ein Teil einer Berichterstattung gelöscht wird, wenn man den nicht sehen darf, dann entstehen natürlich Mythen, dann denke ich mir: Warum darf das nicht berichtet werden, vielleicht ist irgendwo doch ein Funken Wahrheit dabei? Was haben die anderen für eine Angst, dass sie das nicht berichten? – Dann entstehen Verschwö­rungstheorien, dann entsteht Misstrauen.

So ganz von der Hand zu weisen ist es natürlich nicht. Denken wir nur an die Coronazeit! Was wurde alles als Fakenews verboten, aus den sozialen Medien geradezu gelöscht: Es wird keine Einschränkungen der Grundrechte geben; es wird keine Impfpflicht ge­ben – na, Wahnsinn, das muss bekämpft werden; wir alle kennen diese Zitate –; es gibt keine wesentlichen Impfnebenwirkungen; nein, die Geimpften und die Ungeimpften sind völlig unterschiedlich infektiös. – Allein das Wort vollimmunisiert, wie lange ist das hier in den Mund genommen worden? – Reinste Fakenews!

Das ist auch ein Teil dessen, was zu Misstrauen führt, wenn sich im Nachhinein nämlich herausstellt, es hat einiges von dem, was da unterdrückt wurde, doch gestimmt.

Bitte passen wir daher auf, wir machen da eine ganz gefährliche Gratwanderung! Wir gehen auf einem ganz gefährlichen Boden, denn wir müssen den Menschen nicht mit­geben, was sie denken sollen, sondern wie sie denken sollen. Das ist das Menschenbild, das wir verbreiten wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir sehen, was sich da abspielt, und dann schauen, was auf der europäischen Ebene passiert, auf der es noch weiter geht: Wahrscheinlich noch im März wird eine Verordnung beschlossen, dass auf europäischer Ebene die verschlüsselten Chats auf den Mobiltelefonen beobachtet werden müssen. Das heißt, genau das, was in Russland die letzte Möglichkeit ist, sich ordentlich oder noch geheim zu verbinden, nämlich genau diese End-to-End-Verschlüsselung, das, was zum Teil hier auch gepriesen wird – Gott sei Dank gibt es das noch!, das, mit dem man in Russland noch irgendwie Informationen weitergeben kann –, wird jetzt auf europäischer Ebene beobachtet und wird dann hin­tertrieben.

Da geht es nicht darum, dass man damit illegale Dinge erreicht – ja, natürlich auch. Es gibt aber nun einmal rein menschlich ein großes Bedürfnis nach vertraulicher Kommu­nikation, sei es mit Freunden, mit einem Anwalt, mit dem Arzt, was auch immer. Wir haben nicht umsonst ein Briefgeheimnis, das verfassungsrechtlich sehr stark geschützt ist. Und da greifen wir jetzt ein, und das ist diese Tendenz: Wir glauben, wir müssen den Menschen so bevormunden, wir müssen ihm vorgeben, was er zu denken hat, und wir müssen genau wissen, was er kommuniziert.

Das betreiben Sie unter anderem auch mit dem, was Sie heute machen. Nicht alles, was sich Ermittlungsbehörden wünschen, ist mit der Freiheit kompatibel – das ist der ent­scheidende Punkt. Wenn wir so weitermachen, sind wir auf einem ganz schlechten Weg.

Daher: Trauen wir uns und unserer Gesellschaft und dieser Demokratie zu, dass sie sich ihre Meinung bildet, dass sie das aus verschiedenen Positionen betrachtet, denn wir sind ja überzeugt davon, dass wir die richtige Position einnehmen, und wir sind überzeugt,


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dass wir einen Angriffskrieg, einen verbrecherischen, erkennen und auch verurteilen können. Begeben wir uns aber nicht auf dieses Niveau, wie es andere Staaten machen, die wir ablehnen! (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


12.49.22

Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind drei junge geflüchtete Frauen aus der Ukraine – Olha Bosak, Alla Staschtschenko und Marija Mart­schuk – heute hier im Hohen Haus. – Wir wünschen Ihnen und Ihrem Volk alles erdenk­lich Gute. Sie können sich unserer Solidarität sicher sein. Schön, dass Sie heute hier sind! (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

Zu dieser Debatte ist niemand mehr zu Wort gemeldet, daher ist sie geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann werde ich auch so vorgehen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz und das Digitalsteuergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1382 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Susanne Fürst, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Teuerungsbremse für die Bürger statt Millionenge­schenke für Medienkonzerne“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jörg Leichtfried, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „digitale Transformationsförderung auch für den nicht­kommerziellen Rundfunk“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1383 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Verfassungsausschusses, sei­nen Bericht 1384 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist die Mehrheit, somit ist er zur Kenntnis ge­nommen.


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12.52.275. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über die Regierungsvorlage (1361 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ge­ändert wird (1388 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Nun kommen wir zu Tagesordnungspunkt 5.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße zu dieser Debatte Herrn Bundesminister Martin Kocher im Hohen Haus.

Frau Abgeordnete Carina Reiter, Sie haben als Erste das Wort. Bitte.


12.53.00

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Die Familienbeihilfe ist eine wichtige Form der Familienförderung in Österreich. Sie ist eine direkte Leistung, um Kosten, die unterhaltspflichtigen Eltern für Kinder entstehen, auszugleichen.

1955 wurde das Familienlastenausgleichsgesetz zum ersten Mal erlassen, und die In­tention des Gesetzes hat heute noch die gleiche Gültigkeit wie damals. Der Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung, die die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung und Erziehung von Kindern verursacht, ist nicht nur eine Forderung im Sinne der so­zialen Gerechtigkeit, sondern eine gesellschaftliche Existenznotwendigkeit.

Die Zeit vergeht, das Familienlastenausgleichsgesetz besteht. Seit 1955 hat sich natür­lich einiges getan. Die Welt ist digitaler, die Welt ist effizienter geworden, und so haben sich natürlich auch das Familienlastenausgleichsgesetz und auch die zugehörigen Ab­wicklungsverfahren weiterentwickelt. Seit März 2021 ist das Familienbeihilfeverfahren Fabian aktiv. Damit wird und wurde der Aufwand zum einen für die Bürgerinnen und Bürger verringert, aber zum anderen auch für die Mitarbeiter im Finanzamt, damit die Abwicklung auch da effizienter wird.

Beim aktuellen Tagesordnungspunkt, den wir besprechen, geht es um die digitale Wei­terentwicklung dieses Familienbeihilfeverfahrens. Durch die Verarbeitung externer Da­ten soll das Verfahren effizienter und schneller werden. Somit wird die Abwicklung er­leichtert. Umgesetzt wird die Verarbeitung von Daten für Schüler und Schülerinnen, Lehrlinge und Studierende.

Die wichtigsten Eckpunkte sind, dass die Weitergewährung der Familienbeihilfe für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung – das bedeutet einfach einen durchgehen­den Bezug der Familienbeihilfe – möglich ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verar­beitung eben dieser Daten. Da beschließen wir heute hoffentlich das Paket zwei, in dem es um die Daten der Lehrlinge und der Schülerinnen und Schüler geht, um auch diese Erleichterung zugänglich machen zu können.

Was sind also die Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger? – Es geht um eine effiziente Anspruchsüberprüfung. Es geht um eine rasche automationsunterstützte Weitergewäh­rung der Familienbeihilfe. Es ist keine Vorlage von Papierunterlagen oder zusätzliches Hochladen auf Finanzonline notwendig. Es sind keine Amtswege in dieser Form not­wendig. Es geht einfach um eine schnelle und unbürokratische Abwicklung dieses Ver­fahrens.

Kurz gesagt geht es uns einfach darum, Familien gerade in einer Zeit, die oft sehr be­lastend ist, die sehr fordernd ist – da geht es um Schule, Beruf, die Herausforderungen, die der Alltag so mit sich bringt –, das Leben ein bisschen leichter zu machen, die Ab­wicklung, soweit es technisch möglich ist, zu vereinfachen und somit einfach diesen Bü­rokratieaufwand für die Familien zu verringern. Unser Credo ist also ganz klar: so wenig


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wie möglich und nur so viel wie nötig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


12.56.26

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Familien! Der vorliegende Antrag zum Familienlastenausgleichsge­setz schafft die Rechtsgrundlage für die geplante automatisierte Verarbeitung von Schü­lerInnen- und Lehrlingsdaten zur Anspruchsprüfung für die Familienbeihilfe.

Liebe Familien! Was sich so sperrig anhört, soll das Familienbeihilfenverfahren vereinfa­chen und beschleunigen, das heißt, die Verfahrensdauer soll reduziert werden. Für uns als SPÖ ist es wesentlich, dass die Familienleistungen zeitnah und unbürokratisch bei den Familien ankommen. Im vergangenen Jahr kam es vermehrt zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Familienbeihilfe – Herr Bundesminister, Sie werden sich auch noch an den Rückstau bei den Finanzämtern erinnern –, und das muss künftig einfach vermie­den werden. Wenn die Familien auf die Familienbeihilfe wochenlang, monatelang warten müssen, dann ist das einfach ein riesiger, mit großen finanziellen und persönlichen Sor­gen verbundener Einschnitt. Außerdem sind an die Familienbeihilfe auch andere Fami­lienleistungen geknüpft. Das heißt, für die Familie sind die Familienbeihilfe und ihr recht­zeitiges Eintreffen auf dem Konto eine ganz wichtige Voraussetzung.

Wenn nun die Abläufe beschleunigt und entbürokratisiert werden, dann stimmen wir dem natürlich gerne zu. Wir hoffen auch, dass dann in der Umsetzung alles reibungslos funk­tioniert.

Vielleicht gelingt es damit auch, einige Sorgen der Familien zu lindern, denn Sorgen haben die Familien sehr viele. Seit über zwei Jahren erleben wir nun diese Pandemie, und für viele Familien ist es nach wie vor unverändert schwierig. Laufend ändern sich die Regeln. Warum sich diese ändern, ist ja kaum mehr nachvollziehbar. So meinte der Bildungsminister kürzlich, dass es trotz der höchsten Inzidenz seit Beginn der Pandemie keinen Handlungsbedarf gibt, die Regeln in den Schulen anzupassen.

Etwas Unterstützung bringt die geplante Verlängerung der Sonderbetreuungszeit, die auch dringend gebraucht wird, um die Betreuung der Kinder auch weiterhin gewährleis­ten zu können. Leider gibt es wieder keine zusätzliche Unterstützung für Eltern von Hochrisikokindern. Ich habe das bereits im Hohen Haus und auch im Ausschuss mehr­mals thematisiert. Diese Eltern fühlen sich unsichtbar, sie fühlen sich nicht gehört und von der Politik im Stich gelassen. Weder Sie als Arbeitsminister noch der Gesundheits­minister oder die Familienministerin haben sich bisher für diese Familien starkge­macht. – Liebe Familien, wir sehen euch, ihr werdet nicht von allen vergessen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integra­tion und Medien im Bundeskanzleramt, der Bundesminister für Arbeit und der Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden ersucht dem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 72

Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern von (Hoch-)Risikokindern ausgeweitet wird, damit sie während hoher Covid19-Inzidenzen trotz offener Kinderbildungseinrichtungen Sonder­betreuungszeit in Anspruch nehmen können.“

*****

Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von den Regierungsparteien, es müsste doch auch in Ihrem Sinne sein, die Eltern von kranken und besonders gefährdeten Kindern, die Immunerkrankungen haben, die Krebserkrankungen haben, mit dieser Son­derbetreuungszeit zu unterstützen. Also geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie unserem Antrag heute zu! (Beifall bei der SPÖ.)

13.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über die Regierungsvorlage (1361 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenaus­gleichsgesetz 1967 geändert wird (1388 d.B.)

Familien sind seit Beginn der Covid-19-Pandemie im Ausnahmezustand. Zur Mehrfach­belastung durch Homeoffice, Homeschooling und der Angst vor einem Jobverlust oder Kurzarbeit kommt die Sorge um die Gesundheit von Familie und Freunden. Besonders belastend ist diese Situation für Eltern, deren Kinder vor der Pandemie gesundheitlich beeinträchtigt waren. Die Eltern wissen aufgrund von Herzerkrankungen, Lungenerkran­kungen, Autoimmunerkrankungen, Behinderungen oder sonstigen Krankheiten, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Kind um sein Leben kämpft. Eine Ansteckung mit Covid-19 ist für diese Kinder wesentlich gefährlicher als für Kinder ohne Grunderkrankungen.

Aus Sorge um die Gesundheit der Kinder wägen die Eltern genau ab, ob die Kinder den Kindergarten oder die Schule besuchen. Sind es die sozialen Kontakte wert, die Anste­ckungsgefahr in Kinderbildungseinrichtungen in Kauf zu nehmen? Ist Bildung wichtiger als die Gefahr eines Krankenhausaufenthalts, wenn sich das Kind mit Covid-19 infiziert? Diese Fragen und noch mehr stellen sich Eltern von (Hoch-)Risikokindern jeden Tag.

Insbesondere in Zeiten von hohen Inzidenzen entscheiden sich die Eltern oft gegen ei­nen Besuch von Kindergarten und Schule und betreuen die Kinder zu Hause. Da diese (Hoch-)Risikokinder oft nicht akut erkrankt sind, gibt es weder die Möglichkeit der Pfle­gefreistellung noch des Pflegeurlaubs. Die Sonderbetreuungszeit kann lediglich maximal 3 Wochen in Anspruch genommen werden. Diese Zeit ist nicht ausreichend, da seit Be­ginn der Covid-19-Pandemie die Phasen von Hochinzidenzen länger als 3 Wochen dau­erten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integra­tion und Medien im Bundeskanzleramt, der Bundesminister für Arbeit und der Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden ersucht dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern von (Hoch-)Risikokindern ausgeweitet wird, damit sie während hoher Covid19-Inzidenzen trotz offener Kinderbildungseinrichtungen Sonder­betreuungszeit in Anspruch nehmen können.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher jetzt auch weiter in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber, Sie haben als Nächste das Wort.


13.00.27

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauer zu Hause vor den Bild­schirmen! Ja, die Familienbeihilfe soll nun schneller und unbürokratischer bei den Fami­lien ankommen, dafür wurde das digitale Beihilfeverfahren Fabian entwickelt. In Zukunft sollen Familien rasch und ohne wiederholte Antragstellungen, ganz automatisch und einfach die Familienbeihilfe erhalten. Wenn es wirklich so ist, dann ist es auch gut so. Hoffen wir, dass es auch wirklich so unbürokratisch und einfach funktioniert.

Natürlich wird das Projekt Fabian von der ÖVP hochgelobt, aber einiges wird von der Volkspartei wie immer vergessen und nicht angesprochen, denn bereits vor 20 Jahren hat der Rechnungshof empfohlen, das Projekt Familienbeihilfeverfahren weiterzuentwi­ckeln, zu modernisieren. Das Projekt wurde mehrmals abgebrochen, es wurde gestoppt. Im Familienausschuss haben wir das Thema immer wieder angesprochen, immer wieder nachgefragt, wann das neue IT-Programm Fabian endlich entwickelt ist.

Es hätte zunächst im Jahr 2019 und dann im Jahr 2020 starten sollen. Im März 2021 wurde Fabian dann von Frau Familienministerin Raab und dem damaligen Finanzminis­ter Blümel ganz großartig präsentiert, dabei wurde jedoch auf eines vergessen: Es wurde auf die Kosten vergessen; ob das absichtlich oder unabsichtlich war, sei einmal da­hingestellt. Wir haben dazu nachgefragt und so erfahren, dass zu diesem Zeitpunkt, Stand 2021, Kosten von über 13 Millionen Euro für dieses IT-Programm zusammenge­kommen sind.

In den letzten Jahren – es wurde schon angesprochen – hat es bei der Auszahlung der Familienbeihilfe immer wieder Probleme gegeben. Es ist immer wieder zu Verzögerun­gen gekommen, und ganz extrem war es im letzten Jahr, 2021. Familien mussten mona­telang auf die Familienleistung warten, mussten ohne die Familienbeihilfe durchkom­men, und das, obwohl laut Ministerium die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei nur 27 Tagen lag.

Zum Teil wurden die Verzögerungen und die Probleme behoben, aber so richtig funk­tioniert es nach wie vor nicht. Viele Familien sind verärgert, und der Unmut ist auch verständlich. Dazu habe ich zwei Beispiele von Familien, die mich persönlich kontaktiert haben, um ihrem Ärger Luft zu machen.

Erstes Beispiel von einer betroffenen Mutter, März 2022: Ich warte für zwei studierende Kinder seit September 2021 auf eine Antwort vom Finanzamt. Seit September bekomme ich nichts mehr, obwohl ich die Nachweise schon lange eingereicht habe. Es kommt nicht einmal eine Antwort. – Zitatende.


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Zweites Beispiel, Februar 2022 – ich zitiere –: Ich habe 22 Monate auf die Familienbei­hilfe für vier Kinder nach Umzug und Wechsel des Beziehers – von Vater zu Mutter – warten müssen. Nach zwei Monaten Bezug wurde sie wieder eingestellt – es ist ja nur für 24 Monate gewährt –, und der Anspruch wird wieder geprüft. Nun warte ich schon wieder sechs Monate. Das zieht natürlich auch den Anspruch auf diverse sonstige Leis­tungen nach sich. Insgesamt schuldet mir der Staat fast 4 000 Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das bei einer Teuerungswelle, unter der die Familien besonders leiden! Da muss man wirklich einmal ganz ehrlich sagen: So kann es nicht sein, so geht man mit Familien nicht um! Das ist mehr als beschämend, und ich hoffe, solche Beispiele gehören nun der Vergangenheit an. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der FPÖ.)

13.04


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


13.04.58

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Es ist nicht das erste Mal, dass wir über Fabian sprechen. Gemeint ist damit nicht der männliche Vorname, der übrigens zu den beliebtesten in Österreich zählt, sondern jenes System, mit dem künftig die elektronische Form der Beantragung der Familienbeihilfe, aber auch das Verfahren zur Weitergewährung geschaffen wird.

Auch das System Fabian wird künftig sehr beliebt sein, da es den Antragstellern und Antragstellerinnen für die Familienbeihilfe mühsame physische Wege und Papierkram erspart – endlich, würde ich meinen, denn den Aufwand, der bisher notwendig war, wür­de ich als anachronistisch bezeichnen. Mit der Digitalisierung und der Automatisierung der Abläufe werden – es wurde von den Kollegen und Kolleginnen schon angespro­chen – eben Verzögerungen und Rückstau minimiert und abgebaut, was dringend not­wendig ist. Aber nicht nur das, denn wir verlängern die Familienbeihilfe nach dem Schulabschluss um weitere vier Monate, zudem wird die automatische Verarbeitung der Studierenden- und der Lehrlingsdaten künftig zur schnelleren Auszahlung der Familien­beihilfe führen.

Ich freue mich, dass wir mit Fabian die Abwicklung sozusagen ins 21. Jahrhundert brin­gen. Ich danke den Parteien für die Rückmeldungen, auch für die konstruktive Kritik, und freue mich, dass wir das heute beschließen können, denn somit können wir wirklich allen Familien in Österreich eine entsprechende Entlastung bringen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


13.06.51

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, meine Vorrednerin hat schon angesprochen, dass wir an Fabian konstruktive Kritik geübt haben. Ich möchte dazu einleitend ein paar Dinge sagen.

Das eine ist: Wir NEOS unterstützen natürlich immer die Vereinfachung von bürokrati­scher Struktur, wir befürworten es immer, wenn etwas in Zukunft elektronisch gemacht werden kann, wenn es für die Antragstellerinnen und -steller schneller geht, und das ist bei Fabian sicherlich der Fall. Das heißt, wir gehen davon aus, dass ganz grundsätzlich die Familienbeihilfe in Zukunft unkomplizierter, auch einfacher und transparenter bean­tragt werden kann.


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Aber – und das ist jetzt schon ein großes Aber, und es ist kein Aber nur deshalb, weil wir in der Opposition sind –: Es gab eine Begutachtungsphase von Fabian, und da gab es sehr überraschende Stellungnahmen. Es geht nämlich einerseits darum, dass man zur Kennzeichnung des Antrags die Sozialversicherungsnummer der Personen, die den An­trag einbringen, verwendet. Und wer hat kritisiert, dass das in der vorliegenden Form wahrscheinlich keine so gute Idee ist? – Das war einerseits das Sozial- und Gesund­heitsministerium; es hat in seiner Stellungnahme geschrieben, dass das, was das Fa­milienministerium plant, keine sehr gute Idee ist. Wer hat das noch kritisiert? – Der Rechnungshof, eine Institution, die man durchaus auch ernst nehmen darf, hat ebenfalls kritisiert, dass die Verwendung der Sozialversicherungsnummer aus datenschutzrecht­lichen Gründen nicht optimal ist. Und wer hat es noch kritisiert? – Die Datenschutzbe­hörde.

Wir haben das im Familienausschuss angesprochen, sehr konstruktiv, und haben auch darauf hingewiesen, dass es ja nicht um einen langen Zeitraum geht. Es gibt ja eine Alternative, das ist die Verwendung der Personenkennzeichnung – ich will da jetzt gar nicht zu technisch werden –, die ab Herbst zur Verfügung stehen soll.

Genau aus diesem Grund bringe ich einen Abänderungsantrag zum vorliegenden Ge­setzesantrag ein, nämlich inhaltlich sinngemäß dahin gehend, dass wir die Verwendung der Sozialversicherungsnummer streichen und schlicht alle anderen Dinge so vorberei­ten, dass die Automatisierung der Datenübertragung dann ab Herbst mit einem gut funk­tionierenden Tool vonstattengehen kann.

*****

Inhaltlich zeigt das Folgendes: Wir sehen einfach eine Familienministerin, die in der Fa­milienpolitik alleine in irgendeine Richtung rudert. Viele fragen sich aber, wohin. Selbst die anderen Ressorts sind über die Art, wie da gearbeitet wird, relativ überrascht.

Da möchte ich ein zweites Beispiel bringen: Es ist im quasi grundsätzlichen Entwurf auch vorgesehen, dass das Ministerium für Wirtschaft und Digitalisierung Teile der Finanzie­rung übernehmen soll. Dieses Ministerium hat im Begutachtungsprozess eine Stellung­nahme abgegeben, wonach man dort von der Finanzierung nichts wusste, das deswe­gen auch nicht budgetiert habe und das Geld dafür eigentlich nicht vorgesehen sei.

Man darf also festhalten: Die Familienministerin hat eine an sich gute Idee so schlecht umgesetzt, wie man sie nur umsetzen kann, nämlich datenschutzrechtlich und hinsicht­lich der Finanzierung.

Ungeachtet dessen, dass ich weiß, dass dieser Änderungsantrag heute leider keine Mehrheit von den Regierungsfraktionen bekommen wird, werden wir dem Entwurf trotz­dem zustimmen, und das aus zwei Gründen: Der erste Grund ist sehr rasch erklärt. Für Bürgerinnen und Bürger wird es mit diesem Beschluss eine Verbesserung geben. Die Probleme, die das Ministerium haben wird, sind sehr stark nach innen, in Richtung Ver­waltung gerichtet. Es wird zu Verzögerungen kommen, man wird nachbessern müssen, man wird es anders machen, als man es vorgehabt hat. Es wird in der Verwaltung auch nicht so schnell billiger, wie man gedacht hat, es wird aber für die Menschen besser. Wir werden als NEOS nicht gegen etwas stimmen, wodurch es unmittelbar für Bürgerinnen und Bürger besser wird.

Der zweite Grund ist, dass man uns versichert hat, dass man zwar den Antrag heute ablehnen werde, sich aber die Verwaltung dahinter darum bemühen werde, die Kritik­punkte auszuräumen, damit man nicht in jene Gefahr gerät, die wir hier benennen.

In diesem Sinne: eine gute Idee, leider – wie viel zu oft – von dieser Regierung sehr, sehr schlecht umgesetzt. Wir erwarten in Zukunft bessere Arbeit. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.11


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 76

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über die Regierungsvorlage (1361 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1388 d.B.) (TOP 5)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Ziffer 1 lautet §46a Abs. 2 Z5 wie folgt:

„5. eine automatisierte Datenübermittlung aus den lokalen Evidenzen gemäß § 5 des Bildungsdokumentationsgesetzes 2020 (BilDokG 2020), BGBl. I Nr. 20/2021, betreffend die in § 2 Z 1 BilDokG 2020 genannten Bildungseinrichtungen an das Finanzamt Ös­terreich im Wege der vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung betriebenen Schnittstelle zum Register- und Systemverbund nach § 1 Abs. 3 Z 2 des Unternehmensserviceportalgesetzes (USPG), BGBl. I Nr. 52/2009, einzurichten. In die­sem Rahmen sind vom Finanzamt Österreich die verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkennzeichen des Tätigkeitsbereichs „Bildung und Forschung“ (vbPKBF ge­mäß § 9 des EGovernment-Gesetzes (EGovG), BGBl. I Nr. 10/2004) oder übergangs­weise (§ 55 Abs. 53) bis zur Ausstattung mit bereichsspezifischen Personenkennzeichen jedoch die Sozialversicherungsnummern der Kinder, für die die Familienbeihilfe bean­tragt wurde oder gewährt wurde bzw. wird, an die vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung betriebene Schnittstelle zum Register- und Systemver­bund zu übermitteln. Zu den vbPKBF oder übermittelten Sozialversicherungsnummern sind im Wege der Schnittstelle aus den lokalen Evidenzen folgende Daten an das Fi­nanzamt Österreich automatisiert zu übermitteln:

        a) vbPKBF der Kinder, für die die Familienbeihilfe beantragt wurde oder gewährt wurde bzw. wird,

        b) Beginndatum der Ausbildung im laufenden Schuljahr am jeweiligen Schulstandort,

        c) Schulkennzahl, Schulformkennzahl dieser Ausbildung, Bezeichnung und An­schrift der Schule,

        d) die im laufenden Schuljahr besuchte Schulstufe am jeweiligen Schulstandort,

        e) Status als ordentliche oder außerordentliche Schülerin bzw. ordentlicher oder au­ßerordentlicher Schüler,

        f) Datum der erfolgreich abgelegten abschließenden Prüfung,

        g) Datum der Beendigung des Schulbesuchs an der meldenden Schule während des Schuljahres;"

Begründung

Das österreichische System ist oftmals für lange Amtswege und überflüssige Bürokratie bekannt. Änderungen werden vielfach diskutiert und vorgeschlagen, selten passiert aber etwas. Anders in diesem Fall, in dem mit der Vorlage das Familienbeihilfenverfahren FABIAN vereinfacht und beschleunigt werden soll. Derartige Änderungen sind immer zu begrüßen, allerdings müssen auch alle beteiligten Stakeholder im Gesetzgebungspro­zess berücksichtigt werden und Einwände aus den Stellungnahmen im Idealfall zur Ver­besserung von Gesetzesvorlagen eingearbeitet werden. Im Falle der Vorlage 1361 d.B.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 77

wurden einige Punkte aus Stellungnahmen allerdings nichts wirklich berücksichtigt. So wurde beispielsweise seitens des BMDW angemerkt, dass die Aufgaben im Wirkungsbe­reich des BDMW nicht im Vorhinein abgesprochen waren. Aufgrund der Zusammenar­beit in der Regierung ist allerdings zumindest zu hoffen, dass eine Zustimmung bedeutet, dass eine Umsetzung ermöglicht wird.

Ähnliche Probleme gibt es bei der Verwendung der Sozialversicherungsnummer, die bis zur Verwendung der Personenkennzeichen (vbPK-BF) als Übergangslösung vorgese­hen ist. Gegen diese Vorgehensweise hat aber nicht nur das Sozialministerium Ein­spruch erhoben, sondern auch der Rechnungshof und die Datenschutzbehörde haben Bedenken zu dieser Lösung vorgebracht. Nachdem die Änderung ohnedies erst tech­nisch umgesetzt werden muss, bietet es sich an, mit der Implementierung bis zur erfolg­ten Umsetzung der vbPK-BF zu warten.

Da es keinen allzu hohen Zeitdruck zur Implementierung gibt, scheint eine verzögerte Umsetzung bis zur Nutzung der Personenkennzeichen im Sinne der Datensicherheit möglich. Indem der Abs 2 Z5 b) aus der Regierungsvorlage gestrichen wird, fällt die übergangsweise Nutzung der Sozialversicherungsnummern weg und die Datensicher­heit kann durchgehend gewährleistet werden.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in seinen Grundzügen er­läutert, gelangt gerade zur Verteilung und steht auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


13.11.29

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, mit Fabian beschließen wir heute ein wirklich gutes Projekt – Teil zwei. Den ersten Teil haben wir ja alle im Dezember beschlossen, nun eben Teil zwei.

Kollege Bernhard hat es bereits erläutert, es wird einen Abänderungsantrag dazu geben, und er schreibt in der Begründung: „Anders in diesem Fall, in dem mit der Vorlage das Familienbeihilfenverfahren [...]“ ausdrücklich „vereinfacht und beschleunigt“ wird. Es wird also auch im Abänderungsantrag darauf hingewiesen, dass das Projekt Fabian Gutes bewirkt.

Nun: Wir haben wie erwähnt bereits im Dezember beschlossen, dass die Familienbeihilfe um vier Monate verlängert wird, um eben einen durchgängigen Bezug der Familien­beihilfe, wenn dann im Herbst mit dem Studium begonnen wird, zu gewährleisten. Das ist der eine Punkt. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass in diesen vier Monaten unabhängig davon, ob danach eine Ausbildung als Studium oder eine andere Ausbildung begonnen wird, die Beihilfe weiter gewährt wird. Wir verlängern also den Bezug der Fa­milienbeihilfe um vier Monate. Das ist, glaube ich, auch für die Familien insgesamt eine durchaus erfreuliche Meldung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

Mehrfach betont wurde – und ich möchte es auch noch einmal betonen –: Durch die Übermittlung von Daten der Studierenden aus dem Datenverbund der Universitäten und der Hochschulen wird das Verfahren entsprechend beschleunigt und vereinfacht. Auch das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger und zentraler Punkt dieses Vorhabens.

Aber nun zum Abänderungsantrag: Ja, die Kritik ist berechtigt und wurde angebracht, es war auch in den Stellungnahmen zu lesen, dass zum Beispiel der Umgang mit den So­zialversicherungsnummern kritisch gesehen wird. Richtig ist aber auch, dass genau deswegen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Sozialversicherungsnum­mern nur vorübergehend, bis zum Herbst, verwendet werden sollen und dann eben die


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schnellstmögliche Ausstattung mit verschlüsselten bereichsspezifischen Personenkenn­zeichen erfolgt. Das ist die moderne Art der Verschlüsselung und wird datenschutz­rechtlich auch absolut wasserdicht verwendet. Diese besseren, verschlüsselten Daten werden dann auch verpflichtend zu verwenden sein, in der Übergangsphase sind es die Sozialversicherungsnummern.

Da Kollege Bernhard gemeint hat, wir haben eigentlich nicht so einen Zeitdruck: Das stimmt natürlich nur etwas eingeschränkt. Wir haben schon einen Zeitdruck, denn wir wollen dieses System im Herbst starten. Wir wollen mit Fabian im Herbst starten und es auch jetzt schon den Studierenden ermöglichen, dass sie in diesen vier Monaten Fami­lienbeihilfe beziehen. Deswegen müssen wir jetzt die entsprechenden Adaptierungen voranbringen und die technischen Adaptierungen unbedingt umsetzen. Das braucht, weil es technisch heraufordernd ist, seine Zeit.

Wir haben also  und das bestätigen auch alle Experten  schon einen Zeitdruck, da in die Gänge zu kommen. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir hier alle einstimmig diesen Beschluss fassen werden, wir werden aber eurem Antrag, obwohl er inhaltlich durchaus korrekt ist, nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

13.15


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Melanie Erasim. – Bitte.


13.15.13

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Geschätzte Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Wir als sozialdemokratische Parlamentsfraktion sind eine starke Partnerin für die Familien in diesem Land und haben immer ausgestreckte Arme, wenn es darum geht, den Familien die ihnen gebührende Unterstützung angedeihen zu lassen. Genau deshalb werden wir diesem Gesetzesvorschlag zustimmen, denn durch diese Änderung des Familienlasten­ausgleichsgesetzes wird eine Automatisierung bei der Verarbeitung der Daten von Schü­lerInnen und Lehrlingen vorgesehen, wodurch die Familienbeihilfe rasch und unbürokra­tisch bei den Familien ankommen soll.

Wenn es um Beschleunigung und Vereinfachung geht, sind wir als SPÖ eine starke Stimme. Beschleunigung und vor allem Vereinheitlichung wären aber auch beim Thema Kinderbildung der Kleinsten mehr als nur wünschenswert. Auch wenn die Kindergärten zum größten Teil in der Verantwortung der Bundesländer liegen, fordere ich Sie, Herr Bundesminister, aber vor allem Ihre Kollegin auf, da tätig zu werden und vor allem auf die ÖVP-geführten Bundesländer Druck zu machen, denn dort liegen die Bedingungen besonders im Argen.

Als Niederösterreicherin kann ich berichten, dass lediglich 2,1 Prozent der Gemeinden die seitens der Arbeiterkammer erstellten VIF-Kriterien erfüllen. Diese Kriterien legen aufgrund des Alltags der Eltern – sehr oft nach wie vor vor allem der Mütter – fest, welche Maßnahmen notwendig wären, um nicht nur Wahlfreiheit, sondern eine echte Wahlmög­lichkeit zu haben. Diese Kriterien, die notwendig wären, lauten wie folgt: mindestens 47 Wochen pro Jahr, mindestens 45 Stunden pro Woche geöffnet, davon an mindestens vier Tagen 9,5 Stunden, täglich muss ein warmes Mittagessen angeboten werden.

Wie bereits gesagt liegt all das im ÖVP-geführten Niederösterreich im Argen. Deshalb bin ich sehr froh darüber und auch stolz darauf, dass wir als SPÖ Niederösterreich ein sogenanntes 3G-Kinderprogramm vorgestellt haben und auf rasche Umsetzung drängen.

Was fordern wir? – Wir fordern 3G, nämlich in diesem Sinn: gratis, ganztags und ganz­jährig, unter Einbindung der Gemeinden, denn auf deren Rücken darf das, auch wenn es um das Wohl der Familien geht, nicht ausgetragen werden, geschätzte Kolleginnen


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und Kollegen, aber auch unter Berücksichtigung der notwendigen Aufwertung der Ele­mentarpädagogInnen. Gruppengrößen müssen verkleinert werden, die Vorbereitungs­zeit muss aufgewertet werden. Nur von Namensänderungen haben sie nämlich nichts: ob jetzt Tante oder Kindergärtnerin und dann Pädagogin – an der Höhe des Verdienstes hat sich in all dieser Zeit nämlich für all diese Heldinnen des Alltags nichts geändert.

Deshalb: Nehmen Sie, Herr Bundesministerin (in Richtung des die Familienministerin vertretenden Bundesministers Kocher), nehmen Sie, Frauenministerin, nehmen Sie, Familienministerin, Einfluss auf Ihre Kolleginnen und Kollegen in Niederösterreich und darüber hinaus! Beenden Sie die Selbstbeweihräucherung! Arbeiten wir gemeinsam an den besten Bildungsmöglichkeiten für unsere Kinder, unsere Zukunft! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


13.19.03

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister in Vertretung! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Fabian ist seit März 2021 endlich in Betrieb und soll jetzt durch eine Verknüpfung mit externen Daten­haltern verschlankt und vor allem beschleunigt werden. Dagegen gibt es ja grundsätzlich nichts zu sagen. Schauen wir uns das System Fabian aber einmal genauer an!

Das neue Familienbeilhilfeverfahren Fabian hat bis Jänner 2021 rund 13,5 Millionen Eu­ro an Kosten verursacht. Knapp 1 Million Euro davon kam aus dem Finanzministerium, die restlichen 12,5 Millionen Euro kamen aus dem Flaf, dem Familienlastenausgleichs­fonds.

Sehr geehrte Damen und Herren, 12,5 Millionen Euro aus dem Flaf? – Der Flaf ist chro­nisch unterfinanziert und wurde ursprünglich zur Finanzierung von Kernaufgaben im Fa­milienbereich geschaffen: für die Familienbeihilfe, für das Karenzgeld, für die Schul­bücher.

Auch 2021 wurden aus dem Flaf 7,6 Milliarden Euro ausbezahlt und nur 7,5 Milliarden Euro eingenommen. Mit Ende 2021 war der Flaf-Reservefonds mit 3,6 Milliarden Euro verschuldet, und wo bleiben die Maßnahmen, um diesen Reservefonds zu entschul­den? – Nichts zu sehen. Für uns ist ganz, ganz wichtig, dass die Auszahlungen der Fa­milienleistungen auch zukünftig gesichert sind, und damit ist auch die Entschuldung des Flaf-Reservefonds eine wichtige Sache. Fabian wurde seit 2003 entwickelt und immer wieder gestoppt. Wie gesagt: 13,5 Millionen Euro, und ob das in Form von Verwaltungs­vereinfachungen je wieder hereinkommt, ist wirklich stark zu bezweifeln und fraglich.

Und, sehr geehrte Damen und Herren, es sind noch viele Fragen dazu offen! Der Rech­nungshof hat empfohlen, einen Kriterienkatalog für ein elektronisches Reporting zu er­stellen. Die Frau Familienministerin ist nicht da und der Herr Minister wird es nicht wis­sen, aber: Gibt es dieses Reporting jetzt, nachdem Fabian schon ein Jahr läuft?

Vorgesehen war auch, dass Fabian an den elektronischen Austausch von Sozialversi­cherungsdaten angebunden wird. Funktioniert das jetzt problemlos? Das wäre ja be­treffend Kinder, die im Ausland wohnen, in Bezug auf die Familienleistungen aus Öster­reich wichtig.

Wir wünschen uns auch, dass andere beihilferelevante Daten miterfasst werden, und von einem so teuren Programm darf man sich das auch erwarten; zum Beispiel ob ein Kind getrennt lebende Eltern hat oder ein Pflegekind ist, damit eben Rückforderungen im Zusammenhang mit dem Familienbonus Plus vermieden werden können. Was ge­schieht denn jetzt, wenn ein Lehrverhältnis oder eine Schulausbildung unterbrochen oder abgebrochen wird und das von der Firma oder von der Schule nicht gemeldet wird,


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die Meldung verabsäumt wird? Die Eltern verlassen sich dann darauf, dass das auto­matisch funktioniert, und dann kommt – angesichts der Wartezeiten in der Bearbeitung, von denen wir heute gehört haben – vielleicht nach 22 Monaten eine Aufforderung: Fi­nanzamt, Rückzahlung! – Na dann, gute Nacht!

Es wäre auch interessant und wichtig für das System, ob das Kind Pflegegeld bezieht, ob es damit selbst versichert ist und ob dieser Versicherungsanspruch auch an die Familienbeihilfe geknüpft ist, denn wenn das eine wegfällt, fällt das andere automatisch auch weg, und die Eltern denken dann nicht mehr automatisch daran, dass sie vielleicht selbst tätig werden müssen.

Es gibt also viele offene Fragen. Wir stimmen heute dieser Gesetzesvorlage zu, aber wir hoffen schon, dass diese offenen Fragen auch geklärt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

13.22


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort. – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Familienausschusses.

13.23.036. Punkt

Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Antrag 2322/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreu­ungs-Zweckzuschussgesetz des Bundes zur Umsetzung eines Gratis-Angebots in der Elementarpädagogik (1389 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Erwin Angerer, Sie gelangen zu Wort. Bitte.


13.23.35

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren! Ja, breite Ablehnung für unseren Antrag, für meinen Antrag betreffend Einführung eines Gratiskindergartens.

Warum – diese Frage habe ich mir gestellt – sind alle Parteien gegen die Einführung eines Gratiskindergartens? – Ich glaube, bei zumindest zwei Fraktionen ist der Grund jener, dass in meinem Antrag nicht nur der Gratiskindergarten gefordert wird, sondern auch eine flexible Betreuung, sprich Betreuung zu Hause. Das wird halt von vielen so gesehen – abschätzig nennt man es sogar Herdprämie –, dass man Frauen Geld gibt, damit sie ihre Kinder zu Hause betreuen, damit sie dann am Herd bleiben und nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

Jetzt sage ich: Unser Zugang ist natürlich, dass die Familien das selbst entscheiden sollen. Es soll die Mutter selbst entscheiden, ob sie zu Hause bei ihrem Kind bleiben oder das Kind in eine Kinderbetreuungseinrichtung geben will. Wir hätten beide Modelle unterstützt, sowohl das eine mit einem Kinderbetreuungsscheck als auch das andere, dass man den Kindergarten über den Bund finanziert.

Jetzt muss man wissen, wie der Kindergarten zurzeit finanziert wird. Zurzeit, in unserem föderalen System, gibt es Zuschüsse von Bundesseite, es gibt Zuschüsse von Landes­seite, die Betreiber sind meistens die Gemeinden, und die Eltern müssen auch noch dazuzahlen. Diese Kinderbetreuungskosten sind natürlich für viele Eltern eine massive


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Belastung, vor allem wenn es dann in Richtung Ganztagskindergarten geht, und das wäre aus unserer Sicht eine wirkliche Entlastung für alle Familien, für alle Kinder in diesem Land, auch eine nachhaltige Entlastung. Vor allem jetzt, in Zeiten wie diesen, da alles teurer wird, wäre das eine richtig familienfreundliche und soziale Entlastung für alle, die Kinder haben.

Man kommt da aber leider nicht drüber, und daher wird dieser Antrag leider abgelehnt. Wir haben heute zumindest einmal die Gelegenheit, über dieses Thema zu diskutieren. Ich bin auch gerne bereit, wenn die Hürde nur das ist, dass man Kinder zusätzlich zu Hause betreuen kann, das halt aus diesem Antrag rauszunehmen, und wir bringen viel­leicht einen gemeinsamen Antrag ein, in dem es einmal nur um die Finanzierung der Kinderbetreuungseinrichtungen durch die öffentliche Hand geht – damit hätte ich auch kein Problem. Ich werde das in der nächsten Ausschusssitzung gerne vorschlagen, dass wir vielleicht versuchen, dieses Thema zu lösen und die Kinderbetreuung insgesamt kostenfrei zu stellen.

Was das Thema der Kinderbetreuung zu Hause betrifft, gibt es ja Beispiele in Österreich, das Berndorfer Modell zum Beispiel, wo Gemeinden das schon von sich aus tun. Das ist ein Ansatz, ist aber offensichtlich nicht gewollt, und wie gesagt, ich bin auch gerne bereit, das aus dem Antrag herauszunehmen und eben nur einmal die Kinderbetreuung alleine umzusetzen. Das wäre wirklich eine intelligente Investition in die Zukunft, eine intelligen­te Investition in unseren Nachwuchs.

Es versteht eigentlich auch niemand, dass die Eltern die Elementarpädagogik für Kinder im Alter von ein bis fünf Jahren mitfinanzieren müssen, während später, wenn sie dann in die Schule gehen, die Pflichtschule von der öffentlichen Hand finanziert wird. Das ist etwas, was wir in unserem Bildungssystem ändern sollten. Es ist eine Investition in unsere Jugend, es ist eine Investition in die zukünftigen Lehrlinge, in die Facharbeiter, und diese brauchen wir in weiterer Folge auch in der Wirtschaft.

Wenn wir uns das Bildungsniveau anschauen, muss man sagen, es ist heute vor allem bei den Kleinkindern wichtig, dass sie, wenn sie dann in die Schule kommen, ins schul­pflichtige Alter kommen, die deutsche Sprache beherrschen, auch entsprechend mitma­chen können, wenn sie dann in die Ausbildung kommen; insofern wäre es sinnvoll, wenn der Staat eingreifen würde. Wie gesagt, von uns aus würde es diese Unterstützung auf jeden Fall geben; vielleicht können wir uns einmal darauf einigen, dass wir die Kinder­gärten finanzieren.

Ich glaube, vonseiten der ÖVP gibt es eh einiges gutzumachen, nachdem Herr Kurz mit Herrn Schmid zu Mitterlehners und Kerns Zeiten die Nachmittagsbetreuung verhindert hat (Ruf bei der ÖVP: Jetzt ist es schon echt langsam fad!); und an die SPÖ – Sie reden davon, dass heute 300 000 Kinder unter der Armutsgrenze leben –: Ich kann mir vor­stellen, dass das eine schöne Unterstützung für die Familien und alle Kinder wäre, und ich würde mich freuen, wenn Sie uns da auch in die richtige Richtung unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Joachim Schnabel. – Bitte.


13.28.00

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren zu Hause! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Herr Kollege An­gerer von der FPÖ hat es wieder einmal getan und hat den Herrn Kanzler außer Dienst quasi als Verhinderer eines Ausbauprogrammes dargestellt (Rufe bei der SPÖ: War er ja auch!), was so nicht stimmt. (O-ja-Rufe bei der SPÖ.) – Sie, aufseiten der SPÖ, regen sich immer wieder auf, das weisen wir strikt zurück.


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Schauen wir uns die Fakten an: Seit 2009 wurde wesentlich in das Ausbildungspro­gramm, in das Elementarpädagogikprogramm investiert, und seit 2009 wurden zum Bei­spiel vor allem für die unter Dreijährigen maßgeblich Betreuungsplätze und Elementar­pädagogikplätze geschaffen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bitte (in Richtung SPÖ), das nehmen Sie zurück, was Sie jetzt gesagt haben, ich habe es gehört! (Abg. Holzleitner: Bitte? Was denn?)

Unsere Drei- bis Sechsjährigen haben eine Betreuungsquote von 94 Prozent, bei den Ein- bis Dreijährigen wie gesagt haben wir das verdoppelt, und wenn wir uns die unter Dreijährigen noch einmal in der jeweiligen Altersgruppe ansehen, dann sehen wir, dass die Zwei- bis Dreijährigen mit einem Schnitt von 54,3 Prozent einen Betreuungsplatz fin­den, und erst darunter, zwischen ein und zwei Jahren, mit 24,3 Prozent; von null bis zu einem Jahr nutzen sie einen Betreuungsplatz mit durchschnittlich 2,2 Prozent.

Man muss auch dazusagen: Österreich ist betreffend die finanziellen Mittel, die finanziel­len Familienleistungen, unter den top drei Nationen der Europäischen Union. Wir erhö­hen auch den Familienbonus auf 2 000 Euro. Wir erhöhen jetzt im Zuge der Steuerre­form den Kindermehrbetrag für die alleinerziehenden Eltern auf 450 Euro. Wir haben heute schon über die Familienbeihilfe geredet, und wir haben auch ein Karenzmodell, das den Eltern eine wirkliche Wahlfreiheit bietet, gerade bei Kindern im Alter von null bis eins und von null bis zwei Jahren. Das wird halt auch sehr gerne in Anspruch genommen, und das muss man tolerieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil nach mir Kollegin Holzleitner spricht und ganz sicher wieder den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung fordern wird (Rufe bei der SPÖ: Richtig! Genau!) – das wird sie ganz sicher wieder tun (Zwischenruf der Abg. Holzleitner) –: Darauf sage ich immer, das wird nicht das Allheilmittel sein, um dieses Ausbauprogramm zu forcieren. Wir müs­sen den Bereich der Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen forcieren, wir haben da einen Engpass. (Abg. Holzleitner: Das streitet niemand ab! Das unterstützen wir auch!) Wir haben da mit den Kollegs schon einiges getan, die werden sehr gut gebucht, aber da muss es auch weitere Schritte geben. Es bedarf aber auch – da stimme ich mit Herrn Kollegen Angerer schon überein – einer konkreten Ausgestaltung der Finanzie­rung.

Unsere Frau Bundesministerin Raab, der ich auf diesem Wege beste Genesungswün­sche übermittle, ist dabei, die 15a-Vereinbarung zum Ausbauprogramm wieder zu ver­handeln. Aus unserer Sicht, aus der Sicht der Gemeinden, ist es einerseits essenziell, die Errichtung dieser Kinderbetreuungsstätten, dieser Elementarpädagogikstätten natür­lich mitzufinanzieren, aber wenn die Gemeinden – die machen ja rund 80 Prozent der Dienstleister in diesem Bereich aus – weiterhin dieses Angebot stemmen müssen, brau­chen sie auch eine nachhaltige Finanzierung für den laufenden Betrieb (Abg. Holzleit­ner: 1 Milliarde fortgeschrieben ist der Vorschlag für die 15a-Vereinbarung!), und das muss aus Sicht der Gemeinden, aus Sicht der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen im Zuge dieser 15a-Vereinbarung mitverhandelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Sinne gilt es viel Augenmerk auf die 15a-Vereinbarung zu legen. Mit Frau Ministerin Raab sind wir da in engem Austausch, um dann im Herbst mit einem neuen Programm wieder quasi in die Zukunft zu starten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva-Maria Holzleit­ner. – Bitte.


13.31.35

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Mi­nister! Ja, Herr Kollege Schnabel, es ist halt schon ein ziemlicher Kas, wenn Chatnach­richten eben genau das belegen, dass Sebastian Kurz den Rechtsanspruch auf Bildung


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ab dem ersten Lebensjahr mit Thomas Schmid einfach verhindert hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Verhindert hat er das! Chatnachrichten zeigen uns das schwarz auf weiß, Stück für Stück, Wort für Wort, und dessen werden Sie sich nicht entledigen können, sofern Sie nicht den Rechtsan­spruch ab dem ersten Lebensjahr endlich Realität werden lassen und einführen. Wir wären dabei. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben auch die 15a-Vereinbarung angesprochen. Da hätte ich einen guten Tipp: 1 Milliarde Euro fortgeschrieben – natürlich müssen wir den Kommunen unter die Arme greifen, und die Sozialdemokratie zieht da auf jeden Fall an einem Strang –, 1 Milliarde Euro fortgeschrieben für die Kommunen, dass wir ihnen auch gescheit unter die Arme greifen können, weil Bildung ein Recht von Kindern ist, und auch die PädagogInnen dürfen wir nicht vergessen! (Beifall bei der SPÖ.) Natürlich steht ihnen eine gescheite Bezahlung zu. Und die PädagogInnen gehen zu Recht auf die Straße, diese Woche, nächste Woche (Abg. Sieber: In Wien vor allem!), weil die Arbeitsbedingungen besser werden müssen.

Wir wollen die Kommunen unterstützen, wir wollen die Länder unterstützen, und alles andere, was weniger als diese 1 Milliarde Euro fortgeschrieben ist, ist eine Bankrotterklä­rung, denn: Die Sozialpartner – Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Arbeiter­kammer, Gewerkschaft – und auch die Kinderfreunde im Übrigen sind dafür (Abg. Mi­chael Hammer: Die Kinderfreunde, wer interessiert die?): 1 Milliarde Euro für Kinderbil­dung jetzt! Das wäre wichtig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Die so­zialistischen Kinderfreunde sind nicht interessant!)

Ich finde, das ist wirklich ein Wahnsinn, wenn die ÖVP da total aufgeregt ist, wenn ich die Industriellenvereinigung lobe (Abg. Michael Hammer: Kinderfreunde, haben Sie ge­sagt! Die interessieren uns nicht!), die Wirtschaftskammer lobe, die 1 Milliarde Euro für die Bildung fordern. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung fordern 1 Milliarde Euro. Finden Sie das empörend? Ich finde das super! Ich finde das super, wenn auch die Wirtschaft sagt: Wir wollen Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, wir wollen Frauen die Möglichkeit auf Selbstbestimmung geben, mit institutioneller Kinderbetreu­ung, denn die muss gefördert, die muss finanziert werden. Das finde ich super und kann ich nur unterstützen. Dieses Sozialpartnerpapier ist wirklich Gold wert, sage ich Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber eines zu sagen ist mir jetzt am Schluss auch noch sehr wichtig: Wenn wir über Elementarbildung sprechen, dann hilft es auch nichts, wenn sich dann der Bildungsmi­nister bei sonntäglichen „Pressestunden“ hinstellt und sagt: Ich habe ein Herz für Ele­mentarpädagogik. – Super! Diesem Herz für Elementarbildung müssen auch Taten folgen! Diesem Herz für Elementarbildung müssen Taten folgen, indem wir das gescheit finanzieren, gute Arbeitsbedingungen schaffen und die PädagogInnen endlich einmal gescheit bezahlen, denn es geht um die Arbeitnehmerinnen in dem Fall, es geht um die Kinder, es geht um die Familien, es geht um die Frauen. Das wäre wichtig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Seien Sie Vorbild in Wien und zahlen Sie einmal ge­scheit und ordentlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ihre Aufgeregtheit zeigt mir (Abg. Michael Hammer: Wer ist denn aufgeregt?) – der ganze Block der ÖVP ist aufgeregt (Abg. Michael Hammer: Ihre Rede regt mich auf, die ist ja - -!) –, diese Aufgeregtheit zeigt, dass in Ihnen noch immer dieses konservative Wertebild steckt (Abg. Michael Hammer: Ja, das linke wollen wir eh nicht!), dass Sie nicht verstehen, was Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr bedeutet, dass Sie nicht verstehen (Ruf bei der ÖVP: Unerhört! – Abg. Michael Hammer: Wollen uns alle zu Sozis machen!), was es bedeutet, auch Selbstbestimmtheit für Frauen zu fördern, indem institutionelle, kostenlose, ganztägige, ganzjährige Kinderbildung flächendeckend vom Neusiedler See bis zum Bodensee ermöglicht werden würde. (Beifall bei der SPÖ sowie


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der Abg. Künsberg Sarre. – Abg. Michael Hammer: Ja machts es am Neusiedler See! Ihr könnt es eh am Neusiedler See machen!)

13.34


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Barbara Neßler, Sie gelangen jetzt zu Wort. – Bitte.


13.35.04

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Ich muss ganz ehrlich sagen, der Antrag der FPÖ lässt mich etwas ratlos zurück, weil ich nicht weiß, was ein Schecksystem an Verbesserung mit sich bringen soll. Ich glaube, im Gegenteil, es würde zu einer Verbürokratisierung des Ganzen führen, was ja nicht das Ziel sein kann, was die Kinderbetreuung beziehungsweise -bildung anlangt.

Und wenn der FPÖ die Wahlfreiheit im Angebot so wichtig ist, dann muss ich sagen, da muss es zuerst ein Angebot geben, damit ich überhaupt wählen kann, denn ohne Wahl­möglichkeiten gibt es einfach keine Wahl. Da schaue ich nach Oberösterreich, wo die FPÖ in Regierungsverantwortung ist: Es ist jenes Bundesland – zusammen mit der Stei­ermark, muss man dazusagen –, das die geringsten Betreuungsquoten bei den unter Dreijährigen hat. (Beifall bei den Grünen.) Das gilt auch für das Thema Ganztagsbetreu­ung und auch für das Thema Schließtage. Im Endeffekt bedeutet das, dass nicht einmal 5 Prozent aller unter Dreijährigen einen Platz mit einer Nachmittagsbetreuung haben, und Sie wissen, was das für die Betroffenen, insbesondere für die Frauen, heißt.

Es kann da schon der Verdacht aufkommen, dass hinter dem Schlagwort der Wahlfrei­heit eine Politik steckt, die Frauen zu Hause halten will, und dass das Ganze auch noch so verkauft wird, als ob das quasi die freiwillige Entscheidung der Betroffenen wäre. Das ist eine Familienpolitik, die bis in die Fünfzigerjahre propagiert wurde, die nach und nach der Gleichstellungspolitik quasi weichen musste, und das ist gut so. (Beifall bei den Grü­nen.)

Wir werden da ganz sicher keinen Schritt mehr zurück machen, und das Rad wird auch die FPÖ nicht mehr zurückdrehen können. Im Gegenteil, hier werden wir nur noch Schrit­te nach vorne machen.

Ja, und wenn wir bei den Schritten nach vorne sind: Wir waren immer für den Rechts­anspruch und wir sind auch nach wie vor für den Rechtsanspruch, und es ist klar, dass es hier qualitätsvolle Plätze braucht. Die Verhandlungen, das ist schon angesprochen worden, zu den neuen 15a-Vereinbarungen sind am Laufen, und ich appelliere an alle Parteien, nicht nur an die in Regierungsfunktion, nicht nur an die FPÖ, auch an die SPÖ und an die NEOS, dass da tatsächlich gut verhandelt wird, weil diese Verhandlungser­gebnisse entscheidend sein werden, auch was die ganze Finanzierung anlangt.

Zum Schluss komme ich als Kindersprecherin nicht darum herum, noch zur aktuellen Situation etwas zu sagen. Gerade sind durch den Ukrainekrieg sechs Millionen Kinder in akuter Gefahr. Die Hälfte aller Geflüchteten sind Kinder, 7 Prozent davon sind unbe­gleitete minderjährige Schutzsuchende. Das heißt, das sind Kinder, die ohne Eltern von ihrem Zuhause fliehen mussten. Und was mich wirklich wütend macht: Was macht die FPÖ in der aktuellen Situation? – Ihr niederösterreichischer Landesrat Waldhäusl instru­mentalisiert dieses unendliche Leid und spricht doch tatsächlich von Triagen im Asyl­system, die er sich herbeiwünscht. Dieses Menschenbild, der Charakter, der hinter sol­chen Aussagen steht, Entschuldigung, das ist nichts anderes als einfach nur widerwärtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Diese Haltung hatten wir schon einmal und diese Haltung hat bei uns keinen Platz mehr. Lassen Sie sich das ein für alle Mal auch gesagt sein! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 85

Und zum Schluss: Nicht nur in der Ukraine ist Krieg. Es gibt keine besseren und es gibt keine schlechteren Kriege. Es gibt keine besseren und es gibt keine schlechteren Schutz­suchenden. Und kein Kind ist gerne ein Flüchtlingskind in Österreich, jedes Kind wäre lieber ein Kind zu Hause. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Abg. Bernhard.)

13.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


13.39.44

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! (Die Begrü­ßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen!

Heute reden wir wieder einmal über die Kinderbetreuung, aber nicht über einen großen Wurf, der uns weiterbringt, sondern über eine Ablehnung – und das ist symptomatisch.

Zuerst muss man natürlich sagen, dass auch wir den Antrag abgelehnt haben, aber das liegt an seiner Ausgestaltung. Die FPÖ hat hier wieder einmal ein Zweckzuschussgesetz vorgeschlagen, und das ist genauso sinnlos wie die ewigen Zweckzuschussgesetze der Regierung. Ausbau und Reformen können nur nachhaltig und tiefgreifend sein, wenn wir die Strukturen des Landes verändern. Die Zweckzuschüsse sind nur Pflaster, die wir auf ein einzelnes Problem kleben, die Wunden werden aber immer wieder aufreißen.

Das sehen wir an einem Beispiel schon im Antrag selbst. Wie soll eine bundeseinheit­liche Finanzierung der Elementarpädagogik erfolgen, wenn es einen Zweckzuschuss gibt, der unterschiedlichste Formen fördert? – Es stimmt schon, dass jede Form der Kin­derbetreuung möglich sein muss – öffentliche, private, Betriebskindergärten, Tagesmüt­ter –, dafür müssen wir aber wissen, wohin welche Mittel fließen.

Wir haben im Ausschuss darüber diskutiert, welche Forderungen es an die nächste
15a-Vereinbarung gibt, und da gab es eigentlich sehr breiten Konsens. Es ist schade, dass die Regierungsparteien da immer nur in der Ausschussdiskussion zustimmen und sich dann nicht einmal dazu durchringen können, einen Entschließungsantrag als Zei­chen einer Zusammenarbeit zu sehen.

Wir haben gesehen, dass es bei der Kinderbetreuung großen Konsens gibt, aber wir betonen es noch einmal, damit es irgendwann ankommt: Wir brauchen einen Ausbau bei der Kinderbetreuung, Verbesserungen bei der Elementarpädagogik und den Arbeits­bedingungen, wir brauchen aber auch, wie schon gestern besprochen, mehr Inklusion, mehr Sprachförderung und eine transparentere Finanzierung, damit das Angebot für alle Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung steht.

Sagen Sie nicht nur im Ausschuss, dass auch Sie das wollen, sondern machen Sie es – und dafür brauchen wir bei der 15a-Vereinbarung nicht nur Anschubfinanzierungen für Investitionen, sondern die verschiedensten Formen von Kinderbetreuung müssen dann auch im Betrieb finanziert sein. Kleben wir keine Pflaster auf das Problem, sondern gehen wir endlich ganze Reformen an! – (Sich auch in Gebärdensprache bedankend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 86

13.42


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich würde jetzt zu den Abstimmungen kommen, wenn alle Fraktionen einverstanden sind. – Ich gehe so vor.

13.42.33Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 5 und 6


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsge­setz 1967 geändert wird, in 1361 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 1 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Ausweitung der Sonderbetreuungszeit für Covid-19-(Hoch-)Risikokinder“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Ausschusses für Familie und Jugend, seinen Bericht 1389 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

13.44.337. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1331 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 geändert werden (1404 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1672/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussteuerungssystem des ÖVP-Wirtschaftsbundes gegen Arbeitslosen in Öster­reich in Zeiten der Corona-Arbeitsmarktkrise (1418 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 87

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1927/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfüh­rung einer Lehrabschlussprämie (1405 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2334/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1406 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1360 d.B.): Bundesgesetz über die Regelung der Beziehungen im Bereich der so­zialen Sicherheit im Verhältnis zur Provinz Québec (1407 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 7 bis 11, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner ist mir Herr Abgeordneter Alois Stöger gemeldet. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


13.46.10

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Reden wir über den Arbeitsmarkt! Unser Arbeitsmarkt erholt sich von den Folgen der Coronapandemie. Das ist eine gute Entwicklung, aber über den Berg sind wir noch lange nicht. Deshalb ist es so auch wichtig, dass wir darauf schauen, wie es wei­tergeht.

Vorgestern waren 166 000 Personen in Kurzarbeit angemeldet, und daher ist es so wichtig, dass wir dieses Instrument auch verlängern und ausbauen – ich glaube, das ist gut. Die Kurzarbeit war ja immer ein Garant dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer ihre Kaufkraft erhalten können und sich weiterhin ihr Leben leisten können, daher ist es wichtig, dass wir auch in Zukunft mit diesem Instrument ein bisschen etwas bei der Kaufkraft tun.

Bisher war es so, dass man jedenfalls 80 Prozent des letzten Einkommens hat bekom­men müssen. Wenn man drei Monate lang in Kurzarbeit ist, kann man das überbrücken, es gibt aber Personen, die jetzt schon zwei Jahre lang in Kurzarbeit sind, und daher, Herr Bundesminister, muss die Ersatzrate für die Arbeitnehmer in Kurzarbeit in der neuen Entwicklung jedenfalls bei 90 Prozent liegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, das in den nächsten Entwicklungen umzusetzen – und wenn Sie sich den Bericht des Rechnungshofes angesehen haben, wissen Sie: Es ist ja eh sehr viel Geld drinnen. Das sollte man auch einmal den Arbeitnehmern geben. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Und da wir gerade vom AMS reden, ist es auch gut, über die Ersatzrate von Arbeitslosen zu reden: Wir fordern ganz deutlich: Das Arbeitslosengeld muss 70 Prozent des letzten Einkommens betragen, damit die Menschen aus der Armutsfalle herauskommen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Herr Bundesminister! Ich habe heute in der Früh mit Bürgermeister David Allerstorfer aus Feldkirchen an der Donau gesprochen. Der Herr Bürgermeister hat 40 Menschen, die aus der Ukraine vertrieben wurden, in seiner Gemeinde aufgenommen. Jetzt geht es darum, wie wir mit diesen Menschen umgehen.

Das Erste, was sie bräuchten, ist ein Zugang zu Deutschkursen. Das würde der Bürger­meister organisieren, aber – aber! – wie gehen die Behörden damit um? – Die Behörden sagen: Jetzt machen wir einmal gar nichts, jetzt schauen wir einmal, dass sie einen Aus­weis kriegen. – Das dauert mindestens einen Monat. Also ich habe schon allein zehn Tage dafür gebraucht, dass ich mich mit dieser Gruppe überhaupt bei der Polizei anmel­den durfte – die haben also zehn Tage gebraucht, dass man sich anmelden durfte! Und dann dauert es noch einmal, bis der Ausweis ausgestellt ist, und dann müssen sie noch einmal zum Arbeitsamt gehen und sollen sich arbeitslos melden – und dann denkt man einmal darüber nach, ob man ihnen Deutschkurse anbietet. Herr Bundesminister, ich ersuche Sie: Bauen Sie die Bürokratie ab und schauen Sie, dass die Bürgermeister in ihren Gemeinden Deutschkurse anbieten können! (Beifall bei der SPÖ.)

Und was sie noch brauchen: Wir müssen die Menschen, die Vertriebenen, auch vor Aus­beutung am Arbeitsmarkt schützen. Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Vertriebenen vor Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, Vertriebenen aus der Ukraine, die in unserem Land Schutz suchen, rasch den Arbeits­marktzugang zu eröffnen und alle Vorkehrungen zu treffen, um diese Menschen vor Aus­beutung zu schützen. Insbesondere sollen die Kotrollstrukturen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, der Österreichischen Gesundheitskasse und des Finanzministe­riums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchführen, bei denen auch die Einkommenseinstufungen dieser besonderen Gruppe kontrolliert und harte Strafen bei Verfehlungen ausgesprochen werden. Um die vorrangige Kontrollen dieser Vertrie­benen durch die Kontrollorgane organisieren zu können, ist es notwendig, dass der be­sondere Status auch für die Kontrollorgane erkennbar wird. Dieser erforderliche Daten­fluss soll sichergestellt werden.“

*****

Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Schutz von Vertriebenen vor Ausbeutung am Arbeitsmarkt

eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 2334/A der Abgeordneten August Wö­ginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1406 d.B.)


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Tausende der Menschen, die aus der Ukraine flüchten mussten, sind bereits in Öster­reich angekommen und suchen Schutz und Sicherheit in unserem Land. Um ihnen diese auch zu vermitteln, ist es notwendig, dass für sie so rasch als möglich eine gewisse Normalität in ihren Alltag zurückkehrt. Dies kann insbesondere durch den Zugang zu Bildung und Arbeit erreicht werden.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss daher so rasch als möglich sichergestellt werden. Es muss ein Zugang zu Arbeitsplätzen sein, die auch der Qualifikation der Betroffenen so weit als möglich entspricht, denn das vermittelt den Menschen Würde und Anerken­nung.

Bei Arbeitsangeboten gibt es bereits auch viel privates Engagement, das natürlich eben­falls zu unterstützen ist, allerdings sind aber auch erste Vermittlungsplattformen entstan­den, auf denen gesetzlich vorgeschriebene Details bei angebotenen Arbeitsplätzen feh­len, wie zum Beispiel der Hinweis, dass eine Beschäftigungsbewilligung durch das AMS erteilt werden muss.

