15.24

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal vielen Dank dafür, dass wir dieses Thema heute diskutieren kön­nen, besprechen können – intensiv ja schon den ganzen Tag und jetzt im Rahmen dieser Anfrage noch einmal sehr intensiv und allgemein übergreifend. Das ist wichtig, weil das den Menschen wichtig ist, das ist Ihnen allen wichtig und das ist natürlich auch der Bun­desregierung wichtig, denn: Die hohe Inflation und die in weiterer Folge damit verbun­dene Teuerung sind natürlich Anlass für berechtigte Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, und wir in der Politik müssen auch Antworten auf diese drängendste Frage, die uns momentan begleitet, finden. Wir müssen das auf allen Ebenen tun und – das ist mir wichtig – wir müssen auch auf allen Ebenen daran arbeiten. Ich bitte Sie alle um Unter­stützung, das auch zu tun, nämlich auf allen Ebenen aller Gebietskörperschaften dafür zu sensibilisieren, beispielsweise auch in den Bundesländern – ganz, ganz wichtig! –, weil gewisse Gebührenerhöhungen, die in manchen Bundesländern stattfinden, halt auch keinen wahnsinnig positiven Beitrag dazu leisten. Ich bitte also, auf allen Ebenen dafür zu sensibilisieren, weil diese Maßnahmen natürlich auch zu einer massiven Entlas­tung der Bevölkerung führen.

Bisher haben wir – zumindest zum allergrößten Teil – nur Maßnahmen gesehen, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, die den Menschen dann schlussendlich mehr Geld zum Leben bringen und auch unsere Betriebe entsprechend entlasten; aus­genommen die Heizkostenzuschüsse in manchen Bundesländern. Das ist also großteils über die Bundesregierung, über die Maßnahmen der Bundesregierung geschehen. Das ist schade, weil wir da, glaube ich, an einem Strang ziehen sollten.

Gerade in dieser aktuellen Situation bräuchte es in der Politik einen Grundkonsens über alle Gebietskörperschaften hinweg, dass wir die Menschen angesichts der aktuellen Teuerung entlasten können. Man sollte zum Beispiel nicht in einem kleinen östlichen Bundesland ankündigen, irgendwelche Maßnahmen im September zu ergreifen, die dann noch dazu nicht rechtskonform sind – also da sollte man die Diskussion schon auch etwas seriöser führen.

Aus meiner Sicht braucht es prinzipiell zwei Dinge – das war in der Pandemie schon der Fall und ist es jetzt auch –: Erstens ist es eben ein Miteinander, ein Miteinander aller Gebietskörperschaften und insgesamt, denn die Diskussion, wer am meisten betroffen ist – die Wirtschaft, die Industrie oder die Bevölkerung –, nützt uns nichts. Die aktuellen Entwicklungen treffen uns alle, und wir sind eben alle gefordert. – Das ist das eine.

Zum Zweiten braucht es auch – und das ist mir in dieser Diskussion auch wichtig – einen kühlen Kopf und eine ruhige Hand. Ich glaube, das ist ganz entscheidend: weniger Auf-geregtheit und mehr Seriosität in dieser Hinsicht. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht zu kühl!) Vieles wird aktuell gefordert und vieles, das aktuell gefordert wird, erweist sich vielleicht auf einen zweiten Blick als kontraproduktiv oder sogar inflationstreibend. Darum ist es schon auch unsere Aufgabe, sich diese Dinge seriös anzuschauen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski, Rössler und Jakob Schwarz.)

