12.09

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, diese Regierung beschäftigt uns im Schnitt circa alle drei Monate mit einer Regierungserklärung und einer Regierungsumbildung. (Abg. Leichtfried: Alle zwei!) Nach Sebastian dem Ersten kam Alexander der Zweite, und jetzt haben wir Karl den Dritten. Alexander der Zweite hat uns schon verlassen, Karl der Dritte ist auch weg, und Kronprinz Werner ist ihm auch gefolgt. Es ist bei einer Regierungserklärung bemerkenswert, dass sie in der Mitte der Debatte schon den Plenarsaal verlassen.

Wir befinden uns in einer der schwierigsten wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Situationen seit dem Zweiten Weltkrieg. Die österreichische Bevölkerung hätte ein Recht auf eine stabile und Sicherheit gewährleistende Regierung.

Stattdessen haben wir eine Regierung, die sich ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Ein Bundeskanzler, ein Minister, eine Ministerin gibt dem nächsten die Türklinke in die Hand. Das ist das Gegenteil von Stabilität, das ist das Gegenteil von Sicherheit, meine Damen und Herren, und das kann dieses Parlament, das kann dieses Land, das können unsere Bürger nicht länger hinnehmen.

Was die Leistung dieser Bundesregierung betrifft: Diese Frage stellen sich mittlerweile sehr viele in diesem Land. Zwei Drittel der Bevölkerung kommen zum Schluss, dass sie kein Vertrauen mehr in diese Regierung haben. Diese Regierung ist unfähig, dieses Land zu regieren, und stellt das täglich eindrucksvoll unter Beweis.

Es gibt zum Beispiel einen Regierungsvortrag, der heißt – und das ist wirklich ein Höhe­punkt! –: „Einrichtung einer Expert:innengruppe zur Beobachtung und Analyse der Infla­tionsentwicklung (EBAI)“ – also eine Expertengruppe jagt die nächste – um „ein besseres Verständnis über [...] mögliche künftige Preisentwicklungen zu gewinnen“.

Jetzt muss ich Sie fragen, Herr Wirtschaftsminister oder Arbeitsminister: Haben Sie schon Erkenntnisse über die Preisentwicklungen? Wir würden uns sehr darüber freuen, wenn Sie uns darüber etwas sagen – und vor allem, was Sie dagegen tun. Die Wirtschafts­kompetenz dieser Bundesregierung ist also – das wurde ja heute schon einmal zusammengefasst und ich möchte es noch einmal wiederholen –: Kaufhaus Österreich. Ich glaube, das hat gezeigt, was die Wirtschaftskompetenz dieser Bundes­regierung ist.

Wer sind die Verlierer dieser Politik, dieser Inflation, dieser Preisexplosion, dieser Teue­rungswelle? – Es sind die einzelnen Menschen und es sind vor allem diejenigen, die es in diesem Land sowieso schon schwer haben. Es sind Mindestpensionsbezieher, es sind Alleinerziehende, es sind Einzelunternehmer, es sind die KMUs, aber mittlerweile natür­lich auch der Mittelstand; diejenigen, die diesen Sozialstaat und den Wohlstand in diesem Land aufgebaut haben – und dieser wird gerade von dieser Bundesregierung zerstört. Das haben die Menschen in diesem Land nicht verdient, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wer sind die Profiteure dieser Krise? – Es sind natürlich neben den multinationalen Kon-zernen, wie wir sie alle kennen – Amazon, Google und so weiter –, auch unsere Strom­konzerne. Verbund, Kelag machen mit explodierenden Preisen, die jeder Haushalt spürt, Milliardengewinne, und die Aktionäre freuen sich. Der Staat ist auch ein Gewinner, der Finanzminister – er ist leider auch schon weg – ist auch einer der großen Gewinner dieser Entwicklung.

In diesem Strom des Abzockens schwimmen auch noch einige andere mit. Das sind wieder Organisationen, die natürlich der ÖVP sehr nahe stehen, wie zum Beispiel die Wirtschaftskammer, denn natürlich hängt die Kammerumlage 1 an der Umsatzsteuer, die Kammerumlage 2 an der Lohnsummensteuer. Die freuen sich natürlich auch wiederum über die Mehreinnahmen, die sie lukrieren können.

Deshalb, Herr Minister, gebe ich Ihnen eine kleine Aufgabe mit. Sie reden ja immer auch davon, dass Sie die Wirtschaft entlasten wollen, als Experte haben Sie das ja sehr oft gefordert. So könnten Sie die Wirtschaft entsprechend entlasten.

Ich bringe einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine Mehr­belastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbeiträge“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zu­leiten, die sicherstellt, dass die Wirtschaftskammern Österreich auf die infolge der Teuerung steigenden Kammerbeiträge verzichtet bzw. diese an die Zwangsmitglieder zurückzahlt.

Die Bundesregierung wird weiters ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der die gänzliche Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften zu den Fachgruppen bzw. Fachverbänden der Wirtschaftskammern sichergestellt wird.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Zusammenfassend kann man sagen: Diese Bundesregierung hat dieser Entwicklung weder entsprechende Sofortmaßnahmen – wie schon Kollege Matznetter erwähnt hat – noch strukturelle Maßnahmen entgegenzusetzen. Eine Trainerlegende würde sagen: Diese Regierung hat „Flasche leer“. – „Ich habe fertig.“ (Beifall bei der FPÖ.)

