12.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Zum ersten Mal seit einigen Jahren finden jetzt die Kompetenzen für Arbeit und Wirtschaft in einem Ministerium zusammen, und das bietet eine Reihe von Chancen, die nicht ungenutzt gelassen werden sollten. Damit diese Chancen aber genutzt werden, muss sich der Ökonom Martin Kocher gegen den ÖVP-linientreuen Minister Martin Kocher durchsetzen. Das wird, glaube ich, noch ein spannendes Match.

Lassen Sie mich einen Blick darauf werfen, welche Chancen das sind, die ich hier sehe! Österreich kommt nämlich im internationalen Vergleich geschwächt aus dieser Pande­miekrise. Das Bruttoinlandsprodukt ist bei uns stärker eingebrochen als in anderen Ländern und es erholt sich langsamer. Also während nächstes Jahr Dänemark, Deutsch­land und Schweden schon über dem Vorkrisenniveau sein werden, wird Österreich noch unter dem Niveau von 2019 liegen. Da gibt es etwas zu tun, damit wir wieder aufholen.

Jetzt sind beim AMS 130 000 offene Stellen gemeldet. Man kann annehmen, jede zweite offene Stelle wird dort gemeldet. Also gibt es circa 250 000 offene Jobs in Österreich.

Die Wirtschaft leidet massiv unter Arbeitskräftemangel. Man darf sich aber über den Arbeitskräftemangel nicht wundern. Wenn man heute jemanden fragt, ob er mehr arbeiten, sich im Betrieb anstrengen, eine Führungsposition übernehmen oder Überstun­den machen möchte, dann wird er sich das zweimal überlegen, wenn er von jedem zusätzlich verdienten Euro die Hälfte an den Staat abdrücken muss. Es braucht also eine Entlastung.

Außerdem sind die Lohnnebenkosten zu hoch. Mit den Abgaben auf Arbeit macht es der Staat den Unternehmen unnötig schwer.

Qualifizierte Zuwanderung wird behindert. Es ist vorhin schon die Rot-Weiß-Rot-Karte erwähnt worden. Die läuft immer noch über zwei Behörden, immer über das AMS und die Bezirksverwaltungsbehörde. Das sind also zwei Behörden für eine Rot-Weiß-Rot-Karte für eine Person. Natürlich ist das kompliziert.

Vorgängerin Schramböck hat ja etwas Großartiges geleistet: Wenn man mit diesen zwei Behörden nicht zurechtkommt, kann man sich jetzt an eine dritte Metastase der Bundes­verwaltung wenden, an die Austrian Business Agency ABA, und diese dritte Metastase hilft dann dem Unternehmen im Umgang mit den anderen zwei Behörden. – Das ist Bürokratie in Österreich, so läuft das in Österreich, und dann wundern wir uns, wenn keine Fachkräfte nach Österreich kommen, die nämlich in der Zwischenzeit schon lang in Australien, in Schweden oder in Kanada arbeiten, wo das Verfahren eben nicht 15 Wochen dauert.

Dann kommt noch dazu, dass jetzt die Kurzarbeit verlängert wird, mit der wir 50 000 Leute in Jobs halten, in denen sie nicht gebraucht werden, während es 250 000 offene Jobs gibt. Das ist Steuergeldverbrennung allererster Güte durch diesen Minister. (Beifall bei den NEOS.)

Auch abseits des Arbeitsmarkts wirft die Bürokratie den Unternehmern aber gern Prügel zwischen die Beine. Der damalige IHS-Chef Kocher hat gemeint, man müsse die Ge­werbeordnung reformieren, es gehe um Deregulierung, um erleichterten Marktzugang und um mehr Wettbewerb. Wenn ich heute die Interviews in den Zeitungen lese, dann kann ich nicht erkennen, dass sich eine Reform der Gewerbeordnung abzeichnet, die diesen Namen verdient und wie sie uns auch die OECD und die Europäische Kom­mission empfehlen würden, sondern im Wirtschaftsministerium hat die Wirtschafts­kammer das Sagen, und die Wirtschaftskammer ist eine Kammer der gewerblichen Ver­hinderung: Es darf nur ja kein neuer Unternehmer dazukommen, der mir ein Geschäft wegnimmt! – Diesen Job, Herr Minister, dürfen Sie der Wirtschaftskammer nicht über­lassen. (Beifall bei den NEOS.)

Dann soll ja die Flexible Company kommen, also eine neue Gesellschaftsform speziell für Jungunternehmer. Die heißt cool Flexible Company, aber: Englische Verträge? – Boah, das geht nicht! Das muss schon alles gescheit deutsch sein, und Notariats­pflich­ten braucht man auch, weil die Notariatskammer sich da durchgesetzt hat! – Das ist nicht das, was wir unter modernem Wirtschaften verstehen. Da wäre mehr möglich.

In der Coronakrise hat der niedergelassene Handel stark an den Onlinehandel verloren. Der Onlinehandel hat immer geöffnet, Tag und Nacht, auch am Wochenende. Während­dessen sperrt Österreich dort zu, wo die heimischen Arbeitsplätze sind, nämlich im nie­dergelassenen Handel vor Ort. Österreich hat die restriktivsten Bestimmungen in ganz Europa. 23 Staaten in Europa haben überhaupt keine Beschränkung von Montag bis Samstag, 17 haben nicht einmal am Sonntag Beschränkungen, und bei uns in Österreich fallen sogar Selbstbedienungsläden dem Öffnungszeitengesetz zum Opfer.

Für unternehmerische Freiheit gäbe es also wirklich viel zu tun, Herr Minister. Sie haben ein großes Ressort übernommen und auch die Chance, große Reformen auf den Boden zu bringen. Wir warten mit Spannung. (Beifall bei den NEOS.)

12.24

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte. (Abg. Rauch: Jetzt muss er seinen Generalsekretär loben! ...! – Zwischenruf des Abg. Lausch.)