Viele wollen jetzt – beispielsweise nur – die Mehrwertsteuer pauschal erhöht haben. (Abg. Belakowitsch: Nein, das will keiner, das will nur ... vielleicht, aber der Rest ...!) Da sollte man schon einmal auch seriös darüber nachdenken, ob die soziale Treff­sicherheit dieser Maßnahmen gegeben ist. Ich finde es schon spannend, wenn jetzt unmittelbar vor dem 1. Mai Ideen ventiliert werden, von denen vor allem die Besserver­dienenden und jene, die sich mehr und auch teurere Lebensmittel leisten können, pro­fitieren. (Abg. Belakowitsch: Das ist immer vor dem 1. Mai!) Das ist interessant, gerade jetzt vor dem 1. Mai. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Klar ist aber auch, dass wir derzeit eine sehr schwierige Situation erleben, in der es eben entsprechende Maßnahmen braucht, überhaupt keine Frage. Europa ist auch insgesamt von der aktuellen Krisensituation sicher stärker betroffen als andere Regionen. Wir erle­ben gerade einen Dualschock: Nach der Covid-Krise hemmt jetzt der Krieg in der Ukraine das Wachstum und auch insgesamt die wirtschaftliche Entwicklung. Alle Exper­ten sind sich jetzt einig – übrigens war das vor einigen Wochen noch etwas anders, aber jetzt sind sich alle Experten einig –, dass wir eine längere Phase der höheren Inflations­raten erleben werden. Weltweit ist die Politik jetzt gefordert – das ist nicht nur in Europa so, aber auch –, wirkungsvolle Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Grundsätzlich ist der Kampf gegen die Inflation – Klubobfrau Meinl-Reisinger hat das ja auch schon erwähnt – Sache der Zentralbanken, der Europäischen Zentralbank in unse­rem Fall, der FED im Fall der USA. Übrigens ist die Inflationssituation da auch etwas unterschiedlich: In den USA haben wir eine wesentlich höhere Kerninflation, überhaupt natürlich eine höhere Inflation, wir sind da in Europa weit darunter. Auch die Beschaf­fenheit der Inflation ist eine andere. Bei uns ist sie sehr stark energiepreisgetrieben – über 50 Prozent –, in den USA ist sie wesentlich breiter aufgestellt. Deswegen gibt es ja auch unterschiedliche Maßnahmen, die von der FED oder der EZB gesetzt werden müs­sen.

Es braucht bei diesen Maßnahmen, die in unserem Fall, in Europa, jetzt eben die EZB als Reaktion treffen kann – das ist übrigens keine leichte Aufgabe –, angesichts der möglichen Auswirkungen sehr viel Fingerspitzengefühl. Sie haben auch das mit der Schuldendiskussion in Europa erwähnt. Es geht auch darum, auf der einen Seite eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern und auf der anderen Seite die wirtschaftliche Erholung nicht abzuwürgen. Fingerspitzengefühl ist also – neben der Schuldendis­kus­sion vieler Staaten gerade im südlichen Bereich, die höhere Schuldenquoten haben als wir –, glaube ich, ganz entscheidend.

Diese hohen Inflationszahlen gefährden aber natürlich mittel- und langfristig auch die Kaufkraft und deswegen auch den Wohlstand unseres Landes. Ein Staat kann nie zu 100 Prozent alles abdecken – ich glaube, darin sind wir uns auch einig; zumindest schließe ich das aus dem, was ich medial vernommen habe –, nie zu 100 Prozent jede Krisenentwicklung auf der ganzen Welt kompensieren. Das kann ein Staat nicht leisten, aber er muss natürlich dort, wo es notwendig ist, helfen und die schlimmsten Auswirkun­gen auf die Wirtschaft, auf die Bevölkerung abfedern. Darin sind wir uns, glaube ich, auch einig.