12.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Öster­reich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbeiträge

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1: Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des Bundesministers für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, des Bundesministers für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, der Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und des Staatssekretärs im Bundesministerium für Finanzen in der 156. Sitzung des Nationalrates am 18. Mai 2022

Die enorme und ständig steigende Teuerung, der die Österreicherinnen und Öster­reicher seit vielen Monaten ausgesetzt sind, hat indirekt auch Auswirkungen auf die Wirt­schafstreibenden und Unternehmer dieses Landes, die als Mitglieder der Wirtschafts­kammern Zwangsbeiträge abliefern müssen.

Durch die Teuerungen erhöhen sich auch die der Berechnung der Kammerumlagen zu­grunde liegenden Bemessungsgrundlagen, die unter anderem auf der dem Kammer­mitglied in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (KU1) bzw. der Lohnsumme (KU2) beru­hen.

Somit erhöhen sich mit jeder Teuerung auch die den Kammermitgliedern in Rechnung gestellten Kammerbeiträge.

Dies führt für die Unternehmer zusätzlich zu den derzeit bestehenden wirtschaftlichen Unsicherheiten zu steigenden finanziellen Belastungen durch höhere Kammerbeiträge.

Damit verdienen neben dem Finanzminister insbesondere auch die Wirtschafts-kam­mern Österreich an der derzeit enormen Teuerung und Inflation.

Damit erschließt sich für die Wirtschaftskammern, unter anderem neben den ungerecht­fertigten Mehreinnahmen durch die noch immer nicht beseitigten Mehrfachmitglied­schaften, eine weitere zusätzliche Einnahmenquelle am Rücken ihrer Mitglieder.

Die jüngsten Daten zeigen, dass es auf Ebene der Fachgruppen um 29,6% mehr Fach­gruppenmitglieder als Kammermitglieder gibt. 39 % aller Kammermitglieder gehören mehr als einer Fachgruppe an. 27,3% aller Kammermitglieder sind sogar drei oder mehr Fachgruppen zuzurechnen.

Wie die Schlagzeilen der letzten Monate eindrucksvoll bestätigen, werden diese Einnah­men von der Wirtschaftskammern „auch dringend benötigt“:

„Um Kontakte zu Wirtschaft und Politik zu fördern, steuerte die Kammer nämlich 40.508 Euro zu Mitgliedschaften in Golf-, Jacht- oder Sportvereinen bei“, berichtete die Kleine Zeitung vom 18. April 2021.

Wenn dann in einer Reaktion der Generalsekretär der WKO Karlheinz Kopf gegenüber der Kleinen Zeitung vom 19. April 2021 mitteilte, dass es auch zweckmäßig sein kann, beispielsweise „Mitgliedschaften in Sportvereinen wie Golfklubs zu übernehmen,“ so kann das nur als Schlag ins Gesicht der Unternehmer bezeichnet werden, die als Zwangsmitglieder jährlich enorme und durch die Teuerung weiter steigende Zwangs­beiträge an die Kammern entrichten müssen.

Diese Wortmeldung von Karlheinz Kopf veranlasste damals auch die Bundesvorsitzende der Grünen Wirtschaft Sabine Jungwirth zu einer entsprechend kritischen Reaktion in der Kleinen Zeitung vom 20. April 2021:

„Jungwirth stört die „Überheblichkeit“, mit der WK-Generalsekretär Karlheinz Kopf und WK-Präsident Harald Mahrer Kritik vom Tisch wischten, „als wäre das Bezahlen von Golfklubmitgliedschaften das Normalste der Welt.

Kein Unternehmen kann so wirtschaften, warum eine Interessenvertretung?“, fragt Jungwirth. „Gerade wenn man weiß, wie letztes Jahr WK-Mitglieder, die jeden Cent umdrehen müssen, mit den Grundumlagen geknebelt wurden, während in der Kammer geklotzt wird.“

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten ist es daher dringend an der Zeit und ein Gebot der Stunde, dass die Wirtschaftskammern erstens die entsprechenden Schritte setzen, um auf die infolge der Teuerung steigenden Kammerbeiträge zu verzichten bzw. diese an die Zwangsmitglieder zurückzuzahlen, und zweitens endlich die nach wie vor nicht erfolgte gänzliche Beseitigung der nicht akzeptablen Mehrfach-Pflichtmitglied­schaften zu den Fachgruppen vornimmt.

Vor diesem Hintergrund ist es daher umso dringender, gerade auch Schritte zu setzen, die die heimische Wirtschaft entlasten, anstatt diese durch weiter steigende Kammer­beiträge noch weiteren Belastungen auszusetzen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die sicherstellt, dass die Wirtschaftskammern Österreich auf die infolge der Teue­rung steigenden Kammerbeiträge verzichtet bzw. diese an die Zwangsmitglieder zurück­zahlt.

„Die Bundesregierung wird weiters ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der die gänzliche Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften zu den Fachgruppen bzw. Fachverbänden der Wirtschaftskammern sichergestellt wird.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Götze. – Sie haben das Wort.