15.46

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich leben im Schnitt über zwei Millionen Schweine, die meisten davon auf Vollspaltenböden. Ich möchte Ihnen das ein­mal darlegen – und vielleicht hören Sie zu! –, worüber wir hier reden.

Vollspaltenböden „bestehen aus Betonböden mit eingelassenen Spalten, durch die Kot und Urin abfließen und sich in einer unter den Spalten liegenden Güllegrube sammeln können. Somit leben Schweine auf Vollspaltenböden direkt über ihren eigenen Fäkalien.

Die unvermeidbare Folge der aufsteigenden Ammoniakdämpfe sind gereizte Augen und Atemwege. Schweine haben einen extrem sensiblen Geruchssinn [...]. Auch sind Schwei­ne intelligente und soziale Tiere, die als Lieblingsbeschäftigung mit ihren Nasen in der Erde oder im Stroh umherwühlen. Die Vollspaltenbodenhaltung missachtet alle diese Bedürfnisse. Die Tiere in der Vollspaltenbodenhaltung können also in keiner Weise ihren natürlichen Bedürfnissen nachkommen. [...] Einem 85 kg Schwein in diese Haltungsform werden gerade einmal 0,55 m2 Bodenfläche zur Verfügung gestellt.“

Die Tiere sind derartig gestresst, „dass bei ihnen häufiger Magengeschwüre auftreten, als bei Schweinen, die auf Strohhaltung leben. Außerdem können unter extremen Stress leidende und kognitiv unterforderten Schweine schnell schädliche Verhaltensweisen ent­wickeln. Dazu gehört, dass sie Ohren und Schwänze der anderen Schweine abbeißen. Auch entwickeln Schweine in Vollspaltenbodenhaltung extrem häufig Gelenksentzün­dung.“

Sehr geehrte Damen und Herren, dazu fällt mir ein Wort ein: Das ist einfach grauslich, was da geschieht. Das ist einfach grauslich! (Beifall bei der SPÖ.)

Es macht mich fassungslos, und nicht nur mich, sondern immer mehr Menschen, dass diese wirklich unsäglichen Umstände und Zustände nicht beendet werden. Es macht mich fassungslos, dass ein Landwirtschaftsminister der ÖVP – ein Landwirtschaftsmi­nister, von dem die ÖVP behauptet, er kenne sich in diesen Dingen aus – in seiner ersten Rede in diesem Hohen Haus kein Wort zum Thema Tierschutz findet. Das ist wirklich ein Skandal, geschätzte Damen und Herren! Wenn es so ist, dass der ÖVP dieses The­ma vollkommen wurscht ist, dann sagen Sie es auch! Sagen Sie, Ihnen ist Tierschutz in der Landwirtschaft egal, sagen Sie, Ihnen sind all die Lebewesen egal, Ihnen geht es nur um die Profite! Seien Sie wenigstens ehrlich und sagen Sie das, hier und jetzt, und verschweigen Sie es nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was mich auch fassungslos macht, ist, dass die Showpolitik der Regierung im Bereich Tierschutz nahtlos weitergeht. Laut Ihrem Entwurf zum Tierschutzgesetz soll es erst ab 2023 in neuen oder umgebauten Stallanlagen nur einen kleinen Bereich geben, in dem diese Spalten nicht mehr vorkommen – das ist nach wie vor ein Vollspaltenboden. Was ist mit den Tausenden Ställen, die diese Böden jetzt immer noch haben? Da passiert überhaupt nichts. Das ist kein Tierschutzgesetz! Ich habe geglaubt, dass das nach dem Abgang von Frau Köstinger vielleicht etwas besser wird.

Herr Minister Rauch, der für den Tierschutz zuständig ist, hat in einer Ausschusssitzung behauptet, dass das Vollspaltenbödenverbot immer nur an der ÖVP und Frau Köstinger scheitert. Was ist jetzt? Was ist jetzt mit euch? Jetzt ist Frau Köstinger weg und es scheitert trotzdem. Wenn der Herr Tierschutzminister jetzt hier wäre, würde ich ihn schon fragen: Setzen Sie sich endlich einmal irgendwo gegen die ÖVP durch oder wird das beim Tierschutzgesetz wieder nichts? Müssen die Schweine weiter leiden; wird es so bleiben, wie es ist? – Dann brauchen wir eigentlich kein neues Tierschutzgesetz, dann bleibt eh alles so, wie es ist, geschätzte Damen und Herren, und das kann ja in dieser ganzen Angelegenheit nicht das Ziel sein. (Beifall bei der SPÖ.) Es braucht konkrete, effiziente Schritte, damit diesen Vollspaltenböden endgültig ein Riegel vorgeschoben wird.

Anstatt dass Sie diese veraltete, grausame, tierquälerische Haltungsform abschaffen, prolongieren Sie diese, weil damit mehr Geld verdient werden kann. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Es ist Ihnen vollkommen egal, welches Leid dadurch er­zeugt wird – vollkommen egal ist es Ihnen! –, und das ist wirklich bemerkenswert. (Abg. Schmuckenschlager: ... ahnungslos!)

Es ist ja nicht nur die Frage der Vollspaltenbodenhaltung. Was ist mit den Tiertranspor­ten? Welche Verbesserungen haben Sie dazu im sogenannten Tierschutzgesetz drin­nen? Es ist auch nichts besser geworden. Dasselbe ist bei der andauernden Anbindehal­tung von Kühen der Fall, auch da tun Sie nichts, ändern Sie nichts, obwohl es hoch an der Zeit wäre. Im Landwirtschaftsausschuss hätten Sie unserem Antrag zustimmen kön­nen, und dann wäre – das ist unser Zugang und ein besserer Zugang – die Umstellung von Vollspaltenböden auf Stallungen innerhalb der nächsten fünf Jahre möglich gewe­sen. Sie hätten Millionen Tieren helfen können, aber es ist Ihnen egal (Zwischenrufe bei der ÖVP) – und das ist wirklich abscheulich, ich sage Ihnen das ganz offen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe hier heraußen ein paar Mal den Anstand zitiert, der einige von Ihnen in Zukunft nicht mehr wählen wird. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Jetzt möchte ich noch jemand anderen nennen: den Tierschutz. Der Tierschutz wird diese Bundesregierung sicher nie mehr wählen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Strasser. – Bitte sehr.