In welcher Situation sind wir jetzt in Österreich? – Während andere Länder erst noch über mögliche Maßnahmen gegen die hohen Preise diskutieren – in Deutschland gab es beispielsweise heute eine Ankündigung: 40 Milliarden Euro; also bei einem Faktor zehn ist das ungefähr dort, wo wir sind; die diskutieren aber erst im Sommer im Parla­ment darüber, welche Maßnahmen angegangen werden –, haben wir bereits zwei Pakete geschnürt: 4 Milliarden Euro – das ist 1 Prozent unseres BIPs –, die bis ins Jahr 2023 wirken. Das ist auch anders als in anderen Ländern, wo meistens eine Befristung auf drei Monate gilt; nicht überall, manchmal sind es auch vier Monate. Bei uns wirkt es bis nächstes Jahr. Das ist schon ein Riesenunterschied, und der Vergleich macht uns sicher. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde heute Vormittag oder Mittag ja auch schon besprochen: Was sind 4 Milliarden Euro? – Das ist 1 Prozent unseres BIPs, das entspricht dem Budget des Landes Tirol, dem Doppelten des Budgets des Landes Vorarlberg – weil ich gerade Abgeordneten Sieber anschaue. Das ist also doch ein Riesenpaket, das wir auf den Weg bringen.

Das ist der Teuerungsausgleich auf der einen Seite in Höhe von 150 Euro, der dann mit den zweiten 150 Euro verdoppelt worden ist. Übrigens: Die ersten Gelder für die Arbeitslosen sind vom AMS bereits ausbezahlt worden. Das ist schon bei den Menschen ange­kommen. Arbeitslosengeldbezieher haben im April ihr Geld von diesem Teuerungs­aus­gleich bereits erhalten.

Die Energiekostengutscheine – 150 Euro – werden morgen verschickt. Die Aussetzung des Ökostromförderbeitrags und der Ökostrompauschale wurde heute auch schon oft erwähnt: im Schnitt 100 Euro pro Jahr und Haushalt.

Auch die Steuerreform entfaltet jetzt gerade konkret ihre Wirkung. In den nächsten Wochen wird die Senkung der zweiten Tarifstufe in den Lohnverrechnungen berücksich­tigt.

Wir haben vorhin, zu Mittag, auch über Pendlerpauschale, Pendlereuro, Senkung der Energieabgaben insgesamt diskutiert, und Sie haben das hier im Hohen Haus be­schlos­sen. Allein durch diese drei Einzelmaßnahmen profitiert beispielsweise - - (Abg. Kassegger: Ihr nehmt uns nur weniger weg! Wir profitieren nicht! Ihr nehmt uns nur weniger weg!)

Es sind heute immer die unterschiedlichen Beispiele angesprochen worden, Herr Kol­lege. Es gibt natürlich unterschiedliche Beispiele, aber Sie erlauben mir, dass ich eine Familie mit zwei Kindern nenne, die Eltern sind Pendler über eine Distanz von je 25 Kilometern – damit wir es einfach machen, nicht 50 Kilometer und weniger, also nicht große und kleine Pendlerpauschale, sondern insgesamt 25 Kilometer (Abg. Kassegger: Kilometergeld erhöhen einmal endlich! ...!) – mit 3 000 Euro beziehungsweise 3 100 Euro Bruttogehalt, die mit über 800 Euro 2022 und 2023 entlastet werden, und das ist ja bei Weitem noch nicht alles. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben also schneller gehandelt. Das sehen wir auch in den Beschlussfassungen. Das muss man sich ja nur in den Parlamenten der Europäischen Union anschauen: Während hier die Beschlussfassungen schon auf dem Tisch liegen, die Maßnahmen schon von Ihnen beschlossen worden sind, diskutieren andere noch. Wir haben also wesentlich schneller und auch mit einem viel höheren Volumen als andere Länder in der Europäischen Union reagiert.

Jetzt darf ich Ihnen kurz etwas zu den von Ihnen angesprochenen 600 Euro in Dänemark sagen – ich habe mit der dänischen Kollegin gesprochen –: Das ist dann das Gesamt­paket für alles. (Abg. Meinl-Reisinger: Das ist ein reiner Energiekostenausgleich!) Wenn Sie unsere Entlastungsmaßnahmen insgesamt hernehmen, sehen Sie, dass die natürlich weit darüber liegen.

