10.02

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Ich war am Samstag am Wochenmarkt in Bruck an der Mur, das tue ich samstags recht oft – ich kann Ihnen empfehlen, dorthin zu gehen, gut einzukaufen –, und ein Bekannter, eigentlich ein guter Freund, hat mich angesprochen (Zwischenruf bei der ÖVP) und gesagt: Bah, es wird alles immer teurer! (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Was tut eigentlich diese Bundesregierung dagegen? (Abg. Belakowitsch: Nichts!)

Ich habe gesagt (Zwischenruf bei der ÖVP): Eigentlich tun sie nichts, wie sie meistens nichts machen (Ruf bei der ÖVP: Lüge! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), aber es gibt eine Chance am Mittwoch, ab 9 Uhr (Abg. Pfurtscheller: Mei ist das polemisch, Herr Leichtfried!), wenn wir hier eine Debatte zur Teuerung führen. Wenn du Zeit hast, schau zu, da werden der Bundeskanzler und der Vizekanzler hoffentlich etwas zu diesem Thema sagen. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Lieber Freund, sie waren zu feige, um herzukommen! Sie sind eigentlich Verantwor­tungsverweigerer (Zwischenruf des Abg. Hörl), das siehst du jetzt auch deutlich, wenn du heute zuschaust. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Die haben nicht den Mumm, hierherzukommen und über die Teuerung zu diskutieren. Sie schicken Wöginger raus, der von Massensteuern und von der Wirkung von Massensteuern keine Ahnung hat (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen), und sie schicken die Staatssekretärin. Sie selbst sind zu feige, um herzukommen – das muss jetzt auch einmal ganz klar gesagt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mehl: plus 20 Prozent, Butter: plus 21 Prozent, Hühnerfleisch: plus 11 Prozent, Milch: plus 10 Prozent, Trauben: plus 10 Prozent, Zwiebel: plus 15 Prozent, Erdäpfel: plus 12 Prozent, Salat: plus 25 Prozent, Kaffee: plus 12 Prozent. Warum erzähle ich Ihnen das? – Weil Sie wahrscheinlich einen Hofer das letzte Mal vor fünf Jahren von innen gesehen haben und Ihre Leute zum Einkaufen schicken, darum wissen Sie das nicht und darum gründen Sie Arbeitskreise und beobachten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Hören Sie auf mit Arbeitskreisen, hören Sie auf mit Beobachten, gehen Sie einmal in ein echtes Geschäft, dann können Sie sich anschauen, was das heutzutage alles kostet! (Beifall bei der SPÖ.)

Was sagt der Herr Vizekanzler dazu? (Ruf bei der FPÖ: Nichts!) – Die, die behaupten, alles wird teurer, sind hysterisch, sagt der Herr Vizekanzler. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Bitte, wie realitätsfremd, wie gleichgültig und wie abgehoben kann man sein, so etwas zu sagen? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Wie abge­hoben kann man sein, so etwas zu sagen, geschätzte Damen und Herren?! Ja, wenn man 20 000 Euro im Monat verdient, ist es vielleicht nicht viel teurer geworden, aber jene, die mit 1 000 Euro auskommen müssen, jene, die mit 2 000 Euro eine Familie ernähren, haben die Probleme, und um die muss man sich kümmern, und da habt ihr komplett versagt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wissen Sie, was es jetzt braucht? – Es braucht nicht eine handlungsunfähige Regierung, es braucht nicht eine handlungsunwillige Regierung, es braucht entschlossene Politik. Es muss etwas passieren, und zwar jetzt.

Sagt mir: Wer in Österreich hat schon diesen Energiegutschein erhalten? – Kein Einziger hat den bis jetzt erhalten. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Und wenn ihn jemand erhält, weiß er nicht, ob er ihn eintauschen darf. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Hat schon irgend­jemand die Mehrwertsteuer auf Treibstoff gesenkt? Gibt es schon einen Treibstoff­deckel? – Nichts gibt es, bis jetzt ist überhaupt nichts passiert. Wenn man sich darüber aufregt, ist das nicht Hysterie, sondern Sorge, Sorge um diese Bankrotterklärung der Bundesregierung zulasten der Menschen in Österreich.

Jetzt gibt es die Chance – und ich richte meinen Appell hauptsächlich an die Grünen, weil es bei der ÖVP eh schon zu spät ist (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) –: Wir werden heute den Antrag einbringen, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, auf Grund­nahrungsmittel zu senken. Gestern hat der Herr Vizekanzler zugesagt, dass er auch der Meinung ist, dass das gesenkt werden muss. (Abg. Belakowitsch: Aber der Kanzler hat schon wieder ...!) Sie haben jetzt die Chance, das zu tun. Sie brauchen mir nicht mit Kosten und nicht mit nicht sozial treffsicher zu kommen. Ihr habt mit einem Finger­schnipsen die Körperschaftsteuer reduziert und die Spekulationssteuer abgeschafft, das sind genau diese 1,5 Milliarden Euro (Ruf bei der SPÖ: Genau!), die das kosten würde. Mir wäre es lieber, die Menschen würden günstig Lebensmittel bekommen, als dass die Superreichen weniger Körperschaftsteuer zahlen. Das habt ihr zu verantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

August Wöginger hat gemeint: Massensteuersenkungen begünstigen die Reichen. – Das Gegenteil ist der Fall. Jeder weiß – jeder weiß! –, dass sich Massensteuer­sen­kungen bei Menschen mit geringen Einkommen viel, viel stärker als bei Reichen auswir­ken. Kapiert das endlich einmal und sagt nicht dauernd (Zwischenrufe der Abgeordneten Hanger und Zarits), das ist sozial nicht treffsicher! Diejenigen, die die Körper­schaft­steuer gesenkt haben, brauchen mir überhaupt nichts von sozial treffsicher zu erzählen – schämt euch! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zarits. – Abg. Hanger: Deine Aggressivität ist ja grauslich!)

Ich hätte Ihnen, Herr Bundeskanzler (Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn Sie da wären und wenn Ihnen die Debatte wichtig wäre (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), einen Rat gegeben: Ungefähr 5 Minuten entfernt vom Bundeskanzleramt ist ein Billa, gehen Sie dort einmal hin, da brauchen Sie nicht mit dem Dienstwagen zu fahren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte!

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Reden Sie mit den Leuten, wenn die noch mit Ihnen reden! Das würde Ihr Weltbild ziemlich erschüttern. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.07

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte sehr. (Abg. Hörl: ... Experte!)