10.19

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Staats­sekre­tärin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuseher! Grundsätzlich – und las­sen Sie mich damit starten – ist es nicht meine Sicht der Dinge, dass es die Aufgabe des Staates ist, die Folgen einer Inflation für alle und in voller Höhe abzugelten. Im Fokus muss wirklich stehen, dass man die Ursachen dieser Pandemie bekämpft, und diese sind natürlich vielfältig. In diesem Zusammenhang muss man aber natürlich auch über die Rolle der EZB sprechen, denn es stimmt schon, die Pandemie und der Ukrainekrieg haben die Preise steigen lassen; die Ursache ist aber trotzdem auch, dass in den letzten Jahren viel zu viel billiges Geld in die Märkte gepumpt worden ist. Das ist einfach ein Faktum, das kann man ja nicht vom Tisch wischen, auch wenn es linke Ökonomen oder – heute auch – die ÖVP offenbar nicht mehr ansprechen wollen.

Lassen Sie mich das in dieser Klarheit sagen: Die hohe Inflation wird auch nicht morgen verschwinden, sie wird uns durchaus noch länger begleiten, deswegen muss man eben genau darauf schauen, was in diesem Fall zu tun ist. Aus meiner Sicht gibt es zwei Ebenen, die man jetzt bearbeiten muss: Das eine ist die EZB. Bei der EZB muss man natürlich schauen, dass jetzt endlich etwas vorangetrieben wird. Das ist das, was die wenigsten Menschen gerne hören, aber: Ja, es braucht eine Zinswende, und die muss jetzt auch kommen. Das ist hart, aber es ist der richtige, der wichtige Schritt, der jetzt gesetzt werden muss.

Dann komme ich zu Österreich: Was gehört in Österreich getan? Was kann man denn hier tun? – Zuallererst muss man die sozialen Härtefälle abfedern. Die Unterstützung von Haushalten mit niedrigem Einkommen ist wichtig. Die können nicht einfach herum­jonglieren. Da braucht es natürlich treffsichere Maßnahmen. Wenn ich mir dann an­schaue, was Sie, Frau Staatssekretärin, wie sie heute gesagt haben, tun wollen, versus das, was Sie tun – da gib es so eine Schere. (Die Rednerin deutet mit den Armen eine offene Schere an.) Jeder sagt hier – die Grünen, die Schwarzen –: Ja, wir müssen treffsicher handeln!, aber Sie machen mit Ihren Hilfen das Gegenteil.

Wenn man sich anschaut, was Sie tun: Sie kommen mit der Gießkanne daher. Ich gebe Ihnen nur drei Beispiele von heute: Der Energiekostenausgleich – völlig mit der Gieß­kanne, das geht total an der Realität vorbei – ist nicht treffsicher, sondern inflations­befeuernd. Die Mehrwertsteuerbefreiung auf Lebensmittel – die Forderung von der SPÖ und auch von den Grünen, wie ich jetzt höre – geht vollkommen am Ziel vorbei. Damit werden Sie nichts erreichen – außer dass die Inflation weiter steigt. Und last, but not least der dritte Punkt, der uns heute auch noch bei den Finanzthemen beschäftigen wird: 20 Prozent des Paketes, das Sie geschnürt haben, um die Teuerung auszugleichen, gehen an die Autofahrerinnen und Autofahrer, von denen ein Fünftel übrigens zu den sehr, sehr gut Verdienenden zählt.

Noch einmal: Zwischen dem, was Sie sagen, und dem, was Sie tun, besteht so eine Schere. (Die Rednerin deutet mit den Armen neuerlich eine weit geöffnete Schere an.) Das geht sich überhaupt nicht aus. (Beifall bei den NEOS.)

Zweiter Punkt: Es gehört die Kaufkraft der Menschen gestärkt, und zwar durch nach­haltige Entlastungen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Sie sagen das und wir sagen das auch, aber offenbar meinen wir damit vollkommen unterschiedliche Dinge. Auch da wieder: Die ÖVP sagt – ein spannendes Thema, eine spannende Rede, die da gehalten wurde –, man höre auf die Expertinnen und Experten – ich glaube, es wurden die Namen von Monika Köppl-Turyna und Dr. Felbermayr  genannt –, man höre auf diese Expertinnen und Experten, auf die Ökonomen, um das in Angriff zu nehmen. – Ja dann hören Sie halt wirklich zu, was die sagen, und dann tun Sie es halt auch! Was nämlich gemacht werden muss, ist die Abschaffung der kalten Progression, und zwar jetzt. (Beifall bei den NEOS.)

Was noch dazugehört, ist die Anpassung der Tarifstufen. Auch das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die wurden seit 2009 nicht angepasst, das heißt, da braucht es eine rasche Anpassung. Wenn man das durchrechnen würde, dann müsste man eine Anhebung von 11 000 auf 13 420 Euro vornehmen. Wenn man die anderen Steuerstufen dann auch noch rückwirkend anpassen würde, wäre eine Entlastung von 5,5 Milliarden Euro sofort möglich. Das wäre eine echte, nachhaltige Entlastung, die wir als NEOS auch fordern.

Was braucht es noch? – Eine Senkung der Lohnnebenkosten. Das ist der dritte wichtige Punkt, um den hier vonseiten der ÖVP immer wieder so ein bisschen herumschlawinert wird. Passieren tut da nichts. Das ist aber besonders wichtig, weil man eben auch diese Zweitrundeneffekte, die sonst kommen werden, verhindern muss. Das heißt, man muss jetzt, wenn es darum geht, Kollektivvertragsverhandlungen zu führen, um den Menschen hinsichtlich Einkommen zu helfen, für die Verhandlungspartner einfach mehr Spielraum schaffen, damit es letztendlich die Inflation nicht noch mehr nach oben treibt. Das hätte auch einen wunderhübschen Nebeneffekt – und das müsste der ÖVP doch etwas wert sein –, es würde nämlich den Wirtschaftsstandort stärken. (Beifall bei den NEOS.)

Ja, all diese Maßnahmen kosten natürlich auch Geld, aber, meine Damen und Herren, auch das wissen wir: Einer der großen Gewinner dieser Inflation ist natürlich der Herr Finanzminister. Da haben wir eine ganz klare Forderung an den Herrn Finanzminister: Geben Sie den BürgerInnen das Geld zurück! (Beifall bei den NEOS.) Es geht sich aus, Sie können es sich leisten. Nehmen Sie die Hände aus den Taschen der Bürgerinnen und Bürger und tun Sie endlich etwas, nämlich das, was Sie die ganze Zeit versprechen: Schaffen Sie die kalte Progression endlich ab! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.