Ich darf noch ein zweites nordisches Land als Beispiel hernehmen, die Finnen, die 250 Millionen Euro als Entlastungsmaßnahmen zur Verfügung stellen: Finnland ist halb so groß wie Österreich, aber der Faktor zwei macht uns beim Vergleich auch in diesem Zusammenhang sicher. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Ja, aber die Steuern sind ja auch viel höher! Das kann man ja nicht vergleichen! ...!)

Jetzt komme ich zu der von Ihnen belächelten Expertengruppe. Ich nenne es nicht Arbeitskreis, sondern Expertengruppe, weil da wirklich Expertinnen und Experten aus allen Bereichen drinnen sind – die Sozialpartner, die Nationalbank, der Fiskalrat –, weil es um Seriosität geht. Es geht wirklich darum, zu überprüfen, welche Maßnahme welche Auswirkungen hat. Dieser Austausch mit den Experten, Expertinnen, mit den Sozial­partnern ist uns wichtig, das ist ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung. Mit dieser neuen Expertengruppe bei uns im Finanzministerium, die Sie vorhin erwähnt haben, legen wir jetzt – und man muss schon ein bisschen genauer hinschauen, was die zu tun hat, was die Aufgaben sind – ein verstärktes Augenmerk auf die Folgenab­schät­zung und auf die Analyse der Preisentwicklungen, darauf, bei welchem Warenkorb es welche Entwicklungen gibt. Man kann nicht einfach nur sagen und analysieren: Die Inflation steigt!, Die Inflation fällt!, sondern man muss sich genau die Inflationsbeschaf­fenheit anschauen. Das ist bitte Aufgabe der Politik, dass wir da mehr Seriosität walten lassen, als Sie sich vielleicht vorstellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Geh bitte! Das ist ein Auf-die-lange-Bank-Schieben! Sie wollen es nicht! Dann sagen Sie es wenigstens ehrlich! Ehrlichkeit! Sie lügen doch die Menschen an!)

Ziel muss nämlich sein – und deswegen machen wir es auch, Frau Kollegin Meinl-Reisinger –, auch langfristige Entlastungsmaßnahmen zu setzen (Abg. Meinl-Reisinger: Genau!), statt immer nur ad hoc zu helfen. Da sind wir uns hoffentlich einig. Wunderbar! (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, genau das verlangen wir ja statt Ihren größten Steuer­refor­men aller Zeiten alle zwei Jahre!) – Ich nehme das als Zustimmung. Wunderbar! Des­wegen, liebe Frau Kollegin und Klubobfrau, nehmen wir eben auch die kalte Progression unter die Lupe. Ja, das tun wir. Das tun wir aber seriös, nicht mit irgendwelchen Zahlen­konstrukten, sondern wir schauen uns im Detail ganz genau an, welche Auswirkungen auf welche Einkommensgruppe, auf welche Bevölkerungsgruppe solche Maßnahmen haben würden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ich kann Ihnen versichern, dass wir alle zusammen, als Bundesregierung insgesamt und auch ich als Finanzminister, täglich daran arbeiten (Abg. Meinl-Reisinger: Was habt ihr eigentlich bisher gemacht?), dass es vernünftige, faire, treffsichere Maßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung und der Wirtschaft gibt, weil es nicht darum geht, kurzfristig vielleicht die schönste Schlagzeile in dem einen oder anderen Bereich zu haben. Es geht darum, langfristig das Richtige zu tun, um unseren Wirtschaftsstandort auf der einen Seite und unsere Bevölkerung auf der anderen Seite in dieser Situation bestmöglich zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Das glaubt Ihnen doch niemand!)

Jetzt erlauben Sie mir, zur konkreten Beantwortung Ihrer Fragen zu kommen!