Mit dem Schicksal von vertriebenen und geflüchteten Menschen darf jedenfalls kein Lohn- und Sozialdumping betrieben werden. Deshalb muss auch die Einhaltung von Ge­setzen und Kollektivverträgen verstärkt kontrolliert werden, damit es zu keinen Verwer­fungen am Arbeitsmarkt kommt.

Es wird leider auch die Erfahrung gemacht, dass mancherorts mit Menschen, die auf­grund ihrer persönlichen Situation bereit sind, beinahe alles zu tun, um Geld zu ver­dienen, nicht korrekt umgegangen wird. Daher bedarf es eines besonderen Schutzes für die Betroffenen, entsprechender Kontrollen und scharfer Sanktionen für Betriebe, die glauben, das ausnützen zu müssen.

Es müssen daher in den Kontrollstrukturen der BUAK (Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfer­tigungskasse), der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse) und des Finanzministe­riums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchgeführt werden. Es reicht nicht zu kontrollieren, ob die Anmeldung eines Arbeitnehmers erfolgt ist, auch die Ein­stufung muss überprüft werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, Vertriebenen aus der Ukraine, die in unserem Land Schutz suchen, rasch den Arbeits­marktzugang zu eröffnen und alle Vorkehrungen zu treffen, um diese Menschen vor Ausbeutung zu schützen. Insbesondere sollen die Kotrollstrukturen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, der Österreichischen Gesundheitskasse und des Fi­nanzministeriums in den kommenden Monaten Schwerpunktaktionen durchführen, bei denen auch die Einkommenseinstufungen dieser besonderen Gruppe kontrolliert und harte Strafen bei Verfehlungen ausgesprochen werden. Um die vorrangige Kontrollen dieser Vertriebenen durch die Kontrollorgane organisieren zu können, ist es notwendig, dass der besondere Status auch für die Kontrollorgane erkennbar wird. Dieser erfor­derliche Datenfluss soll sichergestellt werden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 90

13.51.00

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auf der Ga­lerie! Vier Grundfreiheiten sind die Basis unseres EU-Binnenmarktes: Dienstleistungen, Kapital, Personen und Waren können sich frei durch das Unionsgebiet bewegen. Für uns als Konsumenten ist dies ein großer Luxus, wir müssen uns aber auch die Hinter­gründe anschauen. Waren bewegen sich nämlich nicht von alleine, sie müssen von jemandem transportiert werden. Das geschieht in der EU noch immer sehr häufig mittels Lkw, und auch diese fahren noch nicht von alleine. Es braucht einen Menschen, der vorne im Fahrerhaus sitzt. Für diese Dienstnehmer, die Fahrer, haben wir in den vergan­genen Jahrzehnten schon wichtige Regelungen beschlossen, die vor Ausbeutung schüt­zen sollen.

Es gibt nun neue Regelungen für die Kabotage innerhalb Europas. Ausländische Fracht­unternehmen dürfen ihre Fahrer nicht mehr ewig und drei Tage durch unterschiedliche Mitgliedstaaten schicken. Die Fahrer müssen zumindest einmal im Monat ihre Ruhezeit im Heimatland verbringen.

Wir regeln nun auch die wöchentlichen Ruhezeiten neu. Diese sind nun zu planen und dürfen nicht mehr nur im Lkw verbracht werden. Das sind wichtige Schritte für den Ar­beitnehmerschutz und auch gegen Lohndumping, denn es kann nicht sein, dass heimi­sche Frachtunternehmer nicht konkurrenzfähig sind, weil ausländische Mitbewerber die Preise zulasten ihrer Fahrer drücken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir setzen somit weitere wichtige Schritte, um das Arbeitsumfeld und die Wettbewerbs­bedingungen in der Logistikbranche zu verbessern.

Ebenso beinhaltet die Regelung die Anpassung an die neuen Führerscheinbedingun­gen. L17-Fahrer haben nun die Möglichkeit, eine Fahrerkarte zu bekommen und werden somit auch über die lückenlose technische Aufzeichnung geschützt. Das alles sind ge­setzliche Rahmenbedingungen, die wir als Nationalrat schaffen müssen. Dafür sind nicht die Gewerkschaften, sondern wir als Politik zuständig und verantwortlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Genau deshalb auch noch ein paar Worte zum Antrag der Abgeordneten Angerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Lehrabschlussprämie: Ich weiß nicht, wie oft uns als Volkspartei bereits vorgeworfen wurde, wir würden über die Sozialpartner drüberfahren. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Die vereinte Opposition wildert aber in der Zwischenzeit selbst im Revier der Sozialpartner. Auf dieser Ebene müsste nämlich das Einführen ei­nes Bonus für einen Lehrabschluss ausverhandelt werden. Es ist ganz klar eine Ver­einbarung zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern auf Basis von Kollektivverträgen. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Abg. Wurm: Ha, ha!)

Vielleicht sollte man sich gerade aufseiten der Sozialdemokratie wieder an Größen wie Anton Benya erinnern, die noch ein gesundes Verständnis vom Verhältnis zwischen Politik und Arbeitnehmervertretung hatten, bevor man die Aufgaben der Sozialpartner an den Nationalrat delegiert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist es nämlich wichtig, dass die beiden Seiten direkt miteinander sprechen. Als christlich-soziale Gewerkschaf­terin bin ich eine Verfechterin des sozialen Dialogs auf Augenhöhe. Zum Schluss darf ich den Sozialpartnern noch ein Zitat von Anton Benya für ihre Verhandlungen mitgeben, das mir als bäuerliche Interessenvertreterin besonders gut gefällt: „Die Kuh, die man melken will, sollte man nicht schlachten“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Bravoruf des Abg. Hörl.)

13.55



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 91

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belako­witsch. – Bitte.


13.55.09

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wenn Sie sich jetzt über­haupt nicht mehr auskennen, wofür die Österreichische Volkspartei steht, kann ich das nachvollziehen. Das ist auch ganz schwer zu verstehen gewesen.

Das Erste, worum es gegangen ist: Es ist um eine Verbesserung der Ruhezeiten von Fernfahrern gegangen. Dem werden wir unsere Zustimmung geben. Die Frau Kollegin hat dann großartig gesagt: Das müssen wir hier herinnen beschließen, das beschließt nicht die Gewerkschaft! Beim nächsten Antrag war dann genau das Gegenteil der Fall: Das beschließen die Gewerkschaft und die Sozialpartnerschaft, da sind wir als Parla­ment außen vor! (Zwischenruf des Abg. Hörl. Sie müssen sich irgendwann einmal mit sich selbst einigen, wofür Sie glauben, dass Sie hier herinnen sind, weil Sie ja auch Gewerkschafterin sind. In welcher Rolle haben Sie jetzt geredet, Frau Kollegin Zopf (Beifall bei der FPÖ), als Abgeordnete oder als christlich-soziale Gewerkschafterin? – Es ist nicht erkennbar gewesen.

Man kann es sich nicht immer so drehen, wie man will. Man muss eine stringente Linie fahren, und das ist das Problem der Österreichischen Volkspartei und dieser Bundesre­gierung insgesamt – in allen Belangen, nicht nur am Arbeitsmarkt oder bei der Sozial­politik: einmal so und einmal anders, einmal hü und einmal hott. Das ist ein Sauhaufen, den Sie hier darbieten! Das Problem ist, dass sich draußen keiner mehr auskennt! (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

In dem Antrag, über den Frau Kollegin Zopf hier am liebsten nicht abstimmen möchte, weil das Parlament nicht zuständig ist, sondern die Sozialpartner und die Gewerkschaf­ten, ging es darum, dass man die Lehre attraktiviert, dass man jungen Menschen, die eine Leistung erbracht haben, die eine Lehrabschlussprüfung gemacht haben, eine Prä­mie ausbezahlt. Das ist etwas, das hier herinnen zu beschließen ist, denn es ist ein Ausdruck politischen Willens, zu sagen: Ja, ich möchte, dass junge Menschen für die Leistung, die sie erbringen, auch eine Anerkennung bekommen! (Abg. Michael Ham­mer: Ihr wollt Freibier für alle, ja!)

Und ja, wir als Politiker wollen in Zukunft mehr Facharbeiter haben, damit wir vielleicht irgendwann einmal hier stehen können und nicht mehr klagen müssen: Wir haben einen Facharbeitermangel! Frau Kollegin, darauf zielt das ab.

Die Volkspartei ist aber offensichtlich so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nicht einmal mehr einen Antrag ordentlich lesen kann (Abg. Hörl: Das ist eine Unterstellung!), das ist das Problem! Das Ergebnis ist dann diese österreichische Regierungspolitik, die uns in Wahrheit seit zwei Jahren das Leben zur Hölle macht. Die Regierung regiert an den Bürgern vorbei, und das ist auch der Grund, warum ihr immer mehr Zuspruch verliert: weil sich die Leute irgendwann nicht mehr auskennen, nicht nur in der Coronapolitik, auch am Arbeitsmarkt, auch in anderen Bereichen. Das ist euer Problem!

Es ist noch ein Antrag von mir auf der Tagesordnung, und dieser ist mir deswegen be­sonders wichtig, weil Kollege Stöger begonnen hat, über den Arbeitsmarkt zu sprechen, der sich langsam erholt. Wir wissen nicht, wie er sich angesichts des Krieges in der Ukraine, der schon vier Wochen dauert und bei dem leider Gottes immer noch kein Ende in Sicht ist, weiterentwickelt. Wir hoffen alle jeden Tag, dass es vielleicht doch noch ganz rasch zu einem Frieden kommt, zumindest einmal zu einem Waffenstillstand, aber wir haben das Problem, dass viele Firmen, vor allem sehr energieintensive Betriebe, über­legen, ob sie ihre Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken sollen. Insoweit braucht es


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 92

natürlich auch weiterhin ein Kurzarbeitsmodell, wie auch immer das dann am Ende aus­gestaltet wird. Wir können heute noch nicht abschätzen, wie viele Personen das brau­chen werden.

Die Arbeitslosigkeit ist zum Glück schon relativ niedrig. Das nützt aber den Betroffenen natürlich überhaupt nichts, meine Damen und Herren. Das ist schön für jene, die nicht mehr arbeitslos sind, nützt aber den Betroffenen überhaupt nichts. Was ich nicht möchte, ist, dass man versucht, wie es Teile der Österreichischen Volkspartei, vor allem des Wirtschaftsflügels immer wieder versuchen, diese Arbeitslosen auszusteuern und aus dem System rauszubringen. Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Unser Zugang ist ein anderer: Wir müssen versuchen, die Leute wieder in den Arbeits­prozess zu reintegrieren. Das ist das, was notwendig ist, da muss man sich halt etwas überlegen und da muss man auch flexibel werden. Herr Bundesminister, Sie sind ja gerade dabei, das Arbeitslosengeld Neu aufzusetzen – was auch immer am Ende des Tages herauskommen wird. Eines muss aber, glaube ich, der wesentliche Fokus sein: Wir müssen darauf schauen, die Leute in den Arbeitsprozess zurückzubringen. Das ist das, was es braucht (Bundesminister Kocher nickt), und dafür stehen wir als Freiheitli­che Partei. (Beifall bei der FPÖ.)

13.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


13.59.32

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Tagesordnungspunkten, die gerade behandelt werden, geht es unter anderem um die Verlängerung der Inanspruch­nahme von Kurzarbeit von 24 auf maximal 26 Monate.

Warum wird das heute beschlossen? – Es sollen die Unternehmen, die bislang die Coro­nakurzarbeit in Anspruch genommen haben – das sind insbesondere jene Unterneh­men, die nach wie vor von Beschränkungen, von Maßnahmen im Rahmen der Bekämp­fung der Covid-19-Pandemie betroffen waren, von der Stadthotellerie über die Nacht­gastronomie bis hin zu Flughafenbetreibern –, die Möglichkeit haben, diese Coronakurz­arbeit ausschleifen zu lassen, sich besser anpassen zu können, weil jetzt erfreulicher­weise natürlich schön langsam die massiven Beschränkungen, die es gegeben hat, auslaufen. Damit es aber diesen fließenden Übergang gibt, diesen guten Übergang, wird die Kurzarbeit noch einmal um zwei Monate verlängert, und das ist ein guter und wich­tiger Schritt.

Wir werden die Kurzarbeit, auch wenn sie Covid-19-bedingt an Bedeutung verlieren wird, auch in den nächsten Wochen und Monaten brauchen. Es gibt dazu auch ein Modell, das die Sozialpartner bereits gemeinsam mit der Regierung erarbeitet haben, das mit Ende Juni ausläuft, das durchaus auch Ansatzpunkte für ein künftiges Modell bieten und liefern kann.

Wir werden Kurzarbeit brauchen, ganz einfach deshalb, weil dieser verbrecherische Krieg, den Putin gegen die Ukraine gestartet hat, natürlich auch massive ökonomische Auswirkungen auf Europa hat, auch massive ökonomische Auswirkungen auf Österreich haben wird, also einzelne Branchen, einzelne Betriebe, die Lieferkettenprobleme haben, die Probleme mit Rohstofflieferungen haben, die Probleme mit der Energieversorgung haben (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), unter Umständen tatsächlich auf diese Mo­delle umsteigen müssen, auf Kurzarbeit umsteigen müssen (Abg. Loacker: ... müssen Steuerzahler ... Probleme zahlen!), damit es ihnen eben möglich ist, die Beschäftigung zu halten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Doppelbauer.) Wir wollen Be­schäftigung halten, wir wollen Beschäftigung sichern, insbesondere auch die Einkom­men der Beschäftigten sichern (Zwischenruf des Abg. Loacker), und darum wird Kurzar­beit auch in Zukunft notwendig sein.


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Lassen Sie mich noch zu einem Punkt sprechen, den Kollegin Belakowitsch erwähnt hat, einem Antrag, in dem es darum geht, arbeitslose Menschen vor Aussteuerung zu si­chern, zu schützen: Es geht dabei – das, was hier eingefordert wird – insbesondere um ein Bekenntnis zur Notstandshilfe und dass die Notstandshilfe nicht abgeschafft werden soll. – Ja, dieses Bekenntnis gebe ich sehr gerne ab. Dieses Bekenntnis hat unser So­zialminister Johannes Rauch abgegeben, hat unser Sozialminister Wolfgang Mückstein schon abgegeben, gebe ich regelmäßig ab, hat auch unser Arbeitsminister Kocher ab­gegeben. (Bundesminister Kocher nickt.) Wer bei der letzten Enquete zur Reform der Arbeitslosenversicherung war, hat dort klar hören können: Nein, die Notstandshilfe wird nicht abgeschafft! – Und ich möchte schon eines erwähnen: Diese Regierung war und ist bislang die erste, die die Notstandshilfe in einer Krise erhöht hat (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), und zwar für eineinhalb Jahre.

Diese Regierung ist die erste, die Arbeitslosengeld und Notstandshilfe in Form von Ein­malzahlungen inzwischen dreimal erhöht hat, einmal als Teuerungsausgleich. Diese Re­gierung ist diejenige, die erstmals tatsächlich versucht hat, in der Pandemie, in einer Krise – das hat keine sozialdemokratisch geführte Regierung gemacht, schon gar keine Regierung mit blauer Beteiligung (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – diese wichti­gen Einrichtungen und sozialen Absicherungen, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, noch besser auszustatten. Darauf sind wir stolz und darüber freuen wir uns, und das Instrument der Notstandshilfe hat sich in der Krise derartig bewährt, dass es vonseiten der Regierung, von unserer Seite, von grüner Seite sowieso dezidiert keine Überlegun­gen gibt, diese auch abzuschaffen.

Was aber schon interessant ist: Es kommt ja nicht nur darauf an, was man in der Op­position sagt, denn da kann man viel fordern (Zwischenruf des Abg. Kaniak), es kommt vor allem darauf an, was man tut, wenn man in der Regierung ist. Es ist nämlich schon sehr bezeichnend, dass ausgerechnet in einer türkis-blauen Regierung eine blaue Ar­beits- und Sozialministerin das Wifo beauftragt hat, doch durchzurechnen, was eine Ab­schaffung der Notstandshilfe bedeuten würde. Dazu hat es Studien gegeben, dazu hat es wissenschaftliche Beauftragungen gegeben, und im Regierungsprogramm ist es ja auch mehr oder weniger so drinnengestanden.

Wissen Sie, was das bedeutet hätte? – Dass 121 000 Menschen ausgesteuert gewesen wären, das war das Aussteuerungsprogramm einer türkis-blauen Regierung unter einer Arbeitsministerin Hartinger-Klein. So schaut es nämlich aus! Und die FPÖ ist halt wie immer, sie schreit: Haltet den Dieb!  Das kennen wir, das sind wir gewohnt, das ist nichts Neues: die FPÖ mit der fetten Kassa unterm Arm. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

14.04


Präsidentin Doris Bures: Im weiteren Verlauf der Debatte ersuche ich wieder um Mä­ßigung in der Ausdrucksweise.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Loacker zu Wort. – Bitte.


14.04.52

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mir würde schon die fette Kassa von Lothar Lockl span­nend genug vorkommen, (Abg. Wurm: Ah? Richtig!), wenn ich das von der grünen Seite her höre. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Kollege Koza hat gelobt, wie super es sei, dass man jetzt die Kurzarbeit nicht nur 24 Monate, sondern 26 Monate lang machen kann. Ich sage Ihnen: Ein Betrieb, der 26 Monate in Kurzarbeit ist, ist wahrscheinlich so marod, dass man kein Steuergeld mehr hineinschütten sollte. (Abg. Tanja Graf: Na ja, Kollege!) Wir haben nämlich so viele offe­ne Arbeitsstellen wie schon lange nicht mehr, und Sie nehmen Steuergeld in die Hand


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und halten Arbeitnehmer in Jobs fest, in denen sie nicht gebraucht werden, während wir auf der anderen Seite Firmen haben, die einen Arbeitskräftemangel haben und diese Leute sofort einstellen würden. Das ist aktives Verbrennen von Steuergeld, und jetzt dehnen Sie die Kurzarbeit auch noch auf 26 Monate aus.

Richtig wäre es, die Kurzarbeit zurechtzustutzen und wieder zu den Bedingungen anzu­bieten, wie sie bis 2019 gegolten haben. Wenn Kollege Koza Lieferkettenprobleme ins Treffen führt, dann muss ich sagen: Lieferkettenprobleme sind klassische betriebliche Probleme, betriebliche Risiken, und es ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers, einzu­springen, wenn ein Unternehmen betriebliche Risiken hat, die sich realisieren. Und wenn jemand Geschäfte mit Russland macht und über Jahre gut verdient hat und jetzt geht es nicht mehr, dann muss er auch die Folgen seiner eigenen Dispositionen tragen und kann diese nicht dem Steuerzahler überwerfen, denn die guten Geschäfte mit Russland hat man ja auch gemacht. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.) Dann muss man jetzt auch die Risiken tragen, die sich realisiert haben.

Diese Regierung aber, die ja auch durch die Öbag-Chefin ausrichten lässt, man würde gerne noch mehr Betriebe verstaatlichen, arbeitet ja an der Umsetzung des Modells Landwirtschaft auf die gesamte Wirtschaft. Es sollen alle vom staatlichen Tropf abhängig gemacht werden. Das ist Ihr Ziel. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Jetzt noch einmal zur Notstandshilfe: Es wäre richtig gewesen, das umzusetzen, was seit 2017 im schwarz-blauen Regierungsprogramm gestanden ist (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), nämlich die Notstandshilfe und die Mindestsicherung zu einem System der sozialen Absicherung zusammenzuführen. Das Wort Aussteuerung, das Kollege Koza verwendet hat, kommt ja aus den Dreißigerjahren – er ist da einfach in der Zeit ein bisschen zurückgeblieben –, damals hat es keine Sozialhilfe und Mindestsicherung ge­geben.

Man muss sagen, das Schlimmste, was einem in Österreich passieren kann, ist, dass man einen Tausender Mindestsicherung bekommt. Das ist nicht viel, ein Tausender, aber ich sage Ihnen, es ist eine Errungenschaft des Sozialstaates, dass man nicht tiefer fallen kann als in die österreichische Mindestsicherung, die im internationalen Vergleich ein ganz großartiges Niveau bietet. Das muss man einfach sagen.

Der Rechnungshof sagt immer wieder, dieses Parallele von Notstandshilfe und Mindest­sicherung, dass sich zwei Behörden darum kümmern, dass eine Person sozial abgesi­chert ist, ist ineffizient. Es ist auch demütigend für die Leute, wenn sie die eine Leistung da beantragen müssen und für die soziale Absicherung noch zu einer zweiten Behörde latschen müssen, also zweimal betteln müssen, damit sie einmal sozial abgesichert sind. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Wurm. – Abg. Wurm: Das war jetzt einmal eine gute Rede!)

14.08


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich der Herr Bundesminister zu einer Stellungnah­me gemeldet. – Bitte, Herr Minister Kocher.


14.08.18

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Es sind zwei gesetzliche Vorhaben, die heute auf der Tagesordnung stehen: einerseits der geplante und jetzt auch konjunkturgerechte Ausstieg aus der Coronakurzarbeit – und zwar der Coronakurzarbeit, nicht der Kurzarbeit insgesamt, dazu sage ich gleich ein bisschen mehr – und das Mobilitätspaket für die Sicherheit im Straßenverkehr im Zusam­menhang mit Vorschriften, was Ruhezeiten und Ähnliches betrifft.

Bevor ich damit starte, vielleicht einige Worte zur Lage: Wir erleben eine sehr schwierige Situation mit großer Unsicherheit, einen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der uns alle, glaube ich, sehr betroffen macht, auch die Folgen auf die Menschen dort.


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An erster Stelle steht natürlich der Schutz dieser Menschen in der Ukraine und wenn sie zu uns kommen, aber natürlich hat das Ganze auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, auch wenn wir im Moment, was die Arbeitslosenzahlen betrifft, noch keine sehr starken Effekte sehen. Wir haben die letzten Wochen weiter zurückgehende Arbeitslosenzahlen erlebt. Die Zahl ist jetzt so gering, wie sie letztes Jahr im Sommer war, und im Sommer ist sie generell immer geringer als im Winter und Frühjahr, das heißt, die Lage ist weiter stabil und der Arbeitsmarkt ist resilient. Die Dynamik scheint sich aber einzubremsen, und was immer auch passiert, es kann durchaus sein, dass sich die Lage weiter ver­schlechtert, dass wir dann auch am Arbeitsmarkt die Folgen der Sanktionen, die Folgen des Kriegs und die Folgen der wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Kriegs sehen, und das heißt natürlich, dass wir uns darauf vorbereiten müssen.

Ein wichtiger Faktor wird weiterhin die Kurzarbeit sein. Deshalb ist es, glaube ich, wich­tig, diese Kurzarbeit auch fortzuentwickeln. Es gibt drei Dinge, die heute im Zusammen­hang mit der Kurzarbeit eine Rolle spielen.

Erstens die Coronakurzarbeit: Das war die Kurzarbeit für Betriebe, die behördlich ge­schlossen waren oder in denen es aufgrund der behördlichen Einschränkungen massive Umsatzausfälle gab. Diese Coronakurzarbeit hat 1,3 Millionen Beschäftigungsverhält­nisse in 120 000 Betrieben gesichert. Gerade am Höhepunkt der Pandemie, zu Beginn, war sie besonders wichtig. Sie kann jetzt, Ende März, auslaufen, weil die Pandemie den Arbeitsmarkt nicht mehr so stark beeinträchtigt. Das ist der erste Punkt. Ich glaube, es ist wichtig zu sagen, dass die Pandemie zwar noch immer Folgen zeigt, dass sie aber glücklicherweise am Arbeitsmarkt nicht mehr so stark spürbar ist.

Zweitens: Es gibt die reguläre Kurzarbeit, die bis Ende Juni läuft. Es ist vereinbart, in der Koalition gemeinsam mit den Sozialpartnern über den weiteren Weg, wie diese Kurzar­beit ab 1. Juli 2022 ausgestaltet sein soll, zu sprechen. Es ist klar, dass es weiterhin Kurzarbeit braucht. Dabei geht es nicht nur um Lieferengpässe, sondern auch um Sank­tionen, die dazu führen, dass zum Beispiel Betriebe auch massiv in ihrer Geschäftstätig­keit beeinträchtigt sind. Deshalb braucht es diese Kurzarbeit, um Beschäftigungsverhält­nisse zu erhalten.

Der dritte Punkt betrifft die Frage der Dauer der Kurzarbeit. Es gibt eine gesetzliche Grundlage, die die Kurzarbeit grundsätzlich für ein Kurzarbeitsprojekt auf 24 Monate be­fristet. Es gibt einige Betriebe, die tatsächlich sehr, sehr lange durch Coronaeinschrän­kungen betroffen waren. Das sind vor allem Veranstalter, das sind vor allem Stadthotels, die länger keine Veranstaltungen oder Kongresse organisieren konnten. Für diese wol­len wir jetzt in diesem Gesetzesvorhaben die maximale Inanspruchnahme um zwei Monate bis auf 26 Monate verlängern, um eben einen geplanten und auch geordneten Ausstieg aus der Coronakurzarbeit möglich zu machen.

Ich glaube, das ergibt ökonomisch Sinn und ist auch für alle Betroffenen, für die Betriebe und für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die optimale Lösung. Wir spre­chen von einer kleinen fünfstelligen Zahl, von knapp über 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bisher fast über die gesamten 24 Monate in Kurzarbeit waren.

Der zweite wichtige Punkt, der nicht auf der Tagesordnung steht, aber auch mit der Si­cherheit für Unternehmen zu tun hat, bezieht sich auf eine Verordnung, die ich heute noch ganz kurz erwähnen möchte.

Wir haben heute gemeinsam mit dem Gesundheitsressort die Risikogruppenfreistel­lungsverordnung um zwei Monate bis Ende Mai verlängert. Die Infektionszahlen bei Omikron sind immer noch hoch. Die Risikogruppen sind oft auch trotz einer Impfung noch stärker gefährdet als die anderen Beschäftigten. Deshalb ist es, glaube ich, das richtige Signal, diese Freistellung zu verlängern. Sie tritt nur dann in Kraft, wenn es keine andere Möglichkeiten wie Homeoffice oder andere Schutzvorkehrungen gibt, schützt


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aber einige Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor ganz gefährlichen Verläufen, die sich aus einer Ansteckung ergeben könnten – deshalb diese Verlängerung um zwei weitere Monate. Die Kosten übernimmt dann die öffentliche Hand, das heißt, die Betriebe haben keine Kosten, wenn es zu einer solchen Freistellung von Risikogruppenangehö­rigen kommt.

Der letzte Punkt, noch ganz kurz, betrifft das Mobilitätspaket. Dabei geht es um ver­besserte Schutzstandards für Lenkerinnen und Lenker. Es wurde schon angesprochen: Die wöchentliche Ruhezeit soll nicht im Fahrzeug verbracht werden. Es gibt also ein Verbot, es gibt bessere Aufzeichnungsvorschriften, eine Modernisierung der Aufzeich­nungsvorschriften, und es gibt eine noch stärkere Verpflichtung zu regelmäßigen Ru­hezeiten. Das sorgt für mehr Sicherheit im Straßenverkehr, deshalb bitte ich auch um Zustimmung zu dieser sinnvollen Regelung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

14.14


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf zu Wort. – Bitte.


14.14.11

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Ich darf bei diesen Tagesordnungspunkten auf zwei Anträge näher eingehen.

Der erste Antrag ist von der FPÖ und hat die Nummer 1672. Da geht es darum, dass die FPÖ einen Antrag eingebracht hat, der für meinen Geschmack eigentlich entbehrlich und geschmacklos ist. Wir sprechen von einem Antrag, in dem Sie ein Arbeitspapier des Wirtschaftsbundes kritisieren, das sich mit der Frage der degressiven Arbeitslosenversi­cherung auseinandergesetzt hat, und das mit der Aussteuerung von 1933 vergleichen. Diesen Vergleich zu bringen ist entbehrlich und geschmacklos (Abg. Belakowitsch: Das Papier ist geschmacklos!) – mehr kann ich dazu nicht sagen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich weise diese Kritik aufs Schärfste zurück. Das ist eine bodenlose Frechheit. (Abg. Bela­kowitsch: Na dann war’s richtig!)

Ich würde Ihnen raten, einen besseren Vergleich zu ziehen. Machen Sie den Vergleich aussagekräftiger, anhand der Sozialleistungen, die wir in Österreich haben! Vergleichen Sie das mit dem Budget, das wir in Österreich haben! Kollege Loacker hat es eigentlich auf den Punkt gebracht: Wir haben eine Mindestsicherung, die sehr hoch ist. Wir haben auch ein Sozialbudget, das die Hälfte unseres Haushaltsbudgets ausmacht; und wenn ich mir das Budget des Arbeitsministers anschaue: das sind 9 Milliarden Euro. Machen Sie diesen Vergleich, bevor Sie so einen Antrag einbringen! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch wichtig für uns – ich glaube, auf diesen Fokus sollten wir uns konzentrieren ‑, dass wir Menschen in Beschäftigung bringen und Ihnen auch Perspektiven schaffen.

Zum zweiten Antrag – Minister Kocher hat es schon gesagt –: Wir haben einen Antrag eingebracht, 2334, in dem es um die weitere Gewährung der Kurzarbeit geht. Wir haben auch schon ausführlich darüber gesprochen. Es geht dabei definitiv nicht um eine Ver­längerung, sondern es geht um Betriebe, die es jetzt wirklich schwer haben. Das sind die Veranstalter, das ist die Stadthotellerie.

Auch der Vergleich, den Kollege Loacker gebracht hat, dass man Menschen sozusagen dort blockiert, um den Arbeitsmarkt weiterzutreiben, hinkt. Wenn es so einfach wäre, dann wäre die Frage ja längst beantwortet. Es ist nicht so einfach. Ich kann einen Ton­techniker nicht einfach an eine Maschine stellen und sagen: Du bist jetzt ein Fachar­beiter. Wenn das so einfach wäre, dann hätten wir ja auch die Lösung dafür. Das ist es nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Thema Lehre: Frau Kollegin Belakowitsch hat meine Kollegin Frau Zopf kritisiert. Also eines darf ich schon sagen – ich bin Lehrlingsbotschafterin von Salzburg –: Wenn


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Sie die Studien darüber lesen, warum sich ein junger Mensch, ein Jugendlicher für eine Lehre entscheidet, dann werden Sie feststellen, dass der Grund dafür nicht Ihr Antrag sein wird, bei dem am Ende der Lehre eine Prämie herausschaut. Das ist es nicht. Man sollte Jugendliche am Beginn der Lehre motivieren, den Weg in die Lehre zu gehen.

Ein Grund liegt darin, dass die Unternehmen attraktiver sind. Die Unternehmer machen da sehr viele Sachen, um Jugendliche eben davon zu überzeugen. Es sind auch die Eltern zu Hause, die mitentscheiden, ob ein junger Mensch eine Lehre macht oder nicht. Wir haben in Salzburg den Talente-Check, bei dem wir sehr ausführlich auf dieses The­ma und auf die Talente der Jugendlichen eingehen. Darauf sollten wir uns fokussieren: Wie kann ich die Lehre attraktiver gestalten?  Das geht nicht nur mit Geld allein, Frau Kollegin!

Wir können uns gerne auch einmal bilateral darüber unterhalten, wie wir das in Salzburg machen. Vielleicht können wir gemeinsam ein Projekt starten, durch das wir die Lehre attraktiver gestalten können. (Abg. Belakowitsch: Dann kann es ja in Salzburg keinen Facharbeitermangel mehr geben!) Ich lade Sie gerne dazu ein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.17


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Seemayer. – Bitte.


14.17.51

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Graf, Sie haben da etwas ganz Richtiges gesagt: Es kommt oft auch darauf an, wie die Eltern daheim zu einer Lehre stehen. Da spielt ganz oft die Erfahrung, die die Eltern im Arbeitsleben machen, eine Rolle: ob man mit Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmern ordentlich umgeht und sie im Betrieb ordentlich behandelt.

Viele Betriebe machen das auch, da haben Sie schon recht, aber viele Menschen ma­chen die Erfahrung, dass man im Arbeitsleben nicht immer fair behandelt wird, und dann ist es völlig verständlich, dass Eltern ihren Kindern vielleicht eher zu einer schulischen Ausbildung raten, um dem Druck des Arbeitslebens als Arbeiterin oder Arbeiter nicht ausgesetzt zu sein. Wir müssen also auch an den Arbeitsbedingungen der Eltern ar­beiten, wenn wir wollen, dass die Eltern den Kindern die Lehre empfehlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Vielleicht noch ganz kurz zum Thema Kurzarbeit: Wenn es notwendig ist, dass wir jetzt noch einige wenige Betriebe unterstützen, indem wir die Kurzarbeit von 24 auf 26 Mo­nate ausdehnen, dann ist das in Ordnung. Es trifft nicht mehr sehr viele. Wenn es für einige notwendig ist, dann glaube ich, dass es sinnvoll ist, diese Maßnahme umzu­setzen.

Der Gesetzentwurf zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer im Transportbereich ist ein ganz wichtiger und auch notwendiger Schritt. Jeder von uns kennt die völlig überfüllten Lkw-Parkplätze entlang der Transportrouten quer durch ganz Europa. Auch wenn diese ständig ausgebaut oder attraktiver gestaltet werden, ist es oft eine Zumutung, wenn man dort auf den Abstellplätzen in den Fahr­zeugen die wöchentliche Ruhezeit verbringen muss. Mit der Umsetzung der Bestimmun­gen aus dem EU-Mobilitätspaket soll dies nun endgültig der Vergangenheit angehören. Die wöchentlichen Ruhezeiten sollen zumindest einmal im Monat zu Hause verbracht werden können.

Ich denke auch, dass das ein Stück weit ein Beitrag dazu ist, um den ständigen Arbeits­kräftemangel, den wir derzeit in der Transportbranche schon haben, zu bekämpfen. Wenn wir wollen, dass wir dafür Arbeitskräfte finden, muss man sich überlegen, wie man


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auch die Arbeitsbedingungen in dieser Branche verbessert. Dann wird es auch wieder leichter sein, Menschen zu finden, die diesen Job auch machen.

Eines vielleicht noch zu den Ideen, dass einmal der Kollektivvertragspartner oder So­zialpartner, einmal der Gesetzgeber zuständig ist: Das kann man sich einfach nicht aus­suchen. Wenn man sich anschaut, wie gute Ideen oft in Gesetze gegossen worden sind, wird man draufkommen, dass manche Ideen von Betriebsrätinnen und Betriebsräten in Betrieben umgesetzt wurden. Die Kollektivvertragspartner haben viele dieser Ideen auch in die Kollektivverträge aufgenommen, um sie mehr Menschen zugänglich zu machen, und gute Ideen aus Kollektivverträgen sind oftmals ins Gesetz gekommen, damit sie allen zugänglich sind. Ich glaube, das ist eine richtige und wichtige Vorgehensweise, die wir in Österreich gewählt haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kira Grünberg. – Bitte.


14.21.28

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte in meiner Rede auf die Tagesordnungspunkte 10 und 11 eingehen.

Tagesordnungspunkt 10 betrifft die Kurzarbeit, über die wir heute schon mehr gehört haben. Normalerweise ist es Unternehmen nur möglich, 24 Monate Kurzarbeit in An­spruch zu nehmen. Wir werden das jetzt um zwei Monate verlängern, weil es einfach immer noch Unternehmen gibt, die von der Covid-19-Pandemie sehr stark betroffen sind. Das sind auf der einen Seite Unternehmen, die bei Veranstaltungen tätig sind, aber auch der Städtetourismus, die Städtehotellerie.

Darüber hinaus sind wir nun auch mit einer neuen Krise konfrontiert. Durch den Krieg Russland gegen die Ukraine ist absehbar, dass das auch bei uns in Österreich wirt­schaftliche Folgen haben wird, auf der einen Seite durch die Sanktionen, auf der anderen Seite aber eben auch durch Lieferengpässe. Wir hören jetzt schon von Unternehmen, dass sie Engpässe bei Rohstoffen und Materialien haben und damit nicht wie gewohnt ihrer Produktion nachgehen können. Deshalb werden wir uns auch Gedanken darüber machen müssen, wie eine Fortsetzung der Kurzarbeitmöglichkeiten unabhängig von der Covid-19-Pandemie vonstattengeht.

Nun noch zum Tagesordnungspunkt 11, zu dem wir von den Vorrednerinnen und Vor­rednern noch nicht viel gehört haben. Es geht um die Beziehungen im Bereich der so­zialen Sicherheit mit der kanadischen Provinz Québec. Österreich hat mit vielen ver­schiedenen Ländern auf der ganzen Welt Abkommen über die soziale Sicherheit. Diese umfassen vor allem Bestimmungen der Pensionsversicherung, die Gleichstellung der beidseitigen Staatsangehörigen oder auch die Zusammenrechnung der Versicherungs- und Wohnzeiten für einen Leistungsanspruch.

In Kanada gibt es aber eine Besonderheit, und die betrifft eben die Provinz Québec. Diese hat ein eigenes Pensionssystem. Zudem fallen in Kanada auch die Bereiche der Kranken- und Unfallversicherung in die Zuständigkeit der Provinzen. Deshalb hat Öster­reich mit Québec eine völkerrechtliche Vereinbarung geschlossen, damit auch dort die soziale Sicherheit gewährleistet wird.

Nun ist es natürlich auch so, dass durch verschiedene Entwicklungen in nationalen und zwischenstaatlichen Bereichen der sozialen Sicherheit von Zeit zu Zeit Anpassungen und Überarbeitungen notwendig sind. So ist es auch mit Kanada gewesen. 2015 konnte ein neues Abkommen vereinbart werden. Mit dem vorliegenden Gesetz wird nun auch die Vereinbarung mit der Provinz Québec aktualisiert. Es betrifft hauptsächlich neue Pensionsberechnungen und zusätzlich auch noch die neu aufgenommenen Bestimmungen


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im Bereich der Unfallversicherung. Ich bitte um Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Koza und Jakob Schwarz.)

14.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


14.24.58

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Zuseher! Es war schon relativ verblüffend, was Frau Kollegin Graf und Frau Kollegin Zopf von der ÖVP zu diesen Tagesordnungspunkten ausgeführt haben.

Vielleicht einmal zur Kollegin Graf: Wenn das alles so gut funktioniert, dann gehe ich davon aus, dass ihr in Salzburg jetzt keinen Facharbeitermangel in den Unternehmen habt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Tanja Graf: Sie verwechseln ...!) Die Realität ist, dass natürlich auch in Salzburg ein Facharbeitermangel besteht.

Bei Frau Kollegin Zopf war der Vergleich mit der Kuh recht interessant. Ich würde es vielleicht ein bisschen anders definieren: Es geht auch darum, dass man die Kuh füttert, wenn man Milch haben will. Genau darum geht es bei diesem Antrag, den unser Wirt­schaftssprecher Kollege Angerer mit uns gemeinsam eingebracht hat.

Dass die Grünen als weltfremde Partei diesen Antrag nicht verstehen, ist mir klar (Hei­terkeit bei den Grünen), aber ihr von der ÖVP seid ja im Wirtschaftsprozess dabei, ihr kennt die Seite der Unternehmer und die Seite der Arbeitnehmer. Und das Problem ist ja nicht neu, das diskutieren wir seit Jahren, um nicht zu sagen, Jahrzehnten. Es ist absehbar: Der Fachkräftemangel in Österreich wird immer größer. Das ist vor allem für Unternehmer eine Belastung, und das wäre eine sehr sinnvolle Maßnahme.

Ich sage es noch einmal für die Zuseher: Wir haben in diesem Antrag gefordert, dass jeder, der in Österreich eine Lehre erfolgreich abschließt, eine Prämie von 10 000 Euro bekommt, und zwar 5 000 Euro in bar und 5 000 Euro in Form eines Ausbildungs­schecks (Abg. Tanja Graf: Das wird von den Branchen schon gemacht!), mit dem er sich danach nach eigenen Interessen weiterbilden kann. Dabei braucht er den Arbeitgeber gar nicht zu fragen, sondern er hat einen Scheck über 5 000 Euro, womit er sich noch einmal spezialisieren und weiterbilden kann.

Was an diesem Vorschlag, Frau Graf, jetzt schlecht sein soll, müssen Sie mir einmal erklären. Alle Maßnahmen, die gesetzt wurden – auch von der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, der Gewerkschaft –, um dieses Problem, dass wir immer weniger Fach­arbeiter haben, zu lösen, sind ja sinnvoll. (Abg. Tanja Graf: Nicht am Ende der Lehre!) Sie haben uns aber über die Jahre nicht zum Ziel geführt. Wir müssen das also noch einmal verstärken und intensivieren. Nur zur Erinnerung: Den Blum-Bonus haben wir auch im Parlament entschieden. Selbstverständlich können wir auch das hier ent­scheiden.

Weil der Minister gerade hier ist: Wie die Arbeitslosenzahlen in Österreich zeigen, haben wir rund 380 000 Arbeitslose (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer), und 50 Prozent da­von sind eben leider Gottes Menschen, die keine Ausbildung absolviert haben. Sie ha­ben nach neun Jahren Schule die Ausbildung abgeschlossen. Das ist genau das Pro­blem am Arbeitsmarkt, und alles, was in diese Richtung Verbesserung bringt – und zwar für die Arbeitnehmer, aber auch für die Arbeitgeber –, sollte man unterstützen.

Ich kann die ÖVP nur noch einmal auffordern: Bitte geht in euch, denkt darüber nach und unterstützt diesen praxisgerechten, zukunftsorientierten, nachhaltigen Vorschlag für unsere jungen Menschen und für die Wirtschaft! Es kann ja für die ÖVP bitte schön keine Hürde sein, das zu unterstützen. Das könnt ihr ja draußen auch niemandem erklären, warum ihr dagegen seid. Wenn ihr heute wie im Ausschuss dagegenstimmt, werde euch daran erinnern, dass die ÖVP nicht will, dass junge Menschen in Österreich unterstützt


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werden, wenn sie eine Lehre beginnen und diese erfolgreich abschließen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hörl: So ein Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ist die ÖVP dagegen? Daran werde ich euch erinnern.

Bitte schön, denkt noch einmal nach, redet mit eurem Klubobmann! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Denkt nach und findet einen Zugang, um dieses Projekt zu unterstützen (weiterer Zwischenruf bei der ÖVP), weil das ein ganz wichtiges Element wäre, um den Fach­kräftemangel für Unternehmer zu verringern und die Arbeitslosenzahlen, die wir beim AMS haben, zu verringern. Es wäre also eine Win-win-Situation. Bitte schön, das ist ja für euch nicht so schwierig, zu verstehen. Springt über den Schatten und geht mit diesem Antrag mit! Das würde uns allen guttun.

Einen letzten Satz zum Nachdenken: Ihr habt ja auch mit der Abschaffung der Hackler­pension einen Kardinalfehler gemacht (Ruf bei der ÖVP: Jaaa!), wodurch Menschen, die eine Facharbeiterausbildung haben und 45 Jahre arbeiten, Steuern zahlen, Abgaben zahlen, jetzt auch noch Abschläge in der Pension bekommen. Wir werden nicht müde werden, euch diesen Sündenfall umzuhängen. Wir werden versuchen  hoffentlich sind wir einmal gemeinsam so stark , das wieder geradezubiegen und für die Menschen wieder besser zu machen. Danke. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Hörl: Das war Populis­mus pur!)

14.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


14.30.24

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren, wie wir gerade schon gehört haben, einen Antrag der FPÖ zur Einführung einer Lehrabschlussprämie. Wir haben das auch im Ausschuss schon gesagt: Das ist grundsätzlich gut und geht in die richtige Richtung, denn wir müssen alles tun, um die Lehre attraktiver zu gestalten. Es wird aber halt nicht ausreichen.

Ich möchte ein paar Gründe nennen, warum da so dringend Handlungsbedarf ist. Der schon häufig, auch heute schon häufig angesprochene Fachkräftemangel ist im Endef­fekt primär ein Lehrlingsmangel. Wenn man sich die Mangelberufsliste auf Bundesebene und diese 66 Berufe anschaut, dann kommt man zum Schluss, dass ungefähr zwei Drit­tel dieser Berufe, also zwei Drittel aller Mangelberufe, Lehrberufe sind.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders schockierend, wenn wir auf die Lehrlingszahlen schauen. Während 2008 132 000 junge Menschen in einer Lehre waren, waren es 2021 nur mehr 107 000, also ein Minus von 20 Prozent. Gleichzeitig sind die offenen Lehr­stellen in diesem Zeitraum explodiert. 2008 waren – unter Anführungszeichen – „nur“ 3 600 Lehrstellen offen, während 2021 mehr als 7 200 Lehrstellen offen waren, die Zah­len haben sich verdoppelt. Wir müssen also mehr tun und wir müssen weniger auf Flos­keln setzen, wie zum Beispiel Lehre attraktiveren – ich kann das fast schon nicht mehr hören, wenn das kommt. Wir müssen diese Floskel, wenn wir sie verwenden, auch mit Leben erfüllen!

Deswegen möchte ich Ihnen drei ganz konkrete Vorschläge machen, was wir tun könn­ten. Erstens: Wir machen die Lehre attraktiver, indem wir sie flexibler gestalten. Wir le­ben nicht mehr im Jahr 1950, als man einen Beruf erlernte und den dann sein ganzes Leben ausübte. Wir müssen vereinfachen, dass man von einem Lehrberuf auf einen anderen umsteigen kann, deswegen müssen wir die Lehre modularisieren.

Zweitens: Wir brauchen mehr, wir brauchen bessere, wir brauchen verpflichtende Be­rufsorientierung. Ich sage das jetzt ganz salopp so dahin: Wenn man mit 14 oder 15 Jahren in der Schule sitzt, ist es dann nicht sinnvoller, sich beispielsweise zwei


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Stunden pro Woche mit einer ordentlichen Berufsorientierung auseinanderzusetzen –natürlich muss diese Berufsorientierung qualitativ hochwertig sein –, als zwei Stunden im Zeichen- oder Religionsunterricht zu sitzen?

Ich erzähle Ihnen ein ganz konkretes Beispiel: Ich war in Oberösterreich bei einem klei­nen und mittleren Unternehmen und habe dort mit den Lehrlingen gesprochen. Da war eine junge Frau – ich muss noch einmal nachschauen, denn es ist ein so komplexer Lehrberuf –, sie hat eine Lehre zur Wärme-, Kälte- und Schallschutztechnikerin gemacht, also etwas sehr Technisches. Bei ihr ist bei der Berufsorientierung rausgekommen, dass sie Leichenwäscherin werden soll. Also jetzt nichts gegen Leichenwäscher, aber, ich glaube, dass das ein bisschen praxisfern ist und auseinandergeht, das erkennt jeder.

Drittens, das wird der FPÖ jetzt weniger gefallen, werden wir die Lehrstellenlücke nicht nur mit österreichischen Lehrlingen schließen können. Deswegen haben wir auch einen ganz konkreten Vorschlag gemacht, nämlich die Rot-Weiß-Rot-Karte zu reformieren und einen eigenen Aufenthaltstitel mit der Rot-Weiß-Rot-Karte Lehre einzuführen, damit jun­ge Menschen aus Drittstaaten die legale Möglichkeit haben – das ist jetzt nicht möglich –, nach Österreich zu kommen, um hier einen Lehrberuf zu lernen. Ich sage es ganz klar: Ja, wir brauchen eine Willkommenskultur für qualifizierte Zuwanderung.

Die Lehre ist der Weg aus dem Fachkräftemangel. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch, und jetzt müssen Sie bitte endlich ins Tun kommen! (Beifall bei den NEOS.)

14.33


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.


14.33.39

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte auch noch einmal auf das Thema und auf unseren Antrag, eine Lehrabschlussprämie von 10 000 Euro einzuführen, zurückkommen.

Es ist ja eigentlich immer so, dass kritisiert wird, die Opposition bringe keine Vorschläge, kritisiere die Regierung nur, habe selber keine Ideen. Herr Minister Kocher, Sie haben doch als Experte beim IHS auch immer alles gewusst und die Politik beraten und gesagt, was alles gemacht gehört! Jetzt muss ich Sie einmal fragen: Wo sind denn Ihre Vor­schläge? Wo sind denn Ihre Vorschläge, um die Facharbeiterproblematik zu lösen? Wo sind denn Ihre Vorschläge, um mehr Lehrlinge in die Lehre zu bringen? Wo sind sie denn, Herr Minister?  Ich höre nichts mehr von Ihnen  seit Sie Minister und nicht mehr Experte sind, höre ich nichts mehr.

Vielleicht melden Sie sich zu Wort und sagen uns heute, welche Vorschläge Sie zum Thema Lehrlinge, wie man mehr Lehrlinge in die Lehre bringen kann oder wie man den Facharbeitermangel lösen kann, hätten. Experten haben wir ja genug in dieser Regie­rung, Expertinnen, Experten und noch mehr Expertinnen und Experten beraten die Re­gierung – kommen tut aber nichts! Jetzt ist es genau umgekehrt, jetzt kritisiert die Regie­rung die Opposition, die Vorschläge einbringt.

Eine Lehrabschlussprämie, um den Lehrberuf einfach aufzuwerten, das ist der Zugang. Nicht nur um Geld zu verteilen, sondern um zu sagen, der Lehrling, und in weiterer Folge der Facharbeiter, ist uns etwas wert. Es ist so, dass vier von zehn Lehrlingen selbst­ständig werden, das heißt, das ist auch eine Investition in die Zukunft, das ist eine In­vestition in die Privatwirtschaft, weil die auch Unternehmer werden. Wenn man dem Lehrling nach seiner Lehre 5 000 Euro gibt und das in Vergleich stellt  ich will jetzt gar nicht damit vergleichen, was wir für andere Bereiche ausgeben  mit dem, was wir in Studenten investieren: Ein Student kostet den Staat circa 30 000 bis 40 000 Euro, das übernimmt der Staat für sein Studium. Der Lehrling ist uns nicht 5 000 Euro plus 5 000 Euro für seine Ausbildung wert? Also das ist lächerlich. Man muss den Beruf und den Facharbeiter aufwerten, da muss man etwas tun!


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Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch Vorschläge eingebracht, dass man die Vorschriften und Auflagen für Unternehmen, was die Lehrausbildung betrifft, zurück­nimmt, um die Unternehmen zu entlasten. Auch da ist nichts passiert. Wir haben mehr­fach den Blum-Bonus gefordert, um die Unternehmen zu unterstützen, was die Kosten der Lehre betrifft  auch da hat man nichts getan.

Also, Herr Minister, nur zu kritisieren, die Opposition zu kritisieren, das ist zu wenig. Bringen Sie selbst Vorschläge! Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.36


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die De­batte geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

14.36.3412. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2241/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kre­ditvergabe an Pensionist*innen (1408 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2107/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „1.000 Euro Österreich-Gutschein“ (1409 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2001/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Energiearmut verhindern – keine Strom- und Gaspreiserhöhungen durch öffent­liche EVUs (1410 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2229/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Preismoni­toring, Inflationsstopp und Einführung einer Treibstoffpreisdeckelung (1411 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2302/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend In­flationsausgleich um 4,0 Prozent für alle Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension (Pensionsanpassung 2022) (1412 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2340/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des


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Tabakmonopolgesetz 1996 und des Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 –BVergGKonz 2018 (1417 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 bis 17 der Tagesord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Johannes Rauch in unserer Mitte und erteile als ers­ter Rednerin Frau Abgeordneter Gabriele Heinisch-Hosek das Wort. – Bitte.


14.37.05

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Arbeitsminister! Herr Sozialminister! Der Herr Sozialminister bleibt, der Herr Arbeitsminister verlässt uns. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte uns alle, auch wenn es wehtut, noch einmal daran erinnern, denn ich glaube, es muss gesagt werden und Sie müssen es auch hören, dass seit Türkis-Blau I, II und jetzt auch unter Türkis-Grün sozialpolitisch wirklich Abbau in diesem Land betrieben wurde.

Abbau wurde nicht nur betrieben, weil es meine persönliche Meinung ist, weil die Sozial­demokratie in vielen Stunden Zusammenkunft im Sozialausschuss wirklich gute Vor­schläge eingebracht hat, die nicht gehört werden, schubladisiert werden, sprich auch vertagt werden, sondern weil es auch wissenschaftlich belegt ist. Wissenschaftlich belegt ist, dass die Umgestaltung der Mindestsicherung in die Sozialhilfe Neu viele, viele Men­schen in diesem Land ärmer gemacht hat – diese Studie können Sie alle nachlesen –, da wart ihr, die FPÖ unter Schwarz-Blau I und II, seinerzeit Handlanger oder verlängerte Werkbank der ÖVP (Zwischenruf des Abg. Lausch), und jetzt seid es ihr, die Grünen.

Jetzt repariert ihr ein bisschen, aber das ist leider zu wenig. Es gibt Teuerungsausgleich, Energiebonus, das sind alles Einmalmaßnahmen, die natürlich niemandem auf Dauer in eine Situation bringen, in der das Leben gut bestritten werden kann. Ich wiederhole noch einmal, weil es gestern ein wichtiges Thema war und auch heute Thema ist: Preissteige­rung von 6 Prozent, Preissteigerung von 6 Prozent für die Pensionistinnen und Pen­sionisten, um eine sehr volatile Gruppe heranzuziehen. Viele Pensionistinnen und Pen­sionisten können das mit der Pensionserhöhung, mit dem Ausgleich von 1,8 bis 3 Pro­zent nicht bewerkstelligen. Es geht um das Wohnen, um das Heizen, um das Essen, es geht um Energie, es geht einfach darum, dass manche Haushalte armutsgefährdet sind.

Eine Untersuchung, die wissenschaftlich belegt ist, EU-Silc, eine ganz große Befragung, weist aus, dass fast jeder zweite Einelternhaushalt, Alleinerziehende mit ihren Kindern, armutsgefährdete Personen beinhaltet. Es ist heute schon gesagt worden: 350 000 Kin­der, jedes fünfte Kind in diesem Land, sind armutsgefährdet.

Das ist ein Armutszeugnis für diese Bundesregierung, und ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie absolut nicht reagieren, Menschen, die in ihrer Existenz bedroht sind, nicht begleiten und keine Maßnahmen setzen, damit die Ausgrenzung, die damit verbunden ist, damit die Armutsgefährdung, die Armut, die damit verbunden ist, und dass dieses Stigma, dieser Stempel, den diese Menschen aufgedrückt bekommen, endlich, endlich beseitigt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für niemanden außer für die Ölkonzerne ist diese Zeit, dieser schreckliche Krieg jetzt wirklich das absolut Positive. Die machen die fettesten Gewinne ever, und der Preisdeckel der Wirtschaftsministerin lässt auf sich warten. Ab 1. April drohen Mieterhöhungen, weil Sie nicht tätig werden. Viele können sich die Mieten nicht mehr leisten. Warum stoppen Sie die nicht? Die Sozialleistungen gehören nicht immer wieder mit Einmalzahlungen adaptiert, wobei man den Bonus, den man mit der Post bekommt, dann noch einlösen muss. Man hofft darauf, dass die, die viel verdienen, ihn nicht einlösen. Das alles sind Schildbürgerstreiche, die einer Regie­rung eigentlich nicht würdig sind. (Beifall bei der SPÖ.)


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Genauso müsste die Pensionserhöhung vorgezogen werden. Daher stimmen wir dem Antrag der Freiheitlichen zu, die 4-prozentige Pensionsanpassung jetzt zu machen. Wir fordern das schon länger. Sie muss vorgezogen werden.

Im Übrigen, Herr Sozialminister, beenden Sie bitte endlich das Coronachaos! Es kennt sich kein Mensch mehr aus, und das wird uns nicht helfen. Das Impfen ist am Nullpunkt angelangt, und wir gefährden damit die Gesundheit von noch mehr Menschen, wenn da nichts passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

14.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


14.41.48

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Hei­nisch-Hosek! Auch wenn Sie noch öfter wiederholen, dass nichts passiert ist und nichts passiert – die Aussage wird deswegen nicht richtiger. Ich sage es immer wieder, ich sage es mit vollster Überzeugung und ich sage es auch gerne, weil wir nämlich tatsäch­lich etwas tun, etwas getan haben und auch weiter tun werden, weil das große Problem der Teuerung, der Inflation, der steigenden Energiepreise natürlich etwas ist, das insbe­sondere die einkommensschwächeren Gruppen, die PensionistInnen, die Mindestsiche­rungsbezieherInnen, Menschen in Arbeitslosigkeit und NiedrigverdienerInnen beson­ders stark spüren. Das wissen wir alle. Wir müssen sicherstellen und wir müssen alles tun, damit sich die Menschen, die wirklich von der Teuerung besonders stark betroffen sind, ihre täglichen Aufwendungen, ihre Lebenshaltungskosten auch leisten können. Wir müssen sie dabei bestmöglich unterstützen und ihnen bestmögliche Hilfe bieten. Darum haben wir auch bereits – und das tatsächlich ziemlich früh, nämlich bereits im Dezember beginnend – entsprechende Pakete geschnürt, wir haben ein erstes Paket und ein zwei­tes Paket geschnürt.

Das erste Paket hat insbesondere darauf abgezielt, dass genau diese besonders vulne­rablen Gruppen, genau die, die es besonders stark trifft, die wirklich das Problem haben, was sie sich noch leisten können, ob sie sich das Essen noch leisten können oder die Gasrechnung bezahlen müssen, besonders unterstützt werden. Und die Leistungen wer­den auch bereits ausbezahlt, die ersten 150 Euro für arbeitslose Menschen sind bereits überwiesen worden, und es werden demnächst die Gelder für die StipendienbezieherIn­nen überwiesen und auch für die PensionistInnen, für die MindestpensionistInnen und für alle anderen, für die wir diesen 300-Euro-Teuerungsausgleich beschlossen haben. Das sind 300 Euro für die Gruppen, die das Geld tatsächlich dringend und möglichst rasch brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt: Was war noch in diesem Paket drinnen? Das wird immer wieder aus­geblendet: Wir haben glücklicherweise im Unterschied zu anderen Ländern wie Deutsch­land beispielsweise eine Steuerreform beschlossen, eine Steuerreform, die insbeson­dere auch unteren Einkommensgruppen zugutekommt, mit dem Sozialversicherungsbo­nus, mit dem erhöhten Pensionistenabsetzbetrag und Leistungen, die wir vorgezogen haben, um der Teuerung entgegenwirken zu können. Wir haben den Klimabonus, der für das ganze Jahr ausbezahlt wird, für das ganze Jahr gilt, obwohl erst im zweiten Halb­jahr die CO2-Steuer einsetzt. Auch das stärkt die Haushalte.

Wenn man sich dieses ganze Bündel insgesamt anschaut – und ich habe mir das ange­schaut –, werden insbesondere PensionistInnenhaushalte jetzt auch mit der Senkung der Energieabgaben um 400 bis 500 Euro entlastet; jene Haushalte, die Mindestpension beziehen, sogar um 700 bis 800 Euro, und das allein aufgrund der Antiteuerungsmaß­nahmen.


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Dazu kommt noch, und das freut mich schon besonders, dass endlich auch manche Bundesländer nachgezogen und ihre Sozialleistungen entsprechend umgestellt, intensi­viert oder erhöht haben. Ich möchte Tirol lobend erwähnen, das jetzt einen Energiekos­tenzuschuss beschlossen hat; 250 Euro zusätzlich zu einem bereits hohen Heizkosten­zuschuss von 250 Euro, das heißt, die bekommen bis zu 500 Euro. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Kollege Wurm lacht. Er weiß offensichtlich nicht, was 500 Euro für einkommensschwa­che Haushalte bedeuten. Ich weiß das noch, denn ich habe auch einmal studiert und vom Stipendium gelebt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben in Salzburg beispielsweise eine Erhöhung der Mindestsicherung, der Sozial­hilfe pro Kind um monatlich 39 Euro, und wir haben in Wien – und auch das möchte ich lobend erwähnen – jetzt de facto eine Erhöhung des Teuerungsausgleichs um 200 Euro zusätzlich. Ja, das sind Leistungen, die ganz wunderbar, ganz wichtig und zentral sind. Und ich würde dringend bitten, dass insbesondere auch in dem Land, das die FPÖ mitregiert, in Oberösterreich, endlich auch entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, um die Ärmsten der Armen, diejenigen, die das Geld wirklich brauchen, entsprechend zu unterstützen. Es ist höchste Zeit. Schaut euch die genannten Beispiele an und folgt ihnen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.45


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belako­witsch. – Bitte.


14.46.04

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Kollege Koza, wir sind im österrei­chischen Parlament! Es geht darum, was die Bundesregierung macht, wie die Bundes­regierung den Bürgern angesichts dieser Teuerung hilft, die wir erleben. Die gibt es schon länger, als der Krieg dauert. Schon Ende letzten Jahres war nämlich absehbar, dass die Energiepreise explodieren werden. Was, Herr Kollege Koza, hat diese Bundes­regierung tatsächlich gemacht? (Zwischenruf des Abg. Koza.)

Sie haben die Pensionisten erwähnt.1,8 Prozent Pensionserhöhung! Und da reden Sie irgendetwas davon, dass Sie auf die Ärmsten der Armen geschaut hätten?! Jemand, der 1 300 Euro Pension brutto bezieht, das sind in etwa 1 150 Euro netto, der hat von dieser Bundesregierung 1,8 Prozent Erhöhung bekommen. Das, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ist nicht sozial, sondern ein Im-Stich-Lassen der Pensionistinnen und Pensionisten gewesen. Wir haben damals schon gewusst, dass die Inflationsrate in die Höhe schnellen wird, und sie ist schon um den Jahreswechsel bei etwa 3 Prozent ge­legen, meine Damen und Herren. Da hätte man hinschauen und handeln müssen, und nicht erst im Nachhinein sagen: Da geben wir einmal da 100 Euro und da 150 Euro und dann schicken wir etwas mit der Post und dann machen wir dort und dann machen wir da.

Das sind Almosen, die Sie verteilen. Sie möchten die Bürger zu Abhängigen machen, die dann jedes Mal Danke sagen. Das ist ein ganz anderer Weg als der, den wir gehen wollen. Wir wollen den Bürgern nämlich nachhaltig helfen, wenn es um die Teuerung geht. Und daher braucht es jetzt noch einmal eine Pensionserhöhung, nämlich 4 Pro­zent. Das ist ja ohnehin schon wieder überholt, und selbst mit 4 Prozent ist ein Realein­kommensverlust für Pensionisten gegeben, aber es wäre immerhin mehr als das Doppel­te von dem, was Sie den Pensionisten gönnen, meine Damen und Herren von der Bun­desregierung.

Das ist das, was wir so kritisieren. Sie schauen zu, seit Monaten schauen Sie zu. Der Spritpreis geht in unendliche Höhen hinauf, und die Bundesregierung sitzt da, ver­schränkt die Arme und sagt: Vielleicht sollte die Wettbewerbsbehörde etwas tun. Wo ist


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denn die Wirtschaftsministerin gewesen? Warum hat sie denn nichts gemacht? Warum wird denn die CO2-Steuer nicht für mindestens zwei Jahre ausgesetzt, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei? Ist das wirklich ein Thema für sie, dass das so wichtig ist, dass ab 1. Juli noch einmal 20 Cent pro Liter auf den Spritpreis draufkommen, nur weil das die Grünen wollen? Ist das wirklich Politik im Sinne der Bür­ger in diesem Land? Im Sinne der Pendler? Die können sich dann im Lohnsteueraus­gleich nächstes Jahr irgendwann eine erhöhte Pendlerpauschale holen. Das kann doch nicht das sein, womit man den Bürgern tatsächlich hilft.

Die Leute brauchen jetzt sofort Hilfe. Wie schaut es denn aus bei den Familien, bei den AlleinerzieherInnen, bei den Müttern, bei jenen, die Kindergeld beziehen? Wann war denn da die letzte Erhöhung? Ich höre nichts von der Regierung, da kommt nichts. Bei Lebensmitteln irgendetwas, macht man da etwas mehrwertsteuermäßig? Ich höre nichts, da kommt nichts von dieser Bundesregierung. Die Bürger werden schlicht und einfach im Stich gelassen, meine Damen und Herren! Und wann immer ein Antrag der Opposition kommt, wird er abgelehnt, wird drübergefahren, wird er lächerlich gemacht. Wir machen ohnehin so viel!, das ist dann die Antwort.

Allein die Bürger spüren es nicht, die sind verzweifelt. Jetzt kommen die Abrechnungen, die Nachforderungen bei den Gas- und Stromkosten. Die Leute wissen nicht, wie sie das bezahlen sollen. Und hier herinnen herrschen gähnende Leere und Schweigen. Es kommt von dieser Bundesregierung nichts!

Herr Sozialminister, vielleicht nehmen Sie sich auch einmal die Zeit, Sozialpolitik zu ma­chen. In der Coronapolitik sind Sie ja, das haben Sie bewiesen, noch ärger als Ihre bei­den Vorgänger. Das Chaos ist explodiert. Eine Verordnung, die großspurig am Sonntag angekündigt wird, kommt nicht. Oder doch? Man weiß es nicht. Also Coronapolitik kön­nen Sie nicht. Lassen Sie es bleiben, wir brauchen sie eh nicht mehr! Vielleicht können Sie Sozialpolitik.

Schauen Sie bitte hin, wie die Lebensbedingungen vieler Menschen in unserem Land sind! Helfen Sie bitte jetzt und bringen Sie auch Ihre Fraktion einmal dazu, dass sie wieder hinschaut, dass es Sozialpolitik gibt, die diesen Namen auch verdient, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Als Freiheitliche Partei, die wir hier viele Anträge eingebracht und auch die Petition „Kos­tenlawine stoppen“ im Internet gestartet haben, nämlich auf stopp.kostenlawine.at, werden wir uns auch in den nächsten Wochen und Monaten immer dafür einsetzen, dass jetzt endlich gehandelt wird!

Es braucht eine Senkung der Mehrwertsteuer auf die Energie, es braucht eine Senkung der Mehrwertsteuer auf die Lebensmittel! (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Es braucht dringend einen Beschluss, dass diese unselige CO2-Steuer aus dieser ökosozialen Steuerreform ausgesetzt wird, meine Damen und Herren, damit die Bürger wieder ein bisschen mehr Hoffnung schöpfen können, dass sie sich das Leben leisten können! (Beifall bei der FPÖ.)

14.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger. – Bitte.


14.51.19

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Kollege Koza hat die Zeit ausreichend genützt. Ich habe zu wenig Zeit, um alles aufzuzählen, was diese Regierung alles gemacht hat. Kollege Koza ist zu Recht diesem etwas peinlichen Sozialpopulismus, der hier von einigen geboten wird, entgegengetre­ten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)


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Ich, meine Damen und Herren, beschäftige mich mit einem anderen Thema, das uns tatsächlich durchaus beschäftigt und auch zu Recht von einigen Kollegen aufgegriffen worden ist. Quer durch alle Ausschüsse, egal, ob sie zuständig sind oder nicht, wird jetzt die Kreditvergabe für Pensionisten thematisiert.

