14.21

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Her­ren! Im letzten Gleichbehandlungsausschuss geschah etwas allzu Seltenes, aber aus meiner Sicht sehr Positives; ich habe mir gedacht: Es geht ja doch! Es wurde nämlich ein Antrag zur Erstellung eines Frauengesundheitsberichtes – nach zwölf Jahren endlich wieder einmal – einstimmig von allen Parteien angenommen.

Alle ziehen an einem Strang, wie es so gut wäre, denn es gäbe zahlreiche wichtige Themen, bei denen es auch so sein könnte. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen: öfter so! Das Regierungsprogramm und unsere Ministerin Raab bieten einiges an guten Vorlagen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte hier aber eine wichtige Thematik aufgreifen, nämlich die geschlechts­spezi­fische Medizin, bei der einiges verbesserungswürdig erscheint. Das hat uns auch die Coronapandemie gezeigt, seit zwei Jahren hat sie uns das vor Augen geführt. Gute Medizin ist jene, die alle gleich gut behandelt. Fakt ist aber auch, dass Frauen doppelt so häufig wie Männer an Long Covid erkranken, und auch bei der psychischen Gesund­heit haben Frauen das schlechtere Los gezogen. Aufgrund der strukturellen Mehr­belas­tung – Stichwort erhöhte Sorge- und Betreuungsarbeit – leiden Frauen häufiger als Männer unter Depressionen, Schlafproblemen und Ängsten.

Was ist gute Medizin? Gute Medizin ist jene, die alle gleich gut behandelt. Das ist aber oft nicht so. Ich selber als Arzt sehe die Geschlechterunterschiede im medizinischen Alltag gar nicht so stark, nehme sie gar nicht so stark wahr, wie sie aber augenscheinlich sind. Es ist schon skurril, dass die Mehrheit der Patienten weiblich ist, die Mehrheit in den medizinischen Gesundheitsberufen Frauen sind, mittlerweile die Mehrheit der Medizinstudenten und auch die Mehrheit der Jungärzte weiblich sind und Frauen dennoch oft nicht gleich gut behandelt werden: Das fängt bei Blutdrucksenkern an und hört im OP auf.

Männer waren und sind auch der Standard bei Studien und bei der Entwicklung von medizinischen Produkten. Ein Beispiel aus dem Bereich Herz-OP: Kunstherzen werden an sich für Männer entwickelt; Standardkunstherzen sind oft zu groß für zierliche Frauen, aber es gibt nur ein Modell. Oder: Bis vor Kurzem gab es nur Unisextabletten. Das heißt, Medikamente werden hauptsächlich an Männern getestet, aber eine 50 Kilogramm schwere Frau erhält das Medikament in der gleichen Dosis wie ein eventuell 110 Kilo­gramm schwerer Mann.

Männer und Frauen sind aber in der Medizin geschlechtsspezifisch unterschiedlich zu sehen. Sie unterscheiden sich in Muskelmasse, Körpergewicht, Wasseranteil. Frauen verteilen und bauen Medikamente im Körper anders ab. Es gibt auch Unterschiede in den Chromosomen, auf Organebene, auf hormoneller Ebene, auf Stoffwechselebene und auch auf sozialpsychischer Ebene, wie wir schon gehört haben.

Nicht nur das Skalpell, auch die Empathie ist ein wichtiges Instrument in der Medizin, das Gespräch, die Kommunikation spielt bei der Diagnose oft eine Schlüsselrolle. Das weibliche Geschlecht ist da oft weit voraus, beim Sich-Zeit-Nehmen, beim Hinhören, beim Ernstnehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die geschlechtsspezifische Medizin ist die Zukunft. Gute Medizin ist jene, bei der alle gleich gut behandelt werden. Der Frauengesund­heitsbericht hilft auf diesem Weg. Danke für diesen einstimmigen Antrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.25

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.