Zu den Fragen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7:

Das vorläufige Bruttogesamtsteueraufkommen ohne die Guthabensänderung betrug 2021 – das war gefragt – 94,3 Milliarden Euro und beträgt 2022, basierend auf den aktuellen Wirtschaftsprognosen, voraussichtlich 98,1 Milliarden Euro. Das sind 200 Mil­lionen Euro weniger, als noch im Herbst budgetiert wurde. Dem Parlament erlauben Sie mir unabhängig davon eine detaillierte tabellarische Aufstellung zu übermitteln, damit das nicht nur ein Zahlensalat ist. Ich werde das selbstverständlich tun – ich habe es auch bei mir –, um es in Summe besser verständlich darstellen zu können.

Zu den Fragen 2 a), 3 a), 5 a) und 6 a):

Aktuell existieren keine BMF-internen Verteilungsdaten. Eine bekannte Studie zum The­ma Umverteilung hat jedoch 2019 das Wifo erstellt. Die Studie heißt „Umverteilung durch den Staat in Österreich 2015“, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung. Laut dieser Studie für das Jahr 2015 tragen das erste Terzil 4 Prozent, das zweite Terzil 23 Prozent und das dritte Terzil 73 Prozent zum Lohnsteueraufkommen bei. Die Terzils­verteilung für die Einkommensteuer inklusive Sozialabgaben lautet: 6 Prozent fürs erste Terzil, 15 Prozent fürs zweite Terzil und 79 Prozent für das dritte Terzil. Betreffend die Umsatzsteuer tragen das erste Terzil 23 Prozent, das zweite Terzil 31 Prozent und das dritte Terzil 46 Prozent zum Aufkommen bei.

Zu den Fragen 8 und 10:

Es handelt sich dabei um Abgaben, die den Ländern und Gemeinden und daher nicht dem Bund zukommen. Aktuelle Schätzungen liegen daher dem Finanzministerium nicht vor.

Zur Frage 9:

Auf Basis der derzeitigen Prognosen ergeben sich für den Flaf – bei dieser Frage geht es um den Flaf – Einnahmen in Höhe von rund 7,8 Milliarden Euro für 2022 bezie­hungs­weise 8,2 Milliarden Euro für 2023. Das ist eine Steigerung in der Höhe von rund 5 Prozent.

Gegenüber dem aktuellen Bundesvoranschlag für 2022 wird mit zusätzlichen Flaf-Ein­nahmen in der Höhe von rund 150 Millionen Euro für 2022 und mit rund 260 Millionen Euro für 2023 gerechnet. Das ergibt sich insbesondere durch die gegenüber der dama­ligen Budgetierung positivere Arbeitsmarktlage und somit auch höheren Dienstgeber­beiträgen zum Flaf.

Zur Frage 11:

Bei Pensionisten fallen – natürlich auch systembedingt – gewisse Beiträge, wie zum Beispiel Pensionsversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge, nicht an. Bei gleichem Bruttobetrag wird daher weniger Sozialversicherung abgezogen.

Der höheren Abgabenbelastung von Arbeitnehmern wird unter anderem dadurch Rech­nung getragen, dass für Arbeitnehmer spezifische steuerliche Erleichterungen, auch im Zuge der ökosozialen Steuerreform, umgesetzt wurden. Es wurde zum Beispiel auch eine Steuerbefreiung für eine Gewinnbeteiligung an Unternehmen eingeführt. Aktuell werden zudem, wie vorhin besprochen, für Arbeitnehmer die Pendlerpauschale und der Pendlereuro erhöht, und weiters ist für Arbeitnehmer im Vergleich zu Pensionisten auch die Negativsteuer, also die Sozialversicherungserstattung, höher.

Zu den Fragen 12 a) bis 12 e):

Diese Fragen betreffen auch nicht den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Finanzen. Die Absetzbarkeit der Kammerbeiträge – zur Information: es geht um die Kammerbeiträge – ergibt sich aus der Systematik des Steuerrechts. Diese wirken sich im Ausmaß des jeweiligen individuellen Grenzsteuersatzes auf das Aufkommen aus Einkommen- und Körperschaftsteuer aus.