Wir haben ein kleines Problem, bestehend aus einer Kreuzung zwischen Konsumenten­schutz und Bankenregelung. Wir haben vor einigen Jahren ein Verbraucherkreditgesetz beschlossen, mit dem wir den Verbraucher schützen wollten und den Banken aufge­tragen hatten, ganz genau zu untersuchen, was denn die Voraussetzungen für eine Kre­ditvergabe sind.

Gleichzeitig ist man infolge der Bankenkrise 2008 auf europäischer Ebene, aber auch auf nationaler Ebene darangegangen, das Bankgeschäft zu regulieren. Und immer wenn Dinge auf beiden Seiten gut gemeint sind, kann man sie auch oben drüberdrehen; dann kann man sie so weit bringen, dass sie sich gegen den Zweck richten.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde, die Europäische Zentralbank und andere Ins­titutionen auf europäischer Ebene kommen und sagen, die Banken dürfen keine Kredite mehr vergeben, und wenn, dann müssen sie sie mit so vielen Sicherheiten unterlegen, dass es faktisch unmöglich wird, einem mittelalterlichen bis älteren Menschen, der über kein besonderes Vermögen oder hohes Einkommen verfügt, einen Kredit zu geben.

Die FMA in Österreich schreibt eins zu eins das ab, was auf europäischer Ebene von gewissen Lobbyorganisationen wie der Baselgruppe den Banken aufgetragen wird; und am unteren Ende ist der Konsument, der geschützt werden soll, derjenige, gegen den sich das Gesetz richtet. (Beifall und Zwischenruf des Abg. Wurm.) Man kann die Dinge so weit übertreiben. Man kann den Konsumentenschutz so missinterpretieren und so stark machen, dass er sich gegen den Geschützten wendet.

Hier werden wir, glaube ich, gemeinsam, meine Damen und Herren, versuchen müssen, a) das Gesetz entsprechend anzupassen. Ich spreche vom Verbraucherkreditgesetz. Andererseits werden wir als Österreich den europäischen Institutionen auch klar sagen müssen, dass wir diese Form der Regulierung, die in manchen Bereichen einfach unsin­nig ist, wieder aufheben. Sonst geht es uns am Ende wie dem berühmten Zauberlehrling:

„Herr, die Not ist groß!

Die ich rief, die Geister

werd ich nun nicht los.“

Daher, meine Damen und Herren, müssen wir gemeinsam zaubern, dass die Pensionis­ten wieder zu ihrem Kredit kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wurm. – Abg. Wurm: ... EU-Reden ... habe ich nie gehört!)

14.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


14.54.31

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt sechs verschiedene Wünsch-dir-was-Anträge von Rot und Blau in einer Debatte. Da ist alles Mögliche dabei: ein 1 000-Euro-Gutschein für alle, eine 4-prozentige Pensionserhöhung sofort, ein Treibstoffpreisdeckel, ein Energiepreisstopp, eine Inflationsbremse und vieles mehr, also wirklich alles von al­lem für alle.

Diesen Anträgen von Rot und Blau liegt ein gewaltiges Missverständnis zugrunde, dem diese beiden Parteien gemeinsam unterliegen. Sie glauben nämlich, der Staat könnte alles auffangen. Das geht aber deshalb nicht, weil der Staat ja die Gemeinschaft der


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Steuerzahler ist (Zwischenruf bei der SPÖ), und die Gemeinschaft der Steuerzahler kann sich ja nicht ständig selbst auffangen. Das funktioniert nicht.

Die Gemeinschaft der Steuerzahler kann nicht alle Schwierigkeiten, die im Leben pas­sieren, für alle auffangen. Es ist die Aufgabe der Gemeinschaft, auf die zu schauen, die nicht auf sich selbst schauen können, absolut, aber man kann nicht allen alles abfedern, weil irgendjemand am Schluss immer zahlen muss.

Die hohe Inflation, die wir aktuell erleben, ist ja nur zu einem kleinen Teil Folge der Ukrainekrise. Wenn wir etwa jetzt lesen, dass die Immobilienpreise um 12 Prozent gestiegen sind, dann ist es nicht die Ukrainekrise, die die Immobilienpreise nach oben treibt, sondern das ist die Folge von jahrelanger Geldschwemme durch die Europäische Zentralbank.

Die EZB hat das deswegen gemacht, weil sie marode, aufgrund von populistischen Poli­tikergeschenken hochverschuldete Staaten aus der Misere retten will. Die Bürger zahlen jetzt dafür in Form von Inflation. Also die Geschenke aus Steuergeld, die Geschenke von populistischen Politikern müssen jetzt in Form von Inflation bezahlt werden.

Eines müsste eigentlich klar sein: Wir können nicht auf Dauer mehr konsumieren, als wir an realen Werten produzieren. Das ist aber viel zu lange passiert. Es müsste auch klar sein, dass wir uns nicht mit der Notenpresse in den Wohlstand drucken können, indem wir sagen: Dann machen wir halt höhere Pensionen. Das funktioniert so nicht.

Seriöse Oppositionsarbeit würde so aussehen, dass man Dinge beantragt, die man selbst auch umsetzen würde, wenn man in der Regierung wäre. Was Rot und Blau heute liefern, ist aber billigster Bassenapopulismus. Das ist einfach das Unterste vom Unters­ten! Das hat mit Oppositionsarbeit nichts zu tun, das ist einfach nur noch zum Genieren. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie der Abg. Fischer. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.57


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Johannes Rauch das Wort. – Bitte, Herr Minister.


14.57.27

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vielleicht zunächst anknüpfend an Sie, Kollege Loacker, und auch an die Vorredner und Vorrednerinnen, eine Bemerkung, bevor ich auf die Teuerung zu sprechen komme: Eines ist schon klar: Österreich ist auch deshalb gut durch die letzten beiden Jahre gekommen und auch gut aufgestellt, was Armut und Ar­mutsbekämpfung angeht, weil wir ein funktionierendes Sozialstaatsmodell haben. Das ist über die Jahre erstritten worden, auch in diesem Haus beschlossen worden, auch von der Sozialpartnerschaft, die oft gescholten wurde, hochgehalten worden, und das ist gut so. Das haben andere europäische Staaten abgeschafft und verloren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Das ist die Basis von Armutsbekämpfung und Wohlstandssicherung, und das sollten wir nicht vergessen. Da stehen wir im internationalen Vergleich gut da. Da breche ich, das sage ich auch dazu, eine Lanze für die Sozialpartnerschaft. Die wird ja oft irgendwie – wie soll ich sagen? – als Nebenregierung dargestellt. Ich halte das für eine gute Form des Dialogs und der Miteinbindung, auch wenn die Forderungen manchmal überschie­ßend sind.

Also gestern sind uns Forderungen präsentiert worden, die haben meiner überschlags­mäßigen Rechnung nach etwa 15 Milliarden Euro betragen. Man kann darüber diskutie­ren, ob und wie man das finanzieren kann, aber ich stehe dazu: Das österreichische Sozialstaatsmodell ist ein gutes und bewahrt uns davor, dass Armut sich flächendeckend ausbreitet.


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Zu den Maßnahmen: Ich weiß schon, dass Ihnen alles zu langsam ist, zu wenig weitrei­chend, was die Armutsbekämpfung angeht; aber es ist auch nicht so, dass die Bundes­regierung nichts gemacht hat. Kollege Koza hat es aufgezeigt: Es sind in Summe, wenn man die Maßnahmen seit dem letzten Jahr zusammenzählt, etwa 5 Milliarden Euro, die lockergemacht worden sind. 5 Milliarden Euro, meine Damen und Herren, waren auch zu Zeiten einer großen Koalition eine Steuerreform, und zwar eine ziemlich maßgebliche Steuerreform vom Volumen her. Da hat man schon davon gesprochen, dass das ganz ordentlich ist, dass das gestemmt werden kann.

Nun weiß ich auch, dass Inflation, Inflationsbekämpfung nicht ausschließlich dadurch bewältigt werden kann, dass der Staat das auffängt. Das geht sich ökonomisch nicht aus. Auch ich als Sozialpolitiker muss sagen, das geht sich ökonomisch nicht aus. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Wenn man sich ein bisschen die Marktmechanismen, die dahinter liegen, anschaut, muss man halt auch wissen, dass dort Gewinne lukriert werden, die gar nicht – wie soll ich sagen? – durch direkte Eingriffe oder Ersatzzahlungen des Staates steuerbar sind; das ist klar.

Wo wir etwas gemacht haben und wo wir treffsicher sind, das ist bei den untersten Ein­kommen, bei den MindestsicherungsbezieherInnen, bei den BezieherInnen von Mindest­pensionen; da haben wir rasch und treffsicher geholfen.

Diese Auszahlungen laufen genau jetzt. Da hat die Bundesregierung bereits im letzten Jahr Maßnahmen gesetzt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Die Auszahlungen folgen heuer. Wir sind da auf einem guten Weg, und Sie können sich darauf verlassen, wir suchen entlang des Sozialpartnergipfels auch das Gespräch mit den Verbänden, um da allenfalls nachzubessern.

Ich bleibe dabei, die Bundesregierung hat rasch gehandelt, hat treffsicher gehandelt und muss sich da im internationalen Vergleich – und ich habe mir das sehr genau ange­schaut, auch in der Schweiz, auch in Deutschland, auch in Frankreich – nicht nur nicht verstecken, sondern hat, was die Höhe und die Treffsicherheit angeht, so glaube ich, Hervorragendes vorzuweisen. – Ich danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


15.01.14

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Seit den letzten Wochen ist das drängendste Thema für die Menschen in Österreich die massive Teuerung der Lebens­haltungskosten.

Für viele Menschen ist das Leben nicht mehr leistbar. Wir reden hier nicht von Lu­xusgütern, die man sich nicht mehr leisten kann, sondern es geht um Lebensmittel, es geht um die Miete, es geht um Strom- und Heizkosten. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Die Regierung hat einige Maßnahmen angekündigt, die jedoch für die Menschen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Unsere Anträge wurden ignoriert und wieder nicht aufgenommen. Die Hauptbetroffenen sind jene Menschen, die nur ein geringes Einkom­men haben, und dazu gehören auch die PensionistInnen.

Da gibt es keine Lösungsansätze der Regierung, ganz im Gegenteil: Die Regierung wei­gert sich, die Pensionen vorzeitig zu erhöhen. Ich möchte heute aber eine enorme Dis­kriminierung der PensionistInnen in unserer Gesellschaft aufzeigen – es geht da um


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2,4 Millionen Menschen in Österreich –, denn auch die PensionistInnen haben das Recht, ungehindert am sozialen und wirtschaftlichen Leben teilzuhaben. Es ist unglaub­lich, dass PensionistInnen keine Kredite bekommen, auch wenn sie ausreichend Sicher­heiten hätten und es wahrscheinlich wäre, dass diese Kredite wieder zurückgezahlt würden.

Wovon spreche ich im Konkreten? – Zum Beispiel vom Austausch der Ölheizung in ei­nem Einfamilienhaus eines Pensionisten oder vom Umbau zu einem barrierefreien Ba­dezimmer oder auch von der Anschaffung eines Treppenliftes. Das sind massive Kosten, die sich die wenigsten ohne Kredit leisten können. Leider vergeben die Banken aber keine Kredite an Menschen, die in Pension sind, obwohl Sicherheiten da wären.

Kollege Fürlinger hat vorhin schon die EU-Regelungen, die Baselabkommen der Banken und so weiter angesprochen. Überraschenderweise gibt es in Deutschland aber die Möglichkeit, dass Kredite für PensionistInnen, die Sicherheiten vorweisen können, ge­schaffen wurden. Warum ist das in Österreich nicht möglich? Wir brauchen hier nicht zu zaubern und den Zauberlehrling zu zitieren, wir brauchen nur zu beschließen und zu­zustimmen, nämlich unserem Antrag. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Antrag wurde von uns bereits im Konsumentenschutzausschuss eingebracht. Dort wurde er vertagt. Wir haben ihn im Sozialausschuss eingebracht, jetzt soll er wieder dem Konsumentenschutzausschuss zugewiesen werden, obwohl er dort bereits vertagt wurde. Das ist eine reine Verhinderungstaktik und zeigt, dass die Regierung für die Pen­sionistInnen absolut nichts tun will, sondern offensichtlich eben nur für Konzerne und Superreiche da ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden aber nicht müde, dafür einzutreten, dass diese Diskriminierung der Pen­sionistInnen beseitigt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte sehr.


15.04.17

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen! Die Ausführungen meiner Vorredner waren jetzt auch wieder sehr interessant, auch jene des Ministers. Herr Minister, ich hoffe, Sie sind jetzt nach wenigen Tagen oder Wochen noch nicht so demoralisiert, dass Sie sagen, Sie können als Sozialminister gegen diese Teue­rungswelle und gegen die sozialen Probleme nichts unternehmen. Da würde ich mir schon wünschen, dass Sie in Ihrer Funktion als Sozialminister alles und ein bisschen mehr tun, um den Menschen zu helfen, und nicht jetzt schon mehr oder weniger resig­nieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Loacker hat ja einen sehr interessanten Volkswirtschaftsvortrag gehalten, aller­dings war dann der Schlusssatz doch eher ein bisschen bösartig. Er hat die Vorschläge der Sozialdemokraten und der Freiheitlichen als „billigsten Bassenapopulismus“ – oder so in etwa – tituliert.

Wer sich die Anträge anschaut, weiß, dass das die Anträge wären, die die Bevölkerung von der Regierung erwartet. Da von der Regierung aber nichts kommt, müssen wir sie halt einbringen. Dann aber diese Anträge zu vertagen oder abzulehnen löst ja das Pro­blem der Menschen nicht.

Ich muss vielleicht zum letzten Ausschuss noch einmal ein paar Sätze sagen: Das war noch in der Faschingszeit, und es sind doch ein paar Äußerungen gefallen, die mich fast an den Karneval erinnert haben. Kollege Koza hat zum Beispiel gesagt, diese Bundesre­gierung aus ÖVP und Grünen steht weiter links als die aktuelle Bundesregierung in Deutschland. (Zwischenruf bei den Grünen.) So hat er das tituliert, und dann hat er das


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damit erklärt, dass er überhaupt nicht verstehe, warum da immer so quasi diese Jam­merei vorherrsche, weil diese Regierung in den letzten Wochen und Monaten so viel getan habe und die Bevölkerung mit irgendwelchen Schecks, Hilfsmaßnahmen und sonstigen Dingen überschüttet. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Er war also völlig verzwei­felt, weil er nicht verstanden hat, was die Problematik draußen ist.

Das ist vielleicht auch interessant: Beim Thema Energie hat Kollege Koza dann diese Maßnahme der Regierung, 10 Millionen Euro in Energieberatung zu stecken, als ganz toll verteidigt. Erklärt hat er es dann im Ausschuss so: Im Rahmen dieser Energiebera­tung soll man quasi in die Haushalte gehen und den Menschen erklären, wenn sie das Sofa, die Couch von der Heizung wegschieben, dann brauchen sie weniger zu heizen. Das sind diese Heiztipps, und das ist so quasi das, was die ÖVP und die Grünen jetzt offensichtlich den Menschen sagen, die mit Gaspreiserhöhungen von 30 Prozent, 40 Prozent, 50 Prozent konfrontiert sind.

Das ist einfach weltfremd, aber so agiert ihr, und das wird euch irgendwann, bald einmal hoffentlich, einholen, weil die Bevölkerung draußen die Probleme eben hat und ihr sie nicht löst, nicht einmal im Ansatz – Frau Kollegin Belakowitsch hat es gesagt –, von den Lebensmitteln bis zum Heizen, Energie, Treibstoff, und, und, und.

Sowohl wir als Freiheitliche als auch andere haben ganz konkrete Vorschläge gemacht, die eine Entlastung bringen würden: Reduzierung der Mehrwertsteuer, und, und, und. Das wischt ihr alles weg, und es kommt ein heißer Luftballon, wie es gestern erklärt wurde, und es heißt, das ist jetzt die Lösung für die galoppierende Inflation, und damit ist die Sache erledigt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Was ja auch interessant war: Vizekanzler Kogler hat die Bundeswettbewerbsbehörde thematisiert. Die werde er jetzt beauftragen, die solle einmal wegen der Konzerne schau­en, wer da die Milliarden verdient hat. Vielleicht nur zur Erinnerung, liebe Grüne: Ihr habt euch da von der ÖVP die Bundeswettbewerbsbehörde abnehmen lassen. Die sitzt jetzt bei Frau Kollegin Schramböck im Wirtschaftsministerium, und die soll das jetzt quasi kontrollieren. Wir haben als Freiheitliche alles getan, um das zu verhindern – das war einmal eine sehr gute Behörde –, die Grünen haben das aber unterstützt, und jetzt ist die Bundeswettbewerbsbehörde mehr oder weniger völlig kompetenzlos. Sie kann auch nichts machen. – Das nur zur Erklärung.

Auch bei den Pensionisten – wir haben ja einen entsprechenden Antrag im Konsumen­tenschutzausschuss eingebracht, und die Kollegen von der SPÖ haben es auch erklärt –, noch einmal: Das Thema ist da. Wenn man heute knapp über 55 oder 60 Jahre alt ist, bekommt man bei vielen Banken trotz guter Bonität keinen Kredit mehr.

Herr Fürlinger, deine Rede war ja sensationell. So eine EU-kritische Rede habe ich von der ÖVP noch nie gehört. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist eben genau diese Ge­schichte. Das heißt, die Regeln aus Brüssel – aber das erzählen wir seit Jahren oder Jahrzehnten – sind praxisfremd und helfen den Menschen nicht, sondern nur Konzer­nen. Das auch noch einmal, das habe ich schon mehrmals gesagt: Die großen Gewinner der Krisenjahre sind die Milliardäre dieser Welt. Die haben ihr Vermögen verdoppelt. Das ist ganz klar.

Wir stehen aber für eine soziale Marktwirtschaft, Herr Kollege Loacker, für eine soziale Marktwirtschaft und keinen Wildwestkapitalismus. Den hatten wir jetzt. (Abg. Loacker: Eine Staatsquote von 58 Prozent, hast du das vergessen?)

Herr Kollege Loacker, die Staatsverschuldung und dass die Milliardäre reicher und rei­cher werden, ist nicht die Schuld der Freiheitlichen. Das ist eben das, was das interna­tionale Universum sich so überlegt hat, und mit diesen Realitäten leben wir jetzt, Herr Loacker. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Loacker.) Nicht wir haben zur Notenbank


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gesagt: Geld pressen, Geld pressen! Das ist die Realität. Wir Freiheitliche stehen für eine soziale Marktwirtschaft.

Den Menschen muss geholfen werden, gerade jetzt. Es ist ja, bitte schön, nicht so schwie­rig, die Steuer auf Lebensmittel, auf Benzin, auf Gas, auf Strom zumindest befristet zu reduzieren. Das macht diese Regierung nicht. Ganz im Gegenteil: Die Grünen wollen ihre Religion mit der Ökosteuer und der CO2-Abgabe noch einmal vorantreiben. Das ist also vollkommen weltfremd. Ich kann nur hoffen, dass die Bürger bei den Wahlen irgend­wann diese Regierung und diese Konstellation abstrafen, weil Grüne und ÖVP leider so weitermachen werden, solange das nicht passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie gesagt, bitte schön, ich kann nur auffordern, sich diese Anträge, die jetzt sowohl von uns als auch von den Sozialdemokraten vorliegen, noch einmal von ÖVP-Seite anzu­schauen und den Menschen wirklich zu helfen. Das ist die Forderung. Ich hoffe, ihr könnt über euren Schatten springen und uns unterstützen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Koza zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.11.12

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wurm hat behauptet, ich hätte im Sozialausschuss irgendetwas von Sofaherumrücken, um es wärmer zu ha­ben, behauptet. Weiters hat Herr Abgeordneter Wurm behauptet, ich hätte im Sozialaus­schuss ernsthaft behauptet, diese Regierung wäre linker als jene in Deutschland. (Abg. Belakowitsch: Das stimmt auch! Das hast du auch gesagt! Wörtlich hast du es gesagt!) 

Ich berichtige tatsächlich: Von irgendwelchem Sofaherumgerücke, um Wärmegewinne in einer Wohnung zu erzielen, war nie die Rede, insbesondere von meiner Seite über­haupt nicht. Das ist frei erfunden.

Weiters habe ich darauf hingewiesen, dass die Entlastungspakete in Österreich aktuell deutlich höher ausfallen als in Deutschland (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), was freiheitliche MandatarInnen sich dazu hinreißen lassen hat, zu sagen: Na, die Regierung in Österreich ist ja linker als die in Deutschland! Das war der Fakt. So war es. Alles andere ist ein Scherz. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

15.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlege ich die Abstimmungen wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

15.12.3318. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1781/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1413 d.B.)

19. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das


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Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversi­cherungsgesetz geändert werden (1414 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2350/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz ge­ändert wird (1415 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2344/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 ge­ändert wird (1416 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 18 bis 21 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Bei Ihnen steht das Wort, Herr Abge­ordneter. Bitte sehr. (Abg. Belakowitsch: Die Abstimmungen? Wo sind die Abstimmungen?)


15.13.45

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 18 bis 21: Änderungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz betreffend neue Teststra­tegie.

Seit der vollmundigen Ankündigung der Bundesregierung über die Aufhebung von Coro­namaßnahmen sind die Infektionszahlen in Österreich gestiegen, ja, und nach den Lo­ckerungen sogar explodiert. Alle Expertinnen und Experten waren anderer Meinung, alle haben gesagt: Bei sinkenden Fallzahlen lockern, aber nicht bei steigenden Infektions­zahlen! (Abg. Belakowitsch: Die sinken eh!) Die Regierung hat dennoch diese Schutz­maßnahmen aufgehoben, hat die Impfpflicht ausgesetzt, und jetzt wollen Sie auch noch die kostenlosen Tests limitieren. (Abg. Gödl: Warst du gegen die Impfung? Hast du ge­gen die Impfung gestimmt? Hast du gegen die Impfung gestimmt?)

Die Zeche für dieses Missmanagement zahlen die Menschen, die zahlt das Personal in den Spitälern. Die Hilferufe sind nicht zu überhören. Wenn wir uns die Meldungen anse­hen – ganz aktuell aus den Pflegeeinrichtungen in Wiener Neustadt, in Baden, in Möd­ling –, dann sehen wir, dass diese Einrichtungen auf einen Notbetrieb umgestellt sind, Herr Gesundheitsminister, und all das nur deshalb, weil die Regierung viel zu früh gelo­ckert hat. (Abg. Belakowitsch: Nein, weil alle in Quarantäne sind!) Erst jetzt reagieren Sie und machen eine Maskenpflicht in Innenräumen – das ist eine Maßnahme, die schon viel früher hätte starten können –, um letztendlich erst jetzt eine Verordnung auf dem Tisch zu haben, nämlich die 121. Verordnung in den letzten zwei Jahren betreffend Co­ronamaßnahmen.

Genauso ist auch Ihre heutige sogenannte neue Teststrategie zu kritisieren. Da werden Gratistests limitiert. Maximal fünf Antigentests pro Monat sollen gratis sein. Weiters ha­ben Sie angekündigt, auch fünf weitere Gratis-PCR-Tests pro Monat anzubieten. Das alles erfolgt unter dem Titel neue Teststrategie.


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Ich sage Ihnen, das ist weder Fisch noch Fleisch. Warum? – Es geht sich für jene Men­schen, die tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen, mit diesem Angebot nicht aus, ihre Arbeit auszuführen. Diese Regelung ist nichts anderes als ein politischer Kompromiss zwi­schen Schwarz und Grün, sie ist aber keine Lösung für die Zukunft und sie ist dement­sprechend schon gar nicht praxistauglich.

Sie wollen weitere Gratistests für Menschen, die Pflegeheime oder Spitäler besuchen, anbieten. Sie wollen weitere Gratistests für Menschen, die Symptome haben, anbieten. Wie soll sich das alles aber mit fünf Tests plus fünf Tests ausgehen? Wie wollen Sie das erfassen, wie wollen Sie das dokumentieren, wie soll das transparent festgehalten wer­den?

Diese neue Teststrategie ist genauso undurchführbar, undurchsichtig und intransparent wie Ihre Impfpflicht, die Sie nun auf 31. Mai verschoben haben. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Man muss sich das alles noch einmal in Erinnerung rufen: Sie haben in einer Zeit mit 60 000 Infizierten, mit den höchsten Infektionszahlen, mit 3 300 SpitalspatientInnen, 230 auf Intensivstationen, die Maßnahmen gelockert.

Die eine Kommission hat gelockert, das war Gecko, die andere Kommission hat die Am­pel auf Rot gestellt, das war die Ampelkommission. Die Menschen, Herr Bundesminister, kennen sich nicht mehr aus. Was gilt ab wann? Da sind keine Strategie, keine Lösungen, kein Plan erkennbar. Seit zwei Jahren gibt es einen komplett unlogischen Zickzackkurs in der Pandemiebekämpfung.

Jetzt hören wir, dass Sie bei der neuen Covid-Medikamentenregelung ein weiteres Mal Unfähigkeit beweisen, wenn Sie 270 000 Dosen des Medikaments Paxlovid für Risiko­patienten bestellen, aber zu überhöhten Preisen, ohne geklärt zu haben, wie Sie die Verteilung durchführen wollen, ohne Einbindung der Profis von der Sozialversicherung, ohne Preisverhandlung.

Jetzt sollten nach Ihrem Vorschlag die Apotheken diese Medikamente verteilen, aber für jedes Packerl, das man über den Ladentisch schiebt, 15 Euro kassieren, und zahlen soll das die Sozialversicherung. Das ist nicht nur unfair, sondern das ist wirtschaftlicher und gesundheitspolitischer Pfusch, Herr Bundesminister.

Diese Regierung ist nicht fähig, irgendeine Krise zu bewältigen. Zum Schutz der Men­schen in Österreich bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „rasche Maßnah­men zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, zur Sicherung des Gesundheitssystems und zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung zu ergreifen.

Insbesondere müssen folgende Maßnahmen unverzüglich gesetzt werden:

- 2-G-Regel in der Gastronomie reaktivieren.

- Umfassendes Testsystem mit PCR und Antigen erhalten.

- Gezielte Impfanreize und Impfkampagnen durchführen, um die Durchimpfungsrate rasch zu erhöhen, damit wir gegen eine Welle im Herbst geschützt sind.“ (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 115

Herr Gesundheitsminister, lernen Sie bitte aus den Fehlern der letzten zwei Jahre dieser Bundesregierung. Nur so haben die Menschen eine Chance auf eine bessere Gesund­heitsversorgung und auf ein besseres Gesundheitssystem. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend rasche Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung

Eingebracht im Zuge der Debatte zu Antrag 1781/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1413 d.B.)

Die Corona-Situation ist dramatisch, die Bundesregierung verliert komplett die Kontrolle über die Ausbreitung des Virus. Fast 60.000 Neuinfektionen, 3.000 Spitalspatient*innen, 220 auf Intensivstationen. 790 Corona-Tote in den letzten vier Wochen. 1.000 Schulklas­sen ohne Unterricht. Die Erstimpfungen gehen gegen Null.

Das Handeln dieser Bundesregierung folgt keiner Logik und wissenschaftlicher Evidenz. Die Konsequenz: Unsere Spitäler kommen stark unter Druck – das gefährdet die Ge­sundheit aller; Schulen und Kindergärten leiden stark unter Personalausfällen; Betriebe bekommen immer mehr Probleme, weil Personal ausfällt.

Auch im Bereich des Impfens geht nichts weiter. Impfen bleibt der Schlüssel in der Pan­demiebekämpfung. Derzeit sind die täglichen Impfungen fast zum Erliegen gekommen. Die Regierung versagt völlig.

Die Verantwortung dafür tragen der Bundeskanzler und der Gesundheitsminister. Sie lassen das Coronavirus nun wie die Teuerungswelle tatenlos durch Österreich durchrau­schen.

Wir fordern die Bundesregierung daher auf jetzt sofort zu handeln

Die Rückkehr der Maskenpflicht in Innenräumen, wovon sich der Gesundheitsminister jetzt doch überzeugen hat lassen, ist nur ein Teil der notwendigen Maßnahmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, zur Sicherung des Gesundheitssystems und zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung zu ergreifen.

Insbesondere müssen folgende Maßnahmen unverzüglich gesetzt werden:

•     2-G-Regel in der Gastronomie reaktivieren.

•     Umfassendes Testsystem mit PCR und Antigen erhalten.

•     Gezielte Impfanreize und Impfkampagnen durchführen, um die Durchimpfungsrate rasch zu erhöhen, damit wir gegen eine Welle im Herbst geschützt sind.“

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 116

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ribo. Bei ihr steht das Wort. – Bitte.


15.19.51

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In den TOPs 18 bis 21 sprechen wir über Gesundheitsthemen, die im letzten Sozialausschuss behandelt wur­den. Alle Abänderungsanträge, die ich heute hier einbringen werde und die auch ausge­teilt wurden, stehen im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung. Ein großer Teil der Inhalte betrifft die adaptierte beziehungsweise neue Teststrategie, das heißt die Um­stellung von Massentests auf spezifisches Testen.

Nicht alle Teile dieser neuen Teststrategie brauchen gesetzliche Änderungen, es gibt auch Teile, die über Verordnungen geregelt werden, zum Beispiel die PCR-Testungen. Ich erinnere da noch einmal: Die PCR-Testungen gehören zum Screeningprogramm der Länder, das heißt, sie stehen in Verantwortung der Länder, und ich gehe davon aus, dass die Länder diese Verantwortung beziehungsweise diese Aufgabe auch überneh­men werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich bringe jetzt den Abänderungsantrag zu TOP 18 der Abgeordneten Dr. Josef Smol­le, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 1781/A, mit dem das All­gemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, ein.

Ich bringe auch den Abänderungsantrag zu TOP 19 der Abgeordneten Dr. Josef Smol­le, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden sollen, ein.

Ganz kurz zu den Inhalten der zwei Anträge: Mein Vorredner, Kollege Muchitsch, hat ja schon gesagt, da geht es um die fünf Gratis-Antigentests – besser bekannt als Wohnzim­mertests –, die weiterhin in Apotheken vergeben werden und abzuholen sind. Die Ände­rungen zur Ausschussversion betreffen die Altersgrenze, also es gibt jetzt keine Alters­grenze. Das heißt, die Tests gibt es für alle Versicherten und Mitversicherten, unabhän­gig vom Alter.

Neu im Vergleich zur Ausschussversion ist auch die Regelung über die Vergabe des Covid-Medikaments Paxlovid. Apotheken bekommen – auch schon erwähnt – von den KV-Trägern 15 Euro für die Abgabe der Medikamente. Wir haben auch immer verspro­chen, dass wir, wenn es Medikamente zur Covid-Bekämpfung gibt, sie der breiten Bevöl­kerung niederschwellig zugänglich machen möchten. Das wird hiermit getan. Diese Re­gelungen gelten vorerst bis 30. Juni und können natürlich dann per Verordnungsermäch­tigung bis längstens Jahresende verlängert werden.

*****

Zu TOP 20 – ich muss einmal schauen, dass ich da Ordnung hineinbringe (in den Unter­lagen blätternd) – bringe ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 2350/A, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird, ein.

Da geht es eben darum, dass Personen, die aus Elga herausoptiert haben, auch diese Gratistests bekommen beziehungsweise dass das, wie bis jetzt geregelt, über Gutschei­ne laufen soll. ÄrztInnen und Rechtsanwälte können auch die fünf Gratistests bekom­men, natürlich unter der Voraussetzung, dass sie sich eine E-Card zulegen. Damit dies


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 117

möglich ist, wurde zwischen den Kammern und der E-Card-Agentur auch bereits ver­handelt und es wurden Verträge abgeschlossen.

*****

Lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zu der neuen Teststrategie sagen. Es war immer klar, dass es im Zuge der Pandemie unterschiedliche Entwicklungen geben wird und dass auch bestimmte Angebote an die Entwicklungen angepasst werden müssen, so auch zum Beispiel das Testangebot. Bereits unter Minister Mückstein hat man angekün­digt, dass wir das Testen adaptieren müssen – was wir jetzt auch machen.

Noch einmal: Das Testen wird nicht ganz heruntergefahren. Ein Testen ist weiterhin möglich. Es ist ganz wichtig, dass man das hier sagt: Ein Testen ist weiterhin möglich. Ein Grundangebot ist weiterhin da. Wir fahren das Testsystem etwas zurück, aber es kann jederzeit, wenn die Notwendigkeit da ist, ohne viel Vorlaufzeit wieder mehr getestet werden und das System kann wieder ganz hochgefahren werden.

Noch ein Punkt ist mir wichtig: Freitesten, behördliches Testen, Testen bei Symptomen ist weiterhin möglich und hat mit diesen fünf oder zehn Gratistests nichts zu tun. Auch in jenen Bereichen, in denen vulnerable Gruppen vorkommen – Pflegeheime, Krankenhäu­ser –, ist Testen weiterhin möglich, das hat auch nichts mit diesen fünf Gratistests zu tun. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Zusammengefasst: Es braucht niemand – wirklich niemand – Angst zu haben, dass man nicht getestet werden kann. Ein Grundan­gebot ist da.

Ich weiß, man kann es nicht oft genug sagen, und auch nach zwei Jahren sage ich es immer und immer wieder und werde nicht müde, es hier zu sagen: Impfen ist nach wie vor der beste Schutz gegen Covid. Ich bitte wirklich alle Personen, die sich bis jetzt noch nicht haben impfen lassen, dies zu tun. Lassen Sie sich bitte impfen!

Noch einen Satz zu Ihnen, Kollege Muchitsch (Zwischenruf des Abg. Loacker), weil Sie auch immer von unserer Impfpflicht sprechen: Ich erinnere noch einmal daran, es ist nicht meine Impfpflicht, es ist nicht unsere Impfpflicht, es ist die Impfpflicht von allen Parteien hier im Parlament außer der FPÖ. Wir alle zusammen haben diese Impfpflicht beschlossen. – Danke noch einmal. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

15.26

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner

und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1781/A der Ab­geordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1413 d.B.) (TOP 18)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

a) Die Z 2 lautet:

»2. Nach § 742a werden folgende §§ 742b und 742c samt Überschriften eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 118

„SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung

§ 742b. (1) Die öffentlichen Apotheken sind für die Dauer der durch die WHO ausgeru­fenen COVID-19-Pandemie berechtigt, auf Rechnung des Krankenversicherungsträgers SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung an bezugsberechtigte Personen abzu­geben.

(2) Bezugsberechtigt sind alle nach diesem Bundesgesetz krankenversicherten Perso­nen und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen. An jede bezugsberechtigte Person darf pro Monat eine Packung zu fünf Stück abgegeben werden.

(3) Der Krankenversicherungsträger hat pro abgegebener Packung ein pauschales Ho­norar in Höhe von zehn Euro zu bezahlen. Zuzahlungen der bezugsberechtigten Perso­nen sind unzulässig. Der Bund hat dem Krankenversicherungsträger die daraus resul­tierenden Aufwendungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen.

(4) Der Krankenversicherungsträger ist im übertragenen Wirkungsbereich unter Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz tätig.

Honorar für die Abgabe von COVID-19-Heilmitteln

§ 742c. Der Krankenversicherungsträger hat den öffentlichen Apotheken für die Abgabe eines vom Bund zur Verfügung gestellten und finanzierten Heilmittels zur Behandlung von COVID-19 ein pauschales Honorar in Höhe von 15 Euro zu bezahlen. Abweichend von § 30b Abs. 1 Z 4 drittletzter Satz bedarf die Verschreibung eines solchen Heilmittels nicht der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes.“«

b) Die Z 4 lautet:

»4. Nach § 767 wird folgender § 768 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2022

§ 768. (1) § 742b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit 9. April 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft. Dauert die COVID-19-Pandemie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so kann der Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verord­nung das Außerkrafttreten bis längstens 31. Dezember 2022 verschieben.

(2) § 742c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt rückwirkend mit 21. März 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. September 2022 außer Kraft.“«

Begründung

Zu Z 2 und 4 (§§ 742b samt Überschrift sowie 768 ASVG):

Durch den gegenständlichen Abänderungsantrag in 2. Lesung soll der Kreis der Perso­nen, die SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung nach § 742b ASVG beziehen dürfen, dahingehend erweitert werden, dass die Beschränkung auf bestimmte Geburts­jahrgänge entfällt.

Die Maßnahme ist vorläufig bis Ende Juni 2022 befristet. Dauert die COVID-19-Pan­demie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so wird dem Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Befugnis eingeräumt, durch Verordnung. das Außerkrafttreten bis längstens 31. Dezember 2022 zu verschieben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 119

Zu Z 2 (§ 742c ASVG samt Überschrift):

Der Einsatz von Heilmitteln zur Behandlung von COVID-19 ist nach medizinischer Exper­tise auch im niedergelassenen Bereich möglich und zweckmäßig. Die Heilmittel sollen bei Patientinnen und Patienten, die positiv auf COVID-19 getestet wurden und ein er­höhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, zur Anwendung kommen. Dabei handelt es sich um Krankenbehandlung, die Teil des krankenversicherungsrechtli­chen Leistungsanspruchs gegenüber der Österreichischen Gesundheitskasse ist. Die Abgabe der Heilmittel ist im niedergelassenen Bereich in den öffentlichen Apotheken vorgesehen. Aufgrund der zentralen Beschaffung und Finanzierung der Heilmittel durch den Bund kann bezüglich der Abgeltung der Leistungen der öffentlichen Apotheken bzw. des Großhandels nicht auf die üblichen Preisbildungsmechanismen (zB Arzneimittel­taxe, Regelungen des Erstattungskodex) zurückgegriffen werden, weshalb sich für die­sen Sonderfall die Notwendigkeit der Schaffung einer eigenen rechtlichen Grundlage ergibt. Im gegenständlichen Sonderfall soll überdies keine Genehmigung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst des Krankenversicherungsträgers vorgesehen werden.

Dieses pauschale Honorar beträgt 15 Euro für jedes abgegebene Heilmittel und umfasst die Kosten für die Distribution durch den Großhandel sowie den gesamten logistischen Aufwand bis hin zu Beratung und Abgabe. Im Hinblick darauf, dass es sich – wie oben dargestellt – bei der Abgabe der Heilmittel um Krankenbehandlung im sozialversiche­rungsrechtlichen Sinn handelt, sind die Honorare durch die Österreichische Gesund­heitskasse zu tragen. Eine Rezeptgebühr ist nicht einzuheben, da es sich nach § 136 Abs. 4 ASVG um die Behandlung einer anzeigenpflichtigen übertragbaren Krankheit handelt.

*****

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner

und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1414 d.B.) (TOP 19)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz ge­ändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

 Artikel 1

Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz – GSVG, BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt ge­ändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 380a werden folgende §§ 380b und 380c samt Überschriften eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 120

„SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung

§ 380b. (1) Die öffentlichen Apotheken sind für die Dauer der durch die WHO ausgeru­fenen COVID-19-Pandemie berechtigt, auf Rechnung der Sozialversicherungsanstalt SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung an bezugsberechtigte Personen abzu­geben.

(2) Bezugsberechtigt sind

        1.  alle nach diesem Bundesgesetz krankenversicherten Personen,

        2.  die Personen nach § 5 Abs. 1 Z 1,

        3.  sowie die anspruchsberechtigten Angehörigen der Personen nach Z 1 und 2.

An jede bezugsberechtigte Person darf pro Monat eine Packung zu fünf Stück abgege­ben werden.

(3) Die Sozialversicherungsanstalt hat pro abgegebener Packung ein pauschales Hono­rar in Höhe von zehn Euro zu bezahlen. Zuzahlungen der bezugsberechtigten Personen sind unzulässig. Der Bund hat der Sozialversicherungsanstalt die daraus resultierenden Aufwendungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen.

(4) Die Sozialversicherungsanstalt ist im übertragenen Wirkungsbereich unter Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz tätig.

Honorar für die Abgabe von COVID-19-Heilmitteln

§ 380c. Die Sozialversicherungsanstalt hat den öffentlichen Apotheken für die Abgabe eines vom Bund zur Verfügung gestellten und finanzierten Heilmittels zur Behandlung von COVID-19 ein pauschales Honorar in Höhe von 15 Euro zu bezahlen. Abweichend von § 30b Abs. 1 Z 4 drittletzter Satz ASVG bedarf die Verschreibung eines solchen Heilmittels nicht der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes.“

2. Nach § 397 wird folgender § 398 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022

§ 398. (1) § 380b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit 9. April 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft. Dauert die COVID-19-Pandemie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so kann der Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Außerkrafttreten bis längstens 31. Dezember 2022 verschieben.

(2) § 380c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt rückwirkend mit 21. März 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. September 2022 außer Kraft.“

Artikel 2

Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes

Das Bauern-Sozialversicherungsgesetz – BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 374a werden folgende §§ 374b und 374c samt Überschriften eingefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 121

„SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung

§ 374b. (1) Die öffentlichen Apotheken sind für die Dauer der durch die WHO ausgeru­fenen COVID-19-Pandemie berechtigt, auf Rechnung der Sozialversicherungsanstalt SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung an bezugsberechtigte Personen abzu­geben.

(2) Bezugsberechtigt sind alle nach diesem Bundesgesetz krankenversicherten Perso­nen und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen. An jede bezugsberechtigte Person darf pro Monat eine Packung zu fünf Stück abgegeben werden.

(3) Die Sozialversicherungsanstalt hat pro abgegebener Packung ein pauschales Hono­rar in Höhe von zehn Euro zu bezahlen. Zuzahlungen der bezugsberechtigten Personen sind unzulässig. Der Bund hat der Sozialversicherungsanstalt die daraus resultierenden Aufwendungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen.

(4) Die Sozialversicherungsanstalt ist im übertragenen Wirkungsbereich unter Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz tätig.

Honorar für die Abgabe von COVID-19-Heilmitteln

§ 374c. Die Sozialversicherungsanstalt hat den öffentlichen Apotheken für die Abgabe eines vom Bund zur Verfügung gestellten und finanzierten Heilmittels zur Behandlung von COVID-19 ein pauschales Honorar in Höhe von 15 Euro zu bezahlen. Abweichend von § 30b Abs. 1 Z 4 drittletzter Satz ASVG bedarf die Verschreibung eines solchen Heilmittels nicht der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes.“

2. Nach § 391 wird folgender § 392 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022

§ 392. (1) § 374b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit 9. April 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft. Dauert die COVID-19-Pandemie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so kann der Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Außerkrafttreten bis längstens 31. Dezember 2022 verschieben.

(2) § 380c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt rückwirkend mit 21. März 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. September 2022 außer Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes

Das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2022, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 261a werden folgende §§ 261b und 261c samt Überschriften eingefügt:

„SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung

§ 261b. (1) Die öffentlichen Apotheken sind für die Dauer der durch die WHO ausgeru­fenen COVID-19-Pandemie berechtigt, auf Rechnung der Versicherungsanstalt SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung an bezugsberechtigte Personen abzugeben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 122

(2) Bezugsberechtigt sind alle nach diesem Bundesgesetz krankenversicherten Perso­nen und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen. An jede bezugsberechtigte Person darf pro Monat eine Packung zu fünf Stück abgegeben werden.

(3) Die Versicherungsanstalt hat pro abgegebener Packung ein pauschales Honorar in Höhe von zehn Euro zu bezahlen. Zuzahlungen der bezugsberechtigten Personen sind unzulässig. Der Bund hat der Versicherungsanstalt die daraus resultierenden Aufwen­dungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu ersetzen.

(4) Die Versicherungsanstalt ist im übertragenen Wirkungsbereich unter Bindung an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz tätig.

Honorar für die Abgabe von COVID-19-Heilmitteln

§ 261c. Die Versicherungsanstalt hat den öffentlichen Apotheken für die Abgabe eines vom Bund zur Verfügung gestellten und finanzierten Heilmittels zur Behandlung von COVID-19 ein pauschales Honorar in Höhe von 15 Euro zu bezahlen. Abweichend von § 30b Abs. 1 Z 4 drittletzter Satz ASVG bedarf die Verschreibung eines solchen Heil­mittels nicht der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes.“

2. Nach § 278 wird folgender § 279 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022

§ 279. (1) § 261b samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt mit 9. April 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft. Dauert die COVID-19-Pandemie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so kann der Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verord­nung das Außerkrafttreten bis längstens 31. Dezember 2022 verschieben.

(2) § 261c samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2022 tritt rückwirkend mit 21. März 2022 in Kraft und mit Ablauf des 30. September 2022 außer Kraft.““

Begründung

Im Gleichklang mit dem Abänderungsantrag in 2. Lesung zu 1781/A soll dessen Inhalt (Ausweitung des Kreises der für die SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung bezugsberechtigten Personen, Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Verlängerung der Bestim­mung bis Ende des Jahres 2022 sowie Honorar für die Abgabe von COVID-19-Heilmit­teln im öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken) auch in den Sondergeset­zen GSVG, BSVG und B-KUVG nachvollzogen werden.

Zu Art. 1 bis 3, jeweils Z 1 und 2 (§§ 380b GSVG, 374b BSVG sowie 261b B-KUVG):

Der Kreis der Personen, die SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung nach den §§ 380b GSVG, 374b BSVG sowie 261b B-KUVG beziehen dürfen, soll dahingehend erweitert werden, dass die Beschränkung auf bestimmte Geburtsjahrgänge entfällt.

Darüber hinaus sind künftig auch jene Personen bezugsberechtigt, die aufgrund eines entsprechenden Antrages der gesetzlichen beruflichen Vertretung nach § 5 Abs. 1 Z 1 GSVG von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen sind, sofern sie nicht ohnedies nach den Bestimmungen eines Bundesgesetzes krankenversichert sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 123

Die Maßnahme ist vorläufig bis Ende Juni 2022 befristet. Dauert die COVID-19-Pande­mie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so wird dem Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Befugnis eingeräumt, durch Verordnung. das Außerkrafttreten bis längstens 31. Dezember 2022 zu verschieben.

Zu Art. 1 bis 3, jeweils Z 1 (§§ 380c GSVG, 374c BSVG sowie 261c B-KUVG):

Der Einsatz von Heilmitteln zur Behandlung von COVID-19 ist nach medizinischer Exper­tise auch im niedergelassenen Bereich möglich und zweckmäßig. Die Heilmittel sollen bei Patientinnen und Patienten, die positiv auf COVID-19 getestet wurden und ein er­höhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, zur Anwendung kommen. Dabei handelt es sich um Krankenbehandlung, die Teil des krankenversicherungsrechtli­chen Leistungsanspruchs gegenüber dem Krankenversicherungsträger ist. Die Abgabe der Heilmittel ist im niedergelassenen Bereich in den öffentlichen Apotheken vorgese­hen. Aufgrund der zentralen Beschaffung und Finanzierung der Heilmittel durch den Bund kann bezüglich der Abgeltung der Leistungen der öffentlichen Apotheken bzw. des Großhandels nicht auf die üblichen Preisbildungsmechanismen (zB Arzneimitteltaxe, Regelungen des Erstattungskodex) zurückgegriffen werden, weshalb sich für diesen Sonderfall die Notwendigkeit der Schaffung einer eigenen rechtlichen Grundlage ergibt. Im gegenständlichen Sonderfall soll überdies keine Genehmigung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst des Krankenversicherungsträgers vorgesehen werden.

Dieses pauschale Honorar beträgt 15 Euro für jedes abgegebene Heilmittel und umfasst die Kosten für die Distribution durch den Großhandel sowie den gesamten logistischen Aufwand bis hin zu Beratung und Abgabe. Im Hinblick darauf, dass es sich – wie oben dargestellt – bei der Abgabe der Heilmittel um Krankenbehandlung im sozialversiche­rungsrechtlichen Sinn handelt, sind die Honorare durch die Österreichische Gesund­heitskasse zu tragen. Eine Rezeptgebühr ist nicht einzuheben, da es sich nach § 136 Abs. 4 ASVG um die Behandlung einer anzeigenpflichtigen übertragbaren Krankheit handelt.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2350/A der Ab­geordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird (1415 d.B.) (TOP 20)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichtes 1415 d. B. wird wie folgt geändert:

a) Ziffer 2 lautet:

»2. Nach dem § 1c wird folgender § 1d samt Überschrift eingefügt:

„Aufwand für die Abgabe von SARS CoV 2-Antigentests zur Eigenanwendung durch öffentliche Apotheken

§ 1d. (1) Der Bund leistet aus Mitteln des COVID 19-Krisenbewältigungsfonds für die Dauer der durch die WHO ausgerufenen COVID-19-Pandemie einen Zweckzuschuss an


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 124

die Länder und Gemeinden in dem Ausmaß, wie die Länder und Gemeinden den öf­fentlichen Apotheken direkt, im Wege der Krankenfürsorgeeinrichtungen oder auf ande­re Weise den Aufwand für die kostenlose Verteilung von SARS CoV 2-Antigentests zur Eigenanwendung ersetzen.

(2) Der Ersatz nach Abs. 1 bezieht sich auf die kostenlose Verteilung von SARS CoV 2-Antigentests an Personen, die nach landesrechtlichen Bestimmung einen Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeeinrichtung haben, und an deren ebenfalls leistungs­berechtigten Angehörigen, soweit für die genannten Personen nach bundesgesetzlichen Vorschriften kein Anspruch auf Leistungen einer gesetzlichen Krankenversicherung be­steht.

(3) Für jede bezugsberechtigte Person darf bei der Ermittlung der Höhe des Zweckzu­schusses pro Monat nur eine verteilte Packung zu fünf Stück SARS CoV 2-Antigentests in Rechnung gestellt werden. Pro verteilter Packung SARS CoV 2-Antigentests wird vom Bund maximal ein Zweckzuschuss in der Höhe von 10 Euro geleistet.“«

b) Ziffer 3 lautet:

»3. In § 4 werden folgende Abs. 14 und 15 angefügt:

„(14) § 1b Abs. 1 und § 1d samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2022 treten mit 9. April 2022 in Kraft.

(15) § 1d samt Überschrift tritt mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft. Verschiebt die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz durch eine Verordnung nach § 768 ASVG das Außerkrafttreten des § 742b ASVG, so tritt § 1d mit dem in dieser Verordnung für § 742b ASVG genannten Datum für das Außerkrafttreten außer Kraft.“ «

Begründung

Durch den gegenständlichen Abänderungsantrag in 2. Lesung soll der Kreis der Perso­nen, die nicht bei gesetzlichen Krankenversicherungsträgern versichert sind, sondern bei Krankenfürsorgeeinrichtungen der Länder oder Gemeinden anspruchsberechtigt sind und die SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung beziehen dürfen, dahinge­hend erweitert werden, dass die Beschränkung auf bestimmte Geburtsjahrgänge entfällt.

Die Maßnahme ist vorläufig bis Ende Juni 2022 befristet. Dauert die COVID-19-Pande­mie über den 30. Juni 2022 hinaus an, so wird dem Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Befugnis eingeräumt, durch Verordnung das Außerkrafttreten zu verschieben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die drei Abänderungsanträge sind ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte sehr.


15.26.15

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Das, was unser neuer Gesundheits­minister Rauch zusammengebracht hat, ist schon eine ganz bemerkenswerte Leistung.

In den letzten zwei Wochen haben Sie, Herr Bundesminister, es zusammengebracht, die bereits vollkommen unklare Regierungslinie in Sachen Corona noch weiter zu ver­komplizieren und auch das letzte bisschen Vorhersehbarkeit zu beseitigen. Sie haben


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vor knapp zwei Wochen eine neue Teststrategie angekündigt, haben gesagt, das soll im Sozialausschuss Mittwoch letzter Woche beschlossen werden. Wir haben Tag für Tag darauf gewartet, dass die entsprechenden Anträge vonseiten des Gesundheitsministe­riums auf dem Tisch liegen. Geworden ist es dann ein Antragsbündel, das gerade einmal die Abgabe von fünf Selbsttests, fünf Wohnzimmertests, vorsieht. Die Regelungen dazu waren so schlecht formuliert, dass wir heute drei weitere Abänderungsanträge vorliegen haben, die alleine nur diesen Bereich neu und richtig regeln.

Das, was Sie eigentlich angekündigt haben, das, was die Menschen noch viel mehr interessiert und was Sie auch mit Ihrer neuen Verordnung – auf die wir übrigens auch mehrere Tage gewartet haben und die mit entsprechender Verzögerung in Kraft tritt – bis heute schuldig geblieben sind, ist, wie man tatsächlich zu seinen PCR-Tests kommt, die Gültigkeit für die sensiblen Bereiche haben. Dafür haben Sie bis heute keine Lösung präsentiert und das schieben Sie jetzt, wie das Kollegin Ribo gesagt hat, in die Verant­wortung der Länder ab. Die sollen das im Rahmen ihrer Screeningtests machen.

Ja, das werden die Länder schon machen, Herr Bundesminister! Das werden sie aber auf neun unterschiedliche Arten und Weisen machen. Die Bürger kennen sich hinten und vorne nicht aus, sind zu Recht massiv verunsichert. Nicht nur die Bürger, auch die Anbieter dieser Teststraßen und Tests haben keine Ahnung, wie es ab 1. April weiterge­hen soll. Das ist Ihre Leistung der letzten zwei Wochen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist aber auch kein Wunder: Wenn man permanent Parallelstrukturen aufbaut und alles über Verordnungen und Gesetze zu regeln versucht, dann ist es halt sehr schwierig, auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Deshalb möchte ich Ihnen einen kons­truktiven Vorschlag machen: Wenn Sie es zusammenbrächten, dass wir die Testungen – im Übrigen genauso wie die Arzneimittelabgaben und die Vergütungen – in die Hand der Sozialversicherungen und des Gesundheitssystems, in die Hand von Ärztinnen und Ärzten und der Apotheken legen und das Ganze über die Sozialversicherung abrechnen, dann können Sie sich den ganzen Regelwahnsinn sparen. Dann haben wir auch tatsäch­lich ein flächendeckend vorhandenes Versorgungssystem, das eine Aufwachsfähigkeit hat, das für die Patienten zur Verfügung steht, und dann brauchen Sie nicht jede Kleinig­keit erneut gesetzlich und über Verordnung zu regeln, sondern dann können Sie das in den Verantwortungsbereich des Gesundheitssystems und der Sozialversicherungen ge­ben. Das wäre die deutlich einfachere und bessere Lösung. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Gesundheitsminister, ich möchte Ihnen noch in einem weiteren Punkt helfen, denn wir haben ja auch die Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes in diesem Block drinnen. Auch da sind Sie verständlicherweise dem Ruf der Ärztekammer gefolgt und wollen verlängerte Zugriffszeiten in Elga gesetzlich fixieren, haben dabei aber auf einen ganz wichtigen Anbieter im Gesundheitssystem vergessen: auf die Apotheken. Die sol­len weiterhin nur zwei Stunden die Daten verwerten können, während alle anderen Ge­sundheitsdienstleister und auch die entsprechenden Aufsichtsbehörden drei Monate Einsichtsrecht haben. Diesen Fehler wollen wir korrigieren, deshalb bringe ich einen ent­sprechenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2344/A der Abgeordneten Ga­briela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1416 d.B)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 126

a) Z 5 lautet:

„5. § 18 Abs. 6 Z 1 lautet:

„1. ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 2 Z 10 lit. a, b, c, d und e und die ELGA-Ombudsstelle gemäß § 2 Z 14 nicht länger als 90 Tagen zurückliegen.““

b) Nach Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. § 18 Abs. 6 Z 2 entfällt.“

*****

Die Begründung ist – wie gesagt –: Die Apotheken sollen hier mit allen anderen Gesund­heitsanbietern gleichgestellt werden, und die Beratungssicherheit der Patienten soll da­mit umfassend garantiert werden. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.30

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2344/A der Ab­geordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1416 d.B)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

a) Z 5 lautet:

„5. § 18 Abs. 6 Z 1 lautet:

„1. ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter gemäß § 2 Z 10 lit. a, b, c, d und e und die ELGA-Ombudsstelle gemäß § 2 Z 14 nicht länger als 90 Tagen zurückliegen.““

b) Nach Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. § 18 Abs. 6 Z 2 entfällt.“

Begründung

Zu lit. a und b:

Die Apotheken sollen hier mit allen anderen ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter gleich­gestellt werden, um die Patientensicherheit umfassend zu garantieren.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht in der Form, wie er vorliegt, zur Verhand­lung.

Als nächster Redner ist Abgeordneter Smolle zu Wort gemeldet. – Bitte, bei Ihnen steht das Wort.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 127

15.31.18

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht jetzt um Sozialversicherungsgesetze, es geht auch um das Gesund­heitstelematikgesetz und auch um das Zweckzuschussgesetz.

Ich möchte mit dem Gesundheitstelematikgesetz beginnen und hier einen ganz kleinen Abänderungsantrag einbringen. Ich lese ihn vor:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2344/A der Abgeord­neten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1416 d.B) (TOP 21)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

a) In der Z 11 wird das Datum „30. Juni“ durch das Datum „31. Dezember“ ersetzt.

*****

Worum geht es in dem Gesundheitstelematikgesetz? – Sie haben von den Vorredne­rinnen und Vorrednern bereits gehört, dass es in Hinkunft jedenfalls regulär fünf Gratis-PCR-Tests pro Person und Monat, fünf Gratis-Antigentests pro Person und Monat geben wird. Diese Antigentests werden via Sozialversicherung abgerechnet. Dazu ist es er­forderlich, dass laut geändertem Gesundheitstelematikgesetz via Elga jedes Monat pro Person eine Quasiverordnung für diese fünf Tests eingestellt wird, die dann in der Apo­theke entsprechend abgerufen werden kann. Diese Regelung ist vorerst bis 31. Dezem­ber dieses Jahres befristet.

In den Sozialversicherungsgesetzen wird eben normiert, dass über die Sozialversiche­rungen via Apotheken die Ausgabe dieser Antigentests abgerechnet wird. Das ist natür­lich eine Zusatzaufgabe der Sozialversicherungen. Es betrifft das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, aber auch die Sozialversicherungen der Bauern, der gewerblichen Wirtschaft und der Beamtinnen und Beamten. Dieser Mehraufwand wird den Sozialversi­cherungen vom Bund ersetzt.

Weiters wird in den Sozialversicherungsgesetzen auch geregelt, dass das jetzt zur Ver­fügung stehende Akutmedikament für die Behandlung von Covid-19 bei Risikopersonen nun zur Verfügung steht. Das ist jetzt ein Übergang zwischen Pandemiebekämpfung und gewöhnlicher Krankenbehandlung, würde ich einmal sagen, und deshalb gibt es da auch eine gewisse Kostenteilung. Diese derzeit noch sehr kostenintensiven Medikamente werden vom Bund beschafft, aber die Verteilung über die Apotheken ist nun bereits eine Leistung, an der die Sozialversicherungen beteiligt sind. Es ist ein richtiger Weg, das zunehmend in die reguläre Krankenversorgung einzubetten.

Es ist immer wieder die Frage aufgetaucht: Warum ändert sich etwas? Warum ändert sich jetzt etwas an der Teststrategie? – Es ist nun einmal so, dass die Pandemie in Pha­sen verläuft. Die Situation ändert sich, und die Verantwortungsträgerinnen und Verant­wortungsträger sind aufgerufen, darauf auch entsprechend dynamisch zu reagieren. Deshalb gibt es in Zukunft die Grundversorgung mit verschiedenen Tests, zusätzlich gibt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 128

es sie natürlich überall dort, wo es indiziert ist, wenn es rechtlich vorgeschrieben ist, bei Infektion, bei Symptomen, ebenso in vulnerablen Szenarien, wie zum Beispiel bei Be­suchen in Alten- und Pflegeheimen.

Die Situation hat sich aber geändert, deshalb ist es gut, dass auch die Strategie sich ändert. Wenn jemand meint, über die ganze Zeit der Pandemie sei die Situation bis heute immer die gleiche geblieben, dann muss ich sagen, dass das nicht stimmt. Wer die ganze Zeit bis heute gemeint hat, die Sache sei harmlos – und da schaue ich ein bisschen in Richtung FPÖ –, hat sich eigentlich zwei Jahre lang ein wenig geirrt.

Wenn man der Meinung ist, heute hat es genau die gleiche Dramatik wie vor zwei Jah­ren – da schaue ich ein bisschen in Richtung SPÖ (Abg. Leichtfried: Ah geh!) –, dann irrt man sich vielleicht heute ein wenig. (Abg. Belakowitsch: Man hat sich nicht geirrt! Von Anfang an haben wir recht gehabt!) Es ist noch nicht harmlos geworden, und ich weiß nicht, wann es das wird, aber die Situation ist eine andere. (Zwischenrufe der Ab­geordneten Leichtfried und Belakowitsch.)

Die längste Zeit sind 2 Prozent – 2 Prozent! – aller nachgewiesen infizierten Personen verstorben. Das war eine extrem dramatische Situation, auf die auch intensiv reagiert worden ist. In der jetzigen, abgelaufenen Omikron-BA.1-Welle ist diese Sterblichkeit glücklicherweise auf unter 0,1 Prozent, das heißt auf ein Zwanzigstel, zurückgegangen. (Abg. Loacker: Weniger als eine Grippe!) Wie das jetzt bei der draufgesetzten BA.2-Welle ist, ob es hoffentlich so bleibt, wissen wir noch nicht genau. Deshalb ist weiter Vorsicht angesagt.

Ich habe aber einen ganz vorsichtigen Optimismus, wenn ich in die Zukunft schaue: Wir haben derzeit eine breite Grundimmunität in der Bevölkerung – in erster Linie durch Imp­fung erreicht. Wir möchten diese in Zukunft auch weiter steigern. Die Infektionen tragen auch etwas dazu bei, wobei auch eine Infektion keine Garantie, kein sicherer Schutz gegen Varianten, die vielleicht noch kommen, ist. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Deshalb ist es auch gut, dass wir die verschiedenen Systeme weiterhin am Laufen halten, auch wenn wir sie derzeit etwas zurücknehmen können, und dass wir jedenfalls aufmerksam, mit Augenmaß und Vorsicht in die Zukunft gehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr Josef Smolle, Ralph Schallmeiner

Kolleginnen und Kollegen,

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2344/A der Ab­geordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (1416 d.B) (TOP 21)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts wird wie folgt geändert:

a) In der Z 11 wird das Datum „30. Juni“ durch das Datum „31. Dezember“ ersetzt.

Begründung

Zu lit. a:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 129

Gemäß § 20b Abs. 3 ist für die Dauer der Maßnahme monatlich eine Verordnung in ELGA zu speichern. Die Dauer der Maßnahme richtet sich nach den jeweiligen Sozial­versicherungsgesetzen, die die Bezugsberechtigung regeln. Da es möglich sein soll, mit Verordnung die Dauer der Maßnahme bis Ende des Jahres 2022 zu verlängern, soll auch die mit den Sozialversicherungsrechten korrespondierende Bestimmungen in die­sem Bundesgesetz verlängert werden. Da sich die Dauer der Maßnahme nach den So­zialversicherungsgesetzen richtet und ein Zugriff auf ELGA zum Zweck der Speicherung der entsprechenden Verordnungen nach Beendigung der Maßnahme unzulässig ist (und zwar selbst dann, wenn die Bestimmung noch in Kraft ist), ist eine Verordnungsermäch­tigung zur Verschiebung des Außerkrafttretens nicht erforderlich, sondern es kann gleich das entsprechende Datum vorgesehen werden.

Dies entspricht auch der erforderlichen Transparenz des Eingriffs in das Grundrecht auf Datenschutz, wonach die Intensität des Eingriffs bereits aus dem Gesetz vorhersehbar sein muss (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramts zur legistischen Gestaltung von Eingriffen in das Grundrecht auf Datenschutz vom 14. Mai 2008, GZ BKA-810.016/0001-V/3/2007).

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Der Herr Kollege Loacker ...!)


15.37.45

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Kollege Smolle hat gesagt, wenn sich die Verhältnisse ändern, dann muss die Regierung dynamisch reagieren. Man hat jetzt mit dem Wiedereinführen der Maskenpflicht aber so lange zugewartet, bis die Zahlen wieder sinken. Der Peak war am 17. März, und jetzt, am 24., tritt die Verordnung in Kraft, dass man wieder überall Masken tragen muss. Wir wissen nicht, was das Ziel dieser Verordnung ist. Wie lange wird die gelten? Was muss sinken: die Spitalszahlen oder die Infektionszahlen oder was überhaupt? (Abg. Kickl: Bis es wieder steigt! Das gilt, bis es wieder steigt!) Das ist ei­gentlich Blindflug, dynamischer Blindflug, aber Blindflug. (Abg. Belakowitsch: Blindflug, das haben wir seit zwei Jahren!)

Jetzt zu dieser Teststrategie: Ich frage mich, welche Strategie das ist. (Abg. Belako­witsch: Massentests! Da waren wir immer dagegen!) Wenn ich also jetzt einfach frage: Fünf plus fünf Tests für wen wofür? – Sie können es gar nicht kontrollieren, wer sich nicht fünf Tests abholt, sondern zehn, weil das System so aufgebaut ist, dass es sich für viele Personengruppen gar nicht nachvollziehen lässt. Das ist eine Augenauswischerei.

Wir werfen Milliarden fürs Testen zum Fenster hinaus und haben auch keinen besseren Pandemieverlauf als die anderen Länder. Das Testen kostet etwas in Deutschland, in der Schweiz, in Italien. Bei uns ist es gratis, aber wir haben auch nicht weniger an Corona Verstorbene als die Nachbarländer. Das hat alles nichts genützt, außer viel Geld ge­kostet, aber jetzt kommt eine Fünf-plus-fünf-Regel, die niemand umsetzen kann.

Zu den Covid-Medikamenten, die erwähnt worden sind: Seit Monaten – seit Monaten! – liegen diese Covid-Medikamente in Österreich, sind sie an die Bundesländer verteilt worden, es sind aber erst 7 Prozent dieser Medikamente an die Patienten ausgegeben worden. Heute um 9.53 Uhr kommt der Abänderungsantrag daher, wie die Ausgabe über die Apotheken funktionieren soll. So ein Schludern mit dem Steuergeld ist wirklich pein­lich. In diesem Ministerium gehört einmal ordentlich aufgeräumt. Da wird das Geld der Steuerzahler zum Fenster hinausgeschmissen. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 130

Herr Bundesminister, es wäre auch richtig, nach vorne zu schauen und den Leuten klar zu sagen, was Sie für den Herbst planen. Was kommt da? Ich befürchte ja, dass Sie in diesem dynamischen Blindflug des Josef Smolle sind (Abg. Ottenschläger: Hallo?! Hallo?!), dass Sie keine Ahnung haben, was Sie im Herbst machen wollen. Und wie wollen Sie jemanden dazu bringen, dass er sich impfen lässt? Denn die meisten, die keine Lust haben, sich impfen zu lassen, werden sich denken: Ich habe die jetzt mona­telang am Schmäh geführt, habe es erfolgreich geschafft, alle am Schmäh zu führen, bin noch immer ungeimpft und werde auch im Herbst ungeimpft sein. Und das wird auch Minister Rauch nicht ändern, weil er keinen Plan und keine Strategie hat, außer diesem dynamischen Blindflug. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Obernosterer: Das sagt ein Vor­arlberger!)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Ich darf ihm das Wort erteilen.


