11.08

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Angesicht von Kriegsverbrechen in der Ukraine, von Exekutionen und Vergewalti­gungen, sind wir zum Handeln gezwungen, es gibt keine Neutralität in dieser Frage. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber: In der alles entscheidenden Energiefrage gelingt es uns in Europa nicht, gemein­sam und entschlossen zu handeln. Ich finde es sehr beschämend, dass Österreich da vor allem als Bremser stark auftritt. Man fragt sich schon: Was muss denn noch passieren, was muss noch Schlimmeres passieren, bis wir alles auf den Tisch legen, was möglich wäre? Denn das, was wir wirklich machen müssten, ist, uns zu überlegen: Was können wir tun, um den Krieg zu verunmöglichen? Und da muss man halt Russland dort treffen, wo es Russland wehtut, und das ist der Export fossiler Rohstoffe.

Tagtäglich schmiert die Europäische Union die russische Kriegsmaschine mit 800 Millio­nen Euro – jeden Tag 800 Millionen Euro, die die russische Kriegsmaschinerie auch braucht! Ich glaube, das ist spätestens heute durch den Lieferstopp nach Bulgarien und Polen bewiesen, der ganz klar auch ein Zeichen an den Rest der Europäischen Union sein sollte, hier höfele zu tun. Anders kann man das nicht interpretieren.

Wir NEOS sind in dieser Frage nicht blauäugig. Österreich ist viel abhängiger vom russischen Gas, als es andere Mitgliedstaaten sind, das kann man nicht leugnen, das ist so. Anstatt in der Vergangenheit auf Diversifizierung und Risikostreuung zu setzen, haben ÖVP, SPÖ und FPÖ jahrelang auf das billigere russische Gas vertraut, nach dem Motto: Uns wird schon nichts passieren. Das war offensichtlich auch sicherheitspolitisch der Hintergedanke.

Ich hoffe aber doch, dass wir uns heute einig sind, dass wir so schnell wie möglich aus dem russischen Öl und Gas rausmüssen, und die einzige Frage, über die wir eigentlich noch reden sollten, ist: Wie schnell geht das und wie können wir es noch schneller hinbe­kommen?

In Österreich hat man das Gefühl, unsere Regierung ist die Geht-nicht-Regierung. Man hört: Gasembargo – njet; die Ukraine mit Waffen unterstützen – auch njet; der Ukraine eventuell den Status eines Beitrittskandidaten zu geben – sicher njet. Ich bin es leid, zu hören, was alles nicht geht. Ich will eine Bundesregierung, die Dinge möglich macht. Das ist das, was auch die Bevölkerung jetzt an Erwartungen hat. (Beifall bei den NEOS.)

Internationale Beobachter werfen uns ja zu Recht vor, dass wir unsere Hausaufgaben nicht machen. Andere Mitgliedstaaten sind uns ja wie so oft auch da voraus. Dänemark hat angekündigt, alle Haushalte, die zurzeit mit Gas heizen, auf Fernwärme oder Wärmepumpen umzustellen, mit einem konkreten Plan. Deutschland hat zu Ostern ein Paket zum Ausbau Erneuerbarer vorgestellt. Das Baltikum baut Speicherkapazitäten und Flüssiggaskapazitäten aus.

Frau Ministerin! Sie haben gesagt, die Abhängigkeit ist Realität. Was auch Realität ist, ist Bürokratie in Österreich. Es ist Ideenlosigkeit, es ist dieser Rosinenpickföderalismus, den wir nun einmal haben. Was bringen denn mehr Mittel für den Heizungstausch, wenn es nicht mehr InstallateurInnen gibt? Was bringen uns die Windräder, die erst 2027 in Betrieb gehen können, weil die UVPs so lange dauern? (Beifall bei den NEOS.)

Das sind doch alles fiktive Annahmen, die man da trifft, die dann als Lösung verkauft werden, anstatt dass man die systemischen Probleme angeht, die einem schnelleren Gasausstieg im Wege stehen. Es wird ja hier nicht einmal erwähnt, was zum Beispiel diese Projekte (erheitert) der österreichischen Reformpolitik, die immer belächelt wer­den, eigentlich für Auswirkungen haben könnten. Was könnte uns eine Verwaltungs­reform eigentlich im Hinblick darauf bringen, dass wir den Gasausstieg beschleunigen können? Alle Annahmen, die nun einmal dazu führen, zu sagen, wir sind halt einmal abhängig – das wirkt irgendwie fast gottgegeben –, beruhen natürlich darauf, dass wir nicht bereit sind, irgendetwas am System zu ändern. Und das wird nicht ausreichen!

Die Situation ist so ernst, und ich möchte es eigentlich keinen weiteren Tag mehr aus­halten müssen, dass Österreicherinnen und Österreicher mit ihren Öl- und Gaszahlun­gen diesen Krieg mitfinanzieren müssen. Das ist unerträglich! (Beifall bei den NEOS.) Ich will nicht mehr hören, was alles unmöglich ist, ich will endlich hören, wie man das möglich machen kann. Das sollte das Ziel sein! (Beifall bei den NEOS.)

11.13

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke für die Zeitdisziplin.

Zu Wort gemeldet ist EU-Abgeordneter Sagartz. – Bitte sehr.