Zur Frage 13:

Den aktuellen Steuerschätzungen liegen die Wirtschaftsdaten aus der Wifo-Prognose vom März zugrunde. Das Wifo prognostiziert darin für 2022 beziehungsweise 2023 Infla­tionsraten in Höhe von 5,8 Prozent für 2022 und 3,2 Prozent für 2023.

Aktuelle Prognosen sind – aufgrund der volatilen globalen Lage in der heutigen Zeit und in diesen Tagen – natürlich auch immer mit einer hohen Unsicherheit verbunden.

Zur Frage 14:

Es besteht aufgrund der kompetenzrechtlichen Bestimmungen keine Verpflichtung zur Mitteilung von personenbezogenen Daten durch die Länder. Auf Basis des Finanzaus­gleichspaktes von 2016 und auch auf Basis der darauf basierenden Absichtserklärun­gen, die 2017 erfolgt sind, melden aber alle Länder Auszahlungen aus den Pilot­be­reichen Umwelt und Energie in die Transparenzdatenbank ein. Sieben Länder – nämlich Wien, Oberösterreich, Niederösterreich, Vorarlberg, Steiermark, Salzburg und Tirol – melden zudem Auszahlungen aus weiteren Bereichen in die Transparenzdatenbank ein.

Zu den Gemeinden kann festgehalten werden, dass eine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an der Transparenzdatenbank aufgrund der derzeitigen kompetenzrecht­lichen Bestimmungen nicht besteht. Es nehmen aber immer mehr Gemeinden freiwillig an der Transparenzdatenbank teil.

Zu den Kammern kann ich in diesem Zusammenhang anmerken, dass, wenn Förde­rungen des Bundes von Kammern ausbezahlt werden, diese als Abwicklungsstelle in der Transparenzdatenbank auch erfasst werden und diese die Auszahlungen und Ge­währungen auch einmelden, wie zum Beispiel die WKO als Abwicklungsstelle beim Covid-19-Härtefallfonds.

Zur Frage 15:

Die in dieser Frage angesprochenen Mehreinnahmen von medial kolportierten 7,5 bis 11 Milliarden Euro sind aus Sicht unserer Experten im BMF nicht darstellbar. Wie Sie der vorhin erwähnten Tabelle, die ich dann nachreichen werde, entnehmen können, gibt es die angesprochenen Mehreinnahmen im Vergleich zum Bundesvoranschlag 2022 nicht, sondern die öffentlichen Abgaben sinken im Ausmaß von rund 200 Millionen Euro.

Gleichzeitig ist der Staat natürlich auch mit Mehrausgaben aufgrund der Inflation, auf­grund der Maßnahmen gegen die Teuerung und auch aufgrund von wesentlichen struk­turellen Maßnahmen, zum Beispiel der strategischen Gasbevorratung, konfrontiert.

Zu den Fragen 16 bis 18:

Wir haben kürzlich eine Expertenkommission zur Inflationsentwicklung eingesetzt, die die laufende Entwicklung analysiert und sowohl den Handlungsbedarf als auch den Handlungsspielraum jeweils unter sozial- und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten beurteilt, weil gerade bei steuerlichen Entlastungsinstrumenten auf die Treffsicherheit und auch auf eine rasche Wirksamkeit zu achten ist.

Dafür ist neben einer fachlichen vor allem auch eine multidimensionale Betrachtungs­weise erforderlich, die von diesen Expertinnen und Experten auch eingebracht wird. (Abg. Meinl-Reisinger: Nur nicht hudeln!) So können die auf mehreren Ebenen wirk­samen und wirkenden Implikationen steuer- und budgetpolitischer Maßnahmen richtig eingeschätzt und bei der politischen Prioritätensetzung berücksichtigt werden. Ich glaube, das entspricht auch einer gewissen Seriosität. Entsprechende Ergebnisse werden in den nächsten Wochen präsentiert und selbstverständlich auch dem Nationalrat vorgelegt werden.