15.40.52

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Der dynamische Blindflug gefällt mir ja, Kollege Loacker, das ist irgendwie eine besondere Zuschreibung. Ich möchte ernsthaft auf ein paar Argumente eingehen und dann unbedingt noch etwas zur Medikamentenabgabe sagen, da die Behauptung im Raum steht, wir hätten nicht mit der Sozialversicherung gesprochen. Das stimmt natürlich nicht, darauf komme ich zurück.

Zur Teststrategie, zum Testen: Es gibt ja da – wie soll ich sagen? – Zugänge von ganz links bis ganz rechts. Die einen sagen: Es ist viel zu wenig!, die anderen sagen: Es ist viel zu viel, man sollte überhaupt nicht mehr testen, denn was hat uns das alles ge­bracht? – Ich würde sagen, der Weg, der jetzt gegangen wird, ist ein Weg der Mitte, auch deshalb, weil – und damit bin ich beim Herbst, Kollege Loacker – wir ein Testsystem haben müssen, um es allenfalls wieder hochfahren zu können. Das heißt, man kann das nicht auf null herunterfahren, da wir sonst nicht in der Lage wären, im Herbst rasch zu reagieren. Das ist notwendig, das ist vorausschauend und das brauchen wir.

Im Übrigen hoffe ich, wir brauchen es nicht mehr, aber wir wissen nicht genau – da über­fragen Sie mich, wenn Sie von mir verlangen, dass ich das vorhersagen soll –, was im Herbst kommt. Da gibt es unterschiedliche Szenarien, das sagen auch die Expertinnen und Experten. Es kann sein, muss aber nicht sein, dass wir eine neue Virusvariante bekommen, von der wir heute nicht einmal wissen, wie sie sich verhält (Abg. Loacker nickt), wie ansteckend sie ist, welche Gefahren sie mit sich bringt im Hinblick auf Anste­ckung oder die Gefahr, hospitalisiert zu werden. Das ist eine der Möglichkeiten. Eine zweite Möglichkeit – das ist die wünschenswertere – ist, das Ganze wird endemisch und verhält sich wie eine normale Grippe. Dann wird das deutlich handhabbarer als bisher. Alle anderen Szenarien, nämlich dass es noch schwieriger wird, möchten wir uns nicht vorstellen, denn das hatten wir schon dreimal. Aber, und das ist der Punkt, wir haben es mit einer Situation zu tun, in der wir einen unterschiedlichen Instrumentenkoffer zur Ver­fügung haben, den wir zu Beginn der Pandemie entwickelt, aber weitgehend nicht ver­ändert haben. Das ist ein Problem, und das gebe ich zu.

Das heißt, wir müssen uns jetzt schon in Blickrichtung Herbst mehreres überlegen und vorbereiten, und zwar von den Dingen, die wir haben: Wie gehen wir mit der Impfung um? Was heißt das für das Impfregime? Wie verhält sich die ganze Angelegenheit, wenn eine vierte Impfung notwendig ist? Dazu sind die Erfahrungen aus anderen Ländern zu sammeln, unter anderem auch aus Israel, aus anderen Staaten der Welt, die auch for­schend tätig sind. Wie machen wir es mit dem Testen, und zwar sowohl in den Schulen als auch in der Gesamtbevölkerung, in Betrieben? Welche Testregime brauchen wir für welches Szenario?


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Dritter Punkt: Medikation. Wir haben mit den Medikamenten ein neues Instrument zur Verfügung, das wir bisher nicht hatten – und das wirkt. Das ist ein zusätzliches Auffang­netz für besonders schwierige, problematische Pandemiesituationen. Gott sei Dank ha­ben wir es zur Verfügung, es wird uns helfen.

Der vierte Bereich ist der gesamte Bereich der Maßnahmen. Welche Maßnahmen kön­nen gesetzt werden? Wie gehen wir damit um, entlang des Grundsatzes: so wenig wie möglich, so viel wie notwendig!? Und jetzt sage ich Ihnen eines: Natürlich haben wir da in der Vergangenheit Instrumentarien entwickelt, die langsam und recht grobschlächtig waren. Das Virus hat sich in einer ziemlich großen Geschwindigkeit und auch Dramatik verändert, die Anpassung der Maßnahmen hat mit dem nicht Schritt gehalten, da wird hinzuschauen sein.

Was machen wir? – Wir schauen uns sehr genau an: Was hat die letzten beiden Jahre funktioniert und was nicht? Was ist gelernt worden? Was hat auch in unterschiedlichen Ländern funktioniert? (Abg. Belakowitsch: ... sinnlos!) Ich habe schon mehrfach gesagt, das Testregime in Wien ist ein gutes, hat funktioniert, in anderen Bundesländern haben andere Dinge funktioniert. Die sollte man mitnehmen. (Abg. Loacker: Was ist der Nut­zen?) – Entschuldigen Sie, das Testsystem in Wien (Abg. Loacker: Nutzen?) hat von der Systematik her, wie es aufgesetzt ist, funktioniert. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Muchitsch.) Was wir jetzt gemacht haben, Kollege Loacker, ist, eine Anpassung vorzunehmen, was die Menge der Tests angeht, da wir natürlich wissen, dass wir nicht endlos Geld für das Testen ausgeben können. – So viel einmal dazu.

Die Geschichte mit der Medikation, dem Medikament Paxlovid: Es ist natürlich mit der Sozialversicherung gesprochen worden – das stimmt einfach nicht. Da hat es sogar ein zusätzliches Gesprächsangebot gegeben, das abgelehnt worden ist mit dem Hinweis, man habe keine Zeit. Das habe ich jetzt im Haus noch nachfragen lassen. Dieser Kontakt ist gesucht worden, und diese Gespräche haben stattgefunden.

Warum ist es Aufgabe der Sozialversicherung? – Die Sozialversicherung stand auf dem Standpunkt: Das geht uns nichts an, denn das ist keine Krankenbehandlung. – Was ist es dann? Es ist eine Krankenbehandlung! Wer dieses Medikament verschrieben be­kommt, unterzieht sich einer Krankenbehandlung, und die Krankenbehandlung ist eine Versicherungsleistung. Das ist originäre Aufgabe der Sozialversicherung.

Und zur Kostenübernahme: Die Sozialversicherung hat sich dadurch, dass der Bund das Medikament beschafft hat, unglaublich hohe Kosten erspart. Es wurde von Bundesseite beschafft, und jetzt geht es um den Vertrieb. Dieser wird abgegolten, das ist systemkon­form, das ist gerechtfertigt und jedenfalls auch, was die Kosten angeht, für die Sozial­versicherung leistbar. – Ich danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grünberg. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


15.46.45

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In den letz­ten zwei Jahren haben wir miterlebt, wie sich das Coronavirus entwickelt hat, es ist mu­tiert, es hat sich verändert, und dementsprechend müssen auch wir unsere Strategien verändern. Es müssen verschiedene Maßnahmen gesetzt werden, und auch die Test­strategie muss geändert werden.

Wir in Österreich haben in der letzten Zeit sehr viel getestet, sehr umfangreich getestet, auch im Vergleich zu anderen Ländern, mit dem Ziel, Infektionsketten so früh wie mög­lich zu unterbrechen. Nun aber stehen wir wieder vor einer neuen Herausforderung, die


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Omikronvariante macht alles anders. Deswegen gehen wir jetzt von den Massentests weg und wollen die Tests etwas einschränken.

Wie wir schon gehört haben, werden zukünftig fünf PCR-Tests pro Person pro Monat kostenlos zur Verfügung stehen, und dazu gibt es dann noch die fünf Antigentests, bes­ser bekannt als Wohnzimmertests, die man sich in der Apotheke abholen und zu Hause dann selbst durchführen kann.

Was aber ganz wichtig ist: Es gibt eben auch Bereiche, in denen es sehr sinnvoll ist, weiterhin viel und regelmäßig zu testen. Das sind zum Beispiel Pflegeeinrichtungen, auch für den Besuch im Krankenhaus, oder eben auch Einrichtungen der Behinderten­hilfe. In diesen Fällen wird es auch in Zukunft möglich sein, sich kostenlos zu testen, damit wir diesen vulnerablen Personenkreis weiterhin so gut wie möglich schützen können.

Herr Minister, ich vertraue Ihnen, dass Sie die Teststrategie gut umsetzen werden und weiterhin die Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die bei uns in Ös­terreich leben, so gut wie möglich vor diesem Virus schützen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir verlegen auch diese Abstimmung nach hinten.

15.49.24Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 7 bis 21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen jetzt zu den verlegten Abstimmun­gen, die wir zu jedem Tagesordnungspunkt jeweils einzeln vornehmen.

Können wir abstimmen? SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ? ÖVP?

Dann gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kin­der- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1331 der Beilagen.

Ich ersuche die Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist eben­falls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung ein­stimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1418 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1405 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, möge das mit einem Zeichen tun. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­marktservicegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1406 der Beilagen.


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Wer dafür ist, wird um ein entsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jo­sef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Vertriebenen vor Aus­beutung am Arbeitsmarkt“.

Wer dafür ist, wird um ein Zeichen der Zustimmung gebeten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Regelung der Beziehungen im Bereich der sozialen Sicherheit im Verhältnis zur Provinz Québec samt Titel und Eingang in 1360 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig.

Auch die dritte Lesung wird sofort angeschlossen.

Wer stimmt auch in dritter Lesung zu? – Wiederum das gleiche Stimmverhalten. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1408 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, gibt ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich weise den Antrag 2241/A(E) dem Ausschuss für Konsumentenschutz zu.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1409 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1410 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Ich darf diesen Antrag dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zuweisen.

Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1411 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich darf diesen Antrag dem Ausschuss für Konsumentenschutz zuweisen.

Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1412 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Das ist wiederum die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Be­richt 1417 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Das ist die Mehrheit.

Der Antrag wird dem Finanzausschuss zugewiesen.

Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, in 1413 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Abänderungsantrag eingebracht.


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Wir stimmen zuerst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab.

Die Abgeordneten Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend die Ziffern 2 und 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, an­genommen.

Ich komme zu den restlichen, noch nicht abgestimmten Teilen des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer ist dafür? – Das ist das gleiche Stimmverhalten: mit Mehrheit angenommen.

Dritte Lesung:

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch in dritter Le­sung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ku­cher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „rasche Maßnahmen zum Schutz der Ge­sundheit der Bevölkerung“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz ge­ändert werden, in 1414 der Beilagen.

Hiezu liegt ein gesamtändernder Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen vor.

Wir stimmen wie gehabt zuerst über den Gesetzentwurf in der Fassung des gesamtän­dernden Abänderungsantrages ab.

Daher bitte ich jene Damen und Herren, die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1414 der Beilagen in der Fassung des gesamtändernden Ab­änderungsantrages der Abgeordneten Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Dritte Lesung:

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehr­heitlich angenommen.

Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird, in 1415 der Beilagen.

Hiezu haben wieder die Abgeordneten Dr. Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Wir stimmen daher zuerst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab.

Abänderungsantrag der Abgeordneten Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ziffern 2 und 3.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, ange­nommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer ist dafür? – Das ist wieder das gleiche Stimmverhalten. Der Antrag wird mehrheitlich angenommen.


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Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesund­heitstelematikgesetz 2012 geändert wird, in 1416 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Smolle, Schallmeiner, Kolle­ginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abge­ordneten Mag. Kaniak, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zuerst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 5 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes und ersuche die Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betref­fend Einfügung einer neuen Ziffer 5a eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Da ist die Minderheit, abgelehnt.

Die Abgeordneten Smolle, Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Ziffer 11 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den darf ich um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Gleiches Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

15.58.1722. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2317/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Energieberatung und zusätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut“ (1393 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2325/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aussagekräf­tige Statistik durch die FMA zum Basiskonto“ (1394 d.B.)


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24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2177/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erstanlaufstelle Zahlungsverzug-Umsetzung bis zum 31. März 2022“ (1395 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 22 bis 24, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Herr Abge­ordneter, Sie sind am Zug. Bitte sehr.


15.59.35

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun: Ungefähr zur Mitte der Legisla­turperiode darf ich das Resümee ziehen, dass die Regierungsparteien die Konsumen­tenschutzpolitik begraben.

Gut, von der ÖVP hätte ich nicht erwartet, dass sie ihre eigene Klientel schwächen möchte, aber bei den Grünen, die in den letzten Jahren den Verbraucherinnen und Ver­brauchern immer wieder gezeigt haben, dass sie diese Gruppe mit Anstand vertreten wollen, muss ich erkennen, dass ohne Worte ein Abschied von der Konsumentenschutz­politik ergangen ist.

Herr Bundesminister, ich kann daher nur noch sagen, Sie sind der letzte Hoffnungs­schimmer, dass nun endlich wieder Konsumentenschutz gemacht und das Parlament entsprechend unterstützt wird.

Meine Aussage wird dadurch untermauert, dass wir eine Vertagungsorgie von ungefähr 90 Prozent aller Anträge haben, die überwiegend von den Oppositionsparteien gestellt worden sind, von unserer Seite, von den Freiheitlichen, teilweise auch von den NEOS. Und neben diesen Vertagungsorgien kommt es auch dazu, dass die Regierungsparteien unsere Anträge, unsere Ideen okkupieren und sagen: Wir setzen eine andere Überschrift drüber – so wie es beim Tagesordnungspunkt 24 der Fall ist –, schreiben statt „Ombuds­stelle“ „Erstanlaufstelle Zahlungsverzug“ und verkaufen die Dinge ohne die anderen.

Manchmal kommt es vor, dass Sie von unseren Anträgen ausgehen, diese abändern wollen, uns auf die Abänderungsanträge als Einbringer auch draufnehmen, wie beim Verbot des Titandioxids, dann wird jedoch das Wort „unverzüglich“ gestrichen, und es kommt dann dazu, dass wir bis heute noch keine Umsetzung dieses gemeinsamen Be­schlusses haben, weil eben das Wort „unverzüglich“ nicht im Antrag gestanden ist. – Das ist die jetzige Konsumentenschutzpolitik der derzeitigen Regierungsparteien!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke mir, das ist auch ein Umstand, Herr Präsi­dent, durch den die parlamentarische Demokratie mit Füßen getreten wird, durch den vor allem aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher in Österreich mit Hohn ver­sehen werden.

Der Höhepunkt ist der heutige Antrag, mit dem eine Beratung, eine Energieberatung, als Ausweg oder als Lösungsweg gesucht wird, um die Energiearmut in Österreich zu ver­hindern. – Stellen Sie sich vor, Kollege Weidinger, hier sitzt eine alleinerziehende Mutter mit Kindern oder eine Pensionistin, deren Heizung nicht mehr funktioniert oder die nicht weiß, wie sie das Gas im Herbst bezahlen wird, und diese hört von Ihnen: Ja, die ÖVP will mit den Grünen jetzt eine Energieberatung machen. Sie will den Menschen zeigen, wie die Fenster geöffnet werden, wie richtig gelüftet wird, und sie will zeigen, wie weit entfernt das Sofa von den Heizkörpern, die mittlerweile schon kalt sind, stehen muss. (Beifall der Abgeordneten Rauch und Wurm.) – Das ist die Idee, die Sie haben – ist das


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wirklich die Realität? –, die Idee, die derzeit die ÖVP und die Grünen haben, wenn es darum geht, verzweifelte Menschen nicht zurückzulassen?

Dann höre ich: Maßnahmen, um Energiearmut hintanzuhalten. – Kollegin Hamann hat in der letzten Ausschusssitzung erklärt: Ja, wir wollen diese Maßnahmen setzen, wir werden sogenannte Sozialberatung machen! Die kommt zu den Menschen hin und wird ihnen zeigen, wie das funktioniert! – Nein, die Menschen brauchen jetzt Geld! Sie brau­chen Unterstützung, damit sie die undichten Fenster reparieren lassen können. Sie brau­chen nicht jemanden, der ihnen zeigt, wie die undichten Fenster geöffnet werden und wann sie geöffnet werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dieser Antrag kann nur eine Alibiaktion sein. Er ist so bizarr und so realitätsfremd, dass ich mir denke, man will halt etwas machen, damit man etwas macht, weil man nichts gemacht hat. Deshalb bezeichne ich diesen Antrag, der heute vorliegt, als Stoßgebet, wobei ich Ihnen offen und ehrlich sage: Diese Energiearmut kann man nicht wegbeten!

Deshalb: Reißen Sie sich bitte zusammen, arbeiten Sie mit uns gemeinsam! Herr Bun­desminister, ich setze wirklich auf Sie, dass wir endlich einmal zur Arbeit kommen! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fischer. – Bitte.


16.03.57

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sitzen hier herinnen und es ist uns schön warm, wir haben uns heute die Hände wahrscheinlich mit warmem Wasser gewaschen, haben geduscht, ausreichend gegessen, es geht uns gut. In Zeiten der Pan­demie, in Zeiten großer Arbeitslosigkeit geht es aber nicht allen gut.

Diese Bundesregierung setzt sich auf verschiedenen Ebenen für Personen ein, die in Not sind, Alleinerziehende sind, NotstandshilfebezieherInnen, für Leute, die Arbeitslo­sengeld bekommen, die Studienbeihilfe bekommen – jeder Einzelne von ihnen bekommt Geld, viel Geld: bis zu 450 Euro pro Person. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal in Euro­pa, wir sind ein großes Vorbild (Beifall bei Grünen und ÖVP), und zwar deswegen, weil wir nicht nach dem Gießkannenprinzip allen ein bisschen etwas geben, sondern wir ge­ben das Geld dorthin, wo es wirklich gebraucht wird.

Energieberatung, das klingt so nett, aber wart ihr schon einmal bei Leuten, die mit einem Backrohr, mit einem Fön heizen, die zugige Fenster haben? Energieberatung ist notwen­dig, damit wir hier Chancengleichheit schaffen, aber mit Beratung und Information allein ist es natürlich nicht getan. 10 Millionen Euro werden dafür verwendet, dass bei Perso­nen, die eine Heizung haben, die ineffektiv ist, diese getauscht wird; die Ärmsten bekom­men eine Gratisheizung von uns. So etwas hat es noch nie gegeben! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Wurm: Wo steht das? Ulli, wo steht das? Wo steht das mit der Gra­tisheizung?)

Und wenn wir davon sprechen, ob Konsumentenschutz einen Stellenwert hat oder nicht, dann brauchen wir uns nur anzuschauen, welche Anträge von den Regierungsfraktionen durchgebracht wurden – teilweise mit Unterstützung der Opposition. Ich möchte in Er­innerung rufen, dass wir im Bereich des Kreditmoratoriums zehn Monate lang Geld ge­stundet haben – zehn Monate lang! –, dass es jetzt eine Stelle gibt, die beim Ministerium für Soziales und Konsumentenschutz eingerichtet ist, die sich regen Zustroms erfreut, wo wir die Leute dazu beraten, wie sie ihre Rechte durchsetzen können, wie sie Kredite bekommen, wie das funktionieren kann. Wir tun auf allen Ebenen etwas gegen die Ener­giearmut! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Ich möchte nur ein paar Stichworte sagen: Sanierungsscheck, Raus aus Öl und Gas, Befreiung von der Ökostrompauschale, Heizkostenzuschuss, Kooperationen mit der Ca­ritas – all das wird umgesetzt. Und es ist keine Augenauswischerei: In den ersten zwei Monaten unserer Stelle, die sich gegen Energiearmut einsetzt, haben sich 3 200 Leute einen Energieberatungstermin geholt – 3 200 Leute!

Heizungstausch bringt ganz viel, weil er nämlich auf der einen Seite zu einer besseren Heizung, zu einer nachhaltigen Heizung führt, und auf der anderen Seite helfen wir den Leuten. Wenn gesagt wird: Wir senken Benzinpreise, das bringt etwas!, muss ich sagen: Nein, das bringt nichts! Das wäre das Gießkannenprinzip. Wir wollen niemanden zurück­lassen, in diesen Zeiten müssen wir besonders für die Ärmsten da sein, und dafür möch­te ich unserer Bundesregierung Danke sagen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Lamperl leuchtet schon rot, deswegen nur ein Satz noch: Auch das Basiskonto funktioniert und die Infokampagne dazu auch. Danke an dieser Stelle! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

16.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte sehr.


16.08.28

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Zuseher und Kollegen! Frau Kollegin Fischer, bei aller persönlichen Wertschätzung und Sympathie – das gilt auch für Kollegen Weidinger –: Ihr solltet jetzt den Konsumentenschutz einfach beenden. Ihr habt in zweieinhalb Jahren zum Thema Konsumentenschutz nicht einen Beistrich weitergebracht – nicht einen! Sich hierherzustellen und das noch schönzure­den ist natürlich jedem unbenommen, aber da ist nichts an Substanz da – überhaupt nichts! –, im Bereich Konsumentenschutz.

So, und jetzt haben wir natürlich zusätzlich ein Problem, nämlich dass der dritte Minister in diesem Ressort mit Gesundheit und Sozialem natürlich heillos überfordert ist und zum Thema Konsumentenschutz ja überhaupt nichts weiß. Also die Hoffnung, das Beten ist ja immer da, aber vom Beten haben wir im Konsumentenschutz nichts.

Noch einmal, Frau Kollegin Fischer: Es reicht nicht, sich hierherzustellen und zu sagen: Schutz vor Energiearmut. Das ist das Thema: Schutz der Bevölkerung vor Energiearmut. Und dann gibt es die 10-Millionen-Euro-Infokampagne zu Energieberatung! (Abg. Fi­scher: ... Millionen fürs Heizen!) Wie du mit 10 Millionen Euro für Beratung dann auch noch Heizungen für Bedürftige austauschen willst, na das schaue ich mir jetzt einmal an!

Energieberatung gibt es in jeder Gemeinde seit Jahrzehnten, in manchen – in meiner Gemeinde, glaube ich – seit 20 Jahren, in Wien sowieso, das ist ja nichts Neues, bitte! Bei der Energieberatung war schon – wie Kollege Drobits von den Sozialdemokraten das auch gesagt hat – so mehr oder weniger der Aufhänger: die Couch vom Heizkörper weg, damit besser geheizt und dann Energie gespart wird. So etwas – oder eben auf der Autobahn 100 km/h statt 130 km/h – diskutiert ihr ernsthaft?!

Also noch einmal: Das hat mit Konsumentenschutz ja überhaupt nichts mehr zu tun – null, komplett null. Und da kommt auch nichts mehr. Alles, was wir im Konsumenten­schutz gemeinsam versucht haben aufzubauen, wird von euch beiden nach zweieinhalb Jahren blockiert. Noch einmal: Das ist eigentlich ein Offenbarungseid. Wenn einmal die Sozialdemokratie und sogar die NEOS das gleich wie wir Freiheitlichen sehen, dann solltet ihr auch anfangen nachzudenken.

Das nächste Thema war der Zahlungsverzug. Das war in Zeiten von Corona eben be­fristet, ist ausgelaufen, aber bitte, die Probleme der Menschen mit Zahlungsverzug ha­ben sich ja nicht geändert. Noch einmal: Das ist ja auch danach noch weitergegangen.


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Corona – wir haben es ja gerade heute wieder gehört –: Die Strategie des Ministers geht hin und her. Die Menschen sind nach wie vor, auch finanziell, mit dem Thema beschäf­tigt. Dann ist jetzt Ukrainekrise und, und, und. Da ist ja das Problem nicht gelöst.

Dass man diese Erstanlaufstelle nicht wirklich sofort, schon längst einmal eingesetzt hat, ist ein Drama. Alle Anträge unsererseits – auch, eine Deckelung einzuziehen, was die Überziehungszinsen betrifft – werden von euch nicht umgesetzt. Das wollt ihr nicht ein­mal diskutieren. Die Leute zahlen jetzt in der Krise 12, 14 Prozent Überziehungszinsen – und zwar nicht tausend Menschen in Österreich, sondern Hunderttausende. Das Pro­blem wird dann noch größer, weil alles steigt, alles teurer wird. Das heißt, der Verschul­dungsgrad bei dieser Gruppe wird von Monat zu Monat größer, und ihr macht im Kon­sumentenschutz nicht einmal das Geringste, um da zu helfen.

Wir haben eh schon im Grunde genommen auch noch einmal im Ausschuss diskutiert: Das Basiskonto gibt es seit 2016, also jetzt bald sechs Jahre. Es gibt aber keine sta­tistisch vernünftigen Daten dazu. Einfach wäre, Herr Minister, die FMA aufzufordern, das so zu führen, dass man dann auch mit den Zahlen, Daten arbeiten kann, das verbessern kann, aber auch das wollt ihr nicht machen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


16.12.49

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Liebe Österreicherinnen, liebe Ös­terreicher und alle Menschen, die in unserem Land leben! Konsumentenschutzpolitik genießt in dieser Regierung oberste Priorität. (Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Ich werde Ihnen, Herr Kollege Wurm und Herr Kollege Drobits, jetzt, in den nächsten Mi­nuten auch genau ausführen, wo der grundsätzliche Unterschied liegt. (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Witz des Tages! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Für uns bedeutet Konsumentenschutz, die Kaufkraft der Menschen zu stärken und sie zu entlasten. Das machen wir, meine Damen und Herren, seit dem ersten Tag, seit die Parlamentsmehrheit gute Politik für Österreich macht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das haben wir mit der ökosozialen Steuerreform, der größten Entlastung der Zweiten Republik mit 18,5 Milliarden Euro, zum Ausdruck gebracht. Was wir tun, ist nicht, einfach Kosmetik zu machen, sondern unser System grundsätzlich zu verändern, die Menschen zu entlasten. So haben wir ein Gesetz geschaffen, durch das wir die Einkommensteuer­tarife senken. Das bedeutet 650 Euro mehr für die Menschen, was spürbar jetzt schon in ihre Taschen kommt. Das heißt, wir schaffen auch gesetzliche Regelungen, damit das Leben günstiger wird, damit es leistbar wird, damit sich die Menschen das auch leisten können. (Abg. Belakowitsch: ... spüren nicht alle, ja ... alle Taschen voll ... die Konsu­mentenschutz-Taschen sind voll ...! – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Wir haben den Familienbonus eingeführt, der von 1 500 Euro auf 2 000 Euro erhöht wird. Wir haben einen Kindermehrbetrag eingeführt, und wir haben mit all den Sozialleistun­gen eine 15. Mindestpension geschaffen – ein sozialpolitischer Meilenstein in der Zwei­ten Republik. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wir haben den Bundesreparaturbonus eingeführt. Kollege Kurt Egger wird ihn später noch genau ausführen. Hunderttausende Elektrogeräte werden in Zukunft nicht wegge­worfen werden, sondern sie werden repariert werden. Da bleibt mehr Wertschöpfung bei den Betrieben. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Da schaffen und sichern wir Arbeits­plätze, und wir helfen mit, Klima und Umwelt zu schützen. Das ist Politik dieser Bundes­regierung. – Danke, Herr Bundesminister! Danke der gesamten Bundesregierung für diesen Einsatz! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Rauch.)


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Natürlich bleiben wir aber dort nicht stehen. Wir haben reagiert. Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die Teuerung ist eine große Herausforderung dieser Zeit, das sehen wir alle (Abg. Ries: ... das ist bezeichnend! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), deswegen ha­ben wir schnell ein Paket von 2 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Wo haben wir ge­spart? – Beim Staat: indem wir Gas- und Elektrizitätsabgaben gesenkt haben, sodass den Menschen mehr Geld bleibt, damit sie es zu Hause nicht kalt haben (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), damit sie sich Lebensmittel leisten können und damit es für uns ein besse­res, gutes Österreich gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir haben den nächsten Schritt gesetzt: 1,7 Milliarden Euro. Was aber bedeutet das konkret? – 150 Euro für fast jeden Haushalt in Österreich, und für besonders betroffene Gruppen noch einmal 150 Euro als Soforthilfe. Das war richtig, das war wichtig, und da ist jeder Steuerzahlereuro gut verwendet. (Abg. Belakowitsch: Wahnsinn ... schon wie­der Geld! ... Geld!)

Wir setzen auch wieder den nächsten Schritt. Wir bauen unsere Gesellschaft weiter posi­tiv mit dem Klimabonus um, wobei wir darauf Wert legen – leider hat es in der Vergan­genheit nicht diese Priorität gegeben –, den öffentlichen Verkehr auszubauen. (Abg. Be­lakowitsch: Ihr Kollege Weidinger sollte Bundeskanzler werden ...!) Wir geben den Menschen Geld in die Hand, damit es kein Nachteil ist, wenn man in einer ländlichen Region lebt, sondern man bleibt in den Regionen zu Hause und man kann sich das Le­ben leisten. Das ist wertorientierte, grundsätzliche Arbeit dieser Bundesregierung. Große Wertschätzung und Respekt für diesen Einsatz, auch für alle Parlamentarier, die daran arbeiten, dass wir diese Gesetzeswerke gemeinsam umsetzen!

Der nächste Schritt, den wir setzen – und da lade ich Sie alle heute ein, mitzustimmen und Ihrer politischen Verantwortung auch gerecht zu werden –, ist ein Nationaler Ak­tionsplan gegen Übergewicht bei Kindern in Österreich. Wir wissen natürlich, dass wir nicht nur seit der Pandemie, sondern dank der Segnungen der Digitalisierung und an­derer gesellschaftlicher Entwicklungen junge Menschen haben, die den Weg zum Sport und zur gesunden Ernährung noch nicht gefunden haben. Auch denen helfen wir mit einer nationalen Strategie. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) – Danke, Herr Bun­desminister, dass Sie sich ganz klar dazu bekennen! Das wird ein wertvoller Schritt auch für die Ernährung und für die Jugendpolitik in Österreich werden. (Abg. Rauch: Was du alles aufzählst ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt noch zur Energieberatung, die wir gesetzt haben: Das ist halt ein Unterschied, Herr Kollege Drobits. Wir machen nicht Einzelmaßnahmen, sondern wir haben gesamtheitli­che Strategien. Nehmen Sie den Teuerungsausgleich her, nehmen Sie die Politik her, dass wir im System einsparen, damit die Menschen mehr Geld bekommen, und setzen Sie noch eins drauf – nämlich die Hilfe zur Selbsthilfe mit der Energieberatung, die wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner, mit Kollegin Fischer, auf die Reise gebracht ha­ben. (Abg. Belakowitsch: ... noch amal, noch ein Packerl, unglaublich!) Da wird noch den Schwächsten in der Gesellschaft geholfen. Es werden individuelle Konzepte erstellt, und am Ende des Tages wird auch noch das Heizsystem kostenlos ausgewechselt – ein sozialpolitischer Meilenstein, der richtig und notwendig ist, weil er mithilft, die ökosoziale Transformation für die Menschen in Österreich umzusetzen. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Unsere Hand bleibt aber ausgestreckt. Wir haben so viele ernste Themen, die uns heute beschäftigen (Abg. Belakowitsch: Ach so, drum die Kabaretteinlage! – weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ): der Krieg, das Thema des sozialen Wandels der Gesellschaft. Gehen wir den Weg gemeinsam! Wir strecken beide Hände aus – zur Sozialdemokratie, zu den Freiheitlichen, zu den NEOS. Wir tun es schon, gemeinsam mit unserem Koali­tionspartner: Übernehmen wir gemeinsam Verantwortung für die Österreicherinnen und Österreicher!


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Danke, Herr Bundesminister! Ich freue mich auf eine tolle, gute Zusammenarbeit mit Ihnen, auch in Ihrer Funktion als Konsumentenschutzminister. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.


16.18.41

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Peter Weidinger (Abg. Belakowitsch: Das war ein Kabarett!), jetzt habe ich gehört, was du uns da erzählt hast, und das bestätigt mich ganz einfach in der Annahme, dass sich die ÖVP beim Konsumentenschutz noch nie ausgekannt hat und noch nie gewollt hat, dass in dieser Richtung etwas weitergeht. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich möchte zum Punkt 23, das Basiskonto betreffend, sprechen. Das ist am 18. Septem­ber 2016 von unserem Minister von der SPÖ, von Alois Stöger, eingeführt worden und war die Grundlage. Es sollte ein Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen sein. Es wurde Basiskonto genannt und gilt für alle in Europa, die einen rechtmäßigen Aufenthalt in der EU haben. Sie dürfen so ein Basiskonto haben.

Wer braucht so etwas?, oder: Für wen wird so etwas eingeführt? – Sagen wir es mit einem Beispiel: Grundsätzlich kann jemand, der in Privatkonkurs geht, so etwas beantra­gen. Ich glaube, das ist das einzig Richtige, da den Ärmsten der Armen zu helfen, dass das passt und dass man sich das leisten kann, weil man sonst – wenn man nicht einmal ein Basiskonto zusammenbringt – nicht mehr zur Gesellschaft gehört. Ich weiß, dass Herr Wolf, Herr Benko oder Herr Karl-Heinz Grasser das nicht brauchen. Letzterer hat überhaupt kein Konto gebraucht, der hat die 500 000 Euro im Koffer umhergetragen. Das ist mir klar, dass der das nicht gebraucht hat.

Was wir aber bei diesem Antrag von der FPÖ beanstanden, ist, dass das an die Staats­bürgerschaft gekoppelt sein soll. Ich glaube, das brauchen wir nicht, das sind EU-Bürger, die brauchen nicht extra eine Staatsbürgerschaft nachzuweisen, wie das in dem Antrag drinnen steht. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Ich sage, dass man das nicht braucht.

Abschließend noch zwei Sätze betreffend Maßnahmen gegen Energiearmut: Na ja, glaubt ihr von der ÖVP, aber vor allem ihr von den Grünen wirklich, dass man, wenn jemand einen neuen Kühlschrank einbaut, den er sich gar nicht leisten kann, weil er nicht einmal ein richtiges Konto bekommt, sondern nur ein Basiskonto, dann hergehen und sagen kann: Richtig lüften, dann habt ihr etwas für das Energiesparen getan!? (Zwi­schenruf des Abg. Weidinger.) Ich glaube, wenn ihr von den Grünen – ihr seid da wirk­lich im Speziellen angesprochen – diese 10 Millionen Euro für die Menschen anstatt für diese Infokampagne verwendet, sodass sie in Zukunft kein Basiskonto mehr brauchen, dann habt ihr das Geld richtig eingesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte sehr.


16.21.07

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Ausbau der Energieberatung und den zusätzlichen Maßnahmen: Bereits gestern hatten wir ja eine Debatte zur aktuellen Situation der stark steigenden Energiepreise. Sie machen das Heizen teurer, sie machen die Lebensmittel teurer und sie machen die Menschen im Grunde arm.


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Ja, wir unterstützen die Schaffung niederschwelliger Angebote im Bereich der Energie­beratung, aber kann man von der Energieberatung wirklich aus der Energiearmut he­rausberaten werden? Macht Beratung das Leben wirklich leistbarer? – Nein! Und das ist keine Antwort aus dem Bauch heraus, sondern das ist die Antwort des Rechnungshof­berichts dazu. Menschen, die sowieso jeden Cent umdrehen müssen, können aus der Energiearmut nicht herausberaten werden.

Die Ursachen für Energiearmut sind laut dem Bericht des Rechnungshofes dreierlei: das niedrige Haushaltseinkommen, überproportional hohe Energiekosten und die schlechte Energieeffizienz der Gebäude und Wohnungen, in denen diese Menschen leben. Was braucht es also? Eines ist klar: definitiv keine Erhöhung der Pendlerpauschale.

Folgende zu treffende Maßnahmen würde ich zusätzlich empfehlen: Das Erste ist einmal eine Sanierungsoffensive, und zwar in den Wohnungen, auch in geförderten Wohnanla­gen, in denen Menschen, die von Energiearmut betroffen sind, leben.

Das Zweite sind natürlich Investitionen in die Energiewende, um das Angebot zu erhö­hen. Statt 400 Millionen Euro in die Pendlerpauschale oder in den Pendlereuro zu ste­cken, wäre es klüger, auch dieses Geld in den Ausbau erneuerbarer Energien zu in­vestieren, in Balkonkraftwerke und vor allem auch Stromspeicher. Wir wissen ja, das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Zur Erhöhung und Entlastung der Haushaltseinkommen zwei Dinge: Das Erste – und wir werden es gebetsmühlenartig wiederholen; die Grünen haben uns da gestern ein biss­chen aufs Korn genommen, aber wir werden es so lange wiederholen, bis Sie es auch wirklich umsetzen –: Schaffen Sie die kalte Progression ab und entlasten Sie die arbei­tenden Menschen!

Das Zweite: Daten belegen, dass insbesondere junge Menschen und junge Familien unter der Teuerung leiden. Erst gestern hat die WU eine Studie herausgegeben, in der sie genau aufgezeigt hat, dass vor allem Alleinerzieherinnen armuts- und ausgrenzungs­gefährdet sind. Es braucht ein Gesamtpaket für diese Menschen mit höheren Absetzbe­trägen, aber auch Sachleistungen.

In acht von neun Bundesländern ist die Kinderbetreuung kostenpflichtig. Streichen Sie das und sorgen Sie auch dafür, dass jedes Kind in Österreich zumindest eine warme und gesunde Mahlzeit bekommt. Schenken Sie durch die kostenfreie Kinderbetreuung den alleinerziehenden Frauen die Freiheit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, in dem Ausmaß, das es ihnen erlaubt, die steigenden Kosten selbst abzudecken – und degra­dieren Sie sie nicht wieder zu Bittstellern und Almosenempfängern!

Schließlich braucht es natürlich auch eine Evaluierung der Treffsicherheit und Wirksam­keit der Maßnahmen, die ich Ihnen vorgeschlagen habe, und auch aller anderen Maß­nahmen, die es bereits gibt. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

16.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kirchbau­mer. – Bitte.


16.24.57

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und hier bei uns auf der Galerie! Kollege Drobits ist leider nicht mehr im Saal. (Abg. Drobits hebt die Hand. – Abg. Leichtfried: O ja, da ist er! Aber er wechselt immer den Platz!) – Ah, Entschuldigung, ich habe dich leider nicht gesehen. Ich möchte dir ganz gern etwas sagen: Die SPÖ spricht von sozialer Kälte. Wien ist Vorreiter, was soziale Kälte angeht. Ich spreche von der jährlichen Valorisierung der Wohnkosten in der Stadt Wien und davon, dass diese jetzt auch nicht ausgesetzt worden ist. Das sind seit 2010 für jeden


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Haushalt pro Jahr 1 500 Euro. Also ich glaube schon, dass wir darüber reden müssen; Frau Kollegin Deckenbacher wird auf das Thema, wie sozial doch das rote Wien ist, noch einmal näher eingehen.

Ein komplexeres Thema als die Energie gibt es tatsächlich nicht. Jedem recht getan ist eine Kunst, die niemand kann, und da möchte ich jetzt an dieser Stelle schon sagen: Was immer wir tun, ist falsch. Es ist ganz egal, was man macht: Versucht man, nieder­schwellig Beratungssysteme einzuführen, dann ist es nicht in Ordnung, dann braucht man das große Ganze. Haben wir das große Ganze, dann braucht es kleinere Mittel und Wege. Diese kleineren Mittel und Wege möchten wir mit einem Volumen von 15 Mil­lionen Euro in die Haushalte bringen. 5 Millionen Euro werden für die Beratung und 10 Millionen Euro werden für die Bekämpfung der Energiearmut investiert – zu den schon jetzt beschlossenen 1,7 Milliarden Euro, die die Bundesregierung zur Verfügung stellt, um eben genau diesen Menschen zu helfen, die mit Energiearmut zu kämpfen haben. (Beifall des Abg. Hörl.)

Ich möchte das noch einmal taxativ aufzählen: ein 150-Euro-Gutschein für jeden Haus­halt. Ich habe mir gestern erklären lassen: 4 Prozent der Österreicherinnen und Österrei­cher können diesen nicht einlösen – 4 Prozent! –, und der Rest der Österreicherinnen und Österreicher sehr wohl. Also bitte, meine Damen und Herren, lassen Sie die Kirche im Dorf!

Die Ökostrompauschale und der Ökostromförderbeitrag werden auf null gesetzt. Der Teuerungsausgleich wird gestaffelt von 150 bis 300 Euro ausbezahlt. Bei vulnerablen Gruppen wird genauso geschaut, dass diese Menschen nicht in kalten Wohnungen sit­zen müssen, so wie es von der Opposition immer dargestellt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem neuen Maßnahmenpaket, das am vergangenen Wochenende, am Sonntag, von Finanzminister Magnus Brunner und von Bundesministerin Gewessler vorgestellt wurde, investieren wir weitere 2 Milliarden Euro für genau diesen Teuerungsausgleich, es ist ein Antiteuerungspaket. Ich glaube, das lässt sich sehr wohl sehen in Österreich, was wir hier machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas ganz kurz zum Antrag betreffend „Ausbau der Energieberatung und zusätz­liche Maßnahmen gegen Energiearmut“. Meine Damen und Herren! Es gibt nach wie vor Haushalte, die vielleicht nicht immer genau wissen, wie man schnell, effizient Energie und zugleich auch CO2 einsparen kann, nämlich indem man vielleicht das Thermostat des Heizkörpers richtig einstellt. Ich komme manchmal in Haushalte, da haut es mich, wenn ich bei der Haustür hineingehe, fast wieder zurück vor lauter Wärme. Es wäre also gut, wenn wir uns das einmal anschauen würden. Man zieht das ins Lächerliche, so quasi: Ja, dann rücken wir halt die Couch ein bissel vom Heizkörper weg! – Ja, das hilft, meine Damen und Herren, genau solche Maßnahmen helfen! (Zwischenruf der Abg. Be­lakowitsch.) Und da kann man schnell helfen, denn: Schnelle Hilfe ist genauso wichtig wie finanzielle Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundesminister.


16.28.53

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Ein paar Bemerkungen zu den Themen Ombuds­stelle Zahlungsverzug und dann vielleicht auch noch zum Basiskonto und zum Konsu­mentenschutz insgesamt. Es soll ja nicht der Eindruck entstehen, Herr Kollege, dass mir der Konsumentenschutz, obwohl das K in der Bezeichnung des Ministeriums an letzter


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Stelle steht, egal ist, ganz im Gegenteil. Ich möchte einmal mein Verständnis darlegen, wie ich KonsumentInnenschutz verstehe.

Zunächst die Feststellung: Diese Einrichtung brauchen wohl jene Menschen am ehes­ten, die sich eine anderweitige Rechtsberatung nicht leisten können, weil sie das ent­sprechende Einkommen nicht haben. Das heißt, ältere Menschen, Menschen mit gerin­gem Einkommen, die nicht in der Lage sind, auf Rechtsberatung anderweitig zuzugrei­fen, brauchen den ganz besonderen Schutz in dieser Frage, und das ist auch der Zu­gang, den ich beispielsweise aus der Schuldnerberatung mitgenommen habe.

Wenn ich Ihnen jetzt sagen darf, dass die Ombudsstelle in meinem Haus bis zum heu­tigen Tag 150 Konsumentinnen und Konsumenten beraten hat, auch konkret Interven­tionen bei Bankinstituten getätigt hat, dass diese Interventionen vor allem Pensionistin­nen und Pensionisten betroffen und dass diese Interventionen zum Erfolg geführt haben, dann ist dies der Zugang, wie ich ihn verstehe: konkret Hilfe zu leisten, Lösungen zu suchen, zu intervenieren und dann auch ganz konkret zu helfen. Diese Menschen haben sich nämlich nicht mehr zu helfen gewusst, haben sich an die Ombudsstelle gewandt, und dort ist es gelungen, tatsächlich rasch zu helfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Basiskonto: Es ist, finde ich, schon beeindruckend, dass im Zeitraum vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2021 insgesamt 23 222 Basiskonten errichtet und eingerichtet worden sind. Das zeigt nämlich ganz deutlich: Das ist notwendig gewesen – es wurde lange Zeit bestritten, dass es so etwas braucht. Es ist evident: Das wirkt und nützt.

Von diesen Antragstellungen beziehungsweise insgesamt beantragten Basiskonten sind lediglich 621 abgelehnt worden, die meisten davon mit der ganz einfachen Begründung: Es gibt bereits ein Konto.

Also das Nichtfunktionieren des Basiskontos ist, glaube ich, damit sozusagen widerlegt worden. Wenn Anpassungen notwendig sind, werden diese auch gemacht. Sie wissen, dass die Europäische Kommission gerade eine umfangreiche Prüfung der Richtlinien vollzieht, und spätestens dann werden wir auch allfällige Anpassungen vornehmen – aber insgesamt sei gesagt: Das Basiskonto funktioniert. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Deckenbacher zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


16.31.55

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir alle, aber vor allem die Ärmsten in unserem Land, spüren den starken Anstieg der Energiekosten – geschuldet auf der einen Seite der Coronakrise, aber auch den Unsicherheiten rund um den schrecklichen Krieg in der Ukraine und damit verbunden natürlich der Liefersituation von russischem Gas und Öl.

Zu Beginn dieser Woche hat die Bundesregierung bereits ein weiteres Entlastungspaket vorgestellt, und insgesamt soll dieses mit etwa 4 Milliarden Euro eine Entlastung für alle, die in Österreich leben, bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zum vorliegenden Antrag: Da soll der Energiearmut mit gezielten Maßnahmen ent­gegengewirkt werden. Von Energiearmut betroffen sind eben jene Menschen, die ange­sichts hoher Strom- und Heizkosten ein höheres Risiko haben, in die Armutsfalle zu ge­raten – ja, und das sind vor allem Mindestsicherungsbezieher, das sind Pensionistinnen und Pensionisten, das sind alleinerziehende Elternteile, aber auch viele Frauen.


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An dieser Stelle möchte ich an den Teuerungsausgleich erinnern, den wir bereits im Jänner auf den Weg gebracht haben, und daran, dass wir gestern unter anderem auch einen Energiekostenausgleich für alle Haushalte beschlossen haben. Ja, und zusätzlich setzen wir auch auf Beratung, um Menschen zu informieren, sie zu unterstützen und ihnen zu zeigen, wie sie energieeffizient agieren und Kosten einsparen können. Auch wenn das oft noch so banal und einfach erscheint, denke ich, ist das extrem wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Da kann man sehr wohl von sozialen Maßnahmen sprechen.

Erlauben Sie mir, als Wiener Abgeordnete den Blick nach Wien und auf die SPÖ-NEOS-geführte Stadtregierung zu richten, denn ich frage Sie jetzt: Ist es wirklich sozial, in dieser prekären Situation die Gebühren und Abgaben für Wasser, Abwasser und Müll automa­tisch immer wieder jedes Jahr aufs Neue zu erhöhen, damit gleichzeitig die Wohnkosten und Lebenshaltungskosten zu erhöhen und damit eine weitere Belastung für die Bürge­rinnen und Bürger zu erzielen? – Ich denke, das ist alles andere als sozial. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist in Wien höchst an der Zeit, dieses Teuerungsgesetz abzuschaffen, zum Beispiel einen Heizkostenzuschuss einzurichten und auch die Gebrauchsabgabe für Gasleitun­gen zu senken. Ein Großteil der Wiener Gaskunden wird von Wien Energie beliefert, die zu 100 Prozent im Besitz der Gemeinde ist. Sagen Sie mir jetzt nicht, dass da nicht eine verantwortungsvolle Preisbildung möglich wäre (Zwischenruf bei der SPÖ), denn Fakt ist: Auf Bundesebene wird entlastet, während in Wien, in einer Millionenstadt (Zwischen­ruf der Abg. Yılmaz), die Bürgerinnen und Bürger seit Jahren belastet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Weg aus der Krise führt über Entlastungen und nicht über neue Belastungen und Gebührenerhöhungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ottenschläger: Sehr richtig!)

16.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tanda. – Bitte.


16.35.40

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir ver­handeln jetzt, um diese Zeit, am Schluss dieser vier Tagesordnungspunkte, noch einmal den aus meiner Sicht entbehrlichen Antrag zur Optimierung – und beinahe zum Gold Plating – der Statistik zum Basiskonto.

Jede Privatperson mit einem rechtmäßigen Aufenthaltstitel in Europa hat seit Herbst 2016 Anspruch auf dieses Basiskonto. Dieses Konto bietet grundlegende Funktionen für alle Menschen, die andernfalls aufgrund ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten. Das heißt, es bietet eigentlich nur Grund­funktionen wie Einzahlung, Abhebung innerhalb der EU und Onlinebanking an. Was beim Basiskonto besonders wichtig ist und was auch viele vielleicht nicht wissen: Man kann es nicht überziehen. Man braucht auch keinen festen Wohnsitz.

Jetzt komme ich genau darauf zurück: Dieser Antrag der FPÖ, der eine detaillierte Sta­tistik fordert, die die Staatsbürgerschaft, die Ablehnungsgründe und die Kosten auswei­sen soll (Zwischenruf des Abg. Wurm), ist wirklich absolut entbehrlich. Aus unserer Sicht entsteht nämlich keine statistische Lücke, denn es gibt ja Verordnungen, die ganz genau besagen, welche meldepflichtigen Daten man benötigt.

Zunächst einmal meldet die FMA der Europäischen Kommission bereits alle zwei Jahre die Anzahl der Kreditinstitute, die Basiskonten anbieten, und auch die Anzahl der eröffne­ten und der abgelehnten Basiskonten. Es ist so, dass man ein Basiskonto in Österreich


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nur aus zwei Gründen ablehnen kann: Der eine Grund ist, weil man bereits ein Girokonto hat, wie es der Herr Bundesminister schon gesagt hat, der andere Grund sind kriminelle Machenschaften, die entweder die Bank oder die dort arbeitenden MitarbeiterInnen in Bedrängnis führen. Also es gibt ohnehin nur zwei Gründe, wofür brauche ich dann noch eine Statistik? – Das ist wirklich überbordend.

Dann diese Frage nach den Kosten: Man braucht bloß zu googeln. Ein Basiskonto hat fix festgelegte Kosten: 83,45 Euro pro Jahr; für Personen, die sozial oder wirtschaftlich schwach sind: 41,73 Euro pro Jahr. Also wozu diese statistische Erhebung? – Auch das ist klar festgelegt.

Der letzte Punkt – das verstehe ich überhaupt nicht –: Wie kann man denn fordern, dass die Staatsbürgerschaft ausgewiesen wird? – Wie wir bereits gehört haben: Wir alle sind EU-Bürger. Das ist so irrelevant, und die Menschen brauchen nicht einmal einen festen Wohnsitz. Welche Relevanz hat es, dass ich weiß, welchem Staatsbürger das Konto abgelehnt wurde? Auch aus datenschutzrechtlichen Gründen ist das strikt abzulehnen (Zwischenruf des Abg. Rauch), denn diese Daten unterliegen dem Bankgeheimnis, liegen also nur der Bank vor.

Aus diesen sachlichen Gründen, weil darüber hinaus ohnehin eine Untersuchung statt­findet, es eine Vorgabe gibt und Gold Plating in vorauseilendem Gehorsam wirklich nicht erforderlich ist, lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir verlegen die Abstimmung wie vereinbart an das Ende der Tagesordnungspunkte, die den Ausschuss für Konsumentenschutz betreffen.

16.39.1825. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 1627/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesrepara­turbonus (1396 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Feichtinger. – Ich darf Sie bitten.


16.39.47

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Wiener Reparaturbonus ist eine Er­folgsgeschichte, er verfolgt ökologische, soziale und konsumentenschutzpolitische Ziele. In den drei Aktionszeiträumen ab September 2020 konnten die Wienerinnen und Wiener online einen Bon beantragen. Sobald sie ihn bekommen haben, konnten sie ihn inner­halb eines gewissen Zeitrahmens beim Reparaturnetzwerk – das sind 90 Betriebe mit über 100 Standorten – einlösen. Gefördert wurden rund 50 Prozent der Bruttorechnungs­summe bis zu maximal 100 Euro.

Durch diese unbürokratische Förderung konnten 32 000 Gerätschaften repariert wer­den. Das bedeutet eine Einsparung von unglaublichen 770 Tonnen CO2. Was bedeutet das faktisch? – Würde man die Lebensdauer aller Waschmaschinen, Notebooks, Tab­lets und Smartphones im EU-Raum um ein Jahr verlängern, würde das eine Einsparung von 4 Millionen Tonnen CO2 bedeuten – so viel wie 2 Millionen Autos auf unseren Stra­ßen einsparen würden, wenn sie einen Tag nicht fahren würden.


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Das Wiener Modell des Reparaturbonus hat auch die US-Großstadt Portland überzeugt, sie hat diesen eingeführt. Auch der Bundesstaat Washington überlegt, ihn umzusetzen. Nicht nur Wien fördert Reparaturen, es gibt auch andere Bundesländer, die das umset­zen. Wir als SPÖ unterstützen daher den Antrag, den Wiener Reparaturbonus auf ganz Österreich auszuweiten. Unser Motto ist, keinen Fleckerlteppich in Österreich zu haben, sondern dies einheitlich umzusetzen.

Was betreffend diese Regierung traurig ist: Wenn etwas in Wien gut funktioniert, heißt es noch lange nicht, dass es in ganz Österreich funktioniert. Wir haben es bei den Gur­geltests gesehen, die haben in Wien wirklich super funktioniert, in anderen Bundeslän­dern haben wir tagelang auf unsere Ergebnisse warten müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was spricht dagegen, den Wiener Reparaturbonus auf ganz Österreich auszu­weiten? In Wien funktioniert es. (Beifall bei der SPÖ.)

16.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Fischer ist die Nächste. – Bitte sehr.


16.42.03

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder diskutieren wir hier ein The­ma, das uns als Konsumenten und Konsumentinnen beschäftigt. In kürzester Zeit gibt es eine Lösung dafür, und zwar bundesweit. (Abg. Wurm: Wie schaut die aus? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Heiterkeit der Abgeordneten Kaniak und Wurm.) Wie ihr vielleicht schon gesehen habt, gibt es für alle, die Elektrogeräte reparieren lassen wollen, einen guten, einfachen Weg. Die Unternehmen, die sich beteiligen wollen, können sich bereits seit 10. März auf der Plattform reparaturbonus.at anmelden.

In einer Kreislaufwirtschaft braucht es auf der einen Seite Unternehmen und auf der an­deren Seite Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn man sich das Buch „Kreislauf­wirtschaft“ von Sepp Eisenriegler durchliest, wird einem bewusst, dass wir vor 20 Jahren nicht darüber nachgedacht haben, dass wir mit unserem Konsumverhalten Elektro­schrott ohne Ende produzieren. (Abg. Belakowitsch: O ja! Haben wir schon! O ja, schon!) Wer sich den Film „Welcome to Sodom“ über Elektroschrottdeponien in Ghana angesehen hat, weiß, was wir getan haben.

Ich meine, wir alle sollten bei unserem Konsumverhalten ansetzen und Produkte kaufen, die reparierbar sind (Abg. Belakowitsch: Wo gibt’s die?), Produkte, die länger haltbar sind. Man kann sich im Mediamarkt heutzutage beispielsweise ein I-Phone oder ein Fair­phone kaufen; ein Fairphone ist sogar günstiger, ich kann es einfach reparieren lassen und es werden keine seltenen Erden dafür verwendet. Ich kann mir bei Sepp Eisenriegler im Rusz eine Waschmaschine mieten. (Abg. Belakowitsch: Mieten?!) Es gibt viele Mo­delle, die da helfen. (Abg. Belakowitsch: ... in die Wäscherei gehen wie in den Sechzi­gerjahren oder in den Siebzigerjahren!)

Um die Details zusammenzufassen: Als ersten Schritt haben wir bei kleinen Reparaturen die Umsatzsteuer von 20 Prozent auf 10 Prozent gesenkt. Das macht sich vor allem bei der Reparatur von Fahrrädern oder bei Leistungen von kleinen Schneidereien, Werkstät­ten und auch Schustern bemerkbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: ... einen guten Schneider!)

Wenn wir klimafreundlich handeln, dann ist das auch Konsumentenschutz, und wenn wir reparierfähige Produkte in unseren Ortschaften reparieren lassen, tragen wir auch zur Wertschöpfung bei. Wir schaffen es so, dass kleine Reparaturbetriebe erhalten bleiben, auch das ist eine wirklich wichtige Maßnahme für unsere Wirtschaft. Ich glaube, es kann funktionieren, wenn Wirtschaft, Umweltschutz und Konsumentenschutz ineinandergrei­fen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)


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Die wichtigen Worte dazu sind: vermeiden, wiederverwerten, verwenden – und nicht glauben, dass der Einzelne, die Einzelne ausgenommen ist. Wenn wir uns Kleidung kau­fen, muss sie nicht immer neu sein, man kann auch in ein Secondhandgeschäft gehen. Ich zum Beispiel habe meine Jacke aus dem Laden in unserer Ortschaft und ich werde sie später an meine Tochter weitergeben. Es muss nicht immer alles neu sein (Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch), und wir müssen uns nicht immer, auch nicht hier im Haus, die neuesten Geräte kaufen. Manchmal muss man sich im Sinne des Klimaschutzes und der Umwelt ein bisschen zurücknehmen.

Ich weiß nicht, was da so lustig ist: Wir verbrauchen die Ressourcen der nächsten Gene­rationen. Es ist unser aller Aufgabe, CO2 einzusparen, und das können wir Step by Step gemeinsam schaffen. Dazu braucht es uns alle, und da muss es verdammt noch einmal egal sein, ob die Initiative aus Wien kommt, aus Graz oder aus Salzburg. All das ist gut und richtig, all das sind schöne Beispiele, aber hören wir doch mit den Einzelmaßnah­men auf und machen wir im Sinne des Konsumentenschutzes etwas Gemeinsames: Reparieren statt Wegwerfen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


16.46.40

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Frau Kollegin Fischer, was heißt das jetzt konkret? Ich habe mir gedacht, Sie kommen heute heraus und stellen das konkret vor, oder der Minister weiß vielleicht ir­gendetwas, da es ja ein grünes Ministerium ist. Online gibt es nämlich noch nichts, Frau Kollegin. (Abg. Fischer überreicht dem Redner ein Schriftstück.) – Ja, das sind die Ideen, Frau Kollegin Fischer, es gibt aber noch nichts Konkretes. Es gibt nur eine Mel­dung des Pressedienstes Ihrer Ministerin Gewessler, die verspricht, im Frühjahr werde konkret umgesetzt. (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) Es gibt aber nichts Konkretes, es gibt nur Ideen.

Vielleicht auch noch einmal zur Erklärung, weil viele in Österreich sich jetzt wundern werden: Wir haben den sogenannten Reparaturbonus schon im Februar im Parlament beschlossen, allerdings im Rahmen der Novelle zum Umweltförderungsgesetz. Dort, Frau Kollegin Fischer, steht drinnen: „Reparatur von elektrischen und elektronischen Ge­räten“. – Ihre Geschichte, dass man andere Sachen reparieren lassen kann, findet sich dort nicht. (Zwischenruf der Abg. Rössler.)

Wir sind ja grundsätzlich guter Hoffnung, dass Frau Kollegin Gewessler da etwas Ver­nünftiges in die Welt bringt. Ich darf aber schon noch einmal sagen, das basiert auf Akti­vitäten von uns, Frau Kollegin Fischer, aber wir haben einen Reparaturbonus in der Höhe von 1 000 Euro pro Jahr und pro Person verlangt. Sie sprechen jetzt von Ideen, dass in der Höhe von 100 Euro gefördert wird.

Summa summarum muss man noch einmal erklären – das wird die Menschen wahr­scheinlich mehr interessieren –, dass die meisten Dinge nicht reparierbar sind, weil sie so produziert werden, dass sie nach einer gewissen Zeit kaputt sein sollen (Zwischenruf des Abg. Matznetter), damit der Konsument wieder etwas Neues kauft. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Das ist keine neue Geschichte, das diskutieren wir seit vielen Jahren, und wir haben da auch versucht, etwas zu machen.

Da sind die Grünen und die ÖVP vielleicht eh die richtigen Ansprechpartner: Die Euro­päische Union verhindert diese Dinge nicht, sondern sie unterstützt das, und das ist ganz furchtbar. (Abg. Weidinger: Das hat sich geändert!) Die Lobbyisten in Brüssel, Kollege Weidinger (Abg. Weidinger: Das hat sich geändert!), geben der Europäischen Union Gesetze vor, damit das für die Industriebetriebe dieser Welt funktioniert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 149

So, und wenn wir an der Ursache nichts ändern, dann werden wir mit diesen Geschich­ten in letzter Konsequenz – Frau Kollegin Fischer, das weißt du auch – nur kosmetische Reparaturen machen, aber das Problem der Ressourcen nicht endgültig lösen. Mir per­sönlich und uns Freiheitlichen ist es immer darum gegangen, dieses Problem wirklich von der Wurzel anzugehen, nämlich bei der internationalen Großindustrie, die gezwun­gen werden muss, Elektrogeräte oder andere Dinge zu produzieren, die auch reparierbar sind.

Ich schaue mir an, wer in Ottakring einen Kühlschrank, der irgendwo in China produziert wird, reparieren kann. So einfach wie früher ist das leider Gottes nicht mehr. Es sind viele elektronische Bestandteile drinnen, Chips, auf die sie gar nicht zugreifen können, und, und, und.

Das heißt: Reparaturbonus endlich am Weg – haben ja auch wir initiiert, und auch ande­re Kollegen, das muss man dazusagen, nämlich von der Sozialdemokratie (Zwischenruf bei den Grünen); in Wien gibt es das schon länger; passt tadellos –, hinsichtlich Umfang bin ich gespannt, was Frau Gewessler konkret vorlegt. Das wird uns aber nicht helfen, das wirklich zu lösen, außer die Großindustrie wird auf europäischer Ebene und interna­tional gezwungen, reparaturfähige Geräte auf den Markt zu bringen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Smodics-Neumann.)

16.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Egger. – Bitte sehr.


16.50.47

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Freiheitlichen gibt mir die Möglichkeit, auf drei Dinge einzugehen. Erstens: Es ist immer wieder faszinierend, dieses blaue Wer­ben um die rote Liebe zu sehen, wenn es darum geht, rote Ideen umzusetzen. (Heiterkeit des Abg. Weidinger.) Das hat sich über die letzten Monate ganz gut manifestiert und das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren (Abg. Belakowitsch: In den letzten Mona­ten? Das glaub ich weniger!), weil das besser zu funktionieren scheint, als manche zuge­ben wollen.

Die Idee ist auf dem Weg. Das Umweltförderungsgesetz, das wir das letzte Mal bespro­chen und beschlossen haben, hat für diesen Bereich vorgesehen, dass wir 130 Millionen Euro in die Hand nehmen, und wir nehmen pro Fall nicht nur 100 Euro in die Hand, sondern wir nehmen auch maximal 200 Euro in die Hand. (Die Abgeordneten Kühber­ger und Weidinger nicken.) Wenn man das hochrechnet, dann sind das zumindest 650 000 Förderfälle, die damit abgearbeitet werden können, und das ist der unterste Wert. Wir gehen also davon aus, dass zumindest eine Million Elektrogeräte in der Neu­anschaffung eingespart werden können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

Ich finde diese Idee auch deswegen großartig, weil das den Gewerbebetrieben in wirt­schaftlich gerade sehr schwierigen Zeiten die Möglichkeit gibt, mit ihren Dienstleistungen Wertschöpfung zustande zu bringen und dementsprechend auch aufzuzeigen, was klas­sisches Handwerk kann. Die Palette der geförderten Produkte reicht von der Waschma­schine über den Föhn bis hin zum Hochdruckreiniger – also eine ganz große Palette. Lieber Kollege Wurm, Sie brauchen nur auf reparaturbonus.at nachzuschauen, da ist angeführt, welche Kategorien enthalten sind, wie sich die Betriebe dort anmelden kön­nen und wie das abgewickelt wird.

Der dritte Punkt, den ich erwähnen möchte, ist: Ich möchte mich an dieser Stelle, da es ja auch immer wieder in großen Tönen Unternehmerbashing gibt, bei 233 254 Betrieben aus der Sparte Gewerbe und Handwerk bedanken. Sie beschäftigen 770 000 Mitarbei­ter, bilden Lehrlinge großartig aus und tragen sehr viel zur Wertschöpfung in diesem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 150

Land bei. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Fischer und Rössler. – Abg. Ottenschläger: Eine gute Rede!)

16.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rössler. Bei ihr steht das Wort. – Bitte.


16.53.46

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Zuhörerin­nen und Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen! Der Reparaturbonus ist in jedem Fall eine Erfolgsgeschichte, die man auch nicht schlechtreden kann. Das Hauptziel des Re­paraturbonus ist natürlich die Nutzungsdauer, die Lebensdauer von Produkten zu verlän­gern, die Wertschöpfung der Reparaturdienstleistungen in der Region zu halten und – wie schon angesprochen wurde – damit auch Betriebe, die auch Lehrlinge ausbilden und Reparaturen anbieten, zu schützen oder zu unterstützen, und letztlich auch Abfallmen­gen zu verringern.

Warum ist es so wichtig, genau auf diesen Bereich, den Bereich der Elektro- und Elektro­nikgeräte, zu schauen? – Weil die Abfallmengen in diesem Bereich unter anderem die sind – neben Textilien –, die stark steigen. Der Reparaturbonus ist ein Teil, der dazu beiträgt oder der das Potenzial birgt, diesen Abfall, sozusagen die Abfallmengen deutlich zu reduzieren.

Schauen wir auf die Mengen: Bei Elektro- und Elektronikaltgeräten steigt die Abfallmen­ge tatsächlich sehr stark, und dies beinhaltet vor allem drei Probleme: Einerseits ist es eine komplexe Mischung von Werkstoffen, mit gefährlichen Inhaltsstoffen, auf die ich noch eingehen möchte und die auch eine Umweltbelastung sind, und die Komponenten und die Inhaltsstoffe sind für sich auch von der Erzeugung her eine Umweltbelastung. Daher macht es sehr viel Sinn, sich genau diese Sparte von Produkten näher anzusehen.

