15.02

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Zuseher von der Galerie und von zu Hause! Ich bin immer eine datenbasierte Politikerin gewesen, um dann auch meine Argumente und Vorhaben von dem, was der Status quo ist, ableiten zu können. Ich höre nur Vergan­genheitsbewältigung als Entschuldigung für die Zukunft und für mangelnde Maßnahmen. Ich glaube, dafür müssten wir uns genieren, denn die Frauen sterben trotzdem, und wir haben für sie nichts getan. (Beifall bei der SPÖ.)

2021 haben Männer in Österreich über 30 Frauen – zumeist ihre Partnerinnen oder Ex-Partnerinnen – getötet, ermordet. Die hohe Zahl ist kein Ausrutscher. Von 2010 bis 2020 gab es insgesamt 319 Frauenmorde und über 450 Mordversuche. Dies sind die er­schrecken­den Zahlen, die am Ende und die letzte Stufe der Gewaltspirale sind. Ins­gesamt hat jede fünfte Frau in Österreich ab ihrem 15. Lebensjahr körperliche und sexuelle Gewalt erfahren. Die Dunkelziffer liegt noch höher. Rechnet man das um, kom­men wir in Österreich auf 785 404 Frauen ab 15 Jahren, die körperliche oder sexu­elle Gewalt erfahren haben. Das sind mehr Menschen, als in Tirol leben. Ich hoffe, die Dimension ist jetzt allen bewusst.

Wir haben also ein großes Gewaltproblem. Die Regierung verabschiedet ein Gewalt­schutzpaket, von dem sie total überzeugt und in das sie sehr verliebt ist, aber angesichts der Dimensionen, bei diesen Zahlen gehen sich 25 Millionen Euro und zu wenig Maß­nahmen hinten und vorne nicht aus. Wie wollen Sie ein Feuer mit einem einzigen Feuer­wehrwagen löschen? – Das verstehe ich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

In Österreich fehlen in den Frauenhauseinrichtungen knapp 1 000 Plätze für Frauen und deren Kinder, um die Empfehlung der Istanbulkonvention zu erfüllen. Die Situation bei den Beratungen ist so, dass eine Beraterin in der Präventionsstelle in Österreich 330 von Gewalt betroffene Frauen betreuen muss. Das heißt, es werden fünf Beratungs­stun­den pro Jahr angeboten – und Sie sagen, Sie haben alles getan und alles zur Verfügung gestellt. Unsere Maßnahmen, die wir kalkuliert, nachgerechnet, nachgeschaut haben, haben Sie abgelehnt, vertagt und damit schubladisiert. Es ist nicht genug. Wir wollen 228 Millionen Euro, wir wollen 3 000 zusätzliche Arbeitsplätze im Gewaltschutz, wir wollen umfassende Sensibilisierungsmaßnahmen und wir wollen, dass die Forderungen der Leute, die in diesem Bereich arbeiten, auch aufgenommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Disoski, ich möchte Ihnen etwas sagen: Gewaltschutz ist nicht eine politische Frage, die der Parteipolitik zuzuordnen ist. Wenn man Gewaltschutz ernst nimmt, dann braucht man nicht aufzuzählen, was man alles getan hat und vorhat, sondern dann muss man handeln, und zwar rasch: einen Gipfel einberufen und das mit dem entsprechenden Budget außerparteilich regeln.

Ich möchte noch etwas dazu sagen, wenn Sie schon so großartig reden, was Sie als Regierung alles gemacht haben, was die Krisensituation der Frauen und die Gewalt an Frauen in den Kriegsgebieten betrifft: Ich darf Sie daran erinnern, dass alle Parteien daran mitgearbeitet haben. Das Thema hat parlaandsex geheißen. Das ist kein Ver­dienst der Regierung, weil es da nicht um Verdienste geht. Es geht darum, für die Frauen jetzt etwas zu tun, weil sonst jeden Tag eine weitere Frau stirbt. Wir haben zwar alles toll auf den Tisch gelegt, sind in unsere Maßnahmen verliebt (Zwischenrufe der Abgeord­neten Disoski und Rössler), und die Grünen beschwören die Vergangenheit, weil sie dann besser ausschauen, aber die Frauen haben keine Hilfe. Diese brauchen jetzt mit dem Budget konkrete Hilfe, und das muss eine Selbstverständlichkeit in der Politik sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist eine Rahmenbedingung wie alle anderen Rahmenbedingungen, die lebenserhal­tend sind. Wir sollten uns jetzt endlich darauf einigen, nicht darüber zu diskutieren, dass einer recht hat und einer glücklich ist und der Dritte sich gut fühlt, weil er etwas ermög­lichen will, was er nie tun wird. Wir müssen es lösen – und zwar gemeinsam. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Disoski und Rössler.)

15.06

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Berichterstattung?

Es ist mittlerweile 15.06 Uhr, und damit kommen wir nicht zu den Abstimmungen, son­dern zu der Dringlichen Anfrage.

Ich darf die Verhandlungen nunmehr unterbrechen, damit wir die verlangte Behandlung ei­ner Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15.06 Uhr stattfinden lassen können.