Was die Abschaffung der kalten Progression betrifft, ist festzuhalten, dass die ökosoziale Steuerreform 2022 – mit einem Volumen von rund 18 Milliarden Euro bis 2025 – das mehr als kompensiert. (Abg. Meinl-Reisinger: Nein!) Die kalte Progression bleibt aber dennoch ein Themenbereich, dem wir uns mit einer strukturellen Lösung stellen müssen, wie es im Regierungsprogramm auch entsprechend festgehalten ist.

Auch bei der Abschaffung der kalten Progression gibt es unterschiedliche Lösungs­ansätze – das haben Sie bereits vorhin erwähnt –, wie auch ein Blick ins Ausland beweist: Die Schweiz haben Sie erwähnt, Schweden haben Sie erwähnt, und genau diese Modelle sind auch anzuschauen. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Ich frage mich, was die ÖVP in den letzten Jahren gemacht hat!) Es braucht daher auch da eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesem Thema. (Abg. Meinl-Reisinger: Bitte, was habt ihr die letzten Jahre gemacht? Seit wann stellt die ÖVP Finanzminister? Ich meine, das ist so peinlich! – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Für nachhaltige steuerliche Entlastung sorgt vor allem auch die ökosoziale Steuer­reform 2022. Die Schwerpunkte dabei bilden die Entlastung des Faktors Arbeit, die Entlastung von Familien und auch von Unternehmen.

Zur Frage 19:

Die BFG- und BFRG-Novelle wurde heute im Ministerrat beschlossen und auch bereits dem Nationalrat übermittelt. Das müsste Ihnen schon vorliegen, vielleicht haben Sie es schon gelesen.

Diese BFG-Novelle berücksichtigt auf der einen Seite die Energiepakete – da geht es um den Energiekosten- und auch den Teuerungsausgleich –, auf der anderen Seite ein-zahlungsseitige Entlastungen, zum Zweiten die Anschaffung einer strategischen Gas­reserve, zum Dritten die Kosten im Zusammenhang mit den ukrainischen Kriegsvertrie­be­nen, zum Vierten konkrete Covid-19-Mehrbedarfe, um sich für den Herbst zu wapp­nen, und zum Fünften konjunkturbedingte Änderungen auf Basis der Wifo-Prognose und aktueller Zinsschätzungen.

Das Finanzministerium stellt natürlich eine ausführliche Erläuterung zu den in der BFG-Novelle berücksichtigten Änderungen zur Verfügung.

Zur Frage 20:

Das Regierungsübereinkommen sieht die Überarbeitung einer Behaltefrist für eine Kapitalertragsteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten vor. Eine solche wird diskutiert, um den Menschen einen niederschwelligeren Einstieg in den Kapitalmarkt und auch eine langfristige Teilhabe am Kapitalmarkt zu erleichtern und damit auch private Initiativen für die Altersvorsorge und für die Vorsorge insgesamt zu unterstützen. Diese Maßnahme zielt demnach auf die Attraktivierung des Kapital­mark­tes, auch vor dem Hintergrund eines steigenden Vorsorgebedarfs, auch und gerade für Menschen mit geringerem Einkommen ab.

Die konkrete Ausgestaltung wird derzeit auf fachlicher Ebene intensiv geprüft (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger), und es findet auch bereits ein Austausch mit dem Koalitions­partner statt. Das Konzept ist fertig, ist dem Koalitionspartner bereits übermittelt worden und in Verhandlung. (Abg. Meinl-Reisinger: Na bitte, der Arbeitskreis hat schon geendet, wie schön!) – Das ist beendet, genau.

Ziel ist es, bei dieser Frage frühestmöglich ein funktions- und auch ein mehrheitsfähiges Modell präsentieren zu können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Schönen Nachmittag! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Scherak.)

15.49

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr.