12.03

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren auf einer aufgrund der Menge der Bundesministerinnen, Bundes­minister, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre bald nicht mehr ausreichenden Re­gierungs­bank! Es ist halt auch in unseren Regierungsreihen Inflation. Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die uns zuhören! Sie werden ein Déjà-vu haben: Es wurde heute schon angesprochen, wie viele neue Regie­rungsmitglieder eigentlich in den nur zweieinhalb Jahren seit Eingehen dieser Koalition der ÖVP mit den Grünen hier vorgestellt und verabschiedet wurden.

Dass die ÖVP auch Dankesworte für Elisabeth Köstinger und für Margarete Schramböck findet, ist ganz verständlich. Mich hat nur der Überschwang bei den Grünen etwas gewundert. Ist das für die Aufrechterhaltung der Koalition notwendig, dass der Kotau gegenüber dem Partner so weit geht, dass man auch dort, wo man nicht konnte, wo man insgeheim froh ist, dass die Personen nicht mehr da sind, sagt, wie toll sie waren?

Liegt das Ganze nicht vielleicht an einem Grundproblem dieser Koalition? – Dass man in Schönwetterzeiten, vor zweieinhalb Jahren gesagt hat: Probieren wir doch – das ist nett –, das Beste zweier Welten zu kombinieren – wie auf einem Schiff, auf dem das Wichtigste das Captain’s Dinner und die Unterhaltung der Gäste sind! Nur kam dieses Staatsschiff schon mit Corona in so schwere Seenot, dass eine andere Jobdescription als Unter­hal­tung notwendig ist (Abg. Hörl: Sicher keine sozialdemokratische!), und das liefert diese Koalition nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Sicher keine sozial­demo­kratische!)

Vielleicht stimmt es, was Klubobfrau Sigi Maurer gesagt hat: Wir haben das Bestmög­liche gegeben! – Vielleicht können Sie nicht mehr, und vielleicht müssen wir jenen danken, die sagen: Wir können es nicht und wir gehen daher von Bord! (Beifall bei der SPÖ.) – In diesem Sinn: Danke Elli Köstinger und Margarete Schramböck für die Ehrlichkeit! – Natürlich wird Kollege Jergitsch von der „Tagespresse“ ein Problem haben, weil er die schönen Artikel über das Land Afrika und Kaufhaus Österreich jetzt nicht mehr bringen kann, aber wir sind für die Ehrlichkeit – wir können es nicht! – dankbar. Diese Ehrlichkeit fehlt nur bei den anderen Damen und Herren. Machen Sie den Weg frei für eine Regierung, die auch in der Krise für die Menschen da ist! Sie haben Ihr Best­mögliches getan. Es genügt nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Jetzt kommt sicher wieder: Ja, der Matznetter, die Roten tun uns da schon wieder kritisieren! – Na, vielleicht schlagen Sie heute einmal die Zeitung „Die Presse“ – auch nicht gerade als Zentralorgan des Sozialismus bekannt – auf und schauen einmal, wie Kollege Urschitz das dort kommentiert: „Wir brauchen jetzt Krisenmanager, nicht hilflose Wohlfühlpolitiker“. Er fragt sich, wie in Zeiten wie diesen über die Frage, ob hier Pferde Fiaker ziehen sollen, oder über die Frage, ob man als Radfahrer fallweise bei Rot abbiegen kann, diskutiert werden kann, anstatt dass man die Kernprobleme, vor denen wir als Land – die Volkswirtschaft, die Gesellschaft und die Menschen – stehen, angeht. Recht hat er!

Die Menschen wissen nicht, wie sie das Mehl, wie sie das Brot, wie sie die Gasheizung, wie sie den Strom zahlen, und Sie beschäftigen sich mit diesen Themen und mit einem Regierungswechsel. Das geht nicht, das ist nicht einmal Captain’s Dinner. (Beifall bei der SPÖ.) Nehmen Sie sich eine Schwimmweste, hüpfen Sie über Bord und geben Sie den Weg für eine Brückenbesatzung frei, die nach Neuwahlen in so einer Situation das Schiff steuert!

Wenn dann Dinge kommen wie: Die vorgezogene Steuerreform bringt es!, frage ich Sie, Herr Bundesminister Kocher: Was, schätzen Sie, bedeutet es bei 2 000 Euro brutto im Monat, wenn die 32,5 Prozent Progression auf 30 Prozent sinken? Wie viel bedeutet das für diese Person mit 2 000 Euro brutto netto mehr im Monat? Und zur Ergänzung: bei 3 000 Euro? – Ich habe noch keine Antwort. Der Herr Finanzminister schweigt auch selig. – Das ist okay, meine Damen und Herren, ich sage es Ihnen: 3,60 Euro – das sind nicht einmal 2 Liter Diesel – sind es bei 2 000 brutto, 23,50 Euro bei 3 000 Euro brutto. Das wäre die Entlastung. Die ist auf dem Niveau dieser 150-Euro-Gutscheine, die man vielleicht in einem Jahr einlösen kann. – Meine Damen und Herren, so geht es nicht! Die Menschen brauchen jetzt etwas. (Beifall bei der SPÖ.)

Ehrlich gesagt: Schluss mit Wohlfühlpolitikern! Den Neuen – ich freue mich, dass sie da sind, ich habe auch die Worte des neuen Herrn Bundesministers gehört – gegenüber ist die Hand ausgestreckt, aber vielleicht arbeiten wir jetzt endlich zusammen. – Hören Sie auf, alle Anträge der Opposition zu vertagen oder abzuweisen! Versuchen wir es ge­meinsam! Sie alleine können es – auch bestmöglich – nicht. Wir könnten es besser, und der beste Weg wären Neuwahlen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Ja, ja, ja!)

12.09

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.