Die getrennte Sammlung ist derzeit über die Sperrmüllsammlung, über die Problem­stoffsammlung in den Kommunen aufgebaut; Elektronikgeräte können dort zurückgege­ben werden, aber auch im spezialisierten Handel, denn es ist wichtig, dass auch dort Elektrogeräte zurückgegeben werden können. Genau da setzt es an, denn alles, was man sozusagen davor noch reparieren kann, verringert den großen Aufwand dieser Ab­fallfraktion. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Es sind derzeit 40 Anlagen zur Erstbehandlung dieser Abfallsorten in Betrieb, und da zeigt sich, warum es so viel Sinn macht, die Lebensdauer zu verlängern. Seit Beginn dieser Sammlung wurden in Österreich etwa 1,1 Millionen Tonnen Altgeräte erfasst, und da macht es schon Sinn, genauer hinzuschauen, was denn die Inhaltsstoffe sind. Es konnten dabei fast 600 000 Tonnen Metalle, also Nichteisenmetalle wie Kupfer und Alu­minium und verschiedene andere Metalle, recycelt werden – das heißt, es macht Sinn, genau diese Fraktionen rauszuholen und wiederzuverwerten –, aber auch 400 000 Ton­nen Kunststoffe und Glas und immerhin 3,2 Tonnen Gold.

Natürlich ist es wichtig, all diese Wertstoffe zu erhalten, sie nicht vorzeitig zum Abfall werden zu lassen und die Geräte, in denen alle diese Stoffe enthalten sind, so lange wie möglich in Verwendung zu halten. Der Reparaturbonus ist ein wichtiger Beitrag, ein Bau­stein in Richtung Kreislaufwirtschaft, für längere Nutzungsdauer. Vor allem aber sind das auch die Nachhaltigkeitskriterien in der öffentlichen Beschaffung, denn der Aktionsplan Nachhaltige Beschaffung beinhaltet genau diesen Punkt: dass bei der Beschaffung – und das ist inzwischen seit letztem Sommer für alle Bundesstellen verbindlich – Spezifi­kationen für die IT und Elektrogeräte verlangt werden, unter anderem eine mindestens vier bis sieben Jahre lange Verfügbarkeit von Ersatzteilen – das ist ein wichtiger Teil –, aber auch die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen und anderen Materialien.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 151

Der Schritt in Richtung verlängerte Lebensdauer, Reduktion der Abfallmengen, Reduk­tion der Schadstoffe und Forcierung der Kreislaufwirtschaft – genau da setzt der Repa­raturbonus an der richtigen Stelle an. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte sehr.


16.57.53

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Jetzt ist auch die Bundesregierung draufgekommen, dass man einen Reparaturbonus herbeischaffen kann, etwas, was Wien schon länger hat und was übrigens unter Rot-Grün eingeführt und verlängert wurde. Es klappt wunderbar.

Da die RednerInnen – es waren vor allem Rednerinnen – heute immer wieder auf Wien losgehen – das tun Sie sowieso, aber heute im Besonderen (Ruf bei der ÖVP: Die armen Wiener!) –, und Kollegin Kirchbaumer sagte, pro Haushalt werden in Wien die Gebühren um 1 500 Euro erhöht: Woher habt ihr das? Was wisst ihr, was wir, die in der Regierung sind, die SPÖ und die NEOS, nicht wissen? Es sind keine Gebührenerhöhungen in Wien geplant, keine Gebühren geplant! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordne­ten Gerstl und Ottenschläger.)

Wissen Sie aber, was geplant und beschlossen ist? (Abg. Gerstl: Gerade erst verkündet: Fernwärmeerhöhung!) – Für Arbeitslose, für Wohnbeihilfebezieherinnen und -bezieher und für MindestpensionstInnen 200 Euro Energiekostenzuschuss (Abg. Ottenschläger: Ihr habt ja die Gebühren schon erhöht! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), der direkt mit den Energievertreibern abgerechnet wird. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Für heuer nicht mehr geplant, weil es schon ...!) Das ist beschlossen. Gebühren? – Nein! Schreibt es auch auf (neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP): Es sind keine Gebührener­höhungen in Wien geplant. (Abg. Ottenschläger: Was heißt geplant, ihr habt sie ...!) Wir sagen es euch rechtzeitig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ottenschläger: Das ist ja unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich verlege die Abstimmung wieder an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Konsumentenschutz.

16.59.4726. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2316/A(E) der Abgeordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendli­chen“ (1397 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Werner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


17.00.13

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutie­ren den Entschließungsantrag betreffend „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 152

von Kindern und Jugendlichen“. Ziel ist die Schaffung eines Nationalen Aktionsplans gegen Übergewicht, Adipositas und Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen sowie die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes.

Da es im Ausschuss heftige Diskussionen darüber gegeben hat, möchte ich gleich zu Beginn festhalten, dass es, glaube ich, unstrittig ist, dass es uns allen fraktionsübergrei­fend – von ganz links bis ganz rechts – wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche gesund sind und dass wir in diese Gesundheit investieren.

Ich möchte auch festhalten, dass ich prinzipiell nichts gegen Pläne habe, und in diesem Zusammenhang ein Zitat bemühen, das Antoine de Saint-Exupéry zugeschrieben wird: Ein Ziel ohne Plan bleibt ein Wunsch. – Zitatende. Um also Ziele zu erreichen, braucht es Pläne. Pläne alleine reichen aber nicht aus. Sie müssen nämlich auch umgesetzt werden und dürfen nicht einfach in der Schublade landen.

Die Kinder und Jugendlichen, die in den letzten beiden Jahren besonders unter der Pan­demie gelitten haben (Abg. Belakowitsch: Nein, unter den Maßnahmen der Regie­rung!), haben es sich verdient, dass endlich etwas passiert und dass es nicht nur bei Ankündigungen und Plänen auf dem Reißbrett bleibt.

Ich fordere daher Ehrlichkeit in der Debatte. 2012 gab es bereits einen Aktionsplan Er­nährung, und die Zahl der Fälle von Diabetes, Adipositas und Essstörungen ist trotzdem gestiegen. – Warum?

Nationale Aktionspläne entwickeln oft nur Leitlinien. Konkrete Maßnahmen müssen erst wieder in anderen Bereichen ausgearbeitet werden, und die tatsächliche Umsetzung ist wieder von ganz anderen Budgets und Ressorts abhängig. Es würde sich daher anbie­ten, dass das Ministerium – statt diese Scheindebatte um diese Nationalen Aktionspläne zu führen – bereits vorliegende Empfehlungen, die es aus einem Rechnungshofbericht gibt, direkt umsetzt.

Es sollte also nicht um das Erstellen eines Plans gehen, der – zumindest laut Aussage des Vorgängers des Herrn Ministers – ohnehin schon in Ausarbeitung ist, oder um das Vorhaben, den Mutter-Kind-Pass weiterzuentwickeln, was ebenfalls schon passiert, son­dern um die konkrete Umsetzung von Maßnahmen. Diese Maßnahmen wurden eben schon im Rechnungshofbericht im letzten Herbst diskutiert.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2316/A(E) der Ab­geordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ (1397 d.B.) – TOP 26

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Entschließungsantrag wird wie folgt geändert:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, auf die Einführung nachfolgende Begleitmaßnahmen des Nationalen Aktions­plan Ernährung hinzuwirken:

- Schaffung eines Übereinkommens mit dem BMBWF zur Übermittlung der im Rahmen der schulärztlichen Untersuchung erworbenen Daten zu Körpergröße und Gewicht zu Forschungszwecken


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 153

- Angleichung der Veröffentlichungsintervalle des österreichischen Ernährungsberichts und des Nationalen Aktionsplans Ernährung

- Veröffentlichung der Jahresberichte der Nationalen Ernährungskommission

- Bundesweite Angebote durch gesunde Schulbuffets“

*****

Wie eingangs erwähnt: Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen liegt uns allen am Herzen. Machen wir einen ersten Schritt! Ich ersuche um breite Zustimmung.

Wenn Sie diese Zustimmung heute nicht geben können, liegt ein entsprechender Antrag auch im Gesundheitsausschuss zur Bearbeitung vor. Sie könnten dort eine Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 2316/A(E) der Ab­geordneten Peter Weidinger, Mag. Ulrike Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen" (1397 d.B.) – TOP 26

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Entschließungsantrag wird wie folgt geändert:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, auf die Einführung nachfolgende Begleitmaßnahmen des Nationalen Aktions­plan Ernährung hinzuwirken:

•     Schaffung eines Übereinkommens mit dem BMBWF zur Übermittlung der im Rah­men der schulärztlichen Untersuchung erworbenen Daten zu Körpergröße und Ge­wicht zu Forschungszwecken

•     Angleichung der Veröffentlichungsintervalle des österreichischen Ernährungsbe­richts und des Nationalen Aktionsplans Ernährung

•     Veröffentlichung der Jahresberichte der Nationalen Ernährungskommission

•     Bundesweite Angebote durch gesunde Schulbuffets“

Begründung

Ernährung ist ein maßgeblicher Faktor, wie gesund wir sind. Deshalb braucht es früh Gesundheitskompetenz und ein Bewusstsein für gesundes Essen. In diesem Kontext ist es auch Aufgabe des Staates, Kindern ein Bewusstsein dafür mitzugeben und klassische Programme wie die Schulmilch und die „gesunde Jause“ sind dafür seit Jahrzehnten Paradebeispiele. De facto reicht das aber schon lange nicht mehr und diese Tatsache ist altbekannt. Der Nationale Aktionsplan Ernährung war deshalb 2012 eine Reaktion auf die gesellschaftliche Entwicklung, seitdem sind die Zahlen zu Diabetes, Adipositas und Essstörungen aber noch weiter gestiegen. In anderen Ländern wurden die Kompetenz­programme für Jugendliche ausgebaut, der Gesundheitsstatus wird qualitativ beobach­tet und politische Gegenmaßnahmen wie beispielsweise die Zuckersteuer in England haben den Zuckergehalt in Softdrinks um rund 10% reduziert (1).


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 154

Dass besonders aufgrund der Pandemie und niedrigerer Einkommen das Ernährungs­verhalten nicht besser geworden ist, war auch rasch klar (2). In Folge dessen ist es nur richtig und angemessen, das Thema Ernährung unter Berücksichtigung der gesundheitli­chen Relevanz genauer in den Blick zu nehmen und verstärkt auf die Umsetzung sinn­voller Maßnahmen zu pochen. Dafür würden sich beispielsweise die Ergebnisse des Rechnungshofberichtes zum Nationalen Aktionsplan Ernährung 2012 anbieten, die erst im vergangenen Herbst im Nationalrat diskutiert wurden. Besonders intensiv war die De­batte im Rechnungshofausschuss, in der es einen breiten Konsens gab, dass beispiels­weise das Projekt „gesunde Schulbuffets“ weiter ausgerollt werden solle und in den Schulen ein stärkerer Fokus auf die Qualität von Essen gelegt werden solle.

Obwohl sie ein gutes Mittel zur Strategieerarbeitung darstellen, bieten Nationale Aktions­pläne oft nur Leitlinien, die konkreten Maßnahmen müssen erst in anderen Bereichen ausgearbeitet werden und deren tatsächliche Umsetzung ist wiederum von gänzlich an­deren Budgets und Ressorts abhängig. Konkret zuordenbar ist in diesem Fall aber die Forderung nach einem neuen Nationalen Aktionsplan Ernährung. Diese Forderung an das BMSGPK füllt zwar Debattenzeit, de facto wurde dieser aber bereits angekündigt und sollte schon in Ausarbeitung sein - wie in der Parlamentskorrespondenz zum Rech­nungshofausschuss im September nachzulesen ist:

„Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sicherte zu, im nächsten Nationalen Aktions­plan Ernährung, der 2023 erscheine, würden die Anregungen des Rechnungshofs ein­fließen“(3)

Anstelle nun Scheindebatten über die Inhalte eines Nationalen Aktionsplan zu führen, wäre es klüger, die Energie zu nutzen und vorliegende Empfehlungen umzusetzen.

Auch unter Bezugnahme auf Weiterentwicklungen des Mutter-Kind-Passes ist klar zu betonen, dass diese Weiterentwicklung bereits im Juni 2021 mit breiter Mehrheit ange­nommen wurde (4) und der Mutter-Kind-Pass als Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebens­jahr nunmehr auch im Ministerium bereits in Ausarbeitung ist. Auf Basis bisheriger For­schungsprojekte und internationaler Vergleiche, die bei der Weiterentwicklung als Hilfe­stellung dienen sollen (5), ist auch klar ersichtlich, dass der Eltern-Kind-Pass einen star­ken Fokus auf Ernährung und die Prävention von Essstörungen oder resultierenden Krankheitsbildern legen wird. Der gesamte Antrag der Regierung beinhaltet daher be­reits beschlossene und hoffentlich in Ausarbeitung befindliche Maßnahmen und zeigt lediglich auf, wie wenig es um die Inhalte geht.

Anstelle eines Nationalens Aktionsplans und des Eltern-Kind-Passes - die beide schon beschlossen sind - sollten daher konkrete Maßnahmen beschlossen werden. Auf Basis der bereits diskutierten Inhalte und zumindest verbaler Zugeständnisse sollten daher die Rechnungshofempfehlungen zum Nationalen Aktionsplan Ernährung ein Minimum an echten Beschlüssen darstellen und es ist davon auszugehen, dass diese im Nationalen Aktionsplan Ernährung 2023 vollständig beinhaltet sein werden. Der Vollständigkeit hal­ber zeigen die Rechnungshofempfehlungen aber noch einige Begleitmaßnahmen auf, die einem größeren Erfolg des Nationalen Aktionsplan Ernährung 2023 dienlich sein könnten.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fischer. – Bitte.


17.04.25

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Übergewicht und Essstörungen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 155

bei Kindern und Jugendlichen gibt es nicht erst seit der Pandemie. Es hat das auch schon früher gegeben. (Abg. Belakowitsch: Aber es ist verstärkt worden!) – Bitte? (Abg. Belakowitsch: Aber es ist verstärkt worden!) Es hat sich aber durch die Pandemie ver­stärkt. (Abg. Belakowitsch: Aber nicht durch die Pandemie, sondern durch Ihre Maß­nahmen, weil Sie die Kinder eingesperrt haben!)

Da das natürlich für uns alle ein wichtiges Thema ist, haben wir dazu einen Entschlie­ßungsantrag eingebracht, den ich – weil er anscheinend nicht mehr allen erinnerlich ist – noch einmal nur auszugsweise vorlesen möchte.

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird er­sucht, einen ‚Nationalen Aktionsplan gegen Übergewicht, Adipositas und Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen‘ zu erstellen und dem Nationalrat zuzuleiten. Dadurch soll auch gezielt dem Anstieg an Übergewicht und Adipositas sowie von Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen entgegengewirkt werden. Zudem ist der Mutter-Kind-Pass zum Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr weiterzuentwickeln. Im neuen Eltern-Kind-Pass sollen unter Einbindung der Länder und der Sozialversicherung etwa im Rah­men der Zielsteuerung Gesundheit standardisierte und qualitätsgesicherte Screenings zur psychischen Gesundheit, Ernährung und sozialer Kompetenz sowie ein Maßnah­menpaket zur individuellen Früherkennung und Prophylaxe einschließlich gesunder Er­nährung enthalten sein und die Therapiemöglichkeiten der verschiedenen stationären und ambulanten Akut- und Langzeitsettings ausgebaut und aufeinander abgestimmt werden.“

Worum geht es im Detail? Es geht darum, dass es nicht nur um Ernährung geht. Nein, es geht darum, dass man bereits im Kindergarten, in der Schule entsprechende Bewe­gungsangebote vorsehen muss. Es geht darum, dass es die richtige Ernährung braucht und dass man Essstörungen frühzeitig erkennt.

Dieses Gesamtkonzept wird entwickelt. Dafür hat es den entsprechenden Antrag gege­ben. Womit sich der Rechnungshof beschäftigt hat, ist wieder eine andere Materie, aber auch das werden wir hier bald besprechen.

Ich möchte noch ein paar alarmierende Zahlen herausstreichen. Die Universität Krems hat herausgefunden, dass die Hälfte der Kinder und Jugendlichen depressive Verstim­mungen hat, 60 Prozent haben Essstörungen und 47 Prozent Schlafstörungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diesbezüglich müssen wir etwas tun. Das hier ist heute der erste richtige Schritt. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


17.07.38

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme gleich auf den Ent­schließungsantrag, den wir hier heute diskutieren, zu sprechen. Ich muss aber schon vorweg sagen: Ich bin schon etwas sprachlos, wie die Regierungsparteien mit der psy­chischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen umgehen.

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich komme mir da schon auch ein bisschen deppert vor. Wir NEOS haben am 28.4.2020, also nach Beginn der Pandemie – ich habe vor der Rede noch einmal nachgeschaut –, das erste Mal einen Antrag mit der Zahl 107/UEA eingebracht – falls Sie mir das nicht glauben, können Sie das auch gerne nachrecher­chieren – und haben darin mehrere Dinge gefordert. Unter anderem haben wir damals schon gesagt, dass wir präventiv psychologisches Personal an Schulen einsetzen müs­sen, um die möglichen psychischen Belastungen der Maßnahmen rund um die Pande­mie abzufedern.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 156

Wir haben gefordert, dass wir Sensibilisierung beim Kindergartenpersonal und beim Lehrpersonal machen müssen, damit dieses gegenüber künftig auftretenden Mental Health Issues sensibilisiert ist. Ich erinnere mich noch an die Zwischenrufe insbesondere aus dem türkisen Sektor von den – ich sage einmal – nicht allerjüngsten Abgeordneten. Da war der Tenor ungefähr: Die Jungen werden das schon packen. Unsere Elterngene­ration hat den Krieg miterlebt, also so zwei Monate Lockdown, das wird sich doch schon ausgehen.

Schon damals haben Sie mit dieser elendigen Vertagungspraxis begonnen. Immer wie­der, bei jeder Gelegenheit haben wir Anträge zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen eingebracht. Sie haben alle Anträge vertagt oder abgelehnt.

Mich macht das wirklich wütend. Weil Sie sich zu gut dafür waren und zu eitel waren, um auf Oppositionsparteien, auf Expertinnen und Experten und auf Kinderpsychiaterinnen und Kinderpsychiater zu hören, haben wir jetzt die Probleme, die wir haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Becher und Yılmaz.)

Hätten Sie damals mehr in die Schulpsychologie investiert, dann hätten wir jetzt viel mehr von den Problemen, die wir haben, abfedern können. Hätten Sie damals Psycho­therapie als Kassenleistung für Kinder und Jugendliche umgesetzt, dann bekämen jetzt viele die Hilfe, die sie bräuchten. Hätten Sie damals die Ressourcen für die stationäre Jugendpsychiatrie freigemacht, dann hätten wir womöglich eine Triage von schwer de­pressiven Jugendlichen verhindern können.

Sie haben es aber nicht gemacht. Sie haben es verschlafen und Sie müssen sich ein­gestehen, dass Sie zwei Jahre auf Kinder und Jugendliche vergessen haben.

Deswegen ist es besonders irritierend, dass Sie heute mit einem Entschließungsantrag daherkommen. Das muss man vielleicht erklären: Das ist ein Antrag von den Regie­rungsparteien, der überhaupt keine rechtliche Bindung hat, wobei Sie es ja einfach um­setzen können. Sie stellen also selber einen Entschließungsantrag, dass Sie etwas um­setzen sollen, was Sie eigentlich schon vor zwei Jahren hätten umsetzen sollen.

In diesem Antrag wird es nicht konkret, da bleibt es bei Floskeln, dabei ist es schon längst an der Zeit, dass wir ganz konkret werden. Meine Kollegin Künsberg und ich ha­ben gestern zum Beispiel einen Antrag mit ganz konkreten Forderungen eingebracht.

Wir bitten Sie wirklich eindringlich, dass Sie die Kinder und Jugendlichen, dass Sie die Probleme, die sich in den letzten zwei Jahren angesammelt haben, endlich ernst neh­men und ganz konkrete Maßnahmen ergreifen. (Beifall bei den NEOS.)

17.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Wimmer. – Bitte.


17.10.53

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheits­minister! Hohes Haus! Den vorliegenden Antrag zur Förderung der Gesundheit von Kin­dern und Jugendlichen können wir grundsätzlich positiv bewerten. Wir sehen ähnlich wie die NEOS schon sehr lange den Bedarf und fordern auch seit Langem den Ausbau von Rehaeinrichtungen für Kinder und zusätzliche Kassenpsychotherapieplätze für Kinder und Jugendliche. Der Bedarf ist enorm, ist seit Jahren bekannt, leider wurde bisher nichts umgesetzt.

Den geforderten Nationalen Aktionsplan gegen Übergewicht, Adipositas und Essstörun­gen bei Kindern und Jugendlichen unterstützen wir natürlich. Die Förderung der Kinder­gesundheit grundsätzlich, die Aufklärung und entsprechende Maßnahmen sind begrü­ßenswert und auch notwendig.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 157

Was wir spannend finden, ist, dass der Antrag auch die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes bis zum 18. Lebensjahr hin zum Eltern-Kind-Pass fordert. Das haben wir gemeinsam im Hohes Haus bereits im Juni 2021 beschlossen. Wir warten leider seither auf die Umsetzung durch die Regierungsparteien, passiert ist nämlich nichts in diese Richtung.

Auch eine Anfragebeantwortung durch den ehemaligen Gesundheitsminister Mückstein ergab, dass lediglich an einer Umstellung auf einen elektronischen Mutter-Kind-Pass gearbeitet wird, sich das diesbezügliche Projekt aber vom Jänner 2022 bis 2026 hinzie­hen wird. Eine interne Steuerungsgruppe wird eingerichtet, aber nichts Konkretes.

Zur Frage, was inhaltlich mit dem Mutter-Kind-Pass passieren wird, gab es folgende Antwort des Gesundheitsministers: „Aufgrund der engen zeitlichen Vorgaben im Rah­men des Aufbau- und Resilienzplans liegt der Arbeitsschwerpunkt derzeit beim Projekt ‚Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einer elektronischen Dokumentations- und Kommunikationsplattform‘.“ Die Schlussfolgerung lautet also: elektronische Anpas­sung ja, inhaltliche Anpassung nein.

Natürlich hat der elektronische Mutter-Kind-Pass seine Berechtigung, allerdings wäre den Familien konkret noch viel mehr geholfen, wenn es zu einer inhaltlichen Weiterent­wicklung mit dem entsprechenden Ausbau der Angebote für die Familien, für die Kinder und besonders für die Jugendlichen, die besonders jetzt auch belastet sind, kommen würde. Das wird dringend gebraucht. Darum unterstützen wir den Antrag der NEOS, der in seinen Forderungen sehr konkret ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Bernhard und Werner.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben viele Herausforderungen zu bewältigen. Ich ersuche Sie heute: Nehmen Sie die Beschlüsse des Hohen Hauses ernst und legen Sie bei der Umsetzung einen höheren Gang ein! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Werner.)

17.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


17.13.45

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zu­hörer! Die Lage der Gesundheit und der Psyche unserer Jugendlichen und Kinder ist nicht nur ernst, sie ist katastrophal. Wie katastrophal sie ist, haben meine Vorredner schon kurz angeführt, aber ich möchte das noch einmal im Detail anführen.

Wir haben die Situation, dass es in den letzten eineinhalb Jahren unter den Volksschü­lern eine Zunahme von schwerem Übergewicht um 25 Prozent gab. Jeder vierte Volks­schüler ist mittlerweile schwer übergewichtig. Begleitend dazu haben wir eine Prävalenz von Essstörungen von 60 Prozent unter Kindern und Jugendlichen. Die Hälfte, jeder zweite Jugendliche, hat eine depressive Störung, und 16 Prozent aller Kinder und Ju­gendlichen haben wiederholt Suizidgedanken. Wen das kaltlässt, der hat kein Herz für Kinder, der hat die Kinder, die nächste Generation schon aufgegeben. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Maßgeblich verschlimmert wurde die gesundheitliche und psychische Situation unserer Kinder und Jugendlichen durch die Politik der Angst der Bundesregierung in dieser Co­ronakrise, durch die Einschränkungen im sozialen Leben, durch die Maßnahmen und Auflagen in der Schule, durch Ängste und moralische Erpressung, würde ich fast sagen, die gegenüber unseren Kindern und Jugendlichen dahin gehend angewandt worden sind: Besuche deine Großeltern nicht oder lass dich auf jeden Fall impfen, ansonsten steckst du sie an und bist vielleicht dafür verantwortlich, dass sie sterben! – Wer mit solchen Ängsten und mit solch einem moralischen und psychischen Druck agiert, darf


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sich nicht wundern, wenn das auch entsprechende Folgen hat. Dankenswerterweise gibt es die Studien der Donau-Universität Krems, die uns diese Missstände nun ganz klar aufgezeigt haben.

Wir haben bereits 2017 gefordert, dass der Mutter-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr verlängert wird, weil wir ein sehr großes Datenloch haben, was die Gesundheit von Kin­dern und Jugendlichen anbelangt, weil zwischen bisherigen Mutter-Kind-Pass- und Stel­lungsuntersuchungen – zumindest bei den männlichen Jugendlichen – überhaupt keine systematisch dokumentierten Gesundheitserhebungen stattgefunden haben und noch immer nicht stattfinden. Deshalb unterstützen wir diesen Entschließungsantrag.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Rauch! Es ist absolut höchste Zeit, dass diese Bun­desregierung ins Handeln kommt. Dieser Entschließungsantrag sollte überhaupt nicht notwendig sein, sondern es müsste in Ihrem eigenen Grundinteresse liegen, da sofort zu handeln, die geforderten Maßnahmen augenblicklich umzusetzen und darüber hinaus noch die psychologische Betreuung, so wie es eine meiner VorrednerInnen schon ge­sagt hat, sofort und flächendeckend umzusetzen, damit die psychische Gesundheit un­serer Kinder wieder hergestellt wird und die Folgeschäden dieses fehlgeleiteten Corona­managements dieser Bundesregierung zumindest so weit wie möglich wieder repariert werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenber­ger. – Bitte.


17.17.08

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherin­nen und Zuseher hier und auch zu Hause! Ich denke, die Pandemie hat uns jetzt seit über zwei Jahren gefordert, wird uns wahrscheinlich auch zukünftig noch fordern. Ich muss sagen, was die gesamte Gesellschaft dabei mitgetragen hat, ist einzigartig.

Ich möchte heute aber eine Gruppe besonders hervorheben, und das sind die Jugendli­chen, die jungen Erwachsenen. Ich bin selber Familienvater und habe in letzter Zeit oft mit der Familie zusammen eine Mahlzeit einnehmen können, und es war immer schön. Ich muss aber sagen, ich freue mich inzwischen viel mehr, wenn meine Töchter wieder unterwegs sein können, Menschen treffen können, Kontakte knüpfen können und so einfach ihr jugendliches Leben intensiver als in den letzten zwei Jahren leben können.

Mein aufrichtiger Dank gilt wirklich diesem Teil unserer Bevölkerung, den jungen Er­wachsenen, die mit ihrem Verhalten in den letzten beiden Jahren einen großen Beitrag dazu geleistet haben, dass gerade die ältere Generation vor schweren Erkrankungen und vielem mehr verschont geblieben ist. Deshalb mein aufrichtiges Danke allen unseren jungen Erwachsenen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das ist Zynismus pur!)

Geschätzte Damen und Herren! Der Antrag der Kollegin Fischer und des Kollegen Wei­dinger ist ein sehr wichtiger. Wir wissen, dass die Bundesregierung bereits ein 13 Millio­nen Euro schweres Paket verabschiedet hat, um speziell auf psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen einzuwirken. Mit diesem Antrag versucht man nun neuer­lich, Aktivitäten zu setzen. (Abg. Shetty: Warum braucht man einen Antrag dafür?)

Wir wissen alle, gegensteuern können wir am besten, wenn wir uns entsprechend sport­lich betätigen. Deshalb haben wir auch im Regierungsprogramm die tägliche Sportstun­de, damit man wirklich aktiv sportlich ist. Ich muss sagen, ich denke selber oft gerne daran zurück, als wir im Winter mit der Schule Skifahren gegangen sind oder im Sommer Sommersportwochen absolviert haben. Das war nicht nur für die Gemeinschaft gut,


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sondern es war auch für den Kopf gut, es war für die Psyche gut und es ist für die ge­samte körperliche Entwicklung und für das Erwachsenwerden gut.

Ein zweiter Ansatz ist das Thema gesunde Ernährung. Ich denke, sich saisonal, frisch und regional zu ernähren, ist ein wichtiger Beitrag für die Gesundheit. Beispielgebend sind da unsere Seminarbäuerinnen, die in die Schulen gehen und dort die Leute infor­mieren, die Leute aufklären, die Schülerinnen und Schüler, die Kinder aufklären, wie man sich richtig gesund ernährt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch, weil wir immer wieder sehr intensiv über die Lebensmittelversorgung diskutieren  eine klare Lanze dafür brechen, dass wir nicht nur über Rüstungspolitik reden, wenn wir über Sicherheitspolitik diskutieren. Sicherheits­politik ist Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln und auch Versorgungssicherheit mit Energie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Beim Thema Energie haben wir mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz durchaus wich­tige Weichen gestellt und können jetzt so in die Umsetzung kommen. (Abg. Shetty: Es geht um Kinder und Jugendliche!) Eines kann ich garantieren: Unsere Bäuerinnen und Bauern in Österreich produzieren hochwertige Lebensmittel in ausreichender Qualität, auch in einer Krisenzeit. Dafür gilt besonders dieser Berufsgruppe mein besonderer Dank.

In diesem Sinne ist es ein wichtiger Antrag für die Gesundheit unserer Kinder und Ju­gendlichen, unserer Zukunft. Deshalb hoffe ich schon, dass wir diesen über alle Partei­grenzen hinweg eindeutig unterstützen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Das Wort steht bei ihm. – Bitte, Herr Bundesminister.


17.21.08

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Ursachenanalyse ist unterschiedlich, was die Kindergesundheit und Fehlernährung angeht. Die einen sagen, es ist vor allem pande­miebedingt. Ich teile das natürlich nicht, auch die WHO im Übrigen nicht, aber das Pro­blem ist da, das ist erkannt, und dass da Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten.

Erstens würde ich Wert auf die Unterscheidung zwischen Adipositas und Essstörung legen, weil (Abg. Belakowitsch: Weil?) nicht alle Kinder, die adipös sind, an einer Ess­störung leiden. Eine Essstörung ist eine massive Erkrankung im Sinne des Krankheits­bildes und bedarf einer ärztlichen Behandlung (Abg. Belakowitsch: Adipositas auch!), die weit schwieriger zu bewerkstelligen ist, als das Gegensteuern bei Adipositas. Unbe­stritten ist aber auch, dass die Ernährung und Ernährungsgewohnheiten ein maßgebli­cher Schlüssel dafür sind, gegenzusteuern. Deshalb bin ich dankbar für diesen Antrag, der absolut in die richtige Richtung geht.

Ich würde jetzt noch gerne eines hinzufügen: Natürlich darf man sich nicht nur auf das körperliche Wohlbefinden konzentrieren, sondern auch auf die psychische Verfasstheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Es passiert da schon einiges. Wir werden an diesem Thema natürlich dranbleiben. Wir überarbeiten derzeit den Nationalen Ak­tionsplan Ernährung. Sie können sich sicher sein, dass mir das nicht gleichgültig ist, wie es Kindern und Jugendlichen geht. Sie haben auch vollkommen recht mit Ihrer Einschät­zung, dass die Kinder und Jugendlichen in ganz besonderem Ausmaß von der Pandemie betroffen waren. Da gegenzusteuern und alles dafür zu tun, dass da die richtigen Maß­nahmen ergriffen werden, ist unbestritten.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass die Programme, die ja bereits bestehen, ausgebaut werden. Das Programm Richtig essen von Anfang an! ist ein wichtiges Instrumentarium


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 160

auch für Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen. Wir unterstützen auch die Bundesländer in ihren Aktionen und Bemühungen, da tätig zu werden. Da gibt es im Übrigen sehr gute Programme, auch in den Bundesländern, die kofinanziert sind und unterstützt werden.

Es bleibt also festzuhalten: Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die wir sicher verstärken und unterstützen werden. Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr.


17.23.40

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Neben den Aspekten gesunde Ernährung, Lebensmittel, Bewegung, Adipositas, psychische Erkrankungen haben wir generell über einen Aspekt noch zu wenig gesprochen, und das ist das Thema Essstörungen.

Ich könnte euch jetzt Zahlen nennen, Zahlen zum Anstieg von Essstörungen, Bulimie, Anorexie, etwa auch, dass 75 Prozent aller Betroffenen noch nie einen Arzt, eine Ärztin, einen Therapeut, eine Therapeutin aufgesucht haben, oder etwa, dass sich die Zahlen von Essstörungspatienten und -patientinnen beispielsweise an der Klinik in Innsbruck verdoppelt haben. Ich könnte euch viele Zahlen, Vergleiche, Versorgungsstatus et ce­tera aufzählen. – Das werde ich aber nicht, denn hinter den Zahlen steckt viel mehr: Personen, Schicksale, Geschichten.

Beim Redeschreiben ist mir eine spannende Szene aus dem Film „The Virgin Suicides“ – falls ihn jemand kennt – eingefallen. Da fragt ein Arzt eine junge Frau, die auf der psy­chiatrischen Station ist: „Was machst du hier“, Honey? „Du bist doch noch viel zu jung, um zu wissen, wie hart das Leben ist.“ Ich habe ganz spannend gefunden, was sie ant­wortet. Sinngemäß sagt sie: Sie waren offensichtlich noch nie eine 13-jährige junge Frau, sonst würden Sie das nicht fragen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen – das ist jetzt eher eine rhetorische Frage, die jeder für sich beantworten kann –: Wären Sie tatsächlich gerne noch einmal jung? (Rufe: Ja!) Ist es die schönste Zeit im Leben?  Alle, die jetzt jugendlich sind, werden vielleicht ein bisschen zynisch lachen, gerade im Kontext der aktuellen Situation; wir haben die Pan­demie, die Klimakrise und die Ukrainekrise. Ich muss ehrlich sagen, ich selber bin froh, dass ich jetzt nicht viel, aber ein bisschen über 30 Jahre bin, denn es ist nicht immer easy, jung zu sein.

In der Schule müssen die Noten stimmen, es geht ja schließlich um nichts Geringeres als um die Zukunft, später im Studium detto, daneben müssen noch einige Praktika ab­solviert werden, denn es heißt ja schließlich Kontakte knüpfen. Dazu kommt Liebeskum­mer, Unsicherheit mit sich selber, mit dem eigenen Körper und der finanzielle Druck. Wer weiß schon, was er oder sie später einmal werden will – die berühmte Frage: Was will ich werden?, statt: Wer will ich werden? (Abg. Belakowitsch: Ist das eine Selbstthe­rapie, was Sie da treiben?)

Nicht, dass es in der echten Welt nicht schon schwer genug wäre, in der virtuellen Welt ist es auch nicht besser. Spannend, interessant muss das eigene Leben präsentiert wer­den, regelmäßig müssen schöne Fotos gepostet werden, und das ist nur das Startpro­gramm von dem Ganzen. Vor allem junge Frauen erfüllen filterüberzogene Illusionen: Perfekt muss alles für die vermeintliche Gesellschaft sein, so, wie sie es gerne hat. Nor­mal will schließlich niemand sein, denn nur Durchschnitt ist zu wenig.

Leistungsdruck kommt von allen Seiten und auf allen Ebenen. Wir können jungen Men­schen die Last nicht nehmen, auch wenn wir es gerne täten, aber das können wir nicht.


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Wir können aber dort unterstützen, wo es notwendig ist und wo es möglich ist, vom Paket Hass im Netz über die 13 Millionen Euro für Gesund aus der Krise. Dass das Thema, dass jeder unabhängig vom Geldbörsel  Therapie bekommt, noch nicht zu Ende ist, das wissen wir, der Herr Minister hat es schon angesprochen. Wir können Essstörungen enttabuisieren, unter anderem mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Übergewicht, Adi­positas und Essstörungen, den wir heute beschließen, denn hinter jeder Zahl steckt eine Geschichte, und diese Geschichten sehen wir.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine schnelle Anmerkung zum Kollegen Shetty: Wir als Parlamentarier, Parlamentarierinnen können natürlich Anträge an die Regierung stel­len und sollen das auch. Wir sind das Parlament und nicht die Regierung. (Abg. Shetty: Da gibt es gar keinen Unterschied!)

Noch kurz zur FPÖ: Bezüglich Ängste schüren sollten, glaube ich, genau Sie gar nichts sagen. Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Abg. Belakowitsch: Sie sehen das Parlament zur Selbsttherapie!)

17.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Totter. – Bitte.


17.28.11

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Unseren Kindern und Jugendlichen stehen in Österreich viele Chancen und Mög­lichkeiten offen. Dennoch müssen auch sie gewisse Herausforderungen besonders in Krisenzeiten meistern.

Ganz besondere Herausforderungen hatten sie Covid-bedingt. Das Distancelearning, die soziale Isolation, alles Maßnahmen, die zum Schutz der Gesundheit aller notwendig waren (Abg. Belakowitsch: Nein, die waren nicht notwendig! Die gab es ja auch ...!), gingen und gehen natürlich nicht spurlos an manchen von ihnen vorüber.

Wir wissen also, dass die Pandemie jungen Menschen in manchen Bereichen zugesetzt hat. Dies zeigt auch eine Studie der Donau-Universität Krems, wonach mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Österreich mit depressiven Symptomen kämpft, 60 Prozent haben Essstörungen, 47 Prozent leiden unter Schlafstörungen und 16 Pro­zent haben wiederholt Suizidgedanken.

Leider haben sich im Bereich der Ernährung, auch bedingt durch die Pandemie, bereits vorhandene Probleme verschärft. Mittlerweile gelten in Österreich insgesamt circa 250 000 Kinder und Jugendliche als übergewichtig.

Meine Damen und Herren, wir leben in einer bewegungsarmen Zeit. (Abg. Belako­witsch: Weil Sie es den Jugendlichen verbieten!) Dies betrifft nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene, aber besonders junge Menschen müssen wir dazu bringen, dass sie mehr Freude an der Bewegung haben. (Abg. Belakowitsch: Dann verbietet es ihnen halt nicht! Das ist ja unglaublich!)

Als Pädagogin und Schulleiterin weiß ich, dass an unseren Schulen in diesem Bereich sehr viel getan wird. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Neben den allgemeinen Stunden für Bewegung und Sport werden an vielen Schulen zahlreiche unverbindliche Übungen, zum Beispiel Fußball oder Volleyball, angeboten. Außerdem gibt es auch sehr gute Kooperationsprojekte mit lokalen Sportvereinen. Ich bin froh darüber, dass auch die Abhaltung von mehrtägigen Schulveranstaltungen wie Winter- und Sommersportwochen wieder möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei allen Lehrerinnen und Lehrern, die diese organisieren und durchführen. Ich weiß, dass das immer mit einem Mehraufwand


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 162

verbunden ist und dass gerade in Zeiten wie diesen auch viel Flexibilität von ihnen ver­langt wird. Im täglichen Tun zeigen sie aber, dass sie das können und auch zu leisten bereit sind.

Auch die Bundesregierung hat auf die bereits genannten Herausforderungen reagiert und vor Kurzem ein mit 13 Millionen Euro dotiertes Maßnahmenpaket gegen die psycho­sozialen Folgen der Coronakrise für Kinder und Jugendliche vorgestellt.

12,2 Millionen Euro davon werden für das Projekt Gesund aus der Krise verwendet, und mit 800 000 Euro werden Frauengesundheitszentren unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir brauchen also einen Nationalen Aktionsplan gegen Übergewicht, Adipositas und Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen und natürlich auch dringend weitere Maß­nahmen, die diesen Problemen entgegenwirken können. Somit ist dieser Antrag ein wichtiger und ein richtiger Schritt. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)

17.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


17.31.48

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmgeräten! Sehr geehrte Vorrednerin, also wenn eine ÖVP-Abgeordnete sich hier ans Rednerpult stellt, die dem Vernehmen nach auch noch aus dem Unterrichtsbereich kommt, und sagt, dass die Coronakrise schuld ist, die Kinder darum so angespannt sind und dass das Coronavirus daran schuld ist, dass die Kinder Adipositas haben, dann möchte ich das jetzt einmal richtigstellen.

Diese Bundesregierung hat unseren Kindern und Jugendlichen in den letzten beiden Jahren den Sport verboten. Sportvereine durften nicht betreten werden. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) Diese Bundesregierung hat unsere Kinder und Jugendlichen eineinhalb Jahre in das Homeschooling verbannt, und das war nicht notwendig, denn in Nachbarländern wie beispielsweise der Schweiz gab es vier Wochen Homeschooling, in Dänemark gab es vier Wochen Homeschooling und dann waren die Schulen offen. Im letzten Schuljahr, das war das Schuljahr 2020/21, waren die österreichischen Schüler kaum in den Schulen, während in der Schweiz die Schulen nicht einen Tag geschlossen waren. Dass unsere Kinder und Jugendlichen psychische Probleme haben, ist das Er­gebnis der verfehlten Coronapolitik dieser österreichischen Bundesregierung aus Öster­reichischer Volkspartei und Grünen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich verlege die Abstimmung an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Ausschusses für Konsumentenschutz.

17.33.21Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 22 bis 26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Konsumentenschutz.

Ich frage, ob wir schon starten können: SPÖ? – Grüne? – FPÖ? – ÖVP?

Tagesordnungspunkt 22: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1393 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung betreffend „Ausbau der Energieberatung und zu­sätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 163

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (246/E)

Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1394 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, ist gebeten, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1395 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1396 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Zur dem Ausschussbericht 1397 der Bei­lagen angeschlossenen Entschließung betreffend „Maßnahmen zur Förderung der Ge­sundheit von Kindern und Jugendlichen“ liegt ein gesamtändernder Abänderungsantrag der Abgeordneten Werner, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zuerst über den gesamtändernden Abänderungsantrag und im Falle seiner Ablehnung über die dem Ausschussbericht 1397 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung abstimmen lassen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den gesamtändernden Abänderungsantrag der Ab­geordneten Werner, Kolleginnen und Kollegen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1397 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit ange­nommen. (247/E)

Ich danke.

17.35.2427. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle für den Zeitraum 25.07.2020 bis 24.07.2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort (III-584/1390 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (1330 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Beendigung der Rechtswirkungen des Art. 11 Abs. 3 des Ab­kommens zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1391 d.B.)

29. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Repu­blik Lettland zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 164

und der Republik Lettland über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1419 d.B.) (Gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 27 bis 29 der Ta­gesordnung, über welche die Debatten wiederum unter einem durchgeführt werden.

Ich darf mich bei Bundesminister Rauch herzlich für seine Anwesenheit bedanken. – Herzlichen Dank für Ihre Anwesenheit während der entsprechenden Tagesordnungs­punkte.

Bei Tagesordnungspunkt 29 wurde von der Vorberatung in einem Ausschuss gemäß § 28a der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich darf die Frau Bundesministerin recht herzlich begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Angerer. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.


17.36.48

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln den Bericht zum Investitionskon­trollgesetz, das im Jahr 2020 beschlossen wurde, um österreichische Unternehmen, die vielleicht durch die Krise geschwächt werden, vor einer mehrheitlichen Übernahme aus dem Ausland zu schützen.

Wir haben schon bei der Gesetzwerdung zwei wesentliche Punkte kritisiert, einmal, dass das Gesetz mit 31.12.2022 befristet ist, das heißt auf heuer, und zweitens, dass bei den Unternehmen danach unterschieden wird, ob eine 25-Prozent-Beteiligung oder 10-Pro­zent-Beteiligung stattfindet. Da geht es – als Beispiel genannt – um Unternehmen der öffentlichen Sicherheit, der kritischen Infrastruktur, der Energieversorgung, die geschützt werden sollen.

Frau Ministerin, Sie haben selbst in einem Pressestatement im letzten Jahr gesagt: „Al­lerdings könnten als Folge der Covid-19 Krise auch geschwächte österreichische Unter­nehmen in für die öffentliche Sicherheit und Ordnung relevanten Bereichen ein Ziel für ausländische Investoren werden.“

Jetzt hat sich die Situation durch die Ukrainekrise und auch durch die Entwicklung auf dem Energiesektor, wo die Preise massiv gestiegen sind, ja nicht gerade verbessert. Erst vor Kurzem hat der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Knill gemeint: „Ich muss in aller Deutlichkeit sagen – die derzeitige Situation gefährdet den Industriestand­ort. Wenn die Politik nicht gegensteuert, werden wir unsere Industrie in der heutigen Form nicht aufrechterhalten können.“

Das heißt, die Situation hat sich ja nicht verbessert, sie hat sich eher verschlechtert und ist kritischer geworden. Trotzdem endet dieses Investitionskontrollgesetz mit dem heuri­gem Jahr, also mit 31.12.2022. Wir möchten Ihnen daher die Gelegenheit geben, dieses Gesetz entsprechend anzupassen und damit die österreichische Industrie, die österrei­chische Wirtschaft zu schützen.

Ich bringe daher einen entsprechenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genehmigungs­pflicht für alle in der Anlage zum Investitionskontrollgesetz aufgelisteten Bereiche unbe­fristet ab einem Stimmrechtsanteil von 10 %“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 165

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der eine Genehmigungspflicht gemäß § 2 Investitionskontrollgesetz für alle in Teil 1 und Teil 2 der Anlage zum Investitionskontrollgesetz aufgelisteten Bereiche mit Erreichen oder Überschreiten eines Mindestanteils an Stimmrechten von 10 % unbefris­tet normiert wird.“

*****

Ich würde mir wünschen, Frau Ministerin, dass Sie dem nähertreten, aber auch heute dazu Stellung nehmen, warum Sie das gegebenenfalls nicht tun. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Genehmigungspflicht für alle in der Anlage zum Investitionskontroll-gesetz aufgelisteten Bereiche unbefristet ab einem Stimmrechtsanteil von 10 %

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 27: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle für den Zeitraum 25.07.2020 bis 24.07.2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort (III-584/1390 d.B.) in der 149. Sitzung des Nationalrates am 24. März 2022

Österreichs Wirtschaft wurde und wird durch die COVID-19 Krise und die entsprechen­den Zwangsmaßnahmen sowie durch die gegenwärtigen negativen Auswirkungen und enormen Teuerungen insbesondere im Energiebereich in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine massiv geschwächt.

„Ich muss in aller Deutlichkeit sagen – die derzeitige Situation gefährdet den Industrie-standort. Wenn die Politik nicht gegensteuert, werden wir unsere Industrie in der heuti­gen Form nicht aufrechterhalten können“, warnt Georg Knill, Präsident der Industriellen­vereinigung. (OTS0021/13.03.2022)

Insbesondere die energieintensive Industrie ist massiv belastet und „stellt viele Unter­nehmen vor die Frage des Abstellens der Produktion,“ so Knill weiter.

„Die Dramatik der aktuellen Energiepreiskrise und ihre weitreichenden Folgen für Ar­beitsplätze und Wirtschaftsstandort muss endlich von der Regierung erkannt werden. Die Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand – es braucht jetzt rasche Hilfe und Aktivität seitens der Politik“, fordert Knill abschließend. (OTS0021/13.03.2022)

Dadurch erhöht sich für die heimische Wirtschaft auch die Gefahr eines Ausverkaufs durch Direktinvestitionen aus Drittstaaten.

Österreich muss daher mehr denn je sicherstellen, dass die heimischen Unternehmen vor einem Ausverkauf geschützt werden. Insbesondere Unternehmen von strategischer Bedeutung in den Bereichen Krisen- und Daseinsvorsorge sowie kritischer Infrastruktu­ren und Technologien sind hier vor Übernahmen aus Drittstaaten, die eine Gefahr für die Sicherheit und öffentliche Ordnung darstellen können, zu bewahren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 166

Mit dem im Juni 2020 gegen die Stimmen der Freiheitlichen beschlossenen Investitions­kontrollgesetz wurde lediglich für einen Teil von Bereichen kritischer Infrastruktur eine 10%-Schwelle für eine Genehmigungspflicht normiert, für alle anderen in Teil 2 der An­lage zum gegenständlichen Bundesgesetz aufgelisteten Bereiche kritischer Infrastruktur und Technologie begnügt man sich hingegen mit einer 25 %-Schwelle.

Dies obwohl im geltenden Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen in diesem Zu­sammenhang unter dem Titel „Investitionskontrolle umsetzen und kritische Industrie­zweige schützen“ klar festgeschrieben ist, dass der Schwellenwert für die Genehmi­gungspflicht auf 10% gesenkt werden soll.

Begründet wird dies im Regierungsprogramm unter anderem damit, dass „die Politik dafür sorgen muss, dass es nicht zu einem Ausverkauf kritischer Technologie und Infra­struktur kommt.“

Dazu kommt, dass die inhaltliche Abgrenzung zwischen jenen Bereichen, die unter die 10%-Schwelle und jenen die unter die 25%-Schwelle fallen sollen, nicht eindeutig ist. Die Industriellen Vereinigung nimmt dazu wie folgt Stellungnahme:

„(…) Darüber hinaus ist ungenügend definiert, welche Investitionen von dieser Regelung betroffen sind.

Dies sollte im Sinne der Rechtssicherheit jedenfalls verbessert werden:

Es bleibt unklar, welche Branchen unter die sog. „kritische digitale Infrastruktur“ fallen. Darüber hinaus ist im Energiebereich ungenügend geklärt, welche Prüfschwelle anzu­wenden ist.

So wären beispielsweise Beteiligungen in den Bereichen „Energie“ und „Energieversor­gung“ ab 25% und bei „Betreibern der kritischen Energieinfrastruktur“ ab 10% genehmi­gungspflichtig.

Gleiches gilt auch für Arzneimittel, Impfstoffe, Medizinprodukte und persönliche Schutz­ausrüstung. Während die Versorgung, Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit solchen mit 25% gelistet ist, findet sich Forschung und Entwicklung der gleichen Gü­ter ebenfalls im Anhang Teil 1 (10%).“

Darüber hinaus wurde dieser Umstand auch von Bundesministerin Gewessler in der Stellungnahme ihres Ressorts zum damaligen Gesetzesentwurf kritisch hinterfragt:

„In der Anlage kommt Energie mehrfach vor:

Als kritische Infrastruktur und als Energieversorgung sowie als Betreiben kritischer Ener­gieinfrastruktur. Da sich daran unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen, insb. im Hinblick auf die Anwendbarkeit der 10 %-Schwelle für die Genehmigungspflicht, stellt sich die Frage, welche Unternehmen unter welchen Begriff fallen. Sind zB Netzbetreiber und Er­zeuger als „kritische Infrastruktur“ anzusehen und damit in Teil 2 (Anm: Teil 1 der RV) der Anlage erfasst, reine Händler jedoch als bloße „Versorger“ und damit nur in Teil 1 (Anm.: Teil 2 der RV)?“

Im Sinne einer wirksamen Investitionskontrolle von Übernahmen standortrelevanter bzw. kritischer Schlüsselunternehmen sowie im Sinne der Schaffung von Rechtssicherheit ist daher eine generelle Senkung der Schwelle für eine Genehmigungspflicht auf 10 % für alle in Teil 1 und 2 der Anlage zum Investitionskontrollgesetz normierten Bereiche – wie auch im oben zitierten Regierungsprogramm festgeschrieben – umzusetzen. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aufgrund der derzeit besonders angespannten ökonomi­schen Lage erhöhten Gefahr verstärkter „Einkäufe“ ausländischer Investoren in Öster­reich.

Darüber hinaus ist die völlig unverständliche Befristung der 10%-Schwelle mit 31. De­zember 2022 für den Bereich „Forschung und Entwicklung im Bereich Arzneimittel, Impf­stoffe, Medizinprodukte und persönliche Schutzausrüstung“ aufzuheben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 167

Völlig zurecht kritisierte bereits vor Beschlussfassung des Gesetzes die Wirtschafts­sprecherin der Grünen Elisabeth Götze diese Befristung, wenn sie in einer Aussendung in diesem Zusammenhang festhält: „Ein Wermutstropfen ist die Befristung der 10 % Schwel­le für medizinische Produkte.“

Gerade die letzten zwei Jahre haben drastisch aufgezeigt, wie sehr Österreich gerade im Bereich der Pharmaindustrie von anderen Märkten abhängig ist. Daher ist es gera­dezu als fahrlässig zu bezeichnen, wenn nun mit Ende dieses Jahres die 10 %-Schwelle für diese Bereiche wieder beseitigt wird.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der eine Genehmigungspflicht gemäß § 2 Investitionskontrollgesetz für alle in Teil 1 und Teil 2 der Anlage zum Investitionskontrollgesetz aufgelisteten Bereiche mit Erreichen oder Überschreiten eines Mindestanteils an Stimmrechten von 10 % unbe­fristet normiert wird.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte sehr.


17.40.11

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich glaube, man kann unbestritten feststellen, dass Österreich ein Land der Unternehmer und ein Land von Unternehmen, die gerne hierher zu uns nach Österreich kommen, ist. Gerade das Jahr 2021 hat gezeigt, dass wir trotz schwierigster Verhältnisse 35 000 Neugründungen in unserem Land gehabt haben, und dass auch die ABA, die Austrian Business Agency, circa 360 Unternehmen in Österreich angesiedelt hat.

Da ist natürlich auch ganz wichtig, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Wenn Unter­nehmen nach Österreich kommen, weiß man, dass die Rahmenbedingungen stimmen, denn sonst würden sie ja nicht herkommen.

Im Vorjahr haben wir ein Investitionskontrollgesetz beschlossen, das seit 25. Juli 2020 in Kraft ist, mit dem wir ein effektives Instrument haben, um Gefahren für die Sicherheit und öffentliche Ordnung Österreichs vorzubeugen, und zwar eines, das Investitionen nicht unnötig hemmt. Genau das ist die Zielsetzung dieses Gesetzes.

Wir haben auch gemeinsam im Ausschuss besprochen, dass wir – und das war allen Fraktionen ein Anliegen – diesen Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle, der uns jetzt vorliegt, ins Plenum bringen und gemeinsam besprechen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass dieser Tätigkeitsbericht, der hier vorgelegt wurde – danke an die Berichter­steller! –, ganz deutlich zeigt, dass wir gerade im ersten Jahr der Geltungsdauer des Investitionskontrollgesetzes einen deutlichen Anstieg an Verfahren gehabt haben: „Von 50 nationalen Verfahren wurden 37 aufgrund von Genehmigungsanträgen und 13 auf­grund von Anträgen auf Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung geführt.“ – Da wird also effektive Arbeit geleistet, und, meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir so weitertun, auch weiterhin erfolgreich sein werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 168

Eines ist mir noch ganz wichtig, weil Kollege Angerer das Auslaufen angesprochen hat: Wir haben in diesem Gesetz eine Sunsetklausel eingebaut. Auf der einen Seite ruft ihr ja immer nach dem Ablauf von Gesetzen, auf der anderen Seite, wenn man dann einmal etwas mit Sunsetklauseln versieht, ist das für euch auch nicht in Ordnung.

Natürlich haben wir aber auch festgehalten, dass wir das Ganze evaluieren und es uns anschauen wollen. Das wird ja jetzt passieren, und dann wird man eben entscheiden, ob das weiter notwendig ist. Wahrscheinlich wird es notwendig sein, weil wir diese Maß­nahmen, die wir hier besprochen haben, ja auch in der Hinsicht effektiv umsetzen.

Ich denke also, machen wir das, was wir beschlossen haben, nämlich dass wir eva­luieren und dann die nötigen Schlüsse daraus ziehen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Götze.)

17.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Oberrau­ner. – Bitte sehr, Frau Doktor.


17.43.34

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Österreich ist, wie allen bekannt ist, ein Technologie- und Forschungsland und ein attrak­tiver Wirtschaftsstandort. Wir sind natürlich auf Investitionen aus dem In- und Ausland im Inland angewiesen, um Risikokapital aufzustellen, weil wir für Innovation und Ent­wicklung dieses Risikokapital dringend brauchen. Viel zu häufig ist es in letzter Zeit allerdings der Fall, dass Betriebe entweder ins Ausland abwandern oder von den USA oder von China aus, das gilt vor allem für Start-ups, gekauft werden. Das Ergebnis ist, dass die Wertschöpfung nicht in Österreich bleibt, dass Know-how abfließt und dass es für Österreich keinen Return of Investment in Form von Steuern gibt.

Ist jede Investition in Österreich gut? – Spätestens seit dem Ukrainekrieg wissen wir, dass zukünftig, wenn wir Wirtschaftsbeziehungen und Handelsbeziehungen denken, auch Sicherheitsstrategie gedacht werden muss. Österreich ist vielleicht zu unvorberei­tet gewesen, während zum Beispiel China und Russland Wirtschaft auch für langfristige politische Ziele mit betrachtet haben und auch einsetzen. Das wissen wir jetzt im Zusam­menhang mit dem Thema Energie. Genau deshalb ist das Investitionskontrollgesetz so wichtig, und genau deshalb glauben wir, dass es richtig war, dass wir dem zugestimmt haben.

Wenn es aber um Evaluierung geht, möchte ich zwei Dinge ansprechen, die mir beson­ders wichtig sind und ins Auge gestochen sind. Es gibt viele Bereiche, die noch nicht abgedeckt sind, und zwar: Wie kann es sein, dass das diktatorische Russland der zweit­größte Direktinvestor in Österreich ist, der Investitionskontrollbericht das aber nicht er­fasst? – Wir haben uns bei der Ministerin erkundigt, die mir korrekterweise Auskunft ge­geben hat: Tourismus- und Infrastrukturinvestitionen sind von diesem Bericht nicht er­fasst. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass es auch kritische Infrastruktur gibt und dass das dringend bei der Eva­luierung mitberücksichtigt werden sollte, nämlich in der zukünftigen Überarbeitung des Gesetzes, denn es ist nicht trivial, es ist absolut relevant.

Das Zweite ist, dass ein Putin-Vertrauter und Eigentümer der zweitgrößten Bank in Russland eine defizitäre Regionalbank in Kärnten kaufen will, aber niemand auf die Idee kommt, sich zu fragen: Warum tut er das? Geldwäsche? – Das ist alles kein Thema, es braucht die Europäische Zentralbank, um das abzustellen! Ich glaube, das ist für Öster­reich ziemlich blamabel. Ich glaube auch, solche Dinge sollten dringendst aufgenom­men, überarbeitet und im Investitionskontrollgesetz geregelt werden. Es kann nicht sein,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 169

dass man darüber hinwegsieht. Da muss man sich irgendwie Gedanken machen, denn das ist absolut inakzeptabel.

Zwei Fragen sind, glaube ich, in diesem Kontext zu stellen, vor allem jetzt, nämlich: Mit welchen Hintergedanken können Diktatoren in einer Demokratie investieren und zum zweitgrößten Investor in Österreich werden? Und: Wie gut geht es der Unabhängigkeit, wenn es darum geht, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Wirtschaft zu verteidigen, wenn ein Diktator der zweitgrößte Wirtschaftsinvestor ist?

Ich glaube, diese Fragen muss man sich stellen und diese Fragen müssen auch in der Überarbeitung des Investitionskontrollgesetzes berücksichtigt werden, denn seit dem Ukrainekrieg ist auch Österreich in einer anderen Dimension angekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte.


17.47.19

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es wurde schon gesagt: Wir diskutieren den ersten Tätigkeitsbericht in Bezug auf das Investi­tionskontrollgesetz, das wir im Jahr 2020 hier gemeinsam beschlossen haben und das seit damals in Kraft ist.

Ziel dieses Investitionskontrollgesetzes ist es, Direktinvestitionen von außerhalb der EU in Österreich zu überprüfen. Der Hintergrund ist, dass es immer wieder Konflikte in Be­reichen gibt, wo sozusagen die Sicherheit und öffentliche Ordnung gefährdet ist, nämlich im Energiebereich – das ist momentan ein wichtiges Thema –, aber auch bei Verteidi­gungsgütern und bei digitaler Infrastruktur. Das sind ganz sensible Bereiche, sodass wir sicherstellen müssen, dass wir in Österreich beziehungsweise in Europa die Kontrolle über diese Unternehmen haben. Das ist der Hintergrund dieses Investitionskontrollge­setzes.

Die Genehmigungspflicht gilt für große Unternehmen, kleine Unternehmen sind ausge­nommen. Es ist, glaube ich, wichtig, dass man da nicht zu rigid agiert. Es ist also immer ein Abwägen zwischen einerseits ausreichend Kontrolle, andererseits aber auch Anwen­derinnen-, Anwenderfreundlichkeit; das Wachstum von Unternehmen soll nicht behindert werden.

Es gab 50 Verfahren, die geprüft wurden. Interessanterweise wurden, glaube ich, nur in zwei Fällen Auflagen erteilt. Das ist aber wohl deswegen so, weil Unternehmen, wenn sie wussten, dass sie keine Chance haben oder es schwierig wird, dann meines Wissens häufig die Anträge wieder zurückgezogen haben.

Übrigens zu der Sunsetklausel, von der die Rede war: Die gilt genau für einen Bereich, und zwar für die Forschung im Bereich Arzneimittel, Impfstoffe und persönliche Schutz­ausrüstung, also in einem wichtigen Bereich. Da besteht – unter Anführungszeichen – die „Gefahr“, dass dieser Bereich von der 10-prozentigen auf die 25-prozentige Kontroll­schwelle zurückfällt. Ich begrüße, dass wir das evaluieren und dann hier gemeinsam entscheiden können, ob wir diese Sunsetklausel auslaufen lassen wollen.

Zum Thema Russland gebe ich zu bedenken: Ja, wir überprüfen nicht jede Investition im Land, und gerade Russland hat bisher offenbar großteils zwar Geld angelegt, aber kaum Arbeitsplätze geschaffen, wie dieser Bericht auch eindeutig belegt. Russland ist also nach Deutschland zwar der zweitgrößte Investor in Österreich, es sind aber nur etwa 800 Arbeitsplätze von diesen russischen Investitionen abhängig. Da werden also beispielsweise Immobilien gekauft, und es wird, ich sage es einmal so, wenig Mehrwert für Österreich geschaffen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 170

Wenn wir jetzt umgekehrt schauen, wie viel Österreich in Russland investiert: Wir inves­tieren ein Fünftel von dem, was Russland in Österreich investiert, in Russland. 21 Mil­liarden Euro investiert Russland in Österreich, wir nur 4,6 Milliarden Euro in Russland, abhängig von diesen Investitionen sind aber 50 000 Arbeitsplätze – also ein ganz an­deres Verhältnis, ein ganz anderer Mehrwert. Man kann diskutieren, ob wir das weiterhin so handhaben wollen.

Noch gar nicht erwähnt wurde der Fall Borealis, auch ein ganz aktueller Fall: Eurochem, also ein Unternehmen, das im Eigentum oder im Herrschaftsbereich eines russischen Oligarchen – Melnitschenko – steht, wollte die Düngemittelsparte von Borealis – also Pflanzennährstoffe, Melamin und technischen Stickstoff – kaufen. Das wäre schon sehr kritisch gewesen, weil es da um Düngemittel geht. Borealis hat aber dann im Endeffekt beschlossen, diesen Verkauf zu stoppen. Das war genau der Zeitraum, als der Krieg in der Ukraine schon begonnen hat. Zwei Wochen danach wurde dieser Verkauf sozusa­gen gestoppt. Das Investitionskontrollgesetz wurde also wiederum gar nicht schlagend.

In diesem Sinne: Ich glaube, es ist ein sehr gutes, sehr sinnvolles Gesetz. Es kontrolliert dort, wo es kritisch ist, und verhindert Käufe, die wir so nicht haben wollen, weil wir damit in kritischen Infrastrukturbereichen, in denen es für Österreich wichtig ist, Einfluss und damit Kontrolle verlieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


17.52.41

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Ich sehe das völlig anders als Kollegin Götze. Ich würde sagen, der Be­richt ist eine schallende Ohrfeige für die Frau Ministerin. Im Bericht steht ausdrücklich: „In Relation zur Einwohnerzahl bringt Österreich somit am meisten Fälle in den EU-Ko­operationsmechanismus ein.“ Wir haben in absoluten Zahlen ungefähr so viele Fälle wie Deutschland und Spanien, und das zeigt, dass das Gesetz überschießt, viel zu viele Fälle erfasst und damit Investitionen in Österreich zeitlich verzögert, die viel schneller gehen könnten.

Da brauchen Unternehmen Beteiligungen, brauchen Geld, und das Investitionskontroll­gesetz verzögert diese Investitionen, nämlich von amerikanischen und britischen Inves­toren, und das, was das Ziel des Gesetzes war – und wie Sie, Frau Ministerin, es auch angekündigt haben –, dass wir uns vor chinesischen und russischen Investoren schüt­zen müssen, wird verfehlt. Sie erwischen die Falschen, und die, die Sie erwischen soll­ten, erwischen Sie nicht.

Wenn ein russischer Oligarch eine Kärntner Raika kaufen will und die Investitionskon­trolle das genehmigt, dann ist genau das passiert, was nicht passieren sollte, dann ist nämlich ein schwindliges Geschäft genehmigt worden. Die Finanzmarktaufsicht und die EZB haben den Deal, den das Wirtschaftsministerium gutgeheißen hat, wegen Ver­dachts der Geldwäscherei abgedreht. Wenn man dann zu dem Schluss kommt, dieses Gesetz sei gut, dann kann ich nur sagen: Ich glaube, Sie haben es nicht verstanden! Dieses Gesetz erwischt die Fälle, die vernünftige Investitionen sind, und die unvernünfti­gen werden durchgewunken. – Das ist genau das Verkehrte.

Wenn ich jetzt sehe, wie das Wirtschaftsministerium bei der Investitionskontrolle arbeitet, dann mache ich mir große Sorgen hinsichtlich der Umsetzung der Sanktionen gegen Russland. Werden diese Sanktionen umgesetzt? Stehen wirklich alle Oligarchen auf den Listen? Wird das Vermögen dieser Leute eingefroren? Werden die Konten eingefroren?


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 171

Wird der Zugriff auf das Vermögen in Österreich unterbunden? Oder läuft das halt so wie bei der Investitionskontrolle und man schaut bei den heiklen Fällen weg?

Wir müssen diese Sanktionen gegen Russland beinhart umsetzen. Wenn wir da lasch sind, wenn wir daran mit diesem österreichischen: Geht schon, passt schon!, herange­hen, dann verlängert das den Krieg in der Ukraine. Frau Bundesministerin, diese Sank­tionen hart umzusetzen, das ist auch Ihr Job. (Beifall bei den NEOS.)

17.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. Ich darf sie bitten.


17.55.29

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Hohen Hauses! Sehr geehrte Da­men und Herren! Wenn man auf Europa schaut: Europa war tatsächlich die einzige Wirt­schaftsmacht, die bis vor gar nicht allzu langer Zeit ohne eine Strategie zum Schutze europäischer Schlüsselindustrien gearbeitet hat. Wir haben deshalb gesehen, dass viele Infrastrukturen, vor allem aber auch viele Technologieunternehmen verkauft wurden, ohne dass jemand darauf geschaut hat. Da geht es nicht darum, etwas zu verhindern, sondern es geht darum, zu wissen, was passiert, sowohl am europäischen Markt als auch am österreichischen Markt.

Das FDI-Screening wurde deshalb, während Österreich die Ratspräsidentschaft inne­hatte, entsprechend umgesetzt, und dieser Mechanismus, sich auf europäischer Ebene auszutauschen und entsprechend Informationen einzubringen, aber auch abzufragen und aktiv mitzuwirken, ist ganz, ganz wichtig. Das ist aus meiner Sicht auch unsere gemeinsame Aufgabe.

Erinnern Sie sich rückblickend daran, was in den vergangenen Jahren passiert ist! Ich nenne Ihnen zwei Fälle: den Fall von Kuka, die verkauft worden sind, und den Hafen von Piräus. Bei beiden Fällen gab es kein FDI-Screening. In beiden Fällen hat keine der Behörden, europäisch oder auch in den jeweiligen Ländern, darauf geschaut, sondern man hat diese Investitionen einfach zugelassen und durchgewunken.

Es geht nicht darum, zu verhindern, sondern es geht darum, ein gutes Augenmaß zu haben und ein Gleichgewicht zu schaffen, um auf der einen Seite ein attraktiver Wirt­schaftsstandort zu sein, aber auch so, wie die USA es machen, wie Japan es macht, wie Kanada es macht und wie viele Länder das schon viele Jahrzehnte vor uns gemacht haben, darauf zu schauen.

Dass wir genau darauf geschaut haben, nicht nur in Österreich, sondern über die Gren­zen hinaus, zeigt der Fall Siltronic. Sie können sich vielleicht erinnern, dass es dabei um einen Waferhersteller für die Halbleiterproduktion in Deutschland ging, der an ein tai­wanesisches Unternehmen verkauft werden sollte. Es ist der letzte Hersteller, den es in Europa gibt. Aufgrund der bestehenden Mechanismen konnte das verhindert werden, das Unternehmen bleibt jetzt in deutschem Besitz, und das ist wichtig, denn wir müssen uns hinsichtlich der verschiedensten Industrien gerade in diesen Zeiten – Sie haben es angesprochen, aufgrund von Covid oder auch aufgrund der Situation des Krieges in der Ukraine durch Russland – entsprechend vorsehen, was auch entsprechend vorgesehen ist.

Wir sind eine offene Volkswirtschaft und wir wollen Ansiedelungen, aber gleichzeitig wol­len wir auch nicht naiv sein. Wir wollen den Zugang von Investorenkapital ermöglichen, aber gleichzeitig auch entsprechend achtsam sein.

Wenn wir uns in dem Bericht anschauen, was passiert ist und was getan wurde: Es wurden 50 Fälle behandelt, es gab im ersten Jahr 50 nationale Prüfverfahren. Wenn wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 172

das mit den vergangenen acht Jahren vergleichen: Da gab es 25 Fälle im Außenwirt­schaftsgesetz, wo das zwar geregelt war, aber sehr gering geregelt war.

Ja, der Großteil der Übernahmen erfolgt durch amerikanische Unternehmen, aber man muss sagen, es war durch Covid der Zugang zum Beispiel asiatischer, vor allem chine­sischer Unternehmen zum europäischen Markt genauso gestört wie jener von österrei­chischen oder europäischen Unternehmen zu China, weil die Märkte nicht entsprechend erreichbar waren. Es geht auch nicht so sehr darum, aus welchem Land genau Inves­titionen kommen – auf Russland gehe ich dann noch gesondert ein –, sondern dass es genaue Prüfkriterien gibt, die auch entsprechend eingehalten werden.

Zu Ihren Fragen, was Russland betrifft: Natürlich kann ich Ihnen sagen, dass alle Sank­tionen streng eingehalten werden und dass eine eigene Abteilung bei uns im Haus ganz klar darauf achtet, dass diese Sanktionen entsprechend eingehalten werden, sowohl die Sanktionen gegen einzelne Personen als auch die generellen Sanktionen.

Das zweite Thema, das Sie hatten, war, dass es jetzt entsprechend zu Verzögerungen bei den Investitionen käme. Dazu kann ich Ihnen sagen: Das ist nicht der Fall, weil wir im Unterschied zu Deutschland einen Mechanismus eingebaut haben, dass so ein Ver­fahren im Grundlauf maximal zwei Monate dauern darf; so lange haben sie zum Großteil überhaupt nicht gedauert. In Deutschland zum Beispiel gibt es das nicht. Wir haben also, anders als zum Beispiel bei den UVP-Verfahren, eine klare maximale Zeit vorgesehen. Auch wenn es eine vertiefte Prüfung gibt, sind noch einmal maximal zwei Monate mög­lich. Kommt es zu keiner Antwort, dann ist es genehmigt. Somit haben wir einen Mecha­nismus, dass es nicht zu Verzögerungen kommt.

Darüber hinaus weiß jeder Unternehmer, dass er sich möglichst früh in einer soge­nannten Due Diligence – das ist die Verkaufsphase – an die Behörde wenden soll. Das ist in Deutschland, in den USA, in Japan, in Kanada so. Das heißt, sowohl die Anwälte als auch die Verantwortlichen der Unternehmen, die zum Verkauf stehen, selbst, wissen das sehr genau. Sie müssen nur rechtzeitig und frühzeitig kommen und nicht erst nach der Unterschrift. Wir haben klar festgestellt, dass die Unternehmer das wissen und das auch entsprechend umsetzen.

Zur Sunsetklausel ist ja ganz klar gesagt worden: Sie betrifft nur den Lifescience-Be­reich, und es ist ausschließlich eine Anhebung von 10 Prozent auf 25 Prozent ange­dacht. Das heißt, wir waren aufgrund der Covid-Krise etwas strenger und haben für den Lifescience-Bereich die 10 Prozent angelegt, und ja: Es gilt, am Ende diese Sunset Clause zu prüfen, aber mitnichten läuft das gesamte Gesetz aus oder sind die anderen Bereiche davon betroffen. Ich nehme die Anregung aber gerne an, und wir schauen uns das ver­tieft an und werden das sicher dann auch im Wirtschaftsausschuss besprechen können.

Zur Situation mit Russland: Man sieht genau, dass bei den jetzigen, im letzten Jahr getä­tigten Investitionen keine solchen dabei sind. Warum? – Weil natürlich, es ist schon ge­sagt worden, die Investitionen primär in Nichttechnologie getätigt und nicht Unternehmen mit hohem Forschungsanteil gekauft wurden. Auch da kann ich versichern: Die Sank­tionen werden bei jedem Erwerb genau beachtet und es sind auch die Personen ent­sprechend unter Monitoring. Die Vermögenswerte sind ja auch eingefroren.

Wenn wir uns in den EU-Kooperationsmechanismus einbringen, so ist das nichts Schlechtes. Das ist ja von Herrn Abgeordneten Loacker als schlecht bezeichnet wor­den. – Das sehe ich nicht so. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, eine aktive Politik in diesem Sinne zu machen, das aktiv zu gestalten und beide Chancen zu nützen, auf der einen Seite mehr Sicherheit, mehr Resilienz, mehr Unabhängigkeit zu haben, auf der anderen Seite aber auch eine offene Volkswirtschaft zu sein und entsprechend Investo­ren nach Österreich zu holen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

18.03



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 173

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Him­melbauer. – Bitte.


18.03.37

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wir sprechen an dieser Stelle über den Investitionskontrollbericht. Seit 2011 gibt es in Österreich einen Mechanismus, um Investitionen aus Drittstaaten zu prüfen und gegebenenfalls, wenn dadurch eine Gefährdung der Sicherheit oder der öf­fentlichen Ordnung besteht, diese zu untersagen oder mit Auflagen zu versehen. Darauf aufbauend kann seit 2020 aber auch die Öbag im Fall der Fälle passende Finanzie­rungsvarianten zur Verfügung stellen, um eine nationale Lösung als mögliche Alternative zum Schutz von Unternehmen in Schlüsselindustrien aufzuzeigen.

Was 2011 durch die EU-Kommission durchaus noch etwas kritisch gesehen wurde – zumindest wird das im Bericht so dargelegt –, wurde in den vergangenen Jahren immer intensiver diskutiert. Nicht erst seit der Pandemie, aber durchaus dadurch befeuert, ste­hen die Themen Schutz und Unabhängigkeit von Schlüsselindustrien wie beispielsweise des Gesundheitswesens, aber auch die europäische Produktion und die Resilienz in Krisenzeiten im Fokus. Das sehen wir derzeit in sehr vielen EU-Vorhaben, die hierzu einen Beitrag leisten.

Daher haben wir 2020 sowohl die EU-Verordnung zur Investitionskontrolle als auch das durch das Ministerium erarbeitete Investitionskontrollgesetz mehr als nur begrüßt. Damit wurde der bestehende Kontrollmechanismus in Österreich weiter präzisiert, teilweise erweitert und administrativ besser verankert.

Der vorliegende Bericht schildert nun das erste Jahr unter den geänderten Rahmenbe­dingungen. Einige interessante Punkte möchte ich herausgreifen. Schauen wir uns den grundsätzlichen Stand der Investoren nach Herkunftsland an, so sehen wir Deutschland mit 30 Prozent an erster Stelle. Danach folgt schon Russland mit 13 Prozent. Bei beiden Ländern gab es aber im Berichtszeitraum einen massiven Rückgang der Investitionen. Im letzten Jahr stachen eher ausländische Investoren vor allem aus den USA und dem Vereinigten Königreich hervor. Das ist nicht nur in Österreich ein Phänomen, sondern auch in anderen EU-Ländern.

Pandemiebedingt waren vor allem der Gesundheitsbereich und der IKT-Bereich be­troffen. Gerade als Telekommunikationssprecherin und IT-affine Person sehe ich vor al­lem den IKT-Bereich als wichtig an. So werden sowohl der Telekommunikationsbereich als auch kritische Technologien wie beispielsweise die Robotik als schutzwürdig ein­gestuft und unterliegen daher dem Kontrollmechanismus. Dadurch ist für mich die In­vestitionskontrolle ein wesentlicher Baustein, um insgesamt den Schutz und die Unab­hängigkeit der IKT-Industrie zu gewährleisten.

Das geht mit Maßnahmen wie der NIS-Richtlinie, der NIS-2-Richtlinie, die auch am Kom­men ist, dem EECC, den wir auch im Telekommunikationsrecht umgesetzt haben, womit wir auch den Schutz der 5G-Infrastruktur gewährleisten, einher. Aber auch Maßnahmen wie der Digital Markets Act, der jetzt auch in der Finalisierung ist, um ausländische Platt­formen und Dienstanbieter zu regulieren, sind insgesamt ein Beitrag zu mehr digitaler Souveränität und Sicherheit in Europa.

Es gibt sicherlich noch viel zu tun, aber ich sehe auch, dass wir auf einem guten Weg sind, den wir weiterhin mitgehen und unterstützen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 174

18.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. – Bitte sehr. Bei Ihnen steht das Wort, Herr Abgeordneter.


18.07.20

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Wirt­schaftsministerin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist ein guter Punkt, um auch darüber zu sprechen, dass unser Markt sehr wohl Regeln braucht, weil er sich eben nicht von allein regelt.

Ich bin sehr dankbar für diese Debatte, weil ich glaube, dass in Summe hier schon ein Interesse besteht, einzugreifen, wenn es für die Unternehmen, die Wirtschaft und auch Österreich nicht funktioniert, und deswegen sollten wir uns auch auf eine neue Standort­politik verständigen. Angesichts der Krisen, die wir erleben und erlebt haben, haben wir doch gesehen, dass die alten Regeln für die neuen Herausforderungen einfach nicht mehr taugen. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen, finde ich, sind die Fragen angebracht, die die Freiheitliche Partei gestellt hat, nämlich wie wir die Schlüsselindustrie in Österreich sichern, wie wir es schaffen, die Transformationsprozesse zu begleiten und wie wir vor allem auch den Standort Öster­reich gegenüber unglaublichen Geldmassen aus dem Ausland verteidigen. Wir erleben ja mittlerweile, dass die Finanzwirtschaft, die ja fast gar keine Regeln besitzt, die Real­wirtschaft drückt, dass in Wahrheit diese Systeme gegeneinander funktionieren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.) Die ÖVP muss sich endlich durchringen, vor allem in der Finanzwirtschaft auf globaler, auf europäischer Ebene Regeln einzufor­dern, weil es sonst unseren Standort schwächt.

Wenn wir uns MAN und ATB anschauen, dann sehen wir leider, dass Sie nicht bereit sind, einzugreifen und abzusichern, wenn es möglich wäre. Da könnte man mit einer Öbag sehr wohl etwas anderes tun, nämlich aktive Beteiligung ausüben, anstatt einen Skandal nach dem anderen zu produzieren. Das wäre eigentlich im Sinne der Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Deswegen ist das eine wichtige Debatte.

Ich weiß, viele finden es lächerlich, wenn ein Sozialdemokrat findet, es braucht Regeln für den Markt. Überlegen Sie es sich aber! Es wäre gut für unseren Standort, es wäre gut für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denn die Steuerpolitik à la Wolf kann nicht die Zukunft sein, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Höfin­ger. – Bitte.


18.10.06

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner, Kollege Lercher, hat einiges zum Besten gegeben, was alles nur nicht Hand und Fuß hat. Dass der Finanzmarkt nicht geregelt wäre: Wenn man da mit so manchem Wirtschafter, der mit beiden Beinen im Leben steht, spricht, erfährt man etwas anderes, nämlich wie überkorrekt und genau man manchmal arbeiten muss, um eben auch den Regeln der Finanzwelt (Zwischenruf des Abg. Eßl) entsprechen zu können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hörl.) Dass das aber nicht wirklich das Steckenpferd der Sozialdemokratie ist, das wis­sen wir ja.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber in diesem Kapitel auf einen Punkt kommen, der noch nicht besprochen wurde, nämlich: Wir beenden mit die­sen Beschlüssen auch ein Investitionsabkommen mit Polen und Lettland. Das funktio­niert so: In den vergangenen Jahren hatte Österreich zwölf Investitionsschutzabkom­men, bilateral mit verschiedenen Ländern Europas, und diese müssen wir aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zurücknehmen. Wir haben Teile davon schon umgesetzt, und jetzt gibt es noch wenige Länder, mit denen wir diese Abkommen beenden müssen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 175

Im Grunde regeln ja das Fremdenrecht und der Investitionsvertrag die Grundlage, wie denn mit Investoren, die in einem Fremdland investieren, umgegangen wird. Darüberge­stülpt war noch das Investitionsschutzabkommen. Warum? – Erst dieses Investitions­schutzabkommen hat garantiert, dass es auch völkerrechtlich verbindlich war, das heißt, dass nicht nationales Recht über Gemeinschaftsrecht gestellt werden konnte, und – was auch in der praktischen Arbeit wesentlich war – der einzelne Unternehmer konnte direkt in einem Land klagen, ansonsten muss er das über das jeweilige Land tun, wo er seinen Stammsitz hat.

Wie auch immer, wir müssen diese Abkommen beenden, und die Frau Bundesminister ist ja schon seit geraumer Zeit sehr intensiv bemüht, auch in Zukunft größtmöglichen Schutz für unsere heimischen Unternehmen, die im Ausland investieren, zu garantieren. Sie setzt sich sehr massiv auf europäischer Ebene dafür ein, dass diese Gemein­schaftsrechte auch insgesamt verbessert werden, und zudem versuchen wir zugleich natürlich auch, die Gesprächsbasis mit allen uns bepartnerten Ländern zu halten, um bestmögliche Garantien für unsere Unternehmer zu haben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich verlege die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie.

18.12.4730. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsge­setz 2011 (GWG 2011) geändert wird, sowie über den

Antrag 2324/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung strategischer Erdgasreserven in Österreich (1392 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Graf, bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abge­ordnete.


18.13.22

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Geschätzter Vizekanzler – der soeben reinkommt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns derzeit in einer Situation, mit der, glaube ich, niemand gerechnet hat. Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf Österreich, auf Europa, aber auch weltweit. Tragisch sind natürlich die menschlichen Situationen dahinter, die Schicksale dahinter, weshalb wir natürlich mit humanitärer Hilfe, soweit es geht, unter die Arme greifen wollen.

Wir stehen aber auch vor wirtschaftlichen Herausforderungen, denn nicht nur das Gas, das wir aus Russland beziehen, ist ein Thema, sondern auch die vielen Güter, die wir aus der Ukraine bekommen, beschäftigen uns. In dieser Situation, in der wir uns derzeit befinden, kann man natürlich – wie manche – hergehen und Schuldzuweisungen suchen und fragen: Wer, was, wo?, oder man entscheidet sich dafür, Lösungen zu finden.

Wir arbeiten an Lösungen, und darum brauchen wir auch die richtigen Antworten. Was können wir jetzt kurzfristig tun?, das ist eine Frage, und: Was können wir strategisch langfristig tun? Die Frage, warum wir Gas aus Russland bezogen haben, ist in dieser Position zweitrangig.


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Was wir aber schon gemacht haben: Wir haben schon den richtigen Weg eingeschlagen, denn langfristig bringen uns die erneuerbaren Energien auch die Lösung für unser derzeitiges Problem. Ich muss aber auch dazusagen, da brauchen wir auf alle Fälle effi­zientere UVP-Verfahren, und darum bitte ich auch in Richtung Ministerin, dass wir end­lich die Novelle auf den Weg bringen können. (Beifall des Abg. Haubner.)

Was wir selbst machen können, ist: Wir können Biogas selbst produzieren. Unsere hei­mischen Produzenten haben auch schon mitgeteilt, dass sie mehr Terawattstunden pro­duzieren können. Das Angebot sollten wir annehmen und auch die gesetzliche Basis dafür schaffen, dass wir diesen Weg gehen.

Energieeffizienz ist ebenfalls immer ein wichtiges Thema und auch ein wichtiger Hebel für uns, doch sollte es keine Verbote geben, sondern eher Bewusstseinsbildung, denn ein Betrieb, der derzeit von Gas abhängig ist, wird nicht so schnell Energieeffizienz an­sparen können. Was wir aber machen können, ist, die Haushalte dahin gehend zu bewe­gen, dass sie uns bei der Energieeffizienz auch unterstützen. Experten sagen, wenn man nur 1 Grad bei der Heizung reduziert, würde man 6 Prozent bei der Heizungsrech­nung sparen. Das ist schon ein Weg, zu dem ich sage, das ist eine gute Effizienzmaß­nahme, die wir unterstützen können. All diese Themen können wir strategisch langfristig umsetzen.

Was brauchen wir jetzt allerdings kurzfristig? – Kurzfristig brauchen wir Versorgungssi­cherheit für Österreich. Diesbezüglich ist eine Maßnahme, dass wir eine strategische Gasreserve schaffen; dazu wird mein Kollege Lukas Hammer noch einen Abänderungs­antrag einbringen. Hierzu setzt die Bundesregierung die Maßnahme, dass wir, um aus­reichend Energie für unsere Betriebe und für unsere Haushalte zu sichern, da einen Vorrat schaffen möchten. Daher wird die AGGM damit beauftragt, dass sie strategi­sche Gasreserven einlagert. Diese Einlagerung erfolgt auf Basis des Jännerverbrauchs von 2022. Wir möchten 12,6 Terawattstunden für den Haushalt und für unsere Betriebe einlagern. Wir wollen damit sicherstellen, dass wir, sollten plötzliche Störungen entste­hen, die Gasversorgung gewährleisten können. Die Bundesregierung stellt damit ein In­vestment von circa 1,6 bis 2 Milliarden Euro zur Verfügung – das kommt darauf an, zu welchem Gaspreis man einkauft.

Weitere Maßnahmen, die wir schon getroffen haben, sind natürlich auch – das wollen wir festhalten –: Wir haben ein Antiteuerungspaket auf den Weg gebracht und wir haben gestern auch darüber gesprochen, ein weiteres Maßnahmenpaket zu beschließen. Die­se zwei Maßnahmenpakete umfassen 3,7 Milliarden Euro. Zusätzlich zur Gasreserve, die auch ein Investment des Bundes sein wird, sind das mehr als 5 Milliarden Euro, die die Bundesregierung hiermit investiert, um die Versorgungssicherheit und die Leistbar­keit zu gewährleisten. Ich bitte hier um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schroll. – Bitte.


18.17.29

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ho­hes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die tragischen Ereignisse in der Ukraine erfordern wirklich zuallererst umgehend humanitäre Hilfe, aber leider Gottes auch die Anpassung unserer energiepolitischen und energiewirtschaftlichen Vorkehrungen. Das angesprochene Gesetz, das wir heute beschließen müssen, die strategische Gasreser­ve, ist so ein wichtiges und noch fehlendes Instrument, um die Versorgungssicherheit gerade im Bereich Gas gewährleisten zu können.

Lassen Sie uns aber trotzdem auch nicht vergessen, dass durch die historisch hohen Energiepreise wirklich sehr viele Bürgerinnen und Bürger, sehr viele Haushalte, aber


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 177

auch KMU-Betriebe mittlerweile wirklich massive finanzielle Probleme haben! Deshalb war es mir extrem wichtig, bei der Ausgestaltung des vorliegenden Gesetzes sowie zu­künftiger Maßnahmen darauf zu achten, dass weder die österreichischen Bürgerinnen und Bürger, die Haushalte – viele Pensionistinnen und Pensionisten, alleinerziehende Mütter – noch KMU-Betriebe mit noch höheren Energiepreisen konfrontiert werden. Vie­le unserer Bürgerinnen und Bürger können sich solche Mehrbelastungen wirklich einfach nicht mehr leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Klubobmann August Wöginger noch etwas mitgeben, der gestern in der Ak­tuellen Stunde unsere Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner wegen ihrer Rede kritisiert hat: Es wäre besser, wenn sie ihre Rede in Deutschland halten würde. – Lieber August Wö­ginger, Bundeskanzler Scholz und die Ampelkoalition Rot-Grün-Gelb in Deutschland haben die Rede unserer Klubobfrau gehört. Sie haben heute Mittag Maßnahmen für die Energiekostenbremse vorgestellt und sie haben auch die Mehrwertsteuer auf die Sprit­preise reduziert. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.) Das ist möglich. Es ist nicht so, wie unsere Rohstoffministerin gesagt hat, dass das in der EU nicht geht, nicht mög­lich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wäre also ein guter Ansatz, vor allem von euch Grünen, dass man da vielleicht etwas machen könnte. Vielleicht könnt ihr den Regierungspartner dazu animieren. (Zwischen­ruf bei den Grünen.)

Die aktuelle Situation am Energiemarkt stellt alle vor enorme Herausforderungen. Jetzt brauchen wir wirklich konkrete Maßnahmen: ein gültiges Energieeffizienzgesetz, ein Er­neuerbare-Wärme-Gesetz. Auch das EAG, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, liegt lei­der nicht auf dem Tisch, ist nicht vorhanden. Da kann man nur sagen, die Bundesregie­rung weiß das wirklich seit Monaten und wir weisen immer wieder darauf hin. Ich stelle mir mittlerweile ernsthaft die Frage – ich stelle sie mir wirklich ernsthaft! ‑: Ist es so, dass die ÖVP ihren Koalitionspartner absichtlich anrennen lässt oder können es die Grünen einfach nicht? Wir wissen es nicht genau, es wäre jetzt jedenfalls Zeit zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Bis heute gibt es kein gültiges Energieeffizienzgesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich habe es mir ausgerechnet: Seit mittlerweile 447 Tagen ist das Energieeffizienzgesetz ersatzlos ausgelaufen, genauso wie das Klimaschutzgesetz. Ebenso fehlt das Erneuer­bare-Wärme-Gesetz. Wo sind all die Maßnahmen? Wo sind die Gesetze? Wo ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz? – 20 Verordnungen fehlen, sind einfach nicht da, liegen nicht auf dem Tisch. Statt Pressekonferenzen am Wochenende durchzuführen, ist es gescheiter, wenn die Regierung bald in die Gänge kommen und handeln würde. Es ist, glaube ich, wirklich an der Zeit, effizient und effektiv zu arbeiten. Politik geht anders. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 178

e.


18.21.30

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die gesetz­liche Schaffung einer Notstandsreserve – jetzt im Bereich Erdgas. Wir haben ja eine solche bereits für Erdöl, und zwar für 90 Tage, vor allem für Haushaltskunden und die sogenannten sozialen Dienste.

Reserven im Gasbereich hatten wir bisher nicht, so wie wir doch einiges nicht hat­ten.  Man muss schon anmerken, dass da jahrelang nichts gemacht wurde, da gab es Versäumnisse. Insbesondere nicht berücksichtigt wurde das, was wir Freiheitliche im­mer  als vernünftige Energiepolitik beschreiben, nämlich eine ausgewogene Verfolgung von drei Zielen sozusagen in einem Zieldreieck. Selbstverständlich ist der Umstieg auf erneuerbare Energien Teil davon, dabei dürfen wir aber die Versorgungssicherheit nicht vergessen, und – das ist jetzt genau so ein Thema – da spielt auch der Netzausbau et cetera eine Rolle. Auch da gibt es schwere Versäumnisse, wofür wir hoffentlich nicht den Preis zahlen müssen. Das dritte Ziel, die Wirtschaftlichkeit und die Leistbarkeit, sollte man auch nicht aus dem Auge lassen – und da gibt es jetzt eine Entwicklung im Preisbereich.

Ich möchte jetzt nicht die Diskussion anreißen, wer schuld an den Preisanstiegen ist. Ist es der Markt oder nicht der Markt, das Marktversagen oder nicht das Marktversagen? Da könnten wir durchaus diskutieren, inwieweit ein an sich funktionierender Markt durch dirigistische Markteingriffe der diversen Regierungen und Kommissionen völlig aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Das ist aber jetzt hier nicht Thema, sondern Thema ist diese Pflicht zur Notstandsreserve für Erdgas.

Wir Freiheitliche haben einen entsprechenden Entschließungsantrag am 24. Februar diesen Jahres gestellt, also genau vor einem Monat. Darin haben wir die Regierung auf­gefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen – und siehe da, es ist sehr, sehr schnell gegangen. Das sehe ich auch durchaus positiv, wobei wir Bedenken ob der Geschwin­digkeit hatten, ob da nicht die Begutachtungsfristen et cetera nicht ausreichend eingehal­ten werden. Es ist jetzt also schnell gegangen. Wir haben ein Monat später sogar einen Gesetzentwurf beziehungsweise ein Gesetz vorliegen. Wir, die Freiheitlichen, werden – das kann ich sagen, es ist kein großes Geheimnis – diesem Gesetz zustimmen.

Ich möchte doch auch erwähnen – einmal etwas Positives –, dass dieser Prozess in den letzten eineinhalb Wochen ein sehr, sehr intensiver, guter, offener, effizienter war, es war ein lösungsorientierter Prozess. Besonders bedanken möchte ich mich bei Kollegen Alois Schroll von der SPÖ, der gemeinsam mit mir von der FPÖ sozusagen die Interes­sen der parlamentarischen Minderheit sehr, sehr gut vertreten hat. Es ist uns gelungen, diesem ursprünglichen Entwurf den einen oder anderen Giftzahn zu ziehen. Es ist uns gelungen – manchen ökonomischen Unfug darf ich, glaube ich, nicht sagen, denn dafür kriege ich einen Ordnungsruf (Abg. Angerer: Blödsinn!) –, manche ökonomische Sache, die nicht so ganz optimal ist, zu verhindern. Ich meine konkret, in ein Gesetz reinzu­schreiben, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt das alles wieder verkaufen muss. Das ist jetzt raus.

Wir haben die Interessen des Parlaments gegenüber der Regierung gut vertreten, die Interessen des Parlaments auch wahrgenommen und sichergestellt. Da geht es immer um das Thema: Wie groß ist die Verordnungsmacht der Ministerien? Was muss durch den Hauptausschuss? Was muss einer Zweidrittelmehrheit zugeführt werden? Da konn­ten wir doch das eine oder andere hineinverhandeln.

Kurzum: Das ist jetzt ein Gesetz – aus der Not, muss man sagen, geboren, aber durch­aus ausgewogen und auch nicht überschießend. Mit diesen 12,6 Terawattstunden stel­len wir zumindest die Erdgasversorgung für ein Mustermonat, nämlich den Jänner, si­cher. Man hört jetzt von der Europäischen Union schon Vorschläge, dass man sozusa­gen verpflichtend 80 Prozent oder 90 Prozent der Lagerkapazitäten als Reserve anfüllen muss. Das halte ich auf den ersten Blick für etwas überschießend. Da muss man auch ein bisschen ökonomisch denken. Das wird aber ein anderes Thema sein. Wie gesagt, dieser Entwurf ist durchaus ausgewogen und für uns in Ordnung. Deswegen werden wir diesem Gesetz auch zustimmen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Jakob Schwarz.)

18.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Unfug – noch dazu um diese Zeit – ist keinen Ord­nungsruf wert. (Abg. Lukas Hammer: Nur in Niederösterreich! – Abg. Kassegger: Ich hab es eh nicht gesagt! – Vizekanzler Kogler: Ist eh keiner!)

Herr Abgeordneter Lukas Hammer ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 179

18.26.11

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanz­ler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in einer extrem ernsten Situation, und es ist auch keine normale Zeit. Das Land, von dem wir 80 Prozent unseres Erdgases be­ziehen, führt gerade einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Pipelines, aus denen wir unser Gas beziehen, gehen zumeist durch die Ukraine; links und rechts neben diesen Pipelines zerfetzen russische Bomben Kinderkörper, treffen Spitäler sowie Ge­burtskliniken und zerstören Wohnhäuser.

Niemand von uns, glaube ich, hat Lust, diesen Verbrechern auch nur einen Cent zu überweisen, aber die bittere Wahrheit ist, dass wir von diesen russischen Gasimporten abhängig sind. Wir können zumindest kurzfristig nicht auf sie verzichten. Mich schmerzt diese Abhängigkeit – und wie sehr das schmerzt, das spüren wir alle. Ich kann nur für mich und auch für meine Fraktion sprechen: Wir möchten diesen Schmerz, diese Ab­hängigkeit nie wieder spüren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen nicht mehr von russischen Gasimporten abhängig sein. Wir wollen auch nicht mehr weiterhin russisches Gas kaufen müssen. Also was tun? (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Natürlich haben wir jetzt die Verantwortung, kurzfristig unsere Gasimporte zu diversifizieren. Wir müssen uns andere Quellen anschauen. Wir müssen aber auch so ehrlich sein, zu sagen, dass uns das halt nicht viel weiterbringen wird. Es wird unsere extreme Abhängigkeit von russischen Importen mindern, wenn wir uns aber anschauen, aus welchen anderen Ländern diese Gasimporte kommen können, wenn wir uns an­schauen, wer die größten Gasreserven auf der Welt hat – Iran, Katar, Saudi-Arabien, Turkmenistan –, dann stellen wir fest, dass das auch nicht gerade nachhaltige Alternati­ven sind. Das heißt, wir müssen nicht nur raus aus russischem Gas, sondern wir müssen raus aus sämtlichen Gasimporten und auch aus sämtlichen Importen fossiler Energieträ­ger. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen langfristig wirksame Maßnahmen, wie zum Beispiel ein Wärmegesetz, mit dem wir den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen beschließen und rechtlich verankern. Wir wissen, jede Gasheizung, die wir heute tauschen, ist ein Schritt hin zu dieser Unab­hängigkeit. Wir brauchen dafür einen nationalen Kraftakt.

Eines ist aber auch klar – und wir haben uns darüber während der Genese dieses Ge­setzes unterhalten –: Wir werden das nicht von heute auf morgen schaffen. So sehr wir uns bemühen, wir werden auch nächsten Winter nicht auf Erdgas verzichten können. Wir haben daher eine Verantwortung für unser Land, damit wir für den Ernstfall, falls wirklich etwas passiert, falls Russland den Gashahn zudreht oder falls die Pipelines be­schädigt oder sabotiert werden, was in einem Krieg einfach der Fall sein kann, gerüstet sind.

Wir haben in den letzten Wochen sehr viel darüber diskutiert, dass die österreichischen Gasspeicher so leer sind. Das stimmt, wir haben einen Gasspeicherstand von ungefähr 15 Prozent, die sind leer. Es wurde nur sehr schnell auf die Politik gezeigt, auf die Bun­desregierung gezeigt, obwohl wir alle wissen, dass die Politik – im Gegensatz zur Lage beim Erdöl – derzeit kein rechtliches Instrument hat, selber Gas einzuspeichern oder irgendjemandem eine Gasspeicherung oder Gasspeicherstände vorzuschreiben. Leider wurde das in der Vergangenheit dem Markt überlassen, und bei den hohen Gaspreisen, die wir seit letztem Herbst haben, ist es kein Wunder, dass die Gasspeicherstände eben niedrig gewesen sind. Der Markt hat uns auch in dieser Krise wie so oft nicht weiterge­holfen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir müssen also alles dafür tun, damit Menschen in unserem Land keine Angst haben müssen, dass sie im nächsten Winter nicht mehr heizen können, weil uns schlicht und einfach das Gas ausgeht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 180

Daher beschließen wir heute eine nationale strategische Gasreserve, und ich bringe fol­genden Antrag ein, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Lukas Ham­mer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gas­wirtschaftsgesetz 2011 geändert wird, in 1392 der Beilagen.

*****

Der Antrag ist eingebracht und verteilt, ich werde ihn daher nur in seinen Grundzügen erläutern.

Mit dieser Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes beschließen wir den Aufbau einer na­tionalen strategischen Gasreserve. Die Austrian Gas Grid Management AG wird als Verteilergebietsmanager von der Republik Österreich mit dem Kauf und der Einspeiche­rung von mehr als 12 Terawattstunden Gas beauftragt. Das ist der Gasverbrauch in einem Wintermonat. Eingesetzt wird die Gasreserve wirklich nur im extremen Notfall, wenn es zu einem Energielenkungsfall kommt, kein Gas mehr fließt und wir sozusagen darauf angewiesen sind, dass wir über den Winter kommen. Das ist nicht zu verwechseln mit einer Verpflichtung der Energieversorgungsunternehmen, die auch verpflichtet sind, für ihre Kundinnen und Kunden ausreichend Gas zur Verfügung zu stellen.

Wir haben – das haben Kollege Kassegger und Kollege Schroll angesprochen – in dieser nationalen Gasreserve auch den Nationalrat eingebunden, nämlich insofern, als dass bei möglichen Anpassungen bei der Höhe der Gasreserve, aber auch bei Diskussionen über die Freigabe der Reserven der Hauptausschuss zu befassen und das hier auch mit Zweidrittelmehrheit zu beschließen ist. Es gibt auch einen Bericht, der jährlich erstellt und dem Nationalrat zugeleitet werden muss, in dem über die Verwendung und die Be­schaffung der strategischen Gasreserve zu berichten ist.

Die Bestimmungen zur strategischen Gasreserve werden in zwei Jahren evaluiert und treten grundsätzlich Ende September 2025 außer Kraft, aber der Hauptausschuss kann über die weitere Verwendung der Gasreserve entscheiden, also was dann damit pas­siert. Wir wissen, es gibt auch auf europäischer Ebene gerade intensive Diskussionen über europäische Regelungen. Wir gehen jetzt hier einmal in Vorleistung, aber wir wer­den das dann vielleicht auch an die europäischen Regelungen anpassen müssen.

Sie sehen es mir vielleicht an: Dieses Gesetz ist jetzt für mich kein Grund für einen gro­ßen Freudentag. Ich glaube, es ist eine Notwendigkeit, weil wir als Politik eine Verant­wortung für die Versorgungssicherheit unseres Landes haben, aber es ist kein Gesetz, das mir besonders große Freude bereitet. Besonders große Freude werde ich haben, wenn ich wieder hier stehe, bevor wir das Erneuerbare-Wärme-Gesetz beschließen werden, da dieses für mich so eine Art Mittelfinger für die russischen Kriegstreiber sein wird, mit dem wir ihnen signalisieren können: Wir werden euer Gas nicht mehr brauchen, wir werden euer Gas nicht mehr kaufen und wir werden eure Armee mit unseren Gas­rechnungen nicht mehr finanzieren! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf,

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 181

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 2359/A der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (1392 d.B.) – TOP 30

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichts 1392 d.B. wird wie folgt geändert:

1. Z 2 lautet:

„2. (Verfassungsbestimmung) Nach § 18 werden folgende §§ 18a bis 18d samt Über­schriften eingefügt:

„Strategische Gasreserve

§ 18a. (1) Der Verteilergebietsmanager wird zur Gewährleistung der Versorgungssicher­heit in den Marktgebieten gemäß § 12 Abs. 1 im Wege der Beleihung mit der Vorhaltung einer strategischen Gasreserve betraut. Die Vorhaltung erfolgt in Speicheranlagen, die für eine unmittelbare Ausspeisung in die Marktgebiete genutzt werden können. Die Vor­haltung für die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg kann auch in Speicheranlagen erfolgen, die an benachbarte Marktgebiete angeschlossen sind.

(2) (Verfassungsbestimmung) Die Höhe der strategischen Gasreserve bemisst sich nach der jeweils im Jänner an Netzbenutzer abgegebenen Gasmenge und ist bis zum 1. März für das folgende Gasjahr von der Regulierungsbehörde zu ermitteln und zu veröffentli­chen. Die Bundesregierung kann die Höhe der strategischen Gasreserve mit Verord­nung anpassen; dabei sind allfällige EU-weite Zielvorgaben für Speicherfüllstände und aktuelle Marktbedingungen zu berücksichtigen. Für den Fall einer Reduktion der Höhe der strategischen Gasreserve sind in die Verordnung auch Verfügungen über die darü­ber hinausgehenden bereits in Speicheranlagen vorgehaltenen Gasmengen aufzuneh­men. Die Verordnung kann nähere Vorgaben zu den Modalitäten der Beschaffung und der Freigabe der strategischen Gasreserve, etwa die zu kontrahierende Mindestausspei­cherrate aus den Speicheranlagen, enthalten. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates; dabei gilt Art. 55 Abs. 5 Bundes-Verfassungs­gesetz sinngemäß.

(3) Der Verteilergebietsmanager hat dem Nationalrat, der Regulierungsbehörde, der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technolo­gie, der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie dem Bundes­minister für Finanzen jährlich spätestens bis zum 30. April einen Bericht über die Be­schaffung und Verwendung der strategischen Gasreserve vorzulegen und zu veröffentli­chen. Der Bericht hat insbesondere eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Aus­schreibungsverfahren gemäß § 18b Abs. 1 zu enthalten.

(4) Der Verteilergebietsmanager hat zum Zweck der ausschließlichen Wahrnehmung der Aufgaben gemäß den §§ 18a bis 18c eine hundertprozentige Tochtergesellschaft als Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Alle Rechte und Pflichten des Vertei­lergebietsmanagers im Zusammenhang mit der strategischen Gasreserve treffen aus­schließlich diese Tochtergesellschaft. Diese hat ihre Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auszuüben. Die Geschäftsanteile an der Tochtergesellschaft dürfen nicht veräußert werden.

(5) Die an dem Verteilergebietsmanager beteiligten Aktionäre und der Gesellschafter der gemäß Abs. 4 gegründeten Gesellschaft können weder direkt noch indirekt für Verbind­lichkeiten dieser Gesellschaft in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass die Aktionäre oder der Gesellschafter die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft auf unredli­che Weise allein oder im Zusammenwirken herbeigeführt haben. Demgemäß gebührt den Aktionären des Verteilergebietsmanagers oder dem Gesellschafter der gemäß


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 182

Abs. 4 gegründeten Gesellschaft aus Anlass einer allfälligen Liquidation weder ein Ge­winn aus den mit der Vorhaltung der strategischen Gasreserve in Zusammenhang ste­henden Tätigkeiten, noch haben sie einen allfälligen Verlust daraus zu tragen.

Beschaffung der strategischen Gasreserve

§ 18b. (1) Der Verteilergebietsmanager hat die strategische Gasreserve im Rahmen ei­nes marktbasierten, transparenten, nichtdiskriminierenden und öffentlichen Ausschrei­bungsverfahrens zu beschaffen; er ist auch Eigentümer der strategischen Gasreserve. Die strategische Gasreserve kann in mehreren Tranchen beschafft werden. Sie hat erst­mals zum 1. November 2022 oder im Falle von Umständen, die nicht im Einflussbereich des Verteilergebietsmanagers liegen, zum ehestmöglichen Zeitpunkt danach in vollem Ausmaß zur Verfügung zu stehen. Die Ausschreibungsbedingungen sind der Bundesmi­nisterin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und dem Bundesminister für Finanzen im Vorhinein anzuzeigen.

(2) Nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens gemäß Abs. 1 hat der Verteiler­gebietsmanager die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie und den Bundesminister für Finanzen unverzüglich über das Er­gebnis des Verfahrens zu informieren.

(3) Reduktionen der strategischen Gasreserve durch Freigaben gemäß § 18c sind so auszugleichen, dass die strategische Gasreserve jeweils zum 1. Oktober eines Jahres in vollem Ausmaß zur Verfügung steht. Die benötigten Gasmengen sind über die Gas­börse am virtuellen Handelspunkt oder im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ge­mäß Abs. 1 zu beschaffen.

(4) Die mit der Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben gemäß § 18a bis 18c verbundenen Kosten werden aus Bundesmitteln gedeckt. Die dafür benötigten Mittel werden vom Bund im Rahmen des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes zur Verfü­gung gestellt. Davon umfasst sind alle notwendigen und angemessenen Kosten für die Beschaffung der strategischen Gasreserve einschließlich Finanzierungskosten, Kosten für Speichernutzung, Systemnutzungsentgelte, operativem Aufwand, allfälliger Bewer­tungsgewinne und -verluste, Kosten im Zusammenhang mit § 18a Abs. 4 sowie allfälliger Verbindlichkeiten aus Gebühren, Abgaben und Steuern. Allfällige Erlöse und Verluste aus der Überlassung von Gasmengen an Marktteilnehmer, einer Reduktion oder Erhö­hung der strategischen Gasreserve sowie aus einer allfälligen Liquidation der strategi­schen Gasreserve sind dabei zu berücksichtigen. Dem Verteilergebietsmanager entsteht aus der Tätigkeit im Rahmen der Beleihung weder ein Gewinn noch ein Verlust.

(5) Der Bund stellt dem Verteilergebietsmanager die benötigten Mittel bedarfsgerecht unter Beachtung der Sicherstellung der nötigen Liquidität zur Verfügung.

(6) Der Verteilergebietsmanager hat gegenüber dem Bund jährlich bis zum 31. Jänner die Kosten gemäß Abs. 4 zu belegen. Die Angemessenheit der Kosten ist von einem von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen bestellten Wirt­schaftsprüfer zu prüfen. Unter- oder Überzahlungen sind spätestens bis zum 31. März des jeweiligen Jahres auszugleichen oder auf bestehende Forderungen anzurechnen.

(7) Die strategische Gasreserve ist dauerhaft mit dem Anschaffungswert zu bilanzieren. § 67 der Insolvenzordnung ist auf die gemäß § 18a Abs. 4 gegründete Tochtergesell­schaft nicht anzuwenden.

Freigabe der strategischen Gasreserve

§ 18c. (1) Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie kann die strategische Gasreserve im Rahmen einer Verordnung ge­mäß den §§ 5 und 26 des Energielenkungsgesetzes 2012 freigeben. Die Freigabe ist zu beenden, sobald die dafür maßgeblichen Umstände nicht mehr vorliegen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 183

(2) Soweit Marktteilnehmern Gasmengen aus der strategischen Gasreserve überlassen werden, erteilt der Verteilergebietsmanager dem Bilanzgruppenkoordinator die Anord­nung, diese gemäß § 87 Abs. 4 zu verwenden. Dazu hat der Verteilergebietsmanager eine Gebühr festzusetzen und zu verrechnen, die sich nach dem höheren der beiden folgenden Preise zuzüglich eines angemessenen Anteils an den sonstigen Kosten ge­mäß § 18b Abs. 4 bemisst:

        1.  der jeweilige Anschaffungswert der zugewiesenen Gasmengen, wobei die Gas­mengen mit dem höchsten Anschaffungswert zuerst heranzuziehen sind;

        2.  für das Marktgebiet Ost der Börsereferenzpreis (CEGHIX) des jeweiligen Gas­tags und für die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg der von der Erdgasbörse am vir­tuellen Handelspunkt des vorgelagerten Marktgebietes veröffentlichte mengenge­wichtete Preisindex des jeweiligen Gastags für Spotmarktprodukte.

Haftung

§ 18d. (1) Für die von Vorständen, Geschäftsführern oder Dienstnehmern des Verteiler­gebietsmanagers in Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen der Beleihung gemäß §§ 18a bis 18c wem immer in Vollziehung der Gesetze zugefügte Schäden haftet der Bund nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes. Der Vorstand, der Ge­schäftsführer oder Dienstnehmer haftet dem Geschädigten nicht.

(2) Hat der Bund dem Geschädigten gemäß Abs. 1 den Schaden ersetzt, kann er von den Vorständen, Geschäftsführern oder Dienstnehmern des Verteilergebietsmanagers Rückersatz nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes begehren.

(3) Unbeschadet des Abs. 2 hat der Verteilergebietsmanager dem Bund jene Leistungen, welche dieser in Erfüllung seiner Verpflichtung gemäß Abs. 1 erbracht hat, in vollem Umfang zu ersetzen.

(4) Soweit der Verteilergebietsmanager Leistungen an den Bund erbracht hat, geht der Anspruch des Bundes gegen die Vorstände, Geschäftsführer oder Dienstnehmer der Gesellschaft auf Rückersatz gemäß Abs. 2 auf die entsprechende Gesellschaft über.““

2. Nach Z 2 werden folgende Z 3 und 4 angefügt:

„3. (Verfassungsbestimmung) In § 169 wird nach Abs. 8 folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) (Verfassungsbestimmung) § 1, die §§ 18a bis 18d sowie § 171 Z 1a bis 1d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2022 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. §§ 18a bis 18d sowie § 171 Z 1a bis 1d sind bis zum 30. Sep­tember 2024 im Sinne des § 18 Bundeshaushaltsgesetz 2013 zu evaluieren und treten mit Ablauf des 30. September 2025 außer Kraft. Festlegungen über die weitere Verwen­dung der strategischen Gasreserve hat die Bundesregierung mit Verordnung zu treffen. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates; da­bei gilt Art. 55 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz sinngemäß. Für den Fall einer Ver­äußerung sind die Erlöse daraus dem Bund umgehend zu erstatten.“

4. In § 171 werden nach Z 1 folgende Z 1a bis 1d eingefügt:

        „1a. hinsichtlich § 18a Abs. 2 und § 169 Abs. 9 die Bundesregierung;

        1b. hinsichtlich § 18a Abs. 3 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Bundesminister für Finanzen;

        1c. hinsichtlich § 18b Abs. 1 und 2 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Finanzen;

        1d. hinsichtlich § 18b Abs. 6 die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 184

Begründung

Die Invasion der Ukraine durch Russland führte zu einer nicht vorhersehbaren geopoliti­schen Krise und stellt eine potenzielle Bedrohung für die Gasversorgungssicherheit in­nerhalb der Europäischen Union dar. Im Einklang mit der Kommunikation der Europäi­schen Kommission (REPowerEU) wird mit den vorliegenden Änderungen eine nationale strategische Gasreserve eingeführt, um auch im Falle einer vollständigen Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland die Gasvorräte zu besichern und die Versorgungssi­cherheit für österreichische Endkund:innen weiterhin aufrecht zu erhalten.

Der Aufbau einer strategischen Gasreserve soll dazu dienen, die Resilienz der österrei­chischen Energieversorgung zu stärken, die Importabhängigkeit zu reduzieren und auch weiterhin ambitionierte klimapolitische Ziele zu verfolgen.

Zu Z 1 (§§ 18a bis 18d):

Die operative Abwicklung der Beschaffung und der Vorhaltung der strategischen Gasre­serve wird dem Verteilergebietsmanager im Wege der Beleihung übertragen. Dieser ver­fügt im geltenden Gas-Marktmodell als Systemoperator über eine Monopolstellung und nimmt ausschließlich die ihm per Gesetz übertragenen Aufgaben wahr. Dazu gehören etwa das Netzzugangs- und Kapazitätsmanagement, die Gasflusssteuerung sowie das Krisenmanagement in Engpasssituationen. Die ihm dabei entstehenden Kosten werden von der Regulierungsbehörde per Bescheid bestimmt. Der gesetzlich festgelegte Aufga­benbereich des Verteilergebietsmanagers wird nunmehr um die Abwicklung der strate­gischen Reserve erweitert, wobei die damit einhergehenden Kosten nach dem Kosten­deckungsprinzip aus Bundesmitteln bedeckt werden. Da es sich hierbei um eine Aufgabe im öffentlichen Interesse handelt, ist eine Überabgeltung der Aufwendungen gesetzlich ausgeschlossen; beim Verteilergebietsmanager (bzw. dessen Tochtergesellschaft, dazu sogleich) fallen weder Gewinne noch Verluste an. Um dies auch in der Abwicklung der Zahlungsflüsse zu gewährleisten, ist die Angemessenheit der Kosten darüber hinaus von einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen.

Um eine rasche operative Abwicklung zu ermöglichen, hat der Verteilergebietsmanager eine Tochtergesellschaft zu gründen. Insoweit daher in den §§ 18a ff auf den Verteiler­gebietsmanager Bezug genommen wird, treffen alle Rechte und Pflichten, einschließlich der besonderen Haftungsbestimmungen, diese Tochtergesellschaft (§ 18a Abs. 4). Die Tochtergesellschaft wird sohin auch Eigentümerin der beschafften Gasmengen.

Die genaue Höhe der Reserve bemisst sich aus den jeweils im Jänner abgegebenen Gasmengen und wird im Sinne der Transparenz bis zum 1. März von der Regulierungs­behörde veröffentlicht. Für das Jahr 2022 ergibt sich ein Gesamtverbrauch im Jänner von 12,6 TWh. Die Höhe der Reserve kann mit Verordnung der Bundesregierung ange­passt werden. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, welche in sinngemäßer Anwendung des Art. 55 Abs. 5 B-VG in Anwe­senheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen ist.

Die Beschaffung der Gasreserve erfolgt im Rahmen eines marktbasierten, transparen­ten, nichtdiskriminierenden und öffentlichen Ausschreibungsverfahrens durch den Ver­teilergebietsmanager, wobei auch eine tranchenweise Beschaffung zulässig ist. Als Sek­torenauftraggeber kann sich der Verteilergebietsmanager auf die Regelung des § 178 Abs. 1 Z 26 Bundesvergabegesetz 2018 stützen.

Die Freigabe von Gasmengen aus der strategischen Gasreserve kann ausschließlich durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, In­novation und Technologie nach dem Energielenkungsgesetz 2012 erfolgen. Die tatsächliche


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Durchführung der Freigabe der Gasmengen obliegt in einem solchen Fall dem Verteiler­gebietsmanager, wobei sich dessen hoheitlicher Ermessensspielraum aus den in der Verordnung enthaltenen Vorgaben und Anweisungen ergibt.

Die Haftungsregelung in § 18d ist dem § 10 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung nachgebildet.

Der von Versorgern einzuhaltende Gasversorgungsstandard gemäß Art. 6 der Verord­nung (EU) 2017/1938 bleibt durch die strategische Gasreserve unberührt. Eine allfällige Überlassung von Gasmengen an Marktteilnehmer darf ausschließlich zum nach § 18c Abs. 2 zu ermittelnden Preis erfolgen, womit eine marktverzerrende Begünstigung von Empfängern gesetzlich ausgeschlossen ist.

Zu Z 2 (§ 169 Abs. 9):

Die Regelungen zur strategischen Gasreserve werden bis zum 30. September 2025 befristet und sind davor zu evaluieren. Für den Fall des Auslaufens der entsprechenden Bestimmungen ist durch Verordnung der Bundesregierung über die Verwendung der Gasreserve zu entscheiden. Diese Verordnung (wie jene nach § 18a Abs. 2) bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, welche in sinngemäßer Anwen­dung des Art. 55 Abs. 5 B-VG in Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mit­glieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen ist.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


18.34.06

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Ich finde es schon spannend und eigentlich auch durchaus richtig, was Kollege Hammer gerade jetzt am Schluss noch gesagt hat, nämlich dass er sich darauf freut, wenn kein Geld mehr in die russischen Kriegskassen fließen wird, weil die Bundes­regierung ihre Arbeit endlich erledigt hat. Wir haben gestern ein Gesamtpaket einge­bracht, in dem es genau darum gegangen wäre, wie wir die Abhängigkeit von russischem Gas sofort wirklich eindämmen. Und ja, das wird lange dauern, aber das wurde vom Tisch gewischt, und ich wundere mich jetzt doch sehr über Ihre Worte.

Wie Sie dem vielleicht auch schon entnehmen können, werden wir NEOS diesem Re­gierungsvorschlag nicht zustimmen. Ich weiß, das ist keine einfache Diskussion, ich möchte es aber auch wirklich begründen, warum wir uns heute hier dagegen aus­sprechen. Der Kern ist einfach das, was Sie auch alle in Ihren Vorreden gesagt haben: Dieses Gesetz wird die Abhängigkeit von russischem Gas nicht verringern. Es wird weiter Geld, und zwar nicht einfach nur das, was wir sowieso zahlen müssen, weil wir dem ausgeliefert sind, sondern es wird neues Geld in die Kriegskasse von Herrn Putin gespült. Wir sprechen hier von Milliardenbeträgen, die wir für dieses Ansinnen werden ausgeben müssen, denn natürlich wird das Gas nicht aus anderen Märkten kommen. Wir müssen diese Gasreserve aus Russland einkaufen.

Zum nächsten Punkt, und das wäre auch ein etwas günstigerer Punkt gewesen, wenn man schon auf das Budget schaut: Die Energieversorgungsunternehmen in Österreich, die sogenannten EVUs, werden bei diesem Gesetz überhaupt nicht in die Pflicht ge­nommen, auch entsprechende Gasreserven für Österreich zur Verfügung zu stellen. Das könnten 10 Prozent Lagervolumina sein, das ist in anderen Ländern durchaus möglich. Auch das hat keinen Eingang in dieses Gesetz gefunden.


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Dann möchte ich noch etwas sagen. Ich glaube, es war auch Kollege Hammer, der das angesprochen hat, dass der Markt nicht funktioniert. (Abg. Kopf: Der Markt funktioniert schon! Es sind die Preise! Gell, Werner!) Das ist etwas, was ich immer sehr schön finde: Von den Grünen kommt regelmäßig, dass der Markt nicht funktioniert; die Roten haben es heute auch mehrere Male gesagt. Ich möchte ganz explizit noch einmal darauf hin­weisen: Dass wir eine fast 90-prozentige Abhängigkeit von russischem Gas in Österreich haben, das hat nichts damit zu tun, dass der Markt nicht funktioniert, das hat damit zu tun, dass wir PolitikerInnen hatten, willfährige OMV-Manager und Wirtschaftskämmerer, die das mit vollem Bewusstsein und im Eigeninteresse betrieben haben. Das hat nichts mit einer Marktverwerfung zu tun. (Beifall bei den NEOS.) Um jetzt keinen Ordnungsruf zu riskieren, sage ich jetzt nicht, dass diese Leute natürlich den Russen in den Allerwer­testen gekrochen sind und dafür im Nachhinein sehr lukrative Jobs bekommen haben.

Wer zahlt die Rechnung? – Die Rechnung zahlen der Bürger, die Bürgerin, die Haushal­te und natürlich am Ende des Tages die Steuerzahlerinnen und die Steuerzahler.

Was wäre also zu tun? – Wir wollen damit abschließen, dass es natürlich Möglichkeiten gibt, aus diesem russischen Gas herauszukommen, und haben gestern erst einen um­fassenden Plan dazu vorgelegt. Es braucht eine Therapie gegen diese Russlandabhän­gigkeit, denn das ist eine gefährliche Krankheit. Und noch einmal gesagt: Unser Antrag wurde hier gestern einfach vom Tisch gewischt. Das wäre aber der Plan für die Versor­gungssicherheit. Er wäre vor allem deswegen so wichtig, weil wir auch ein Riesenpro­blem in der Wirtschaft haben. Diese Abhängigkeit von russischem Gas ist inzwischen wirklich ein Standortrisiko für die Wirtschaft und natürlich eine Armutsfalle für die Haus­halte geworden. Deswegen haben wir hier auch eine moralische Pflicht, dass wir mög­lichst schnell zu Taten kommen. Wir müssen hier endlich Sachen umsetzen.

Meine Damen und Herren, die Schaffung dieser strategischen Gasreserve ist für mich nichts anderes als Symptombekämpfung. Es ist eine Symptombekämpfung, und das wird einfach nicht mehr reichen. Wir brauchen eine echte Therapie gegen die Abhängig­keit von russischem Gas, und wir NEOS haben diese Therapie auch gestern vorgelegt.

Ich bitte Sie wirklich inständig, ich bitte diese Bundesregierung inständig, sich das noch einmal anzuschauen und hier wirklich noch einmal darüber nachzudenken und ins Tun zu kommen. Unsere Unterstützung hätten Sie dabei. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Umschreibung macht es auch nicht viel bes­ser. Gut.

Ich habe vorhin vergessen, den Herrn Vizekanzler zu begrüßen, und möchte das in aller Form nachholen, Herr Vizekanzler.

Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Stark. – Herr Abgeordneter Stark, bitte.


18.38.31

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In unsicheren Zei­ten braucht es ein größtmögliches Maß an Sicherheit und ein größtmögliches Maß an Vertrauen. Dieses Gesetz schafft diese Sicherheit und schafft dieses Vertrauen, das die Menschen jetzt brauchen.

Wer den Diskussionen im Hohen Haus folgt, weiß, dass es hier oft sehr kontroversiell zugeht – manche nennen es auch Streit –; dass es aber auch anders gehen kann, das zeigt dieses Gesetz. Warum? – Es war 14 Tage nach Kriegsbeginn, 14 Tage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, als am 10. März der Wirtschaftsausschuss tagte. In diesem Wirtschaftsausschuss haben die führenden Proponenten aller Parteien die Köp­fe zusammengesteckt und sich überlegt, wie wir möglichst schnell diesem Unsicherheits­faktor mit einer fast schon notgesetzlichen Maßnahme begegnen können, wie wir den


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Menschen Vertrauen geben können, dass sie keine Sorgen haben müssen, dass das Gas ausgeht. Es ist gelungen, wieder 14 Tage später, dieses Gesetz heute hier im Parla­ment zu behandeln und zu beschließen.

Meine Damen und Herren! Innerhalb kürzester Zeit so ein Gesetz zu erarbeiten, zu akkordieren und heute zu beschließen, das nenne ich wahre Kompetenz aller handeln­den Personen. Vielen Dank auch für die Mitwirkung! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu den NEOS und zu Kollegin Doppelbauer: Sie haben keinen Plan. Sie haben auch keine Alternative. Ich bin beim Kollegen Hammer: Dieses Gesetz ist kein Gesetz der Freude, dieses Gesetz ist kein Anlass zur Freude, es ist eine Notmaßnahme und es ist, da bin ich wieder bei Kollegin Doppelbauer, natürlich eine „Symptombekämpfung“, und das Symptom heißt Krieg.

Wir sind in der Lage, aufgrund der gegenwärtigen Situation zu handeln, wir müssen han­deln, damit die Menschen in unserem Land die Sicherheit haben, dass sie im nächsten Winter nicht unter Kälte leiden, dass sie kochen können und dass genügend Gasreser­ven vorhanden sind, damit wir unser Leben bestreiten können. Und diese Sicherheit ge­währen wir heute mit diesem Beschluss. Ich bedanke mich bei allen, die diesen Be­schluss mittragen und die an diesem Gesetz mitgearbeitet haben. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Matznetter. Das Wort steht bei ihm.


18.41.32

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Sie haben es schon ge­hört, das ist ein ernstes Thema. Wir sind, bedingt durch diesen Angriffskrieg Russlands und die Abhängigkeit, die wir haben, da die Pipelines, die Gasleitungen durch die Ukrai­ne gehen, gezwungen, Notstandsmaßnahmen zu ergreifen. Es stimmt, dass wir inner­halb von 14 Tagen im Wirtschaftsausschuss durch intensive Zusammenarbeit eine kurz­fristige erste Maßnahme mit diesem Gesetz setzen konnten. Ich bedanke mich bei allen Verhandlern – auch für die Zustimmung der FPÖ, und vor allem bei unserem Verhandler Alois Schroll –, die bis zur letzten Minute gearbeitet und das zustande gebracht haben.

Nur für die Regierungsparteien: Vielleicht sollte man gerade in Krisen öfter diese Zusam­menarbeit hier im Hause suchen, weil sie es leichter macht, wichtige Maßnahmen richtig zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns einiges fehlt. Kollege Schroll hat aufgezählt, was alles an Maßnahmen fehlt. Das verstehe ich – ich sage zunächst be­wusst, ich schätze Leonore Gewessler persönlich sehr, ich mag sie, aber die Grünen haben versucht, uns gegenüber einen Superstar aufzubauen –, aber das ist dennoch ihre Zuständigkeit. Und es war Leonore Gewessler, die sich geweigert hat, bis zum 7. März überhaupt jemals mit der Gaswirtschaft zu reden, obwohl sie schon fast zwei Jahre Ministerin war. Heute ist sie in Paris, es ist daher heute Werner Kogler unser Ener­gieminister – danke, dass du da bist, lieber Werner. Sie ist leider bei solchen Themen nicht da. Es wäre so wichtig, mit ihr zu diskutieren – es sind noch meine Fragen aus dem Wirtschaftsausschuss offen.

Wir haben nur noch 12,5 Prozent, keine 15 Prozent mehr, in den Gasspeichern. Wem gehören diese Reserven überhaupt? Gehört da nicht ein wesentlicher Anteil den Deut­schen? Pumpen die das Gas derzeit, obwohl die Leitungen noch gefüllt sind, für eine andere Versorgung ab?  Nicht beantwortet. Reicht unser Pipelinenetz, um jemals LNG zu übernehmen, wenn wir schon davon reden, dass wir von Saudi-Arabien und Katar


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menschenrechtsfreundlich neues Gas kriegen? Wir kriegen es nicht zu uns her. Und all das erfordert einen Einsatz, weil wir im Moment da nicht herauskommen.

Da erwarte ich mir von der Ministerin, selbst wenn sie jahrelang Geschäftsführerin bei Global 2000 war und Erdgas ein nicht zu besprechendes Thema ist, und zwar nicht we­gen mir, sondern wegen den Hunderttausenden Haushalten und der Industrie, dass sie da ist und hier Lösungen zur Verfügung stellt. Das ist ihre Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ.)

Ehrlich gesagt, auch der Ausstieg aus Gas ist ihre Aufgabe, aber jetzt haben wir eine Krise, und jetzt droht ja nicht nur, dass die Haushalte kalt bleiben werden, sondern dass der Betrieb in der Voest abgeschaltet werden muss. In diesem Sinne, Kolleginnen und Kollegen, würde ich Sie bitten, statt herumzureden – Superstar könnte Werner Kogler ersetzen; tatsächlich muss Werner Kogler heute Frau Gewessler ersetzen  sollten wir uns lieber damit beschäftigen, wie wir die Krise lösen, als irgendeine Personalpolitik der Grünen zu diskutieren. Ganz ehrlich, meine Freunde, bitte ernsthaft sein, die Probleme lösen und nicht nur von der Zukunft träumen!  Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Litschauer. – Bitte.


18.45.15

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vi­zekanzler! Hohes Haus! Ja, Herr Matznetter, unsere Ministerin hat das Problem sofort erkannt und sich darum gekümmert; aber er hört ja nicht zu, es interessiert ihn, sobald er abgetreten ist, nämlich eh nicht. (Abg. Matznetter spricht – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz – mit Abg. Blimlinger.)

Jahrelang, jahrzehntelang, vor 20 Jahren habe ich schon angekündigt, wir müssen aus dem Erdgas raus. In diesem Hohen Haus hat vor allem auch die SPÖ, und die Freiheitli­chen natürlich auch nicht, nie hingehört und sich nicht darum gekümmert. Man hat das dem Markt überlassen, und voriges Jahr im Sommer hat man gemerkt, dass der Markt nicht funktioniert, weil der Markt bei steigenden Preisen nämlich nicht einkauft. Deswe­gen sind die Speicher leer, und jetzt haben wir ein Problem mit der Versorgungssicher­heit. Aus diesem Grund ist dieses Gesetz jetzt in Angriff genommen worden. Die Minis­terin hat sich mit Auftreten des Problems sofort darum gekümmert. Ich möchte mich bei den Verhandlern und auch bei allen Beamten bedanken, die das wirklich sehr, sehr rasch auf den Weg gebracht haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Ministerin hat gesagt, sie hat keine Freude mit dem Erdgas, aber wenn es um die Versorgungssicherheit geht, dann ist sie zur Stelle und löst die Probleme  die Probleme, die die SPÖ nämlich jahrzehntelang nicht angegangen ist, denn deswegen haben wir ja diese strategische Reserve nicht. (Heiterkeit der Abg. Rendi-Wagner.) Sie haben immer auf Erdgas gesetzt, aber nie auf einen Plan B geachtet. Den gab es nicht, und das müs­sen wir jetzt reparieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Matznetter schüttelt den Kopf.)

Und da brauchen Sie sich nicht hierherzustellen und die Ministerin für das anzugreifen, was Sie jahrzehntelang zu tun verabsäumt haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Als wir in die Regierung eingetreten sind, haben wir sofort zu arbeiten begonnen: Heiz­kesseltausch, thermische Sanierung, überall haben wir mit dem Koalitionspartner die Budgets erhöht. Wir haben die Energieeffizienz im Gebäudebereich gesteigert. Wir ha­ben das EAG auf den Weg gebracht, 10 Milliarden Euro, zum ersten Mal zu 100 Prozent für erneuerbare Energien, damit wir von diesem Erdgas wegkommen. Wir haben sofort gehandelt.

Tun Sie nicht so, als wäre die ganze Zeit nichts passiert! Wir haben halt die leidige Auf­gabe, nach der SPÖ und auch nach den Freiheitlichen jahrzehntelange Versäumnisse


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aufzuräumen. Und jetzt kann es plötzlich nicht schnell genug gehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.  Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Frau Doppelbauer, weil Sie gesagt haben, Sie möchten an Putin am liebsten keinen einzigen Euro überweisen. Darin sind wir uns schon einig; aber wenn es um die Versor­gungssicherheit geht, habe ich jetzt nicht gehört, was der Plan B wäre, wie wir die Ver­sorgungssicherheit ohne diese Maßnahme sicherstellen, ohne dass dabei ein einziger Euro an Putin geht.

Das wäre mir natürlich auch am liebsten, aber die Antwort, wie das funktionieren soll, sind Sie schuldig geblieben. Von diesem Maßnahmenpaket wissen wir aber auch gleich­zeitig das ist schon richtig , dass uns das im nächsten Winter nicht von Gaslieferun­gen befreit hätte. Wir arbeiten ja daran, dass wir bei der Stromversorgung vom Gas weg­kommen, auch in anderen Bereichen wollen wir weg vom Gas, und das auf schnellstem Wege. Die Ministerin hat es gesagt, je schneller, umso besser  und jetzt noch schnel­ler –, aber dass das im nächsten Winter erledigt ist, so ist es ja nicht. Deshalb müssen wir dranbleiben. Und deshalb finde ich es auch nicht gut, dass heute diese Energieein­sparungsmaßnahmen der Energieberater teilweise so lächerlich gemacht worden sind. (Abg. Rauch: Das ist lächerlich!)

Da ist schon einiges drin! Ich bin Energieberater. Ich kann Ihnen sagen, was schon geht. Man muss es halt ordentlich machen. Schauen Sie hin! Ich habe einen Haushalt von vier Personen, ein Einfamilienhaus, auf einen Stromverbrauch von nur 1 500 Kilowattstun­den effizient modernisiert. Das geht, wenn man will, nur muss man es halt richtig ma­chen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Natürlich müssen wir beim Ausbau auch noch in die Gänge kommen, deswegen noch ein letzter Appell: Auch bei der Raumordnung, bei der Flächenwidmung werden wir et­was für die Fotovoltaik und auch für die Windkraft brauchen. Da brauchen wir die Bun­desländer, und da wünsche ich mir, weil ich aus Niederösterreich komme, dass auch in diesen Bereichen mehr weitergeht, denn auch die Netzkapazitäten sind das Problem. Das Netz muss schneller ausgebaut werden. Damit wir das besser nutzen, müssen wir auch die Fotovoltaik zum Beispiel rund um die Windräder gleich situieren, denn dann können wir dasselbe Netz doppelt nutzen. Also strengen wir uns endlich an, sodass wir auch in den Bundesländern diesbezüglich etwas weiterbringen! Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttinger. – Bitte.


18.50.10

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Grund, warum wir diesen Beschluss zur strategischen Gasreserve benötigen, ist ein sehr, sehr trauriger. Es ist wirklich unglaublich, dass im Jahr 2022 ein Krieg in Europa stattfindet. Unglaubliches Leid, Zerstörung und Hass wird damit viele Generationen be­gleiten.

Die Sowjetunion existierte von 1922 bis Ende 1991. Die Zeit des Kalten Krieges und des Eisernen Vorhangs steckt noch vielen Menschen tief in den Knochen. Spätestens seit 1991 gab es berechtigte Hoffnung auf ein friedliches Miteinander in Europa. Die wirt­schaftliche Zusammenarbeit ergab in vielen Bereichen ein enormes Potenzial und neue Märkte wurden eröffnet, aber natürlich weiß ich aus eigener Erfahrung im eigenen Be­trieb, dass man möglichst nicht von einem Lieferanten abhängig sein sollte.

Der heutige Beschluss zur Gasbevorratung ist wichtig und richtig, denn die Versorgungs­sicherheit steht an oberster Stelle, auch wenn der Preis ein sehr, sehr hoher ist. Der


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Krieg und die Dimension dieses Krieges waren so nicht vorhersehbar, und deshalb sind auch Schuldzuweisungen völlig fehl am Platz. Frau Kollegin Doppelbauer, auch wenn wir oft einer Meinung sind, sind wir da sicher nicht einer Meinung, und ich glaube, es steht auch einer Wirtschaftspartei nicht an, da ein Urteil zu fällen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, viele Kooperationen mit Russland sind sehr gut gelaufen. Die jetzige Entwick­lung war so nicht vorhersehbar. Die Hilfsbereitschaft für die ukrainische Bevölkerung ist großartig – danke an all jene Menschen, die da tätig sind. Es ist unglaublich, wie da gemeinsam auf das Wohl dieser Menschen geschaut wird, in dieser unglaublich schwie­rigen Situation. Setzen wir uns gemeinsam für den Frieden in der Ukraine und auf der ganzen Welt ein! Auch ein Gebet kann helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Herr Vizekanzler möchte noch eine kurze Anmerkung machen. – Bitte.


18.53.16

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Ich verspreche: nur wenige Anmerkungen. Erstens einmal: Frau Kolle­gin Gewessler ist tatsächlich bei der Internationalen Energieagentur in Paris (Abg. Schnedlitz: Im Privatjet, oder?), wo es genau darum geht, im globalen Kontext wiede­rum Vorsorge zu treffen, was die – zugegeben – fossilen Energieträger betrifft. Es geht um die Frage der weltweiten Ölmärkte, um die Gasmärkte und so weiter. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das sollte durchaus in unserem Interesse sein, und es ist schon gut, wenn die österreichischen Regierungsvertreterinnen und Regierungsvertreter dort teilnehmen. Ich möchte ja nicht wissen, wie die Debatte wäre, wenn es umgekehrt wäre, da könnten Sie die Lautstärke dann noch verdoppeln. Wir müssen schon konsistent bleiben, glaube ich.

Das andere ist: Ich würde der Erstrednerin, Frau Abgeordneter Graf, recht geben, sich in dieser Situation einmal darauf zu konzentrieren, was jetzt akut zu tun ist. Im Kontext der gesamten Gasbevorratung und Gassicherheit ist das ja auch nur ein kleinerer Teil, aber es ist einmal ein Teil, bei dem man auch schnell vorankommt. Ich danke auch den Fraktionen für diese Verhandlungen dafür, dass wir diese strategische Reserve im Um­fang, wie es Abgeordneter Kassegger ja genau ausgeführt hat, einmal aufbauen und herstellen. Das ist ein erster Schritt, er ist tatsächlich schnell gelungen, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem Kontext wird es fast ein bisschen philosophisch, über Markt und Marktversa­gen zu philosophieren. Ich glaube, man kann darüber reden, wie weit es unter anderen Vorzeichen auf Energiemärkten sinnvoll wäre, ohne besondere, großartige Regeln zu arbeiten. So gesehen kann man immer behaupten: Jedes Marktversagen ist auch ein Staatsversagen, weil der Staat für die Regeln zu sorgen hat – dieser Meinung bin zum Beispiel ich; dann darf man ruhig Marktwirtschaftler sein.

So etwas wie die Gasbevorratung zu betrachten, gerade für Krisenzeiten und unter den Vorzeichen, die sich ja zum Teil schon seit dem Sommer ergeben haben, ist aber etwas ganz anderes als generell die Betrachtung eines Energiemarkts. Auch darüber, wie viele Regeln und wie viele Nichtregeln es gibt, darf man da diskutieren. Dass das aber jetzt ohne Weiteres in den Zustand geführt hat, dass die Speicher relativ gering gefüllt sind, jedenfalls gemessen an der Kapazität, die sie haben? – Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen – auch für die öffentliche Debatte –, dass ja die Kapazitäten massiv erhöht wurden und deshalb heutige 15 Prozent vor zehn Jahren 30 Prozent ge­wesen wären. Wenn Sie das einmal mit dem Rechenschieber nachvollziehen, würde


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man vielleicht auch weniger Verunsicherung hineinbringen. Darum geht es mir aber noch gar nicht.

Derartige, wenn man so will, Verwerfungen in den Preisen – Preisen und Kosten – kön­nen ja nur Ausdruck von mehrerem sein: davon, dass die Basiskosten in der realen Wirt­schaft wirklich so steigen – da ist sicher viel dran, weil es andere Knappheitsfaktoren und restriktive Faktoren gibt, die haben wir ja in vielen Bereichen der Märkte –; dann gibt es Erwartungen für die Zukunft, die einmal – so weit, so logisch, wenn man so will; wenn Sie es moralisch wollen: so brav und so gut es geht – von Marktteilnehmern abgebildet werden; und dann gibt es natürlich vielleicht oder oft auch noch spekulative Elemente. Das alles ist Preiskomponente.

Abgeordneter Kopf hat vorhin einen sehr, sehr weisen Zwischenruf gemacht. Er hat gesagt: Na ja, der Markt funktioniert so weit einmal in den Marktsignalen, als die Preise besonders gestiegen sind! Das ist völlig richtig, das wird angezeigt. Die Frage ist ja, was am Schluss das Gesamtergebnis für eine Gesellschaft ist, und es war klar, dass bei diesen steigenden Preisen und auf diesem Preisniveau der Anreiz, das einzulagern, wenn das alles nur bei Privaten ist, relativ gering ist. Die hätten ja sozusagen im letzten Sommer und im Frühherbst schon glauben müssen – und offensichtlich haben sie an die kriegerischen Ereignisse nicht wirklich geglaubt –, dass heuer, jetzt und in den nächsten Monaten, die Preise noch viel höher sein werden. Na dann hätten sie es um den Preis eingelagert, das ist doch völlig klar. Aber – so viel zur Versöhnung – mit diesem kriegeri­schen, völkerrechtswidrigen Angriff hat offensichtlich wirklich niemand rechnen dürfen.

Insofern ist es, glaube ich, ein bisschen müßig, zu philosophieren, was Markt an dieser Stelle mehr oder weniger bedeutet. Es ist jedenfalls etwas zu tun. Das haben Sie ge­macht. Jedenfalls wird die große Mehrheit der Abgeordneten zustimmen, wenn ich das richtig verstehe, und ich halte das für außerordentlich wichtig und richtig, dass wir diesen Schritt einmal setzen.

Weitere werden folgen müssen, denn es geht ja immer noch darum, dass einerseits die Energieversorger möglicherweise einen Beitrag leisten müssen – da muss man auch schauen, dass sie es derstemmen und wo wir unter die Arme greifen können –, und erst recht geht es darum, am Ende der Kette auch die Kunden in der Industrie so gut wie möglich drüberzubringen.

Ich möchte dazusagen: Wir reden immer davon, dass wir uns drei Pullover stricken und uns vielleicht so solidarisch zeigen können, weil uns in den Wohnungen, wo mit Gas geheizt wird, kalt wird, aber es gäbe Wohlstandsverluste, die dadurch entstehen, wenn hochwertigste und gar nicht so wenige Industriebetriebe in Oberösterreich, in der Steier­mark im Speziellen, nicht mehr produzieren können – und es ist einfach so: Wir sitzen in der Falle, darüber brauchen wir nicht zu reden. Da bin ich wieder bei Frau Abgeordneter Graf: Wir lassen heute die Vergangenheit weg, aber wir sitzen in der Falle; ja, das ist so. Jetzt muss man kurzfristig etwas tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Wertschöpfungsverlust, der dadurch entstehen würde – das ist auch in der Bun­desrepublik Deutschland nicht so viel anders, und in anderen Ländern auch, aber spe­ziell in Österreich, wenn man das auf Arbeitsplätze umrechnet, wenn nicht alles wieder gestemmt werden kann, und weil wir auch nicht ewig alles werden zahlen können; das hat der Finanzminister jetzt schon einmal dezent angedeutet, insbesondere wenn ir­gendwann die Zinsen wieder steigen –, bringt uns in eine knifflige Situation, und deshalb muss man Schritt für Schritt vorgehen.

Es geht eben am Schluss um alle, und deshalb ist es auch so, dass da die Industrie, die Industriebetriebe unser besonderes Augenmerk verdienen – im Interesse von uns allen! Aber da werden wir erst hinkommen, das wird auch nicht leicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Letzter Punkt: der Vergleich mit Deutschland, der kommen musste – das ist völlig legitim. Abgeordneter Schroll hat, glaube ich, davon gesprochen, was sich dort im ersten oder im zweiten Maßnahmenpaket wiederfindet. Na ja, es wurde die Mineralölsteuer ange­sprochen, und ich verstehe das im Übrigen gut, dass man immer wieder auch auf diesen tatsächlichen oder vermeintlichen Lösungsvorschlag für diese Preisschwankungen und Preisanstiege, die es da gibt, kommt, so weit, so gut, insbesondere dann, wenn sich die Preise womöglich verdoppeln würden. Es ist ja nicht so, dass man da mit uns nicht da­rüber reden könnte.

Nur, eines haben Sie vielleicht bei Ihrer Kalkulation übersehen, nämlich dass durch diese Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland beim Benzin die Preise ähnlich sein werden wie in Österreich und beim Diesel immer noch deutlich höher. Also es kommt schon aufs Preisniveau an: Liegt der Preis für den Liter Treibstoff bei 2,50 Euro oder liegt er bei 1,80 Euro? Ich sage eh immer, rabiate Preisanstiege und Verwerfungen sind als solche schon ein Problem, und auch da gilt es wieder, sowohl auf die Konsumen­tinnen und Konsumenten als auch auf die Industriebetriebe zu schauen, aber wir haben das ja im Auge.

In Österreich wurde halt alternativ das Pendlerpauschale gewählt, weil das, auch wenn es da Diskussionen und Kritik gibt, zumindest einmal die Pendlerinnen und Pendler adressiert. Der Pendlereuro ist ja genau das, was die Lösung für die Frage ist, dass alle zumindest für Vergleichbares gleich viel kriegen, jetzt sogar mit der Möglichkeit der Gel­tendmachung einer Negativsteuer. Das ist einmal nicht so wenig. Beide Pakete sind nicht klein.

Man kann über jede Maßnahme diskutieren, nur wenn ich mich an die gestrige Aktuelle Stunde erinnere, muss ich schon sagen, man soll es zumindest nicht kleinreden, denn allein vom Volumen her ist das jedenfalls schon mehr als in jedem vergleichbaren euro­päischen Land. Das sollten wir bei aller Differenz vielleicht wenigstens so weit würdigen, nur dahin geht mein Appell. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abschließend noch einmal danke, dass genau umgekehrt herum für die heutigen Maß­nahmen, für diese Novelle hier die notwendige Zweidrittelmehrheit gesichert ist, und ein Dankeschön für das offensichtlich gute, konstruktive Verhandeln. – Danke schön. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

19.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke. Für Kogler’sche Verhältnisse war das eine wirklich kurze Einmeldung.

19.03.03Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 27 bis 30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen.

Ich darf fragen: Können wir abstimmen? SPÖ? Grüne? NEOS? – Gut.

Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Ener­gie, den Ersten Tätigkeitsbericht der Investitionskontrolle für den Zeitraum 25.7.2020 bis 24.7.2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstand­ort, III-584/1390 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, möge das mit einem dementsprechenden Zeichen bekunden. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten An­gerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genehmigungspflicht für alle in der Anlage zum Investitionskontrollgesetz aufgelisteten Bereiche unbefristet ab einem Stimmrechts­anteil von 10 %“.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit, daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie, den Abschluss des Staatsvertrags: Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Beendigung der Rechtswir­kungen des Art. 11 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die Förderung und den Schutz von Investitionen, in 1330 der Beilagen, gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz zu genehmigen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig.

Tagesordnungspunkt 29: Abstimmung über das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Lettland zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Lettland über die Förderung und den Schutz von Investitionen in 1419 der Beilagen.

Wer sich gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes dafür ausspricht, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist ein­stimmig.

Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirt­schaftsgesetz 2011 geändert wird, in 1392 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Hammer, Graf, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- und Abänderungsantrag eingebracht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zuerst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. Das ist damit festge­stellt.

Ich werde zunächst über die erwähnten Zusatz- und Abänderungsanträge und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Hammer, Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 2 sowie Einfügung neuer Ziffern 3 und 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichts.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehr­heit. Ich stelle ausdrücklich die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte die Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf die Zustimmung erteilen, dies zu tun. – Das ist ebenfalls das gleiche Stimmver­halten. Daher stelle ich wieder ausdrücklich fest, dass die Zweidrittelmehrheit gegeben ist und der Gesetzentwurf somit auch in dritter Lesung angenommen ist.

19.06.3931. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 1805/A(E) der Ab­geordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1399 d.B.)



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 31.

Ich darf Frau Bundesministerin Tanner recht herzlich bei uns begrüßen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hofinger, ich erteile das Wort und darf den Vorsitz übergeben. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)


19.07.18

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, seit 2019 hat sich die Welt aufgrund der Coronasituation und der Ukrainekrise maßgeblich verändert. Die Krise hat uns auch gezeigt, dass die globalisierte Welt eine gut vernetzte, aber eine sehr anfällige Welt ist. Auf einmal bekommen die Begriffe Selbstversorgungsgrad im Energiebereich, im Le­bensmittelbereich, aber genauso im wirtschaftlichen Güterverkehr eine ganz wesentli­che, bedeutende Rolle. Und wie es immer ist: Wenn ein Rad in einem solchen Getriebe fehlt, kommt es zum Stocken, und man merkt das an den großen Preissteigerungen, mit denen wir jetzt zu kämpfen haben.

Aber genauso haben wir im Sicherheitsbereich großen Nachholbedarf; das zeigt uns diese Krise. Und ich bin froh, dass es auf EU-Ebene einen großen Konsens dafür gibt, dass wir in diesen Bereich massiv investieren. Daher unterstütze ich auch den Vorstoß unserer Bundesministerin Klaudia Tanner, aufgrund des aktuellen Bedrohungsszenarios und mit Abstimmung des Generalstabes mehr Geld für das Bundesheer zu fordern. Ich glaube, das ist im Sinne der Sicherheit unserer Bürger und Bürgerinnen besonders wich­tig. (Beifall bei der ÖVP.)

Genau diese Bedrohungsszenarien zeigen uns auch, dass wir unsere Kasernen autark machen müssen. Was heißt das? – Wir müssen in Krisenzeiten gewisse Zeiten überbrü­cken können, in denen wir von fremder Energie unabhängig sind und die Infrastruktur aufrechterhalten können, aber das gilt genauso für den Lebensmittelbereich. Daher freut es mich, dass wir in den letzten drei Jahren das Budget für das Bundesheer um über 10 Prozent aufstocken konnten und dass Investitionen in die Autarkie der Kasernen ei­nen großen Stellenwert bekommen.

Wir investieren in den nächsten Jahren 90 Millionen Euro in 100 Kasernen, die mit Foto­voltaik und mit Speichern ausgerüstet werden. Zusätzlich bekommen die Kasernen auch für andere Blaulichtorganisationen Dockingstationen, und somit können auch Rettungs- und Einsatzkräfte unabhängig werden.

Mit dieser Investition sorgen wir für mehr Sicherheit für unsere Bürger, mit dieser Inves­tition bereiten wir die Schutz- und Hilfezonen für die Zukunft vor und bereiten wir uns auf Krisenzeiten vor. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.10


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtin­ger. – Bitte.


19.10.23

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministe­rin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In Krisenzeiten und in Zeiten eines Krieges in unmittelbarer Nähe wird den Österreicherinnen und Österreichern erst richtig bewusst, wie wichtig das Bundesheer ist.

Grundsätzlich ist ja das Bundesheer für die Landesverteidigung verantwortlich, aber ne­ben all dem ist es auch immer für die Notfälle in Österreich da, ob es im Katastrophen­schutz ist oder auch während der Covid-Krise in den letzten zwei Jahren war, es ist und war immer an unserer Seite.


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Damit jedoch das Bundesheer diese Aufgaben auch erfüllen kann, braucht es eine starke Unabhängigkeit. In den letzten Jahren ist Österreich immer wieder an einem Blackout vorbeigeschrammt. Der Ukrainekrieg und die damit verbundenen Unsicherheiten bezüg­lich Strom, Gas und Benzin machen diese Unabhängigkeit umso wichtiger. Es muss daher sichergestellt sein, dass die Bundesheergebäude mithilfe von Fotovoltaikanlagen vom öffentlichen Stromnetz unabhängig sind. Es ist wichtig, diese Vorbereitungen für die Krisenzeit zu treffen. Zusätzlich zum Schutz vor einem Blackout kann das Bundesheer durch diese Anschaffungen einen Beitrag für die Klima- und Energieziele leisten.

Ich freue mich daher sehr, dass mein Antrag dazu im Landesverteidigungsausschuss einstimmig beschlossen wurde. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.) Unab­hängige Kasernen bringen in Zeiten wie diesen ein kleines Stückchen Sicherheit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Jakob Schwarz und Stögmüller.)

19.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch. – Bitte.


19.12.05

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Diesem Antrag werden wir selbstverständlich die Zustim­mung geben, und wir hoffen, dass wir auch das notwendige Geld haben, um diese Foto­voltaikanlagen auf die Kasernen aufzubauen.

Apropos Geld: Wir hatten heute Vormittag ein Gespräch mit Ihnen, Frau Ministerin, zu dem Sie eingeladen haben. Sie haben dort ja gehört, dass wir alle – alle Wehrsprecher – Ihnen die volle Unterstützung in Bezug auf die bessere Dotierung und die bessere Finan­zierung des österreichischen Bundesheeres zugesagt haben, weil ja wirklich ein Para­digmenwechsel stattgefunden hat.

Vor zwei Jahren, als Sie Ihr Amt angetreten haben, haben Sie noch Leute Ihres Kabinetts ausgeschickt, die in Hintergrundgesprächen lanciert haben, es sei jetzt mit der österrei­chischen Landesverteidigung vorbei, man würde alle diese schweren Waffen und alles Militärische nicht mehr brauchen. Durch die traurigen Ereignisse in der Ukraine hat es auch einen Wechsel gegeben. Wir haben einen einstimmigen Beschluss im Nationalen Sicherheitsrat, dass die umfassende Landesverteidigung wieder aktiviert werden muss. Für die militärische – das ist ein Teil davon – sind Sie zuständig.

Nach dem heutigen Gespräch, bei dem Sie unsere gesamte Unterstützung bekommen haben, haben Sie in der Presse einen Artikel lanciert, in dem ein klarer Zeitablauf und ein klarer Budgetweg schon fix und fertig dargelegt worden sind. Sie haben uns dann angerufen und erklärt, das war nicht in Ihrem Sinne. Das mag schon sein, vermutlich ist Ihnen da ein Unglück passiert, irgendein Mensch in der Presseabteilung hat das zu früh hinausgegeben.

Unabhängig aber davon, liebe Frau Minister: Sie haben einen klaren Plan, wie Sie in den nächsten Jahren das österreichische Bundesheer finanzieren wollen. Sie haben einen Zeitplan, Sie haben einen Finanzplan, und das hätten Sie uns heute Vormittag sagen sollen. Das war keine vertrauensbildende Maßnahme von Ihrer Seite, noch dazu, als von unserer Seite ja wirklich Zusammenarbeit in all diesen Bereichen signalisiert worden ist. Frau Bundesminister, wir sind ja auf Ihrer Seite! Wir vertreten ja Ihre Interessen, aber wenn Sie einen klaren Plan haben, wie das Ganze ablaufen soll, dann haben Sie, glaube ich, die Verpflichtung, der österreichischen Volksvertretung – und das sind wir – reinen Wein einzuschenken und da nicht herumzutun, kein falsches Spiel zu spielen und auch nichts zu tun, was als solches interpretiert werden könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Format, das Sie heute am Vormittag begonnen haben, ist auf unsere Zustim­mung gestoßen, und wir ermuntern Sie auch, dieses Format beizubehalten, um da in


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einem direkten Kontakt mit dem Nationalrat auch die Entwicklung des österreichischen Bundesheeres voranzutreiben – auch mit den Vorstellungen, die Sie dazu haben.

Ich darf hier zwei Entschließungsanträge einbringen. Der eine Entschließungsantrag be­trifft die grundsätzliche Budgetierung von heuer und von den nächsten Jahren:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regel­budgets ‚Militärische Angelegenheiten‘ auf 1 % des BIP“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutz des Landes und seiner Bürger ein Sonderinvestitionspaket von einer Milliarde Euro noch im Jahr 2022 für das Österreichi­sche Bundesheer zur Verfügung zu stellen sowie ab dem Jahr 2023 das jährliche Re­gelbudget ,UG-14 Militärische Angelegenheiten‘ auf ein Prozent des Bruttoinlandspro­dukts anzuheben.

*****

Das ist ein Antrag, den wir jetzt öfter stellen. Das ist ein Antrag, der, liebe Frau Minister, Ihre Arbeit unterstützen soll.

Der zweite Entschließungsantrag bezweckt dasselbe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Schaffung eines Streitkräfteentwicklungsgesetzes“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich einen Entwurf zu einem Streit­kräfteentwicklungsgesetz mit klar festgelegten Budgetzahlen und einem Zeitrahmen von zehn Jahren, damit das Österreichische Bundesheer eine langfristige budgetäre Pla­nungssicherheit hat, vorzulegen.“

*****

Ein Streitkräfteentwicklungsgesetz, Frau Bundesminister, kann ruhig auf den Inhalten dieser Presseaussendung, die wir heute lesen konnten, aufbauen, denn was da drinnen gestanden ist, war ja nicht falsch. Die Leute, die Ihnen dieses Konzept oder diese Pres­seaussendung geschrieben haben, hatten eine Ahnung von der Materie und haben auch klar gesagt, in welche Richtung es gehen soll.

Dieser Antrag von uns, nämlich betreffend Schaffung eines Streitkräfteentwicklungsge­setzes, kann ruhig in diesem Format, das wir heute Vormittag hatten, weitergeführt wer­den. Sie können mit den Wehrsprechern darüber diskutieren. Es wird zur einen oder anderen Frage unterschiedliche Ansichten geben, das ist klar, aber wir werden Sie unter­stützen, um diese Klarheit festzustellen.

Dieses Streitkräfteentwicklungsgesetz soll auch in das Finanzrahmengesetz einfließen. Es muss für das österreichische Bundesheer einen berechenbaren Finanz- und Zeitplan geben. Wenn Sie das wollen, wenn die anderen Parteien das wollen, dann fordere ich


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Sie auf, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

19.17

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Bösch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sonderinvestitionspaket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets „Militärische Angelegenheiten“ auf 1 % des BIP

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 31, Bericht des Lan­desverteidigungsausschusses über den Antrag 1805/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1399 d.B.), in der 149. Sitzung des Natio­nalrates, XXVII. GP, am 24. März 2022

Die Gefahr eines Blackouts war schon in den letzten Jahren in Europa im Steigen begrif­fen, einer der Gründe für die Sicherheitsinseln des Bundesheeres. Der Ukraine-Krieg, der Europa komplett überrascht hat, steigert diese Gefahr enorm. Alle EU-Staaten hätten eine derartige Entwicklung in Europa nicht mehr für möglich gehalten.

Deutschland investiert 100 Milliarden in die Bundeswehr

Am 27. Februar 2022 berichtete die APA über das Vorhaben von Deutschland die Bun­deswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ausstatten zu wollen. Der Verteidigungsetat soll von nun an jedes Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlands­produkts ausmachen.

Dringender Investitionsbedarf auch beim Österreichischen Bundesheer

Auch Bundespräsident Van der Bellen wies bereits 2018 in seiner Ansprache zum Natio­nalfeiertag auf die völlig unzulängliche Ausstattung des Bundesheers aufmerksam:

„In Anbetracht der derzeitigen Budgetentwicklung wird in den nächsten Jahren eine rote Linie überschritten werden, nämlich die der Einsatzbereitschaft. Fehlende Ressourcen gefährden nicht nur die Aufgabenerfüllung, sondern auch das Leben der Soldatinnen und Soldaten bei ihren Einsätzen.“

Der Bericht „Unser Heer 2030“ stellt dazu fest:

„Ohne dringend notwendige Investitionen kann das BH die österreichische Bevölkerung nicht mehr schützen. Dies erfordert eine deutliche Erhöhung des Verteidigungsbudgets mit einer Balance zwischen Personal, Betrieb und Invest.

Unser ÖBH benötigt, zur Erfüllung der Schutzoperation mindestens 1% des BIPs, Für die Abwehr konventioneller Gegner würden 2% des BIPs erforderlich sein, dort liegt auch der internationale Standard.“

Bundeskanzler Nehammer will Heeresbudget auf ein Prozent des BIP steigern

Der ORF berichtete am 4. März 2022, unter https://orf.at/stories/3251147/, dass ange­sichts des Ukraine-Kriegs nun auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf die lang­jährige Forderung vieler Experten ein, Österreichs Verteidigungsausgaben auf ein Pro­zent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen, schwenkt. „Was wir derzeit erreichen müssen, sind mindestens ein Prozent des BIP“, sagte er gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, die heute mit einer neuen Österreich-Seite erscheint.


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Verteidigungsministerin Tanner: Verteidigungsbudget soll auf 1% des Bruttoinlandspro­dukts angehoben werden

Der Parlamentskorrespondenz Nr. 273 vom 15.03.2022 war zu entnehmen:

„Die durch die Krise in der Ukraine ausgelösten und veränderten sicherheits-politischen Herausforderungen standen heute im Mittelpunkt der Debatten im Landesverteidigungs­ausschuss. Nach dem Angriff Russlands seien viele Neubeurteilungen notwendig ge­worden, erklärte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner im Rahmen der Debatte zur EU-Jahresvorschau des Verteidigungsressorts. Tanner bekräftigte ihr Ziel, das Verteidi­gungsbudget auf 1% des Bruttoinlandsproduktes anzuheben. Abgeordnete aller Frak­tionen pflichteten der Notwendigkeit einer Erhöhung des Verteidigungsbudgets bei.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutz des Landes und seiner Bürger ein Sonderinvestitionspaket von einer Milliarde Euro noch im Jahr 2022 für das Österreichi­sche Bundesheer zur Verfügung zu stellen sowie ab dem Jahr 2023 das jährliche Re­gelbudget „UG-14 Militärische Angelegenheiten“ auf ein Prozent des Bruttoinlandspro­dukts anzuheben.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Bösch, Hoyos-Trauttmansdorff

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schaffung eines Streitkräfteentwicklungsgesetzes

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 31, Bericht des Lan­desverteidigungsausschusses über den Antrag 1805/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1399 d.B.), in der 149. Sitzung des Natio­nalrates, XXVII. GP, am 24. März 2022

Die Gefahr eines Blackouts war schon in den letzten Jahren in Europa im Steigen be­griffen, einer der Gründe für die Sicherheitsinseln des Bundesheeres. Der Ukraine-Krieg, der Europa komplett überrascht hat, steigert diese Gefahr enorm. Alle EU-Staaten hätten eine derartige Entwicklung in Europa nicht mehr für möglich gehalten.

Der Parlamentskorrespondenz Nr. 273 vom 15.03.2022 war zu entnehmen, dass Bun­desministerin Tanner auch 1 % des BIP als Budget möchte:

„Die durch die Krise in der Ukraine ausgelösten und veränderten sicherheits-politischen Herausforderungen standen heute im Mittelpunkt der Debatten im Landesverteidigungs­ausschuss. Nach dem Angriff Russlands seien viele Neubeurteilungen notwendig ge­worden, erklärte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner im Rahmen der Debatte zur EU-Jahresvorschau des Verteidigungsressorts. Tanner bekräftigte ihr Ziel, das Verteidi­gungsbudget auf 1% des Bruttoinlandsproduktes anzuheben. Abgeordnete aller Frak­tionen pflichteten der Notwendigkeit einer Erhöhung des Verteidigungsbudgets bei.

Auch wenn von der ÖVP gerne ins Treffen geführt wird, dass wir jetzt das höchste Bud­get aller Zeiten für das Militär haben, ist das Bundesheer weit weg davon, seine von der


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Bundes-Verfassung vorgegebene Aufgabe, die militärische Landesverteidigung, auch nur in Ansätzen erfüllen zu können.

Die problematische finanzielle Ist-Situation hat zum einen der Generalstab in seiner Bro­schüre „Effektive Landesverteidigung! – Ein Appell“ und zum anderen der Bericht „Unser Heer 2030“ ganz klar dargestellt.

Das Bundesheer als die bewaffnete Macht der Republik Österreich bedarf zum Zweck der Wiederherstellung der Fähigkeit der militärischen Landesverteidigung gemäß Art. 79 B-VG eine langfristige finanzielle Planungssicherheit von zehn Jahren.

Diese langfristige Planungssicherheit kann es nur geben, wenn das Budget in entspre­chendem Umfang für mehrere Jahre über Gesetzgebungsperioden und Regierungs­wechsel hinaus gesichert ist. Diese Sicherheit soll mit einem Streitkräfteentwicklungsge­setz erreicht werden.

Eine langfristige budgetäre Sicherheit sorgt dafür, dass das Bundesheer seinen verfas­sungsmäßigen Auftrag, die militärische Landesverteidigung und damit die Sicherheit Ös­terreichs, wieder erfüllen kann.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich einen Entwurf zu einem Streit­kräfteentwicklungsgesetz mit klar festgelegten Budgetzahlen und einem Zeitrahmen von zehn Jahren, damit das Österreichische Bundesheer eine langfristige budgetäre Pla­nungssicherheit hat, vorzulegen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß einge­bracht und stehen daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


19.17.36

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministe­rin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal: Gratulation der Kollegin für den An­trag! Ich glaube, das ist ein richtiger Schritt in Richtung Autarkie. Die Fotovoltaikanlagen sind ein wichtiger Schritt dahin gehend, dass wir Speicheranlagen auch in Zukunft aus­bauen und in kritischen Situationen nutzen können. Ich glaube, das ist gut und auch richtig so. Gratulation in deine Richtung (in Richtung Abg. Feichtinger), weil ich glaube, dass das ein wichtiger Schritt ist. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ich wollte heute eigentlich viel mehr über Fotovoltaik und Ausgestaltung unseres Heeres sprechen, aber leider, Frau Ministerin, lässt mich die aktuelle Situation, so manche Me­dienberichterstattung sehr irritiert zurück. So gehen wir mit dem Bundesheer nicht um! So gehen wir mit dem Bundesheer nicht um! Ich sage das in vollem Ernst. Wir Wehr­sprecher haben uns heute in der Früh getroffen, haben den Konsens unter uns gehabt, dass wir sagen: Wir möchten das Bundesheer weiter ausgestalten, Initiativen setzen, dass das Bundesheer ein wehrfähiges Bundesheer ist!

Entgegen dem Einvernehmen dahin gehend, dass wir gesagt haben: Wir werden auch in der Regierung weitere Schritte ausverhandeln, einen Pfad ausverhandeln!, wurden heute Zahlen, die komplett erfunden sind – die sind nicht ausverhandelt, Frau Ministerin,


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die gibt es nicht! –, von Mitarbeitern der Regierung präsentiert; das wissen wir, obwohl Sie uns gesagt haben, sie kommen nicht von denen, nicht von Ihrem Haus, nicht von der Koalitionspartei. Das irritiert mich sehr stark.

Wir brauchen eine Vertrauensbasis – so, wie wir sie unter den Wehrsprechern haben, die Initiative ergreifen, um das Bundesheer zu stärken, auszubauen –, und das hätten wir auch in diesem Bereich gebraucht. Es irritiert uns sehr stark, das muss ich ganz ehrlich sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Das müssen wir auch klären. Es kann nicht sein, dass Verhandlungen, die noch gar nicht wirklich stattgefunden haben, in der Presse landen. Die Zahlen 1,5 Prozent und 10 Mil­liarden Euro und dort noch etwas, die gibt es nicht.

Kehren wir zu dem zurück, was es braucht, nämlich gemeinsam zu verhandeln, ein Kräf­teprofil, ein Truppenkräfteprofil – so, wie wir es heute besprochen haben – zu finden, zu schauen: Was braucht das Bundesheer? – Das, was heute war, war eine Risikoanalyse.

Bei diesem gemeinsamen Treffen heute wurde nicht über das Budget gesprochen, nicht über irgendwelche Punkte. Die Wehrsprecher – die Kollegen Ofenauer, Bösch, Hoyos-Trauttmansdorff, Laimer –, die dabei waren, wir waren irritiert, dass da plötzlich stand, wir hätten über das Budget gesprochen oder sonst etwas. Das war nicht so! Sie (in Rich­tung Bundesministerin Tanner) waren ja dabei, Sie hätten sofort einen Widerspruch ein­legen und sagen können: Nein, das wurde heute nicht besprochen.

Das irritiert mich sehr stark, denn das, was ich möchte, ist, das Bundesheer zu dem weiterzuentwickeln, was wir brauchen. Wir brauchen ein Bundesheer, bei dem in den Gefahrenzonen, in denen Risikobilder gezeigt werden, investiert wird, das ist – von mir aus – die Miliz. Darüber müssen wir reden. Das, was jetzt passiert, ist doch eine Verwir­rung, eine Gefährdung auch dessen, dass wir weitere Schritte setzen können, das muss ich Ihnen auch klar sagen.

Frau Ministerin, bitte nehmen Sie die Wehrsprecher, nehmen Sie dieses Parlament ernst, und schauen wir gemeinsam, dass wir hier ein Budget für die Soldatinnen und Soldaten erarbeiten – ich glaube, das ist notwendig. Dafür braucht es uns, da braucht es ein gutes Einvernehmen. Gehen wir wieder an den Verhandlungstisch zurück und schauen wir, wie wir auf diesem Pfad weiterverhandeln können – vielen Dank! Ich hoffe, wir kommen da wieder in eine Richtung, dass wir gemeinsam schauen, dass dieses Bundesheer ausgebaut wird.

Ich glaube, wenn Sie nicht gewusst haben, dass solch eine Meldung passiert – oder bewusst probiert haben –, dann haben wir alle ein Problem und dann haben Sie ein Problem und dann müssen Sie die entsprechenden Konsequenzen auch bei Ihren Mitar­beitern ziehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS.)

19.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmans­dorff. – Bitte.


19.21.35

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen! Wir haben hier einen Antrag – das wurde schon von allen anderen Frak­tionen ausgeführt –, den wir gemeinsam beschließen werden. Es geht um Autarkie, es geht darum, Österreich auch auf die nächsten Jahre hinaus ein Stück sicherer zu ma­chen. Es ist ein guter Konsens, da gemeinsam zu arbeiten, ein Konsens, den wir als Wehrsprecher über die letzten Monate in verschiedenen Bereichen immer stärker entwi­ckelt haben, auch aufgrund der aktuellen Situation, die die Ukraine betrifft, die uns alle betrifft.


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Wir als Oppositionsparteien haben schon über die letzten Jahre – und wir wissen, dass es da in einzelnen Fragen auch große Unterschiede gibt – den Konsens geschaffen, dass wir ein starkes Bundesheer brauchen, um nämlich eines zu verteidigen: unsere liberale Demokratie. Dafür braucht es Sicherheit und Sicherheit muss uns auch etwas wert sein.

Das ist auch das, was wir heute gemeinsam mit Ihnen, Frau Bundesministerin, bespro­chen haben – gemeinsam mit Ihnen und den anderen Fraktionen; auch der Generalstab war dabei –, um genau diese Fragen zu klären, wie wir da gemeinsam weiterarbeiten können, wie wir die Sicherheit in Österreich, aber darüber hinaus auch die Sicherheit in Europa gewährleisten können und für unsere Werte eintreten können.

Wir haben diesen Konsens auch schon in den letzten Wochen gefunden. Wir haben ihn im Nationalen Sicherheitsrat gefunden, wo wir gemeinsam, alle Fraktionen, beschlossen haben – das ist eigentlich ein Armutszeugnis, das muss man auch offen und ehrlich sa­gen –, dass wir die umfassende Landesverteidigung wiederherstellen müssen. Es ist ein Armutszeugnis, dass wir in dieser Situation sind, aber die Situation ist zumindest so, dass wir das fraktionsübergreifend erkannt haben – endlich erkannt haben! – und sie wiederherstellen wollen.

Genau so habe ich auch diesen Termin heute empfunden, nämlich im Konsens Dinge weiterzuentwickeln, für die Bevölkerung Dinge weiterzubekommen, und ich war und bin nach wie vor schwer irritiert, was später passiert ist.

Ich habe mittlerweile die Aussendung, die danach aus dem Bundeskanzleramt – Ihrer Fraktion (in Richtung Bundesministerin Tanner), sozusagen Ihrem Haus oder zumindest indirekt Ihrem Haus – hinausgegangen ist, und ich muss Ihnen eines sagen: Das ist eine Sache, vor der wir gerade aktuell warnen. Wir warnen gerade davor – insbesondere wenn wir uns die Ukraine anschauen –, dass kriegerische Handlungen mittlerweile sehr facettenreich sind und wir – das ist ein Zitat auch aus Ihrem Haus, aus dem Generalstab kommend – da sozusagen den ersten Tiktok-Krieg erleben, das heißt, dass ganz viel über Fakenews, über falsche Informationen gearbeitet wird. Ich muss Ihnen ehrlich sa­gen: Die Fakenews der österreichischen Innenpolitik des heutigen Tages kommen aus der ÖVP und kommen aus dem Bundeskanzleramt.

In dieser Aussendung aus dem Bundeskanzleramt (eine schriftliche Unterlage zeigend) wird von einem „Geheimtreffen in den Räumlichkeiten des Parlaments“ gesprochen. – Ein Geheimtreffen hat nicht stattgefunden, weil Kollege Stögmüller und, ich glaube, Kol­lege Ofenauer knapp, bevor diese Aussendung hinausgegangen ist, schon eine OTS ausgeschickt und darüber informiert haben, dass es ein Treffen gegeben hat. (Ruf: Sehr geheim!)

Sie sprechen dann davon – beziehungsweise die ÖVP spricht davon –, das Ziel sei, ein „Neutralitätspaket“ zu präsentieren. – Dieser Begriff ist in dieser einen Stunde nicht einmal gefallen, diesen Begriff habe ich da zum ersten Mal gelesen.

Ich lese in dieser Aussendung von einem Heeresbudget von 1,5 Prozent des BIP. – Sie selbst haben in dieser Diskussion gesagt, dass wir nicht über Punkt und Komma im Bud­get sprechen wollen. Ich halte das für den richtigen Ansatz, weil wir zuerst darüber reden müssen, welche Aufgaben wir haben. Und ja, es gibt ein klares Commitment aller Wehr­sprecher, dass es mehr Geld braucht, weil Sicherheit uns auch etwas wert sein soll.

Dann folgt die einzige wahre Aussage in dieser Aussendung aus dem Bundeskanzler­amt, nämlich dass es einen „parteiübergreifenden Schulterschluss“ gibt. – Ja, den gibt es, den kann es geben, aber nicht mit dieser Vorgangsweise. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie des Abg. Bösch.)

In dieser Aussendung steht weiters: „Verankerung im Verfassungsrang steht zur Debat­te“. – Also ehrlich, ich war bei dieser Debatte anwesend, aber von dieser Verankerung


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im Verfassungsrang habe ich noch nie gehört – noch nie! Das stand nicht zur Debatte, alle Wehrsprecher können das bestätigen.

Dann steht: „Investitionsfonds, der aus den aufgestockten Budgetmitteln bis 2027 ein Investitionsvolumen von circa 10 Milliarden Euro bereitstellen soll“. – Zwischen Klam­mern übrigens: Vergleich Deutschland. Auch das ist etwas, was nicht stattgefunden hat. Eigentlich haben alle – alle Wehrsprecher – genau das Gegenteil beteuert, nämlich dass es langfristige Investitionen braucht, die sicherstellen, dass wir langfristig einen Inves­titionspfad haben, damit wir das österreichische Bundesheer langfristig weiterentwickeln können.

Das ist genau die Art und Weise, wie das österreichische Bundesheer über die letzten Jahre behandelt wurde, insbesondere von der ÖVP. Die ÖVP hat – speziell im Finanzmi­nisterium und über andere Ministerien, über den Bundeskanzler – über die letzten 35 Jah­re alles dazu beigetragen, dass sich das österreichische Bundesheer nicht weiterentwi­ckeln konnte. Das österreichische Bundesheer wurde von (in Richtung Bundesministerin Tanner) Ihnen – oder weniger von Ihnen, sondern von der ÖVP – zu einem technischen Hilfswerk degradiert. Die Geschichten vom Anfang Ihrer Periode kennen wir alle, ich möchte sie jetzt nicht noch einmal ausgraben.

Das österreichische Bundesheer wurde in der ÖVP zu keinem Zeitpunkt weiterentwi­ckelt, und genau an diese Vorgehensweise innerhalb der ÖVP erinnert mich das: dass irgendjemand im Bundeskanzleramt Ihre Arbeit zunichtemachen will, unseren Konsens als Wehrsprecher, die Sicherheit in Österreich in den Vordergrund zu stellen, zunichte­machen will, und da sage ich Ihnen, Frau Bundesministerin, das lasse ich mir nicht bieten, das lassen sich sicher auch die anderen Kollegen Wehrsprecher nicht bieten, denn es ist unsere Pflicht als österreichisches Parlament, die Sicherheit dieser Republik, die Sicherheit unserer europäischen Werte in den Vordergrund zu stellen und weiterzu­bringen. – Danke schön. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fried­rich Ofenauer. – Bitte.


19.27.48

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr verehrten Zuseherinnen und Zuseher! Der 24. Februar 2022 war eine Zäsur. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Sicherheitsarchitektur Europas erschüttert. Plötzlich ist einem bewusst geworden, wie wichtig Vorsorge ist, Vorsorge für schlechte Zeiten, und dieser Antrag – ein Oppositionsantrag –, den wir heute über alle Fraktionen hinweg annehmen, geht auch in diese Richtung: Vorsorge zu treffen, was die Energieversorgung unserer Kasernen betrifft, denn mit Fotovoltaikanlagen, die inselfähig sind, sollen diese Kasernen autark werden können.

Es gibt viele Sprichwörter, die das Thema Vorsorge betreffen: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!, oder – gerade im Zusammenhang mit der Ukraine immer öfter ge­nannt –: Si vis pacem, para bellum, also: Wenn du Frieden willst, dann bereite den Krieg vor. – Das ist damit aber nicht gemeint, sondern: Sei bereit für den Krieg! Bereite dich darauf vor, dass etwas Schlimmes geschehen könnte! Mach dich mit den Gefahren, mit den Risiken, mit den Bedrohungslagen vertraut und bereite dich darauf vor, um zielge­richtet darauf reagieren zu können! – Was das bedeutet, zeigt sich gerade im Krieg in der Ukraine, denn das Risikobild 2030 hat sich in wesentlichen Bereichen bewahrheitet.

Ausgehend von diesen Erkenntnissen, die wir nun aus dem Krieg in der Ukraine ziehen, müssen die Fähigkeiten des österreichischen Bundesheeres in allen dafür notwendigen


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Bereichen aufgebaut und abgesichert werden, und zwar langfristig und nachhaltig abge­sichert werden. Im Nationalen Sicherheitsrat gab es ein parteiübergreifendes Bekenntnis zu einer entsprechenden Dotierung des österreichischen Bundesheeres, ganz im Sinne dessen, dass Sicherheitspolitik kein parteipolitisches Mascherl haben sollte.

Es wurde bereits angesprochen: Ich habe auf Ersuchen der Frau Bundesministerin ges­tern am späten Nachmittag mit allen Wehrsprechern Kontakt aufgenommen und gefragt, ob sie heute Vormittag dafür Zeit hätten, mit der Frau Bundesministerin einen Austausch zu führen. Es waren alle sofort bereit, diesen Termin zu vereinbaren, wahrzunehmen, alle haben ihre Zeit zur Verfügung gestellt. Es gab am Vormittag einen sehr guten Aus­tausch – vielen Dank dafür, Frau Bundesministerin, aber ein Danke auch an alle Wehr­sprecher –, unsere Verteidigungsministerin konnte uns den aktuellen, bereits adaptier­ten Entwurf des Risikobildes vorstellen und auch einen Überblick über die aktuelle Be­drohungslage geben.

Drei Generalstabsoffiziere – der Chef des Generalstabes Brieger, Generalmajor Hofbau­er und Oberst Reisner – haben uns erläutert, was notwendig wäre, um die richtigen Ant­worten auf die aktuellen Bedrohungen zu haben. Es wurde dabei von General Brieger auch die aktuelle EU-Debatte betreffend ein 2-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausga­ben erwähnt. Er meinte, dass ein Anwachsen des Budgets in Richtung 1,5 Prozent wün­schenswert wäre. (Abg. Stögmüller: Das stimmt ja gar nicht! – Ruf: Lügst du?)

Das ist wichtig, denn die Sicherheit Österreichs liegt im nationalen Interesse. Es gab meiner Wahrnehmung nach auch ein Einvernehmen über eine deutliche und nachhaltige Erhöhung des Verteidigungsbudgets, wobei unter den Wehrsprechern noch nicht über konkrete Zahlen gesprochen wurde. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Es gab aber einen breiten Konsens dahin gehend, dass es notwendig ist, die Verteidi­gungsfähigkeit Österreichs wiederherzustellen, wieder aufzubauen. Wir brauchen dafür einen politischen Schulterschluss, denn es gibt viele Bereiche, von der persönlichen Schutzausrüstung der Soldatinnen und Soldaten über die geschützte Mobilität, die Luft­überwachung und Luftabwehr, vor allem was Drohnen betrifft, bis hin zu gepanzerten Fahrzeugen.

Herr Kollege Bösch, ich finde es gut, dass es eine Ministerin gibt, die einen Plan hat. Jetzt, denke ich, sollte es unser Ziel sein, diesen Plan in den Regierungsfraktionen, in der Regierung, in allen Parlamentsfraktionen, unter den Wehrsprechern zu besprechen, mit dem Ziel, das österreichische Bundesheer so auszustatten, dass es für die gegen­wärtigen und auch für die zukünftigen Bedrohungen gerüstet ist, im Interesse der Sicher­heit der Bevölkerung, im Interesse der Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres und im Interesse der Sicherheit der Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

19.32


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


19.32.42

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie uns in diesen Stunden zuhören und zuschauen! Sie stehen mit Sicherheit noch immer unter dem Eindruck des Unvorstellbaren: In der Nacht des 24. Februar hat der Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine begonnen. Das stellt eine Zeitenwende, eine Zäsur nicht nur für uns in Österreich, sondern für Europa und die gesamte Welt dar. Das Leid, das wir tagtäglich in Bildern sehen, macht einen sprachlos und fassungslos. Die Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher in diesen so schweren Stunden


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kann einem schon auch etwas geben. An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an all diejenigen, die einfach nur helfen und da sind. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

Nichts ist mehr gleich seit dem Beginn dieses Angriffskrieges, so auch nicht die Debat­ten, die darüber geführt werden – nicht die Debatten, die darüber innerhalb der Europäi­schen Union geführt werden, nicht die Debatten, die darüber hier im Haus geführt wer­den, und auch nicht jene im privaten Bereich. Es ist etwas eingetreten, das die gesamte Welt verändert hat, das insbesondere auch die Sicht auf die Notwendigkeiten verändert hat, die man in den Jahrzehnten davor gänzlich anders bewertet und eingeschätzt hat. Die soziale Sicherheit war es, die über Jahre und Jahrzehnte im Vordergrund gestanden ist. Vielleicht war es auch richtig, diesen Weg konsensual, über alle parteipolitischen Grenzen hinweg, zu verfolgen.

Schmerzhaft ist uns in Stunden, in Tagen, in Wochen wie diesen vor Augen geführt worden, dass es etwas Wichtigeres gibt, nämlich die militärische Sicherheit. Ich bin dank­bar, dass wir gemeinsam in der Nacht nach dem Start des Angriffskrieges im Krisenkabi­nett unter der Führung des Bundeskanzlers mit allen zuständigen Ressortchefinnen und Ressortchefs einen Weg aufgezeigt haben. Ich bin glücklich darüber, dass wir im Na­tionalen Sicherheitsrat über alle parteipolitischen Grenzen hinweg einen Konsens über die Notwendigkeit einer glaubwürdigen militärischen Landesverteidigung im Sinne eines gut ausgestatteten und ausgebildeten Bundesheeres mit einem dementsprechend hoch dotierten Budget gemäß der verfassungsmäßigen Vorgaben gefunden haben – über alle Parteigrenzen hinweg.

Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich den Wehrsprechern, die sehr kurzfristig Zeit ge­funden haben, sich mit dem Generalstabschef, mit Generalmajor Hofbauer und mit un­serem Oberst Reisner über das aktualisierte Risikobild auszutauschen.

Wir haben es nach diesem Beschluss im Nationalen Sicherheitsrat so verstanden, dass wir unsere Hausaufgaben zu machen haben, und das haben wir getan. Jetzt geht es darum, dass wir uns nicht darüber unterhalten, was der eine oder andere in diesen Stun­den vielleicht gesagt, getan, geschrieben hat oder nicht – das kann doch nicht unsere gemeinsame Aufgabe sein. (Zwischenrufe der Abgeordneten Stögmüller und Ries.) Unsere gemeinsame Aufgabe kann doch nur sein, dass wir für die Sicherheit der Öster­reicherinnen und Österreicher sorgen und dass wir das österreichische Bundesheer so ausstatten, dass es seine verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade in diesen Stunden, Tagen und Wochen ist es wichtig, nicht aufgeregt zu sein, sondern mit Ruhe und Gelassenheit dafür zu sorgen, dass wir unserer Aufgabe nach­kommen. Ich bin überzeugt davon, dass Sie als verantwortliche Damen und Herren Ab­geordnete dafür sorgen werden, dass das österreichische Bundesheer seine Aufgaben erfüllen kann, indem Sie es mit dem dafür notwendigen Budget ausstatten. Davon bin ich überzeugt. Ich danke Ihnen jetzt schon dafür, denn Sicherheit darf kein parteipoli­tisches Mascherl haben, wie das ein viel zu früh von uns gegangener Sicherheitspolitiker immer wieder gesagt hat. Ich bin überzeugt davon, dass jeder und jede von Ihnen weiß, dass jeder Euro, den man in das österreichische Bundesheer investiert, in die Sicherheit von uns allen investiert wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.


19.39.13

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wie schon mehrmals angesprochen wurde, gilt es nach dem heutigen Tag nun wieder Vertrauen aufzubauen und das rot-weiß-rote Projekt Landesverteidigung


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weiterzuentwickeln. Hinausgespielte Leaks – wie heute – zerstören leider viel an entge­gengebrachtem Vertrauen.

Kollegin Feichtinger, Genossinnen und Genossen haben am 7. Juli 2021 einen Ent­schließungsantrag betreffend „Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photo­voltaik-Anlagen“ eingebracht. Kern des Antrages war, durch die Erzeugung von Strom mittels Fotovoltaik die Autarkie des Bundesheeres im Fall eines Blackouts gewährleisten zu können.

Das bringt mich aber auch schon zur Stärkung des österreichischen Bundesheeres und der Miliz im Gesamten. Wie Sie vermutlich alle wissen, hat die Sozialdemokratie unter Dr. Bruno Kreisky die umfassende Landesverteidigung konzipiert und 1975 auch verfas­sungsrechtlich verankert. Federführend sei hier der Vater der umfassenden Landesver­teidigung Brigadier a.D., Sektionschef i.R., Prof. Dr. Richard Bayer genannt.

Diese in die Zukunft blickenden Persönlichkeiten haben damals verstanden, was es braucht, um Österreich resilient zu machen. Ich darf an dieser Stelle den namhaften Journalisten Conrad Seidl vom 7. März zitieren: „Der damalige Kanzler Bruno Kreisky [...] hat es nämlich verstanden, ein sehr viel breiteres Verständnis von Umfassender Landesverteidigung zu etablieren – und sich dafür auch die Unterstützung der anderen Parlamentsparteien zu holen. Verteidigung sollte in diesen Sinn eben nicht nur Sache des Militärs sein. Als weitere Säulen wurden die wirtschaftliche, die zivile und die geistige Landesverteidigung etabliert. Und zwar als ausdrücklich gleichwertig.“

Als die umfassende Landesverteidigung umgesetzt wurde, sind andere Staaten nach Österreich gekommen, um sich dieses Modell und das damit verbundene Raumverteidi­gungskonzept, die sogenannte Spannocchi-Doktrin, anzusehen. Diese Raumverteidi­gung wird heute, gerade in diesen bitteren Stunden, seitens der Ukraine auch in ähn­licher Form umgesetzt.

Meine Damen und Herren, es ist zwingend erforderlich zu handeln, die umfassende Lan­desverteidigung verfassungskonform umzusetzen, personelle und materielle Bedürfnis­se unter Berücksichtigung der Wiedereinführung von Truppenübungen der Miliz auszu­weisen – also eine realistische Einschätzung, um unser Heer im 21. Jahrhundert zu mo­dernisieren und den verschärften Risikobildern anzupassen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 31: Bericht des Ausschusses für Landesver­teidigung betreffend den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, Robert Laimer, Genossinnen und Genossen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1805/A(E))

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Landesverteidigung, werden aufgefordert, das Budget für Militärische Angelegenheiten (UG 14) wie angekündigt auf 1% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen um sicherzu­stellen, dass das österreichische Bundesheer seinen in der Verfassung vorgegebenen Aufgaben nachkommen kann.

Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird zudem aufgefordert, bis spätestens 26. Oktober 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher


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Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungsgesetzlich vorge­sehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden und die per­sonellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sicherge­stellt werden können.“

*****

Abschließend, meine Damen und Herren: Die Friedensdividende in Europa ist nun auf­gebraucht. Die Friedensmission des neutralen Österreich allerdings ungebrochen, denn wir werden uns nie – niemals! – an einen Krieg in Europa gewöhnen dürfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Laimer, Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Stärkung des österreichischen Bundesheers insbesondere der Miliz

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 31: Bericht des Ausschusses für Landesver­teidigung betreffend den Entschließungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, Robert Laimer, Genossinnen und Genossen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1805/A(E)).

In den letzten Wochen und Monaten wurde die Diskussion rund um die Resilienz des Bundesheers regelmäßig diskutiert. Gerade Katastrophenfälle und dort insbesondere neue Bedrohungsszenarien, wie die aktuell immer größer werdende Gefahr eines groß­flächigen Blackouts, müssen die Frage der Resilienz des Bundesheers im Krisenfall ins Zentrum rücken.

Ein Schritt zur Steigerung der Resilienz ist die Ausstattung der Gebäude des Bundes­heers mit Photovoltaik-Anlagen, die so einen wesentlichen Beitrag zur Energie-Autarkie leisten können. Ein anderer, für ein noch viel breiteres Spektrum an Herausforderungen relevanter Bereich, ist die Frage der Einsatzfähigkeit des Heeres in personeller Sicht. Diese ist durch die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine wieder verstärkt in den Fokus gerückt und lässt Schwächen in der Struktur des Bundesheers deutlich zu Tage treten.

Diese Probleme gilt es dringend – und im Sinne von Freiheit und Sicherheit der Men­schen in Österreich – zu beseitigen, denn die Sozialdemokratie steht für ein Leben in Freiheit und Sicherheit, für alle Menschen, die in unserer Heimat, der Republik Öster­reich leben.

Als Sozialdemokrat*innen können wir es nicht zulassen, dass dieses friedliche Zusam­menleben in unserem pluralistisch-demokratischen Rechtsstaat und die verfassungs­rechtlichen Grund- und Freiheitsrechte durch Krieg, Terrorismus, Extremismus, Orga­nisierte Kriminalität in allen ihren Ausprägungen, aber auch von der Natur oder Men­schenhand herbeigeführte Katastrophen, bedroht werden. Dies bedeutet, dass wir um­fassende Abwehrmaßnahmen vorzubereiten haben, um unser Gemeinwesen im Anlass­fall vor äußeren und inneren Bedrohungen schützen zu können.

Das erklärte Ziel sozialdemokratischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik war und ist es, Österreich – im Verbund mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union – als souveränes, neutrales Land zu bewahren, in dem seine


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Bürgerinnen und Bürger sowie alle Menschen, die hier legal Aufenthalt nehmen, ohne Angst, ohne Repression, ohne Gewalt und unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grund- und Freiheitsrechte, in Frieden leben können.

Durch den Krieg in der Ukraine wird uns in erschreckender Weise vor Augen geführt, wie rasch sich die Bedrohungslage verschlechtern kann und wie wichtig es daher ist, umfassende Instrumente und Verfahren bereitzustellen, um Schutz und Hilfe für unsere pluralistisch-demokratische Gesellschaftsordnung und seine sozialstaatlichen Errungen­schaften gewährleisten zu können.

Artikel 9a B-VG sieht die Umfassende Landesverteidigung als Verfassungsprinzip vor, um Österreich vor Bedrohungen aller Art, nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaft­lich, zivil und vor allem durch Sicherstellung der Resilienz der Bevölkerung durch Maß­nahmen der geistigen Landesverteidigung, zu schützen.

Dieser Auftrag des Verfassungsgesetzgebers wurde in den vergangenen zwei Jahrzehn­ten nicht nur vernachlässigt, sondern es wurden bewährte Strukturen zerschlagen. So wurde der richtungweisende Landesverteidigungsplan, wie in seiner Präambel aus­drücklich festgehalten, nicht an die jeweils aktuellen Bedrohungsbilder angepasst und weiterentwickelt, sondern de facto ad acta gelegt. Eine unverständliche Vorgangsweise, weil damit einhergehend, auch operative Strukturen nicht mehr funktionsfähig gehalten wurden.

Es ist daher zwingend erforderlich, die Umfassende Landesverteidigung verfassungs­konform umzusetzen. Diesbezüglich hat, wie von der SPÖ schon lange gefordert, der Bundeskanzler seine verfassungsrechtliche Koordinierungskompetenz wahrzunehmen und entsprechende aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen unverzüglich ein­zuleiten.

Gleichzeitig hat die Bundesministerin für Landesverteidigung ohne Zeitverzug alle erfor­derlichen Schritte zu setzen, um auf Grundlage der im Generalstab aufliegenden, aktuel­len Planungsdokumente unverzüglich die dringend erforderlichen Beschaffungsvorha­ben für das Bundesheer einleiten zu können.

Dabei sind die personellen (z.B. Truppenübungen) und materiellen Bedürfnisse der Miliz auszuweisen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Landesverteidigung, werden aufgefordert, das Budget für Militärische Angelegenheiten (UG 14) wie angekündigt auf 1% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen um sicherzu­stellen, dass das österreichische Bundesheer seinen in der Verfassung vorgegebenen Aufgaben nachkommen kann.

Die Bundesministerin für Landesverteidigung wird zudem aufgefordert, bis spätestens 26. Oktober 2022 ein konkretes Modell zur Beschlussfassung vorzulegen, in welcher Form das Bundesheer, insbesondere im Hinblick auf seine verfassungsgesetzlich vor­gesehene milizartige Struktur organisiert und entsprechend finanziert werden und die personellen und materiellen Bedürfnisse und Erfordernisse der Miliz erfüllt bzw. sicher­gestellt werden können.

*****



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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte.


19.43.58

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Fotovoltaikanlagen an Bundesheergebäuden anzu­bringen ist eine nette Idee und fördert die Autarkie der Kasernen. Daher werden wir dem auch zustimmen.

Eines ist aber auch klar: Mit Fotovoltaikanlagen allein wird die Stromversorgung für das österreichische Bundesheer noch nicht sichergestellt sein.

Es freut mich aber grundsätzlich sehr, dass die seinerzeitige Idee unseres damaligen Bundesministers Mario Kunasek, die Idee der Sicherheitsinseln, auch von den anderen Parteien aufgegriffen, gutgeheißen und fortgesetzt wird. Aus dem Blickpunkt der Lan­desverteidigung ist es aber viel wichtiger, den nach der Verfassung erforderlichen Zu­stand unseres Bundesheeres wiederherzustellen. Das ist nämlich eines unserer Haupt­probleme.

Der unselige ÖVP-Ex-Minister Günther Platter (Abg. Hörl: ... hallo, hallo!) hat damals durch seine verantwortungslose Entscheidung, den Grundwehrdienst von acht Monaten auf sechs Monate zu reduzieren und die verpflichtenden Truppenübungen zuerst auszu­setzen und dann abzuschaffen, eine unselige Entscheidung getroffen, welche dem Bun­desheer nachhaltig schadet, und er hat damit einen permanenten Verfassungsbruch ein­geleitet. Und das Ganze nur für ein populistisches Wahlzuckerl.

In unserer Bundesverfassung steht nämlich – ich zitiere das hier im Hohen Haus zum wiederholten Male –: „Dem Bundesheer obliegt die militärische Landesverteidigung. Es ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten.“ – Zitatende.

Aus den parlamentarischen Erläuterungen von damals geht hervor, dass dieses Miliz­system nach Schweizer Vorbild einzurichten ist. Nur stimmen die verfassungsrechtlichen Bestimmungen auf der einen Seite mit der Realität auf der anderen Seite leider nicht einmal ansatzweise überein. Wir haben in Österreich de facto so etwas wie ein Berufs­heer mit Grundwehrdienern als billige Systemerhalter und eine angebliche Miliz, welche aber keine mehr ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Beinahe die Hälfte unserer Milizsoldaten sind sogenannte befristet Beorderte. Das sind aber keine Milizsoldaten, sondern das sind ehemalige – in der Regel unzureichend aus­gebildete – Grundwehrdiener, die nach dem Abrüsten ungefragt – wichtig für die Grü­nen: ungefragt! – auf einer Liste stehen. Diese befristet Beorderten haben weder eine Uniform noch üben sie nach dem Abrüsten aus ihrem Grundwehrdienst auch nur einen einzigen Tag. Es sind also reine Karteileichen, aber keine Milizsoldaten. Eine Miliz zeich­net sich dadurch aus, dass sie regelmäßig übt.

Daher hat unsere Partei hier im Hohen Haus schon unzählige Male Anträge eingebracht, um wieder verpflichtende Truppenübungen einzuführen, und zwar nach dem bewährten Modell sechs plus zwei. Es freut mich, dass die Frau Bundesminister unsere Forderung plötzlich nicht mehr kategorisch ablehnt, sondern zumindest ressortintern prüfen lässt.

Allerdings frage ich mich schon, was es da noch zu prüfen gibt! – Kein Militärexperte sagt, dass eine Miliz nicht regelmäßig üben muss. Was mich aber fassungslos macht und schwer enttäuscht, war die reflexartige und kategorische Ablehnung durch den grü­nen Wehrsprecher David Stögmüller – leider ist er jetzt nicht mehr anwesend – für die Grünen betreffend eine Wiedereinführung von verpflichtenden Truppenübungen. Der grüne Wehrsprecher möchte über das Thema momentan nicht einmal eine Diskussion führen. Im Ausschuss hat er gesagt: Die Grünen setzen auf eine Freiwilligenmiliz.


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Was die Grünen anscheinend nicht wissen beziehungsweise nicht verstanden haben, ist, dass wir momentan keine Freiwilligenmiliz haben. Derzeit müsste beinahe die Hälfte aller Soldaten unfreiwillig, das heißt ohne entsprechende Ausbildung und ohne Freiwilli­genmeldung, in einen Einsatz gehen.

Verpflichtende Truppenübungen kann man nur aus zwei Gründen ablehnen: Entweder wenn man entgegen unserer Bundesverfassung und entgegen dem Ergebnis der Volks­befragung in Wahrheit ein Berufsheer möchte, oder wenn man schlecht ausgebildete ehemalige Grundwehrdiener, die keine richtigen Milizsoldaten sind, quasi als Kanonen­futter in einen Einsatz schicken möchte. – Beides ist strikt abzulehnen, beides zeugt von einer verantwortungslosen Haltung. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend bringe ich noch einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Anbetracht des Krieges in Europa aufgefordert schnellst möglich die Sicherheitsstrategie 2013 unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten Parteien zu überarbeiten.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Bösch, Mag. Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 31, Bericht des Lan­desverteidigungsausschusses über den Antrag 1805/A(E) der Abgeordneten Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung von Gebäuden des Bundesheers mit Photovoltaik-Anlagen (1399 d.B.), in der 149. Sitzung des Natio­nalrates, XXVII. GP, am 24. März 2022

Die Gefahr eines Blackouts war schon in den letzten Jahren in Europa im Steigen be­griffen, einer der Gründe für die Sicherheitsinseln des Bundesheeres. Ein Blackout wird nicht einmal erwähnt in der geltenden Sicherheitsstrategie. Dies liegt daran, dass, die Österreichische Sicherheitsstrategie mehr als 10 Jahre alt ist. In einem Jahrzehnt kann sich vieles verändern. Was wir gestern für undenkbar gehalten haben, ist heute leider Realität: Ein Krieg in Europa.

Der Ukraine-Krieg hat Europa komplett überrascht. Alle EU-Staaten hätten eine derarti­ge Entwicklung im 21. Jahrhundert in Europa nicht mehr für möglich gehalten. In der Ukraine führen Streitkräfte mit starken Panzer-Verbänden und anderen schweren Waf­fensystemen mit massiver Luftunterstützung einen konventionellen Krieg. Der 24. Fe­bruar 2022 hat einen europäischen Epochenwechsel eingeleitet, dessen Konsequenz eine wesentlich verbesserte Verteidigungsfähigkeit Europas sein muss.


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Auch in Deutschland kommt es zum Umdenken. Am 27. Februar 2022 berichtete die APA über das Vorhaben von Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ausstatten zu wollen. Der Verteidigungsetat soll von nun an jedes Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoin­landsprodukts ausmachen.

Die Salzburger Nachrichten berichteten am 28.2.2022 über das Österreichische Bun­desheer:

„Ohne ausreichende Luftabwehr wäre das Bundesheer bei einer Aggression binnen we­niger Stunden ausgeschaltet. Die Eurofighter sind mangels Ausrüstung nicht konkur­renzfähig. Ohne Nachtsichtgeräte können sie den Luftraum in der Nacht nicht einmal überwachen, geschweige denn können sie ihn verteidigen. Weiters fehlen leichte Trai­ningsjets. Sie wurden 2020 ersatzlos außer Dienst gestellt.

Artillerie und Kampfpanzer sind im Bundesheer nur noch rudimentär vorhanden. Auch die Abwehr von Drohnen, die im Ukraine-Konflikt eine wesentliche Rolle spielen, wäre ausbaufähig. Eine weitere Lehre aus dem Krieg lautet: Die Vorkehrungen gegen Cyber­angriffe müssen verbessert werden.

Ein Problem des Bundesheeres ist schließlich auch die geringe Mannstärke. Die Miliz­verbände fordern daher aus Anlass des Ukraine-Kriegs nun die Reaktivierung des Miliz­systems mit verpflichtenden Truppenübungen.“

Dies belegt der Bericht „Unser Heer 2030“ des Bundesministeriums für Landesvertei­digung:

Die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021 (2022 existiert anscheinend noch nicht) besagt: „Zu Beginn des Jahres 2021 ist eine qualitative Veränderung in der Beurteilung der Risikolage Österreichs festzustellen. Die Sicherheitslage Österreichs ist nicht mehr bloß von einer allgemeinen und eher abstrakten Verschlechterung der Lage gekenn­zeichnet, vielmehr sind mehrere der bislang nur prognostizierten Szenarien nunmehr auch tatsächlich eingetreten. (...)

Hoffnungen, dass Österreich eine abgekoppelte »Insel der Seligen« ist, haben sich schon in der Vergangenheit nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Österreich ist von vielen Entwicklungen der letzten Jahre sogar stärker betroffen als andere Staaten in Europa. Sowohl die Migrationskrise als auch die Corona-Krise haben Österreich zeitweise mas­siver getroffen als andere EU-Staaten. Und viele weitere international diskutierte Bedro­hungsszenarien wie hybride Bedrohungen, Cyber-Angriffe oder Desinformationskampagnen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 211

finden auch in Österreich statt. Zudem liegt Österreich regionalen Konflikten geogra­phisch oftmals näher als andere EU-Staaten.“

Die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021 beinhaltet weiters eine Grafik mit Bedro­hungen für Österreich und deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Eskalation des Ukraine­konflikts war damals noch unter „möglich“ angesiedelt.

Neben der unbedingt notwendigen Erhöhung des jährlichen Regelbudgets „UG-14 Mili­tärische Angelegenheiten“ auf ein Prozent des BIP und einem Sonderinvestitionspaket von einer Milliarde Euro noch im Jahr 2022, der Wiederbelebung bzw. Aufrechterhaltung der „Umfassenden Landesverteidigung“ (beschlossen im Nationalen Sicherheitsrat) sowie der Wiedereinführung von acht Monaten Grundwehrdienst in der bewährten Form 6+2, ist die Überarbeitung der Sicherheitsstrategie unbedingt notwendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Anbetracht des Krieges in Europa aufgefordert schnellst möglich die Sicherheitsstrategie 2013 unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten Parteien zu überarbeiten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

(In Richtung Abg. Köchl, der bereits am Rednerpult steht:) Herr Abgeordneter Klaus Köchl, Sie haben recht, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.


19.49.24

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Sehr verehrte Frau Ministerin, ja, ich habe Ihnen ganz genau zugehört. Sie sind mit Ruhe und Gelassenheit aufgestanden und haben uns erklärt, wie schlimm das mit diesem Krieg ist und wie hilfsbereit unsere Bevölkerung ist, was diesen Krieg betrifft. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung.


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Ich würde aber, wenn ich Verteidigungsminister wäre, nicht diese Ruhe und Gelassen­heit haben (Abg. Steinacker: Na selbstverständlich ..., genau das!), wenn ich darüber nachdenke, wie unser Bundesheer im Endeffekt bei einer Verteidigung, bei einem An­griff, wenn bei uns so etwas passieren würde, dastehen würde.

Die Opposition – die Freiheitliche Partei und die SPÖ – sagt zu Recht, dass wir nicht einmal eine wirkliche Blackoutvorsorge zustande bringen. Betreffend Blackoutvorsorge ist eine Anfrage an Sie gestellt worden, in der es um die 100 wichtigsten Liegenschaften des Bundesheers gegangen ist, und diese würden nicht einmal 14 Tage lang autark ir­gendetwas aushalten. Ich frage mich also wirklich, was da in der Vergangenheit passiert ist.

Dann stellen Sie einen Fünfjahresplan zusammen, durch den gerade einmal 25 Liegen­schaften in den nächsten ein, zwei Jahren dorthin kommen, wo sie sein sollten. Man weiß aber, wenn man keinen Strom hat, kann man die Bevölkerung nicht mehr verteidi­gen. Deshalb ist es, glaube ich, das Wichtigste, dass Sie es so halten, wie es Bruno Kreisky 1975 gemacht hat; er hat in die Verfassung schreiben lassen: „umfassenden Landesverteidigung“.

Sie müssen, liebe Ministerin, die Miliz in Zukunft stärken – mein Vorredner hat das auch schon ganz klar gesagt –, anders wird es nicht gehen. Wie kann man sich vorstellen, dass ein Bundesheerler das machen kann, wenn er dazu nie ausgebildet worden ist und in all den Jahren nie Übungen gemacht hat? Das kann ganz einfach nicht gehen!

Sie wollen jetzt eine Zentralstellenreform machen, bei der Sie statt Kommandos eine Direktion machen wollen. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Ja wie soll denn so etwas gehen? Treten Sie dann als Oberlehrerin dort auf? Da gehört ein Kommando her, da gehören starke Abläufe und Truppenübungen her. Anders können Sie das ja nicht machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann mir nicht vorstellen, wie Sie das in Zukunft machen wollen, denn wenn ich mit 18 Jahren den Führerschein gemacht habe – oder mit 18 Jahren eingerückt bin – und dann mit 60 Jahren, die ich heute bin, das erste Mal wieder Auto fahre, werde ich das ja nicht können.

Das können Sie ja so nicht machen. Ich glaube, es ist Ihre Aufgabe und die Aufgabe dieser ÖVP, endlich für die Landesverteidigung Geld zur Verfügung zu stellen, uns zu glauben und das abzuhandeln. Sie können nicht die Wehrsprecher einladen und 2 Stun­den oder 2 Minuten später irgendeine Aussendung machen. (Zwischenruf des Abg. Weidinger.) Sie erzählen da irgendwelche Geschichten. Ich finde das einfach nicht kor­rekt, dass Sie das machen. Ich finde das nicht korrekt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


19.52.30

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher! Natürlich bin auch ich sehr froh darüber, dass der Entschließungs­antrag im Ausschuss eine Allparteienmehrheit bekommen hat, aber eines möchte ich schon auch klar und deutlich sagen, auch in Richtung der Frau Bundesminister: In mei­nen Augen ist es wirklich zu wenig. Dennoch ist zu begrüßen, dass da etwas geschehen ist und geschehen wird. Es ist aber 5 Minuten nach zwölf, nicht 5 Minuten vor zwölf. Wir brauchen jetzt Handlungen und nicht immer nur leere Versprechungen seitens der ÖVP.

Ich habe an Sie eine parlamentarische Anfrage gerichtet, auf die ich im Jänner die Be­antwortung bekommen habe. Da war ich wirklich sehr überrascht, denn ich habe mit allem gerechnet, aber dass ich bezüglich der Blackoutanfrage vom Bundesheer die Ant­wort bekomme, dass von 100 Kasernen und Liegenschaften keine einzige für 14 Tage


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autark ist, lässt die Alarmglocken sehr schrillen. Das hat auch mich gewaltig überrascht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Deswegen brauchen wir auch ein entsprechendes Budget, das wir uns zur Verfügung stellen und uns selbst geben müssen. Der Realisierungsplan, der auf fünf Jahre ausge­legt ist, um die Kasernen autark zu machen, ist viel, viel zu langsam. Im Jahr 2022 ist nur geplant, 25 von 100 Kasernen bis 2025 autark zu machen. Das geht überhaupt nicht schnell genug, wenn man nur ein bisschen Verantwortungsgefühl unserer Bevölkerung und den Soldaten gegenüber hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Bereits jetzt wissen wir, dass ein einziger Tag Blackout Österreich 1 Milliarde Euro kos­tet. Es ist daher unbedingt notwendig, bereits jetzt mehr Geld für die Blackoutvorsorge in die Hand zu nehmen, um schwere Schäden zu verhindern.

Eines möchte ich zum Schluss noch ganz kurz anbringen, weil ich nicht mehr viel Rede­zeit habe: Die Sicherheit darf man mit Sicherheit nicht vernachlässigen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.54


19.54.40

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Möchte der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Ich sehe Zustimmung. Dann gehe ich auch so vor.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1399 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Ausstattung von Gebäuden des Bundes­heers mit Photovoltaik-Anlagen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig so angenommen. (248/E)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderinvestitions­paket für das Österreichische Bundesheer und Anhebung des Regelbudgets ‚Militäri­sche Angelegenheiten‘ auf 1% des BIP“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaf­fung eines Streitkräfteentwicklungsgesetzes“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Laimer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Stärkung des österreichischen Bundesheers insbeson­dere der Miliz“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der Österreichischen Si­cherheitsstrategie“.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

19.56.4532. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 30, 32, 54, 64 und 68 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 33 und 36 bis 39 (1381 d.B.)



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Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 32. Punkt unserer heutigen Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte.


19.57.19

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Was in den normalen Fachausschüssen die Verta­gung ist, ist im konkreten Petitionsausschuss die Kenntnisnahme. Für beides gilt: Die Regierungsparteien wollen sich mit dieser Thematik nicht weiter beschäftigen.

Jetzt kann man sagen: Okay, wenn es um Anträge, Initiativen, Petitionen und Bürgerini­tiativen der Oppositionsparteien geht, kann man das ja vielleicht noch als eine Strategie der Regierungsparteien verstehen. Perfide wird es dann, wenn es sogar bei den eigenen Initiativen passiert, nämlich wenn die Regierungsparteien sogar ihre eigenen Initiativen vertagen.

So geschehen bei einem Thema, das die Stadtgemeinde Gerasdorf betrifft, eine Ge­meinde im Umland von Wien mit circa 13 000 Einwohnern, die ein Riesenproblem in ihrer Gemeinde, in ihrer Stadt hat. Sie hat nämlich ein viele Hektar großes Grundstück, das zum Schotterabbau auf Basis einer bestehenden Gesetzeslage verwendet werden kann. Jetzt ist das Problem, dass dort zusätzlich circa 5 Hektar zum Schotterabbau ver­wendet werden sollen – mitten im Stadtgebiet der Gemeinde, das sich in den letzten Jahrzehnten anders entwickelt hat.

Das Gesetz ist aus den Sechzigerjahren und lässt deshalb nicht zu, dass die Stadtge­meinde entgegenwirken kann. Das bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger und für alle massive Belastungen. Das bedeutet Feinstaub, das bedeutet Lärm, das bedeutet mas­siven Lkw-Verkehr.

Die Stadtgemeinde Gerasdorf hat deshalb einstimmig im Gemeinderat beschlossen, ge­gen dieses Projekt vorzugehen und sich hilfesuchend an das Parlament gewendet und gesagt: Bitte, helft uns in dieser Frage!

Daraufhin haben wir eine Petition eingebracht. Ein paar Tage später hat auch die ÖVP eine Petition eingebracht – de facto fast wortident mit demselben Forderungspunkt – mit dem Ergebnis, dass im letzten Petitionsausschuss beide Petitionen enderledigt wurden, zur Kenntnisnahme gelangt sind und man gesagt hat, man will in dem zuständigen Aus­schuss, nämlich im Wirtschaftsausschuss, wo man das Mineralrohstoffgesetz aus den Sechzigerjahren ändern müsste, um das zu verhindern, gar nicht mehr weiter darüber diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe ÖVP, es tut mir leid, aber was ihr hier macht, ist Wählerinnen- und Wählertäuschung (Beifall bei der SPÖ): vor Ort so zu tun, als würde man das Thema ernst nehmen, und es im Parlament – dort, wo man es wirklich verhindern kann – dann nicht weiter behandeln. So geht man nicht mit Menschen um, so macht man nicht Politik. Was hier mit dem Anliegen der Stadtgemeinde Gerasdorf passiert, ist nicht anständig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Prinz. – Bitte.


20.01.00

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der letzten Petitionsausschusssitzung ist wieder eine Reihe von Petitionen und Bürger­initiativen zur Kenntnis genommen worden – vor allem einige Petitionen, die sich mit den


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Bereichen Rohstoffgewinnung, erneuerbare Energie bis hin zu Lebensmittelsicherheit beschäftigen.

Wenn man sich ein bisschen die Auswirkungen der Coronapandemie vergegenwärtigt und wie das mit Lieferungen ist, wenn in anderen Ländern produziert wird oder etwas nicht so funktioniert – allein in den letzten vier Wochen wurde einem in Wirklichkeit be­wusst, was alles in der Ukraine produziert wird und wie stark das voneinander abhängig ist –, dann muss man, glaube ich, darüber nachdenken, wie man in Zukunft mit manchen Dingen – gerade mit erneuerbaren Energien, Rohstoffen oder Potenzialen, die man vor Ort hat – umgehen soll. Wir sollten Chancen eröffnen und Bürgerinitiativen oder sonst etwas vielleicht nicht wieder verhindern. Ich glaube, da müssen wir ein bisschen um­denken und aus der Vergangenheit lernen: Was braucht es in der Zukunft, damit wir bei der Selbstversorgung unabhängiger werden können? (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat durchaus einige Bürgerinitiativen gegeben, die sich mit Themen rund um Impf­pflicht und Impffreiheit beschäftigt haben – bis hin zu Medikamenten wie Ivermectin zur Behandlung der Coronaerkrankung. Man braucht sich da, was Ivermectin betrifft, nicht auszulassen. Es ist einfach nur traurig, dass Leute geglaubt haben, was in sozialen Me­dien und auch von manchen, ich sage einmal, in diesem Hause transportiert worden ist – bis dorthin, dass es leider Todesopfer gegeben hat, die sich selbst mit Ivermectin ver­giftet haben, denn bevor es bei Corona hilft, ist man schon lange an einer Vergiftung gestorben.

Schaut man sich hinsichtlich Impffreiheit an, was in sozialen Medien bis hin zu irgend­welchen Chips und so weiter zu lesen war, fragt man sich, welche Geisteshaltung da­hintersteht, dass man so etwas dort hineinstellt. Noch trauriger ist eigentlich, dass es Leute gibt, die solche Unsinnigkeiten glauben. Man müsste grundsätzlich ein bisschen darüber nachdenken – vielleicht auch, wenn man über eine Impfpflicht und solche Dinge diskutiert –, wie sich manches entwickelt hat: ob man das jetzt aus dem Blickwinkel vom März 2022 betrachtet oder sich fragt, was zum Beispiel im November 2021 war, wenn man an die Deltavariante denkt, oder was jetzt ist, da Omikron Gott sei Dank in der Auswirkung auf Spitäler und Intensivstationen etwas anders und milder ist.

Wir hoffen alle miteinander, dass die Coronapandemie oder die nächsten Viren in der Auswirkung etwas vernünftiger, also nicht so massiv, werden.

Ein bisschen nachdenken darf man aber schon: Welche persönliche Verantwortung ha­ben wir eigentlich? Was transportieren wir? Was richten wir da in Wirklichkeit in den sozialen Medien an? – Manchmal habe ich fast den Eindruck, sie sind eher Gift als Segen.

Abschließend erlaube ich mir noch ein paar Bemerkungen zur Bürgerinitiative betreffend die Abschaffung der Deutschförderklassen sowie des Kompetenztestes. In diesem Schuljahr werden, wenn die Anfragebeantwortung stimmt, wovon man ausgehen kann, 755 Deutschförderklassen geführt.

Über Deutschunterricht für Kinder, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, kann man hin und her nachdenken. Ich sage dazu, dass ich aus einer Gemeinde komme, wo wir eine zweiklassige Volksschule und seit Jahrzehnten gewisse Erfahrungen mit Kindern mit nicht deutscher Muttersprache haben. Ich glaube aber schon, dass es wichtig ist, dass man in gewissen Unterrichtseinheiten darauf schaut, dass man Kinder miteinander betreut und unterrichtet, auch wenn andere Kinder, beispielsweise Flüchtlingskinder, noch nicht Deutsch können. Dabei muss man aber schon darauf schauen, dass Kinder, die aus dem Ausland kommen und dann in Österreich leben, Deutsch lernen, damit sie die Chance haben, dem Unterricht zu folgen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es funktioniert, wenn man sozusagen – unter Anfüh­rungszeichen – fünf, sechs, sieben Einheiten drinnen sitzt, kein Wort versteht und ruhig


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sitzen soll. Das geht nicht. Man muss also die Chance haben, dass man die Sprache erlernt. Genau dafür gibt es die Deutschförderklassen. Wir werden das im Unterrichts­ausschuss diskutieren – das ist auch gescheit und sinnvoll –, aber Deutsch oder die Sprache ist der Schlüssel und die Chance zur Integration.

Für Leute, die von außen nach Österreich kommen und bei uns bleiben wollen, gilt: Sie müssen Deutsch lernen, die Bereitschaft zum Arbeiten haben und unsere Werteordnung anerkennen. Das ist in Wirklichkeit die wichtigste Voraussetzung zur Integration. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


20.05.33

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bürgerinnen und Bürger möchten in Entscheidungen miteinbezogen werden. Die große Zahl an Petitionen und Bürgerinitiativen, die wir im Ausschuss behandeln, zeigt auch, dass viele Bürger wollen, dass ihr Anliegen mithilfe einer Bürgerinitiative, einer Petition, ins Hohe Haus gebracht wird. Mittlerweile können auf der Seite des Parlamentes auch direkt Stellungnahmen eingebracht und abgegeben werden. Das wird von vielen genutzt. Die Vielzahl der abgegebenen Stellungnahmen zeigt auch, dass diese Möglichkeit wirk­lich gerne genutzt wird.

Bemängeln möchte ich allerdings, dass viele Petitionen und Bürgerinitiativen im Aus­schuss endverhandelt werden. Das heißt, sie kommen dann in den Sammelbericht, noch einmal ins Hohe Haus und werden dann nicht weiterdiskutiert. Aus meiner Sicht werden viel zu wenige Petitionen und Bürgerinitiativen den zuständigen Fachausschüssen zuge­wiesen und dort behandelt. (Beifall bei der SPÖ.) Schließlich steckt in all diesen Initia­tiven viel Zeit, Herzblut und Engagement für direkte Anliegen von Bürgerinnen und Bür­gern.

Auch auf eine Petition, die nach wie vor unterstützt werden kann und die vielen Men­schen am Herzen liegt, möchte ich jetzt noch näher eingehen. Es ist die Petition „1,2 Mil­liarden für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung JETZT!“. Sie fordert die notwendi­gen Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung in Österreich.

In ganz Österreich gehen mittlerweile die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinderbe­treuungseinrichtungen auf die Straße. Es besteht akuter Handlungsbedarf in diesem Be­reich. Es wird nichts Neues gefordert, denn schon lange liegen alle notwendigen Anfor­derungen für eine zeitgemäße Kinderbildung und eine zeitgemäße Kinderbetreuung auf dem Tisch: weniger Kinder pro Gruppe, ein niedrigerer, besserer Betreuungsschlüssel, ein einheitlicher Rahmen für alle Bundesländer und ein Rechtsanspruch auf einen Kin­derbetreuungsplatz. Bereits vor der Covid-Krise war die Personalsituation extrem ange­spannt, mittlerweile ist sie untragbar. Lob reicht da schon lange nicht mehr. Es ist endlich Zeit für Unterstützung und es ist endlich Zeit für Taten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


20.08.03

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Eine parlamentarische Bürgerinitiative hat sich für die Mög­lichkeit zur Abmeldung vom elektronischen Impfpass eingesetzt. Aus unserer Sicht gäbe es auch gute Gründe, dieses Anliegen zu unterstützen.

Werte Damen und Herren, die Gesundheitsdaten zählen zu den sensibelsten Daten jedes Menschen. Ich denke, das ist Common Sense hier im Haus. Die Initiative meint eben, es sollte jedem Bürger vorbehalten sein, zu bestimmen, wer in diese höchst sensiblen


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Daten Einsicht nehmen kann. Bei Elga wurde diese Möglichkeit aus guten Gründen ein­gebaut. Das heißt, man kann sich abmelden. Beim elektronischen Impfpass fehlt diese Möglichkeit, und das wird auch von der Arbeiterkammer zu Recht kritisiert.

Als Hauptargument für den elektronischen Impfpass wurde vom Gesundheitsministerium die Optimierung der Impfversorgung vorgebracht. Gut, dann folgen wir dieser Argumen­tation. Wozu brauche ich aber für eine zahlenmäßige Erfassung der Impfdaten einen vollständigen Personendatensatz? Wozu brauche ich die Adressen der Österreicherin­nen und Österreicher, um festzustellen oder zu wissen, wer wogegen geimpft ist? Und warum bitte schön hat der Landeshauptmann und haben die Bezirksverwaltungsbehör­den Einblick in diese Daten mit Personenbezug?

Bei Elga ist dies nur für Gesundheitsdiensteanbieter möglich. Auch der Verfassungs­dienst im Bundeskanzleramt hat in seiner Stellungnahme zum Gesundheitstelematikge­setz schwere Bedenken vorgebracht.

Der Verfassungsdienst stellt eindeutig in Frage, ob es diesen direkten Personenbezug im Impfpass überhaupt braucht, statistische Daten ohne Personenbezug müssten für die Bereitstellung von Impfstoffen ebenso ausreichen. Auch die Datenübermittlung an die Bezirkshauptmannschaften sieht der Verfassungsdienst kritisch.

Warum also diese Datenübermittlung an die BHs? – Weil die Bezirksverwaltungsbehör­den auch Strafbehörden sind – jetzt ist der Zusammenhang schon klarer –, und jetzt ist die Rasterfahndung mit Gesundheitsdaten für die Verhängung von Verwaltungsstrafen ohne rechtliche Begleitkontrolle möglich. Und wieder ist ein Schritt zum gläsernen Men­schen getan! Ich frage mich: Was würde der Anstand dazu sagen, wie hier mit den Daten umgegangen wird?

Werte Damen und Herren, für uns Freiheitliche, das wissen Sie, ist die Impfpflicht kein Thema, und für uns ist auch eine Rasterfahndung mit Gesundheitsdaten kein Thema. Für uns wäre es höchst angebracht gewesen, dieser Initiative vollinhaltlich zu folgen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


20.11.25

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ganz kurz zu Kollegen Prinz zu den Deutschförderklassen etwas sagen, die wir als Sozialdemokratie extrem ablehnen: Die betroffenen Kinder gehören integriert und nicht in der Schule in eigenen Klassen isoliert! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun ganz kurz zur Petition „LKW-Mautflucht beenden“, die Genosse Lercher eingebracht hat: Es geht in dieser Petition um eine nachhaltige Verkehrspolitik, die die Interessen der Anrainer, der Betriebe, der Gemeinden berücksichtigt und natürlich auch dem Klima- und Umweltschutz gerecht wird.

Im konkreten Fall geht es um die Regionen Obdach, Pölstal und die Hohen Tauern. Dort leidet die Bevölkerung seit Jahren unter dem Schwerverkehr, der durch die Mautflucht verursacht wird, an Staub und Lärm sowieso – das kann man sich ja vorstellen –, und auch die Verkehrssicherheit ist stark in Mitleidenschaft gezogen.

Es ist absolut nicht einzusehen, dass dieser § 43 der Straßenverkehrsordnung, um den es hier nämlich geht, nicht schon längst novelliert wurde. Das würde man sich bei einer grünen Verkehrsministerin ja wünschen, noch dazu, weil die Grünen ja schon vor Jahren vehement eine Novellierung der Straßenverkehrsordnung gefordert haben.


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Dabei wird der Ball zwischen den Landeshauptmännern, der Landeshauptfrau und der Ministerin hin und her gespielt. Die Ministerin behauptet, die Landeshauptleute können Verkehrsverbote erlassen. Die Landeshauptleute sagen wieder, es ist nicht so einfach, denn dieser § 43 ist viel zu eng und sehr starr gefasst. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Bevölkerung leidet seit Jahren an schlechter Lebensqualität, und gegen die Maut­flucht kämpfen ja nicht nur sozialdemokratische BürgermeisterInnen, es sind ja auch ÖVP-FunktionärInnen und ÖVP-BürgermeisterInnen dabei. Es ist ein ähnliches Verhal­ten wie in Gerasdorf hinsichtlich der Schotterwüste: dass eben die ÖVP vor Ort kämpft und hier im Petitionsausschuss wird es dann von den Regierungsparteien, nämlich von der ÖVP und von den Grünen, lediglich zur Kenntnis genommen. Es ist immer dasselbe: Verhindern, blockieren – das ist die Taktik vor allem der ÖVP, die seit 35 Jahren in der Regierung sitzt. Hauptsache, der Lkw-Lobby geht es gut! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte.


20.14.04

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann gleich beim Thema Schotterabbau und den bekannten Interes­senkonflikten, die bei solchen Projekten natürlich in Gemeinden oder in Regionen auftre­ten, anknüpfen. Ich persönlich lese den § 212 MinroG etwas anders. So wie es hier of­fenbar im Petitionsausschuss diskutiert wurde, glaube ich, ist es lohnend, sich das noch einmal genauer anzusehen. Die Gemeinden haben in Wahrheit eine nicht so schwache Position, denn die Gemeinden haben immerhin im Genehmigungsverfahren nach MinroG Parteistellung, wenn es um die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplans geht. Ganz ohne Rechtsposition sind die Gemeinden also nicht.

Auch die Frage der Grundeigentümer sollte man in so einem Projekt doch auch miteinbe­ziehen, denn immerhin hat der Betrieb die Grundstücke ja bereits erworben. Auch da ist die Frage, wie man das in einer Gemeinde diskutieren kann. Es gibt ein Naturschutzver­fahren, es gibt eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit bestimmten Schwellenwerten.

Ganz grundsätzlich ist der Rohstoffabbau schon einem Regime von unterschiedlichen Genehmigungskriterien unterworfen, wobei auch die Gemeinde durchaus einen Einfluss hat. Das heißt aber natürlich, dass die Rücksichtnahme auf unterschiedliche Materien und Interessen trotzdem noch eine Nachbesserung braucht, denn die Interessenkolli­sionen, wenn in einer Gemeinde sozusagen im ausgewiesenen Ortsgebiet dann ein Ab­bau geplant und auch schon eingereicht ist, sind ja nachvollziehbar und verständlich.

Es braucht daher auf Raumordnungsebene sicher eine stärkere Berücksichtigung von künftigen Planungsszenarien, auch was die Siedlungsentwicklung, Naturraum - - (Abg. Kollross: Es braucht eine Änderung des MinroG!) – Na ja, das MinroG ist ein Teil davon, aber wie gesagt ich sehe nicht, dass der § 212 das Problem ist. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich sehe nicht, dass es das löst.

Das zweite Thema, um noch darauf zu kommen, betrifft eine verwandte Materie, nämlich die sehr schwierige Frage der Infrastrukturplanung für Energie, das heißt, des Netzaus­baus: Dieser ist jetzt im Zeichen der Energiewende noch wesentlich stärker und dringen­der geworden. Auch da gibt es einzelne Bundesländer, die in der Netzplanung bereits das Thema Berücksichtigung von Umweltinteressen, aber auch von Technologien im Sinne von Verkabelung stärker berücksichtigt haben. Das Salzburger Landeselektrizi­tätsgesetz ist ein Beispiel dafür.

Es ist immerhin auf Ebene des Bundes im EAG das Thema Netzausbau schon wesent­lich, sage ich, zeitgemäßer und moderner angesprochen, denn immerhin ist in den


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§§ 94, 95 das Thema integrierte Netzinfrastrukturpläne unter Berücksichtigung von Bo­denschutz, Gewässerschutz, Naturschutz, Raumordnung und Verkehr dezidiert veran­kert. Die Akzeptanz der Maßnahmen durch frühzeitige Information und Einbindung von interessierten Personen und auch der Bevölkerung ist verankert, die Mindestinhalte ein­schließlich der Erdkabeltechnologie – das Ganze unter dem Titel strategische Umwelt­prüfung.

Das ist der Maßstab, den wir für alle Länder bei Netzplanungen brauchen. Ich hoffe sehr, dass jetzt das EAG auch einen Quantensprung bei der Netzplanung bringt. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Bernhard und Doppelbauer.)

20.17


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Melanie Erasim. – Bitte.


20.17.39

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Geschätzte Präsidentin! Was ist aus den Grünen geworden? Kollegin Rössler aus der ehemalige Bürgerinitiativenpartei stellt sich hierher und erklärt, was nicht alles auf anderen Ebenen funktioniert, nur auf der, für die man selbst verantwortlich ist, geht natürlich gar nichts (Beifall bei der SPÖ), weil man wieder einmal im Liegen umgefallen ist, wie bei so vielen anderen Projekten. Unglaub­lich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe diesen Petitionsausschuss immer sehr geschätzt, weil er sich vor allem durch eines ausgezeichnet hat, nämlich durch Konstruktivität und durch den wirklichen Versuch, BürgerInnenanliegen und Petitionen ernst zu nehmen. Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin entsetzt darüber, was diese ÖVP gemeinsam mit den Grünen aus diesem Ausschuss gemacht hat, und dass sie – ausschließlich mit Geplänkel und Schuldzuweisungen – auch nicht davor zurückschrecken, die Showpolitik auch in diesen Ausschuss zu tragen. (Ruf bei der ÖVP: Ein Shootingstar der SPÖ!)

Den Grund meiner Empörung hat ja mein Kollege schon sehr gut umrissen, es geht um die beiden Petitionen: einerseits „Naturoase statt Schotterwüste“, andererseits um die Petition „Keine Riesen-Schottergrube im Herzen Gerasdorfs“. Geschätzte Gerasdorfe­rinnen und Gerasdorfer, Sie werden sich denken: Hey, das klingt doch ziemlich ähnlich. Geschätzte BürgerInnen, ich kann Ihnen sagen, das klingt nicht nur so, sondern das ist auch so. Diese beiden Petitionen sind fast wortident, die eine wurde von SPÖ-Abgeord­neten Kollross eingebracht, die andere von ÖVP-Kollegen Minnich.

Das Ziel ist von beiden dasselbe, zumindest steht das in den Petitionen so drinnen, näm­lich die Änderung eines bestimmten Paragrafen im Mineralrohstoffgesetz. Dazu müsste aber diese Petition dem zuständigen Wirtschaftsausschuss zugewiesen werden, doch obwohl diese Forderung wortident in beiden Petitionen steht, stimmt die ÖVP mithilfe der Grünen, die ja die super Naturschützerpartei sind, gegen die Zuweisung und lediglich für die Kenntnisnahme; sprich, die ÖVP-Fraktion dreht die Petition eines ÖVP-Abgeordne­ten ab. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) – Es wird nicht besser, auch wenn Sie sich lautstark mokieren.

Das ist unglaublich (Abg. Hörl: Was regen Sie sich so auf?), und für mich gibt es dafür zwei Erklärungen. Erklärung eins: Abgeordneter Minnich ist bei seinen Kollegen in Un­gnade gefallen und wird deshalb fallengelassen. Diese Erklärung glaube ich aber nicht, darum komme ich zu Erklärung zwei, die für mich weitaus plausibler klingt, nämlich dass hier bewusst WählerInnentäuschung passiert.

Vor Ort gibt man vor, sich für die Anliegen der Menschen einzusetzen, im Hohen Haus pfeift man aber darauf. Die Petition ist ein weiteres erschütterndes Beispiel für die Dop­pelbödigkeit der Regierungsfraktionen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Schmiedlechner.)



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Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich ersuche Sie, sich in der Ausdrucks­weise zu mäßigen! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) – Ich brauche keinen Applaus.

Frau Abgeordnete, sie sind am Wort. – Bitte.


Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (fortsetzend): Geschätzte Gerasdorferinnen und Gerasdorfer, wir als sozialdemokratische Parlamentsfraktion werden auch in Zukunft ehrliche Partner sein, wenn es darum geht, hier im Hohen Haus das einzuhalten, was wir vor Ort den Leuten versprochen haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


20.21.42

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich möchte nach der ganzen Aufregung quasi einen Schritt zurückgehen (Abg. Haubner: Die Kollegin war aufgeregt, wir nicht!), und wenn wir auf den Petitionsausschuss schauen, schon einmal etwas in den Raum stellen: Ganz grundsätzlich ist die Idee des aktiven Parlaments sehr stark im Petitions­ausschuss wiederzufinden, nämlich einerseits, wenn sich BürgerInnen mit einem Anlie­gen direkt an uns wenden, und andererseits, wenn es einzelne Abgeordnete mit ihrer Unterschrift tun, ohne dass sie jetzt unmittelbar die Unterstützung der Fraktion brauchen.

Das funktioniert an manchen Stellen theoretisch sehr gut. Ich darf jetzt auch gleich ein sehr positives Beispiel nennen, nämlich von meiner Kollegin, Frau Doppelbauer, die be­treffend Erdkabel eine Petition organisiert hat. 1 400 Menschen haben diese unterschrie­ben. Das heißt, da gab es Bürgerinitiativen, die im Hintergrund von Tür zu Tür gegangen sind – im Gasthaus konnte man sich ohnehin nicht treffen – und Unterschriften gesam­melt haben. Das ging dann an den Petitionsausschuss, es gab Stellungnahmen, und die Menschen wurden gehört. Der Ausgang ist leider nicht so gut gewesen, dazu kann ich dann auch noch etwas sagen.

Dann gibt es Petitionen, die von der ÖVP kommen. Da gibt es dann keine Unterschriften, sondern da gibt es die Unterschrift von einem Abgeordneten, der schnell die Petition schreibt und sich damit zur Bezirkszeitung begibt, damit er dort als Vorkämpfer für oder gegen irgendetwas auftreten kann. Und sobald er in der Bezirkszeitung war, stampft er die Petition wieder ein.

Das ist dieser unterschiedliche Politikstil, der sich quasi auch im Petitionsausschuss wiederfindet: auf der einen Seite Abgeordnete, die sich ernsthaft um ein Anliegen bemü­hen, auch ernsthaft mit Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam für Anliegen eintreten, und auf der anderen Seite Abgeordnete, die einfach nur Schlagzeilen produzieren wollen, kein inhaltliches Anliegen haben und sich eben nicht ernsthaft um die Anliegen der Bür­gerinnen und Bürger bemühen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben im Petitionsausschuss an sich die Verantwortung, beide Seiten in gleichem Maße zu würdigen und auch, so gut es geht, Petitionen dann in Fachausschüsse weiter­zubringen, damit sich dort jene Abgeordnete, die sich zum Beispiel gut mit Erdkabel, mit Medikamentenzulassung oder Sonstigem auskennen, tatsächlich inhaltlich noch einmal tiefer damit beschäftigen können. Da hakt es, und da muss man auch auf die Grünen verweisen, wenn dieser Diskurs im Petitionsausschuss dann von ÖVP und Grünen ge­meinsam beendet wird.

Wenn gute Ideen mit Tausenden Unterschriften im Petitionsausschuss landen, werden diese zur Kenntnis genommen, aber nicht im positiven Sinne, nämlich dahin gehend, dass dann irgendetwas passiert, dass die Abgeordneten um dieses Wissen bereichert hinausgehen und sagen: Da müssen wir etwas machen!, sondern es wird eben einfach nur durch eine Abstimmung zur Kenntnis genommen, und danach passiert nichts mehr.


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Dagegen sollten alle Abgeordneten aller Fraktionen in Zukunft besser auftreten als bis­her! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Erasim und Silvan.)

20.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Robert Laimer. – Bitte.


20.24.50

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, Bür­gerinnen und Bürger! Ich möchte mich vorab bei allen UnterstützerInnen sowie den Ini­tiatoren der Petition „LKW-Mautflucht beenden – StVo reformieren!“ bedanken.

Warum wurde diese Petition ins Leben gerufen? – Viele Gemeinden haben mit soge­nannten Mautflüchtlingen zu kämpfen. Diese wollen Geld sparen und nutzen Ausweich­routen, die mitten durch Kommunen und Wohngebiete führen. Unter dieser Mautflucht leidet vor allem die ansässige Bevölkerung, deren Lebensqualität durch Schwerverkehr massiv beeinträchtigt wird. Nicht nur Abgase und Lärm sind für die AnrainerInnen teils unerträglich geworden, sondern die dramatische Zunahme des Verkehrsaufkommens in den betroffenen Gemeinden birgt vor allem auch die Gefahr von Verkehrsunfällen, be­sonders für Kindergartenkinder, Kleinkinder, Schulkinder, ältere Menschen mit Bewe­gungseinschränkungen und Handicap.

Aktuell sehen die eng gefassten und starren Voraussetzungen des § 43 der StVO keine Regelungsmöglichkeiten zur Unterbindung dieses unerwünschten Umgehungsverkehrs vor. Es fehlt schlichtweg eine gesetzliche Grundlage, die es für eine qualitätsvolle Len­kung des Straßenverkehrs sowohl aus Sicht der Gemeinden, der lokalen Wirtschaft als auch der Anrainerinnen und Anrainer braucht.

Die Petition, die von SPÖ-Fraktionen aus den Gemeinden Weißkirchen, Reichenfels und Bad Sankt Leonhard unterstützt wird und von Kollegen Lercher eingebracht wurde, un­terstützen wir und ich auf ganzer Linie. Auch in meinem Wahlkreis kenne ich dieses leidige Problem. Auch dort wird aus unterschiedlichen Motiven heraus versucht, auf Bun­desstraßen, Landstraßen, Gemeindestraßen auszuweichen, auch da natürlich zulasten der Bevölkerung.

Daher halte ich das Ziel der Petition, ein Fahrverbot für Mautflüchtlinge gesetzlich zu ermöglichen und eine Abänderung der StVO zu erreichen, aus Sicht der Gemeinden für absolut richtig. Es kann nicht sein, dass die Kostenersparnis so mancher Frächter auf dem Rücken der Bevölkerung zulasten der Sicherheit unserer Kinder ausgetragen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher sage ich auch ganz offen und in Vertretung aller Unterstützerinnen und Unter­stützer und Gemeindebürger: Im Sinne einer fortschrittlichen Verkehrspolitik und des Kli­maschutzes ist es absolut notwendig, die gesetzlichen Bestimmungen zum Erlass von Lkw-Fahrverboten so zu präzisieren, dass die Interessen der ortsansässigen Bevölke­rung sowie der Betriebe vor Ort im Mittelpunkt stehen und nicht die Interessen der Frächterlobby. Lebensqualität, Sicherheit, saubere Luft sollten immer Vorrang vor maut­unwilligen Partikularinteressen haben. Leider wurde eine qualitätsvolle Prüfung im Ver­kehrsausschuss durch die Regierungsparteien verhindert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbau­mer. – Bitte.


20.27.58

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Verkehr, der Lkw: Das ist ein sehr emotionales Thema, und eigentlich sagt man, der Lkw ist böse. Er ist nur dann nicht


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böse, wenn ich eine Häuslbauerin bin, wenn ich gerade meinen Aushub habe, der Aus­hub dann wegtransportiert werden muss, in weiterer Folge auch der Beton kommt (Ruf bei der SPÖ: Um das geht es nicht!) und auch die Ziegel mit einem Lkw transportiert werden, der ja wohlgemerkt böse ist. Dann sind die Großmutter, die Tante und der Onkel vor Ort und sperren sogar die Straße ab, damit dieser Lkw ja Platz hat (Ruf bei der SPÖ: Um das geht es nicht!), genau dieser Lkw, der mir meinen Beton bringt, der mir meine Ziegel zum Bau meines Hauses bringt.

Vielleicht nehmen wir ein anderes Beispiel: Es ist ganz wichtig, dass wir Lebensmittel für die hiesige Lebensmittelproduktion transportieren, damit wir Lebensmittel in den Märkten haben. Da ist es ganz wichtig, dass der Lkw Platz hat. Ganz wichtig! Wenn aber mein Häusl gebaut ist, dann ist der Lkw nicht mehr interessant. Wenn der Nachbar dann sein Haus baut, dann heißt es: Bitte nicht, denn das brauche ich nicht! – Dann brauche ich keinen Lkw mehr, dann ist er böse, dann ist der Lkw richtig böse.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich verstehe jede Emotion, ich verstehe jeden Menschen, jede Frau, jeden Mann in Österreich, der sich darüber echauffiert und sagt: Um Gottes Willen, ich brauche diesen Lkw nicht und ich brauche diesen Verkehr nicht! Verkehr ist immer ein emotionales Thema, aber es betrifft uns alle. Wenn wir eine Um­kehr wollen, dann müssen wir schauen, in welche Richtung wir gehen wollen.

Nur auf einen hinzuhauen und zu sagen, der Lkw ist böse und da brauchen wir eine flächendeckende Maut, geht nicht. Das betrifft uns alle, nämlich die Wirtschaft, und Wirtschaft sind wir alle. Es ist nämlich so: Wenn wir eine flächendeckende Maut haben, dann wird auch der Transport teurer. Wer zahlt diesen Transport im Endeffekt? (Abg. Hörl: Alle!) Schlussendlich zahlt es der Konsument oder die Konsumentin. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer Aspekt ist zu bedenken: Wir haben Gemeindestraßen, wir haben Landes­straßen, wir haben Bundesstraßen. Was machen wir mit diesen Mehreinnahmen, die durch eine Maut entstehen? Teilen wir die auf? Wofür teilen wir sie auf? Ich verstehe, dass das ein sehr emotionales Thema ist, aber grundsätzlich sollten wir uns wirklich darüber gemeinsam Gedanken machen, wie wir gewisse Dinge im Bereich des Verkehrs entzerren.

Ja, es ist nicht in Ordnung, wenn man Mautflucht begeht, aber das macht nicht jeder. Zum Vergnügen fährt kein Lkw irgendwohin, denn der Fahrer schaut sich nicht die schöne Aussicht an oder fährt einfach durch die Gegend, sondern er fährt mit Produkten, die er von A nach B transportiert. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.


20.31.32

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzte Kollegen! Werte Zuse­her! Ich spreche heute zu der von mir eingebrachten Petition „Schluss mit dem Verste­cken der Herkunftskennzeichnung“. Heutzutage wollen immer mehr Menschen wissen, woher ihre Lebensmittel kommen, ob sie umweltfreundlich und gentechnikfrei hergestellt wurden. Man möchte schließlich auch wissen, was man seinem Körper zuführt.

Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung ist derzeit nur bei bestimmten Lebensmit­teln vorgeschrieben, wie etwa bei Frischobst, Frischgemüse, Eiern, verpacktem Rind-, Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Bei Fischen und Fischereierzeugnissen muss das Fanggebiet angegeben werden, wenn im Meer gefischt wurde. Bei Oliven, Honig und bei allen Bioprodukten, die mit dem EU-Biosiegel versehen sind, bedarf es ebenfalls einer Herkunftskennzeichnung.

Geschätzte Damen und Herren! Die auf EU-Ebene 2011 beschlossene Mindestschrift­größenverordnung für die Herkunftskennzeichnung ist EU-weit einheitlich geregelt, aber


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sie ist oftmals wirklich winzig. Die generelle Mindestschriftgrößenverordnung von 1,2 Mil­limeter ermöglicht leider ein leichtes Verstecken. Bei kleineren Verpackungen, bei denen das Verpackungsschild weniger als 80 Quadratzentimeter beträgt, muss die Beschrif­tung nur 0,9 Millimeter sein. Das Ganze ist schon beinahe so wie bei einem Bildersuch­rätsel, als Konsument muss man akribisch suchen, woher das Produkt kommt, und sich dabei anstrengen.

Ich kann der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, die in ihrer Stel­lungnahme zu meiner Petition versichert hat, dass da Klarheit, Lesbarkeit und die Infor­mationen für die Verbraucher gewährleistet sind, auf gar keinen Fall zustimmen, und ich setze mich daher entschieden gegen das Verstecken der Herkunftskennzeichnung ein. (Beifall bei der FPÖ.)

Viele Hersteller bemühen sich, dem Produkt einen österreichischen Anstrich zu geben. Durch das Verwenden von Rot-Weiß-Rot-Flaggen soll der Eindruck entstehen, dass es sich um ein Produkt aus Österreich handelt, obwohl dem gar nicht so ist. Auch der öster­reichische Verein für Konsumenteninformation spricht sich gegen ein teilweise absicht­liches Verstecken, indem durch die Hervorhebung von irreführenden Hinweisen ein Be­zug zu Österreich hergestellt wird, aus.

Aus der Stellungnahme der Ages geht hervor, dass bei entsprechenden Schwerpunkt­aktionen österreichweit 79 Proben untersucht wurden. Im Zuge der Überprüfung ist je­doch bei einer Probe festgestellt worden, dass die Schriftgröße nicht eingehalten worden ist. Ich möchte noch einmal deutlich und klar erwähnen, dass es nicht das Problem ist, die Schriftgröße einzuhalten, sondern, dass wir verantwortlich sind, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Konsumenten die größte Sicherheit zu bie­ten, um ihnen die Entscheidung beim Einkauf zu erleichtern. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich appelliere deswegen nochmals an alle und vor allem an den Bundesminister für Kon­sumentenschutz sowie an die Frau Bundesminister für Landwirtschaft, dass die Schrift­größe für die Herkunftskennzeichnung dahin gehend adaptiert werden soll. Frau Minister Köstinger hat in ihrer Stellungnahme gesagt, dass sie sich in Ihrem Regierungspro­gramm mit großem Nachdruck für die Verbesserung der Herkunftskennzeichnung ein­setzen will. Frau Bundesminister Köstinger und Herr Bundesminister Rauch müssen sich in der Europäischen Union bei den zuständigen Gremien dafür einsetzen und starkma­chen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


20.35.47

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte heute wieder einmal zum Thema Erdkabel sprechen. Ich kämpfe hier seit mehr als zwei Jahren an der Seite von Bürgerinitiativen, fast nur aus Oberösterreich, dafür, dass 110 kV-Leitungen als Erdkabel verlegt werden. Meine Gesetzesinitiativen – und es waren einige –, meine Damen und Herren, wurden bis jetzt vertagt, versenkt oder abgelehnt.

Der nächste Anlauf: Ich habe es im Petitionsausschuss versucht. Mein Kollege Michi Bernhard hat es schon gesagt, 1 400 Menschen haben für diese Petition unterschrieben. Was ist passiert? – Sie wurde enderledigt, man hat es nicht einmal geschafft, sie in den Energieausschuss weiterzuschicken. Das finde ich ehrlich gesagt auch ein wenig be­schämend, aber Gott sei Dank bin ich ja auch Energiesprecherin – und Sie wissen, was als Nächstes passieren wird. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte noch einmal betonen, warum das so ein wichtiges Thema ist, warum es vor allem so ein strategisch wichtiges Thema ist: Wir haben heute fast durchgehend von


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allen Fraktionen gehört, wie wichtig es ist, dass wir raus aus dem russischen Gas gehen, wie wichtig es ist, diese Abhängigkeit von russischem Gas schnellstmöglich zu dezi­mieren. Was braucht es dafür? – Genau, das EAG. Die Erneuerbaren müssen in Öster­reich ausgebaut werden, und ein Kernpunkt, um den Ausbau zu schaffen, ist die Netz­infrastruktur. Die Netzinfrastruktur ist genau das, bei dem wir immer wieder viele Proble­me sehen, denn die Menschen wollen einfach nicht mehr, dass Freileitungen quer durch die Natur gebaut werden, wenn es doch technologisch andere Möglichkeiten gibt, näm­lich die Verlegung als Erdkabel.

Während es in der Schweiz, in Deutschland, aber auch in Bundesländern wie zum Bei­spiel in Salzburg schon Regelungen gibt, wird es im Rest von Österreich immer noch ignoriert. Freileitungen werden gebaut, obwohl es eben diese technologische Möglich­keit gäbe, Erdkabel zu verlegen. Das ist einfach ein Fehler, denn es gibt zahlreiche Argu­mente für 110-kV-Leitungen als Erdkabel. Ich fange noch einmal an und ich weiß, ich habe es schon oft gesagt: Ja, sie sind schonender für Mensch, für Tier, für Wald und Flur. Infrastrukturpolitisch sind sie natürlich absolut sinnvoll, weil auch weniger krisenan­fällig. Jetzt spreche ich nicht einmal vom großen Blackout und von einem Angriff, denn Sie wissen, wie viele Waldwürfe, Baumwürfe es in den letzten Jahren gegeben hat. Wenn das Kabel unter der Erde liegt, ist das natürlich kein Problem.

Erdkabel sind energiepolitisch effektiver, denn es gibt weniger Leitungsverlust. Sie sind in der Errichtung und in der Erhaltung vielleicht nicht günstiger, aber auch nicht mehr teurer, meine Damen und Herren, auch das hat sich geändert. Sie sind, das muss ich so sagen, in technologiefreundlicheren Ländern wie Österreich einfach State of the Art.

Was ich also will: Ich will einen klaren rechtlichen Rahmen für die Planung der Stark­strominfrastruktur. Ich will da die Bevölkerung besser einbinden, denn die Menschen wollen Erdkabel, und ja, ich glaube, alle Menschen in Österreich wollen auch den Aus­bau der Erneuerbaren, um eben von russischem Gas wegzukommen. Was sie aber nicht wollen, sind eben diese Freileitungen. Das können wir ganz leicht machen: Wir brauchen nicht 25 Jahre, um eine Genehmigung für so ein Bauvorhaben zu kriegen, wir schaffen das ganz schnell, wenn wir anfangen, Freileitungen wirklich als Erdkabel zu verlegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


20.39.18

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ho­hes Haus! Kollege Michael Bernhard hat hier gesagt, dass es Unterschiede gibt, was die Behandlung von Bürgerinitiativen und Petitionen betrifft. Aus meiner Sicht, glaube ich, ist eines ganz klar: Ob Regierungs- oder Oppositionspartei, jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit, hier Petitionen oder Bürgerinitiativen einzubringen. Damit können Bürgeran­liegen direkt und unbürokratisch hier im Hohen Haus behandelt werden.

Kollege Kainz hat heute auf seine Petition zum Thema Lebensmittelkennzeichnung Be­zug genommen. Ja, Österreichs Bevölkerung – 87 Prozent – wünscht sich, dass Le­bensmittel besser gekennzeichnet werden. Wir haben ja viele Lebensmittel, die eine Kennzeichnung haben, und zwar eine ordentliche, aber es gibt durchaus Verunsiche­rung, was Gütesiegel betrifft, was Schriftgrößen betrifft, was Wort-Bild-Marken betrifft. Es wird nun also wie im Regierungsprogramm festgelegt eine Lebensmittelkennzeich­nung für die Lebensmittelverarbeitung und für die öffentlichen Kantinen geben. Eine Regierungsvorlage ist in Vorbereitung, und ich hoffe, sie wird möglichst bald hier im Ho­hen Haus behandelt und beschlossen.

Die aktuelle Situation bringt mit sich, dass wir verstärkt Lebensmittel im Land produzieren, dass die Produzenten heimische Produkte erzeugen und diese Produkte auch möglichst


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authentisch und selbstverständlich natürlich auf den Tisch oder auf den Teller kommen und in Österreich verzehrt werden können. Es geht darum, dass der Handel Möglichkei­ten hat, Lebensmittel mit regionaler Warenauszeichnung zu verkaufen und heimische Produkte verstärkt zu bewerben. Es geht aber auch darum, dass der Konsument Sicher­heit hat, was das Lebensmittel betrifft.

Wichtig ist für uns alle gemeinsam, glaube ich: Wir müssen uns in Österreich so auf­stellen, dass wir zukünftig mehr österreichische Lebensmittel, aber auch, wie heute schon erwähnt worden ist, mehr österreichische Energie produzieren. Insgesamt ist eine Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel ein Gewinn für alle, aber vor allem für die Kon­sumentinnen und Konsumenten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.41


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


20.41.44

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich rede heute zur Bürgerinitiative betreffend „Forderung einer schnellst­möglichen nationalen Zulassung und sofortigen Empfehlung des Medikaments Ivermec­tin in Österreich zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19“.

Liebe Menschen, die diese Bürgerinitiative unterstützen! Ivermectin ist ein Pferdeentwur­mungsmittel. (Abg. Stefan: Das ist doch eine blöde, dumme - -!) Es ist ein Medikament, das in der Veterinärmedizin angewendet wird. Es gibt keine (Abg. Stefan: Was?) aussa­gekräftige Evidenz für die Anwendung von Ivermectin bei Covid-Erkrankungen. (Abg. Stefan: Ich schick sie Ihnen nachher! Ich schick sie Ihnen! ... Propaganda! ... abgedreht worden!) Sogar der Hersteller selbst warnt davor, dieses Medikament gegen Covid-Er­krankungen zu nehmen. Und auch wenn Klubobmann Kickl – er ist leider jetzt nicht da, aber er hat eine gewisse Mitschuld an diesem ganzen Ivermectin-Hype – es empfiehlt, ist es trotzdem ein Blödsinn. Es ist gefährlich. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


Präsidentin Doris Bures: Auch Sie, Frau Abgeordnete, ersuche ich, sich in der Wort­wahl ein wenig zu mäßigen. (Abg. Lukas Hammer: Wie soll man so was sonst bezeichnen?)


Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (fortsetzend): Es ist gefährlich und eine Überdosie­rung kann tödlich enden. Leider, leider gab es bereits Fälle, die auch wirklich tödlich geendet haben. Der Hersteller betonte in einer Aussendung außerdem, dass die Corona­schutzimpfung bei der Pandemiebekämpfung an erster Stelle steht und alle Maßnahmen zu einer höheren Durchimpfungsrate von ihm unterstützt werden. Das heißt: Ivermectin – nein, gefährlich; Coronaimpfung – ja, schützt vor Covid. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und zum Thema Zulassung noch zwei Sätze: Es ist so, dass wir im Nationalrat, und darüber bin ich natürlich sehr froh, nicht über die Zulassung von Medikamenten entschei­den können. Die Zulassung von Medikamenten obliegt medizinischen ExpertInnengre­mien, die über die Wirksamkeit und eben über die Zulassung entscheiden und das ist gut so. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.44


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Peter Weidinger, Sie sind als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.


20.44.36

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegin­nen! Werte Kollegen! Liebe Österreicherinnen, liebe Österreicher, und alle Menschen, die in unserem Land leben! Ich nehme Stellung zum Bericht des Ausschusses für Peti­tionen und Bürgerinitiativen und möchte Ihre Aufmerksamkeit auf eine besonders wich­tige Petition aus meinem Heimatland Kärnten lenken, aus zweierlei Gründen: erstens,


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weil es für viele, viele Menschen wichtig ist, und zweitens, weil wir hier im Nationalrat die Möglichkeit haben, einen Beitrag zu leisten, dass die gedeihliche Entwicklung in Südös­terreich, sowohl in Kärnten als auch in der Steiermark, eine weiterhin positive Avance und Möglichkeit bietet.

Worum geht es im Konkreten? – Es geht darum, dass die Koralmbahn das verbindet, was zusammengehört, nämlich den Großraum Graz mit Deutschlandsberg, mit den Be­zirken, die sich bis zu den Gestaden des Wörthersees erstrecken, und weiter mit der südlichen Hemisphäre Richtung Villach und Villach-Land. Die beiden Teile dieses Raums werden in Zukunft in 42 Minuten Fahrzeit miteinander verbunden sein. Das heißt, in Graz steigt man in den Zug ein und ist 42 Minuten später in Villach – und natürlich in kürzeren Abständen in den anderen Gemeinden.

Was wir aber dazu benötigen, ist ein Ausbau der Infrastruktur. Da möchte ich ein großes Lob dafür aussprechen, wie erfolgreich die Arbeit im Petitionsausschuss sein kann, und zwar durch gezieltes, gutes Zusammenarbeiten, parteiübergreifend, mit vielen Kollegin­nen und Kollegen. So ist es uns gemeinsam gelungen, mehr Geld für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs sicherzustellen, was gerade für unsere Regionen in Südösterreich wichtig ist und für die Menschen nicht nur eine bessere Lebensqualität, sondern auch eine bessere Möglichkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor Ort schafft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Maßgeblich ist für uns die Umsetzung der Evaluierung einer neuen Richtlinie, was den Lärmschutz betrifft. Wir wünschen uns, dass entlang des Wörthersees der Lärmschutz weiter ausgebaut wird, weil durch die Fertigstellung der baltisch-adriatischen Strecke und der Verbindung quer durch Europa natürlich auch zusätzlicher Güterverkehr stattfin­den wird, weil wir davon überzeugt sind, auch wenn wir in schwierigen Zeiten leben, dass das Handeln von Gütern und der Austausch von Menschen auf unserer eurasischen Platte auch künftig eine große Zukunft haben werden, sodass wir auch Lärmschutzmaß­nahmen treffen und im Besonderen eine alternative Trassenführung für den Güterver­kehr schaffen müssen, der eine Umfahrung der Wörtherseetrasse vorsieht.

Dazu ist es notwendig, dass das in den Plan für das Zielnetz aufgenommen wird – von­seiten des Ministeriums und den ÖBB. Da bitten wir darum und suchen gemeinsam mit Ihnen nach Lösungen, dass diese alternative Trassenführung aufgenommen wird, denn dann sind wir im Rahmenplan, und durch diesen Rahmenplan schaffen wir gemeinsam eine Lösung – das möchte ich auch ausdrücklich unterstreichen, dass diese Petition von allen Parteien mitgetragen wird, namentlich von den Freiheitlichen, von den NEOS, von der Sozialdemokratie, von uns und von unserem Koalitionspartner –, um nicht nur für die nächsten 20 Jahre, sondern für die nächsten 100 Jahre eine zukunftsfähige nicht nur Um­fahrung des Wörthersees, sondern Erschließung des Nordens von Kärnten zu schaffen.

In diesem Sinne danke ich für die wertschätzende, gute Zusammenarbeit. Ich freue mich mit Ihnen auf das Arbeiten an noch vielen Sachfragen, die uns weiterbringen werden, um Südösterreich auch zukunftsfähig zu machen und in die Zukunft zu führen. – Alles Gute. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte.


20.48.29

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuseher zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Heute geht es auch um die Petition zur Schottergrube in Gerasdorf in meinem Heimatbezirk. Was ist die aktuelle Situation vor Ort? – Aus einem 40-Hektar-Projekt wurde ein 4,9-Hektar-Schottergrubenprojekt mit einem rechtsgültigen Bescheid.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 227

Wir haben vor den Toren der Großstadt Wien das Spannungsfeld zwischen Bürgern, Landwirten, der Gemeinde und dem regionalen Schotterunternehmen. Die Nachfrage nach Beton ist im Ballungsraum der Großstadt Wien besonders groß. Jeder möchte selbst mit kurzen Wegen bauen, aber natürlich keine Schottergrube vor der eigenen Haustüre haben. Als die Petition in den Nationalrat eingebracht wurde, habe ich unzähli­ge Anrufe von Bürgern, Landwirten, aber auch von dem betroffenen Unternehmer be­kommen. Wissen Sie, was der Unternehmer mich fragte: Warum redet niemand mit mir? – Diese Frage zeigt uns gerade in Zeiten wie diesen, wie entscheidend und wichtig der Diskurs über die Themen, die uns wirklich berühren, ist.

Was kann man jetzt in Gerasdorf machen? – Aufgrund der Petition ist schon sehr viel passiert: Die Schottergrube ist nicht 300 Meter, sondern 900 Meter vom Wohngebiet ent­fernt, statt 40 Hektar sind es jetzt 4,9 Hektar geworden und weitere 50 Auflagenpunkte sollen einen schonenden Abbau gewährleisten. Frau Kollegin Rössler hat dies schon ausführlich erläutert.

Petitionen führen nicht immer automatisch zu Gesetzesänderungen. In diesem Fall wür­de das auch gar keinen Sinn ergeben (Abg. Erasim: Nur, wenn man es nicht will!), weil der Bescheid schon erlassen wurde.

Was Petitionen aber immer bewirken, ist ein Miteinander. Sie bewirken, dass miteinan­der gesprochen und ein Diskurs ausgelöst wird. Genau diesen Diskurs braucht es jetzt, um vor Ort Lösungen zu erwirken, die für alle Beteiligten tragbar sind. (Abg. Erasim: Eine Gemeinde braucht keinen Diskussionsverein, sondern ...!)

Niemandem ist geholfen, wenn die zuständigen Entscheidungsträger Taferln basteln und Messer wetzen. Diese Vorgangsweise verhärtet nur die Fronten und hilft nieman­dem. Um den Gerasdorferinnen und Gerasdorfern gerecht zu werden, appelliere ich, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und zusammen an Lösungen zu arbeiten.

Wird dieses Vorgehen alle Forderungen gänzlich erfüllen können? – Wahrscheinlich nicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Erasim.) Die derzeitige Arbeitsweise und Skan­dalisierung sind aber der falsche Weg und führen mit Sicherheit zur schlechtesten Lö­sung für alle. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.52


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


20.52.08

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren im Nationalrat! Liebe Zuseher zu Hause! Regionalität bedeutet hohe Qualität, bedeutet Klimafreundlichkeit und Krisensicherheit. So möchte ich zur Peti­tion 68 über Lebensmittelkennzeichnung sprechen.

Es ist wichtig, dass das immer thematisiert wird, und ich bedanke mich daher auch dafür. In der Stellungnahme, die gekommen ist, sehen wir, dass die Mindestschriftgröße für die Bezeichnung des Herkunftslandes bereits 2014 geregelt wurde. Es stimmt aber, dass sie relativ klein ist, und so müssen wir – für die ältere Generation und für die bessere Sichtbarkeit – anregen, dass es auf EU-Ebene Verbesserungen geben soll.

Darüber hinaus gibt es seit 2020 eine Vorschrift für die Kennzeichnung des Herkunftslan­des. Im Prinzip besagt die EU-Primärzutaten-Verordnung, dass, wenn es zum Beispiel um verpackte Wurst geht, auf der eine rot-weiß-rote Fahne darauf ist, das Primärprodukt Fleisch aber nicht aus Österreich kommt, das auch so angeführt gehört. Es ist jedoch oft so, dass das durch ein rot-weiß-rotes Fähnchen und ein Markenzeichen, ein Logo um­gangen wird und man es nicht erkennt. Das kann einfach nicht sein, denn wenn Ös­terreich draufsteht, muss auch Österreich drinnen sein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 228

Da es auf EU-Ebene keine so rasche Erledigung gibt, werden wir aus österreichischer Sicht einen Weg vorgeben. Österreich will eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für die Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier bei verarbeiteten Lebensmitteln wie Nudeln, Wurst, Käse als auch bei der Gemeinschaftsverpflegung in Kantinen und Mensen.

Ja, Österreich braucht eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung, das ist ganz wich­tig. Das steht auch schon im Regierungsprogramm, daher würde ich den Herrn Bundes­minister auch bitten, dass es da zu einer schnellen Umsetzung kommt, denn der Konsu­ment will wissen und muss wissen, wo österreichische Qualität drinnen ist. Das ist mir ein großes Herzensanliegen. Schauen wir daher, dass es zu einer schnellen Umsetzung kommt! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.54


20.54.47

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich gehe davon aus, dass wir gleich zu den Abstimmungen kommen können? – Gut.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde Sie ersuchen, dass Sie Ihre Sitz­plätze einnehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1381 der Beilagen hinsichtlich der Petitionen 30, 32, 54, 64 und 68 sowie der Bürgerinitiativen 33 und 36 bis 39 zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für diese Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

*****

20.55.52Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen aber noch zu Abstimmungen.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag (2227/A) der Abgeordne­ten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-lmpfpflichtgesetz – COVID-19-IG) geändert wird“ eine Frist bis zum 25. März 2022 zu setzen.

Wer dem Fristsetzungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Litschauer, Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorla­ge (1424 d.B.) betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geän­dert wird (40. KFG-Novelle)“ eine Frist bis zum 26. April 2022 zu setzen.

Wer spricht sich für diese Fristsetzung aus? – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

20.56.58Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbstän­digen Anträge 2406/A(E) bis 2421/A eingebracht worden sind.

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll149. Sitzung, 24. März 2022 / Seite 229

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.58 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.57.26Schluss der Sitzung: 20.57 Uhr

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